Ameisen haben sehr vielfältige ökologische Beziehungen zu Lebewesen, und nicht nur als Fressfeinde solcher. Es finden sich etliche Symbiosen, Parabiosen und auch Parasitismus zwischen Ameisen und anderen Lebewesen. Diese gehen bei manchen Arten soweit, dass sie ohne die Ameisen nicht überleben könnten. Andere Lebewesen, die normalerweise nur in Zusammenhang mit Ameisen auftreten, bezeichnet man als Myrmecophile, also "Ameisen-Liebende". Die Vielfalt dieser myrmecophilen Organismen ist sehr beeindruckend, von Schnecken bis hin zu Spinnen über Käfer und Schmetterlingsraupen ist alles dabei. Manche haben sich sogar auf eine ganz spezielle Ameisenart spezialisiert, und kommen nur bei dieser vor.
Ein sehr häufiger "Myrmecophiler" in Deutschland ist die Ameisenassel, Platyarthrus hoffmannseggi. Sie sind nicht sonderlich groß, nur etwa 3-4 mm und vollkommen weiß. Sie ist stark negativ phototaxisch, denn öffnet man ein Ameisennest und trifft Licht auf sie, flieht sie schnell ins Dunkle. Sie ist lichtempflindlich, ihre bleiche Färbung rührt daher, dass sie fast nur in absoluter Dunkelheit lebt. Ihre Beziehung zu den Ameisen ist friedlicher Natur, die Brut wird in Ruhe gelassen, und auch die Ameisen ingorieren die Assel. Sie ernährt sich von den Abfallresten (vor allem Fäkalien) der Ameisen, und hält so das Nest sauber.
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Sie ist nicht auf eine bestimmte Ameisenart angewiesen, sie kommt mit fast allen Ameisen klar. Vorrausetzungen ist allerdings, dass das Nest möglichst feucht ist, am häufigsten findet man diese Assel daher an Waldrändern. Gefunden habe ich sie bisher bei diversen Lasius, allerdings seltener bei Myrmica (natürlich kommen die Asseln noch bei etlichen weiteren Ameisen vor). Das lässt sich dadurch erklären, dass sie die Ameisennester durch den Ameisensäuregeruch aufspührt, wie es auch manche Phoriden tun. So verbreiten sie sich wahrscheinlich auch, Ameisenasseln wurden auch schon in verlassenen Erdnestern der Ameisen vorgefunden.
Ich hatte schon länger mal vor, diese interessanten Asseln zu halten und evtl. sogar zu züchten. Ein mit etwas Erde gefüllter Ytong oder eine Farm dürfte den Bedürfnissen der Assel schon genügen, soweit ich weiß wurde sie sogar schon vom französischen Ameisenshop verkauft. Inwiefern die Haltung aber sinnvoll ist, weiß ich nicht zu sagen. Ich sehe sie immer mal wieder, besonders oft wenn ich verottete Baumstümpfe umdrehe in denen Ameisen leben, geringfügig seltener (wegen der Trockenheit) auch unter Steinen.
Einmal fand ich in einem Erdhaufen, durchlöchert von Lasius flavus, besonders zahlreiche Ameisenasseln. Ich deckte das Ganze wieder zu, und bereitete bei mir zu Hause ein Nest für die Asseln und Ameisen vor. Als ich am Tag darauf den Hügel durchsuchte, fand ich keine einzige Assel mehr. Ich vermute, dass die Asseln recht schnell verschreckt wurden und sich dauerhaft in die Tiefe des Nestes verzogen hatten. Angriffe von Ameisen auf die Assel habe ich nie beobachtet, und man findet man auch in keiner wissenschaftlichen Arbeit erwähnt, dass die Ameisen diese Asseln attackieren.
Die Assel nutzt also eigentlich nur das Nest der Ameisen als Nahrungsgrundlage und Nistort, und steht mit dem Ameisen selbst wohl nicht in Kontakt. Die Beziehung ist wahrscheinlich nur fakultativ, die Asseln können sicherlich auch ohne Ameisen überleben, allerdings bietet ihre Anpassung an das Ameisennest ihr natürlich einen wichtigen Vorteil gegenüber anderen Asseln, da sie in den Nestern natürlich auch Schutz vor üblichen Fressfeinden finden.
Habt ihr diese Asseln schonmal beobachtet, oder gar gehalten? Würde mich über Berichte freuen Habe mir schon für nächstes Jahr fest vorgenommen, diese Asseln zu halten.
Grüße, Phil