Baubericht eines Becken's

  • Hallo liebe Ameisengemeinde!


    Ich möchte euch mit diesem Baubericht meine Ideen und derer Umsetzung zu einem neuen Becken etwas näher bringen. Ich hoffe es gelingt mir alles möglichst verständlich und einfach zu erklären damit es auch verstanden wird und die einzelnen Schritte nachvollzogen werden können.


    Das Becken ist für meine sich derzeit in Winterruhe befindlichen Camponotus barbaricus. (Haltungserfahrungen)
    Ich baute erst letztes Jahr ein Becken, jedoch sieht man erst mit der Zeit was sich in der Praxis bewährt und was nicht, deshalb wurde einiges geändert und verbessert aber so manches blieb auch unverändert. Eigentlich ist es nicht erforderlich so einen Aufwand zu betreiben, eine derzeit noch kleine Kolonie wie meine wird es kaum nutzen aber ich baute es auch ein bisschen für mich da ich großen Spass am tüfteln und basteln habe.


    Das Becken selbst hab ich bei einem Zooshop anfertigen lassen, es hat die Maße 60x45x20.



    Beginnen wir mit einem wichtigen und aufwendigem Teil:


    Der Deckel


    Das letzte Mal konstruierte ich den in der Mitte klappbaren Deckel. Im großen und ganzen bewährte sich diese Lösung jedoch hat sie einen Nachteil: klappte man ihn hoch um im Becken zu hantieren hatte man immer nur eine Hand frei, mit der anderen musste man die hochgeklappte Hälfte halten. Für die gängigsten Arbeiten reicht eine Hand aus aber oft war es etwas umständlich. Daraufhin überlegte ich mir etwas anderes und kam zu der hier schon öfters beschriebenen Variante „der Deckel im Deckel“.


    Die dazu verwendeten Materialien:




    6mm Plexiglas, Plexiglasstreifen, Feinlochblech, 7.5, 10 und 15mm Aluwinkelleisten, Schaumstoff-Dichtungsband.


    Das Plexiglas hab ich von der Firma in der ich beschäftigt bin da es mir dort nichts kostet und es per Laser auf 1/10mm genau zugeschnitten wird. Man könnte es auch mit Stichsäge & Co. schneiden aber das Ergebnis wär nicht ganz so sauber. Den Rest bekommt man für ein paar Euros im Baumarkt.
    Als Kleber verwendete ich transparenten 2 Komponenten Kleber und mit einem Pinsel auftragbarem Sekundenkleber.


    Als erstes kommt der kleine Deckel, dieser hat die Maße 26 x 21cm.


    Zuerst das Feinlochblech exakt auf die benötigte Größe zuschneiden. Die 7,5mm Leisten in Gehrung schneiden und darauf kleben.




    Danach die Plexiglasstreifen zurecht schneiden und einkleben. Diese haben den Zweck das das darauf aufgeklebte Dichtungsband über der Aluleiste steht und zusätzlich für etwas mehr Stabilität sorgt. Man könnte natürlich auch etwas anderes verwenden oder das Dichtungsband doppelt aufkleben, jedoch schien mir diese Lösung am praktikabelsten.




    Als letztes die Schaumstoffdichtung außenrum aufkleben,
    fertig sieht das dann so aus:





    Als nächstes kommt der große Deckel.


    In den mittigen Ausschnitt wird die in Gehrung geschnittene 10mm Aluwinkelleiste geklebt, diese steht dann ein paar Millimeter über der Plexiglasplatte. Idealerweise so viel wie die am kleinen Deckel aufgeklebte Schaumstoffdichtung hoch ist.




    Diese Leiste ist dazu da um den kleinen Deckel exakt aufsetzten zu können und bündig mit dem Dichtungsband des kl. Deckels abschließt. Zudem verleiht sie der Plexiglasplatte etwas mehr Stabilität damit sie sich nicht mit der Zeit durchbiegen kann.
    Auf der Außenseite der Plexiglasplatte wird wiederum eine in Gehrung geschnittene 15mm Winkelleiste aufgeklebt. Auf der Innenseite kommt eine Schaumstoffdichtung die auf dem Becken aufliegt und abdichtet.




    Hat man genau gearbeitet sollte diese Konstruktion absolut „Ameisendicht“ sein.
    Der fertige Deckel auf dem Becken:

  • Das Nest


    Das Nest ist weitestgehend ident mit dem von mir schon verwendeten, allerdings mit ein paar Änderungen. Es handelt sich dabei um ein vielfach bewährtes Ytong Nest.


    Das Ytong Nest im Rohzustand, fertig zugeschnitten und mittels Dremel ausgefräst:




    Es hat die Maße (LxHxT) 45x15x5cm, die großen Kammern sind ca. 7-9x3x3cm, die kleinen 6-7x1,5x2cm groß.
    Ich weiß es ist für eine kleine Kolonie viel zu groß aber ich dachte mir wenn ich schon dabei bin mach ich es gleich etwas größer. Sollte es von Schimmel und anderen Problemen verschont bleiben reicht es für einige Zeit aus. Zudem wurde die Hälfte der Kammern mit Sand abgetrennt, sollte Platzbedarf bestehen können sie selbst problemlos erweitern.


    Den letzten Ytong überzog ich komplett mit Gips was sich allerdings als nicht besonders vorteilhaft herausstellte. Der Gips in den Nestkammern weichte sich beim bewässern auf, in den oberen, feuchteren Kammern wurde es regelrecht matschig und das bei nur moderater Bewässerung. Ich glaube nicht das es den Tieren sonderlich gefallen hätte im matschigem Gips leben zu müssen. Da er beim trocknen wieder hart wurde könnte darauf gelagerte Brut eingeschlossen werden und verenden. Deshalb lies ich diesmal davon ab und bestrich den Ytong ausschließlich mit im Wasser aufgelöstem Lehm, die Kammern blieben gänzlich unbehandelt. Für die Oberseite des Nestes wurde dem Lehm etwas Sand beigemengt um ihn ein natürlicheres Aussehen zu verleihen.


    Die Vorderseite ist mit einer 2mm Plexiglasscheibe welche mittels Blindkopfschrauben die an der Rückseite gegengeschraubt sind abgedeckt. Ein im Nest integriertes Thermometer zeigt mir stets die Temperatur im Nestinneren, mehr dazu später.


    Das fertige Ytong Nest sieht dann so aus:



    Selbstverständlich kommt noch rote Folie davor, diesmal aber richtige Farbfilter Folie. Diese beziehe ich von einem Musik und Lichttechnikshop und ist vom Farbfilter Hersteller LEE. Die geeignetsten bzw. die die den besten Kompromiss zw. Abdunkelung und Durchsicht bieten sind primary red und light red.



    Die Technik


    Um die Temperatur ohne störende Kabel oder externe Thermometer im Nestinneren messen zu können lies ich mir wie ihr auf den Bildern schon gesehen habt etwas einfallen, ein kleines elektronisches Thermometer war dafür sehr gut geeignet.
    Um es in das Ytong Nest integrieren zu können musste es dementsprechend umgebaut und bearbeitet werden, dabei galt es das man von vorne nur das LCD Display aber nicht die Elektronik oder das Gehäuse sieht. Da die Elektronikplatine größer war als die Displayabdeckung wurde sie in der Länge und Breite zugeschnitten, abgetrennte Leiterbahnen und Elektronik mussten danach geringfügig abgeändert werden. Die Stromversorgung erfolgte über eine 1,5V / 55mAh Knopfzelle welche eine Laufzeit von einem Jahr haben sollte. Damit sich die Betriebsdauer wesentlich verlängert ersetzte ich die Knopfzelle durch eine Rundzelle des Typs AAA mit der 15fachen Kapazität. Natürlich kann man jederzeit die Batterie wechseln da das Thermometer in den Ytong nur eingesteckt wurde und durch genauen Ausschnitt der Plexiglasplatte auch ohne Verklebung sicher und gut hält.


    So sieht das fertig umgebaute Thermometer aus:




    Der im alten Becken verwendete Heizstein war etwas zu schwach den er erhitzte sich nur einseitig und zuwenig. Es wurde ein neuer angeschafft der zwar nur etwas größer ist aber mehr als doppelt soviel Heizleistung zu bieten hat. Mit diesem wird erreicht das sich das gesamte Becken etwas erwärmt und auch das dahinter stehende Ytong Nest mitbeheizt wird.
    Ein an der Wand, oberhalb des Beckens installierter Spot sorgt bei Bedarf für noch mehr Wärme. Ich hatte anfangs vor die Temperatur elektronisch regeln zu lassen, jedoch machte ich mit Thermometer und Zeitschaltuhr recht gute Erfahrungen und so beließ ich es vorerst dabei.



    Die Beckeneinrichtung


    Die Fels/Steinimitate bestehen aus Hartschaum und war eigentlich eine Schildkröteninsel. Ich formte sie so um bis sie meinen Vorstellungen entsprach und bemalte die einfärbig grau gefärbte Insel mit Abtönfarbe in der sogenannten Trockenbürsttechnik.
    Wie diese Trockenbürsttechnik funktioniert kann man sich in diversen Modellbauforen genauer informieren.
    Kurz gesagt: je höher die Konturen und Erhebungen desto heller sollte die Farbe werden, so das ein Kontrast zw. hoch und tief entsteht.


    Für die Bepflanzung wollte ich eigentlich Tillandsien verwenden, leider war es mir bislang nicht möglich welche aufzutreiben die unbehandelt waren. Da mir das Risiko einer Vergiftung dann doch zu hoch war verzichtete ich vorerst darauf, vielleicht komm ich mal zu welche oder auch zu dessen Kindel.
    So bediente ich mich im Wald und nahm was mir gefiel, es sieht gut aus und ist vor allem frei von Pestizide, Fungizide usw. Abgerundet wird die Einrichtung mit einer Mopaniwurzel und Wassernapf.
    Der Bodengrund besteht aus einer klassischen Sand/Lehm Mischung welche befeuchtet wird und danach aushärtet. Die Höhe beträgt gerade mal 5 – 10mm was durchaus ausreichend ist da sich die Ameisen ohnedies nur auf der Oberfläche bewegen, außerdem würde es ansonsten nur unnötig schwer werden und schließlich bin ich es der das Becken zur Winterruhe auf dem Dachboden oder in den Keller schleppen muß.



    Im Nachhinein wurde eine kleine aber entscheidende Modifikation im Becken vorgenommen, und zwar wurde ein Mininest an der Frontscheibe des Beckens integriert. Durch den gegebenen Umstand das man ins eigentlichen Nest eine eher schlechte Einsicht hat hab ich mich dafür entschlossen.
    Meine Überlegungen waren folgende:
    Die direkte Einsicht ins Nestinnere ist vor allem in der Anfangs und Gründungsphase interessant und von Vorteil. Man erfreut sich über jedes gelegte Ei und jede neu geschlüpfte Arbeiterin. Hat die Kolonie einmal eine gewisse Anzahl an Individuen erreicht ist der Einblick nicht mehr so relevant. Man verliert über die Geschehnisse im Nest über kurz oder lang den Überblick und erkennt die stetig wachsende Kolonie auch anhand der furagierenden Tiere. Das ist zumindest die Erfahrung die ich gemacht habe.


    Nun ist es so das sich der Wasservorrat im Reagenzglas, dass sie derzeit bewohnen, in naher Zukunft dem Ende zuneigt und der verfügbare Platz auch recht beschränkt ist. Wenn es dann soweit ist kommt das kleine Nest zum Einsatz, welches durch Befeuchtung und Abdunkelung attraktiv gestaltet wird und sie dort einziehen können. Es ist um einiges größer als das Reagenzglas aber doch zu klein um eine größere Kolonie zu beherbergen. Sobald die Kolonie über dieses hinauswächst haben sie die Möglichkeit ins große Nest, welches erst dann Abgedunkelt wird, umzuziehen. So ist zumindest der Plan, ob die lieben Tierchen da auch mitspielen wird sich zeigen. Ich bin jedenfalls guter Hoffnung.


    Zum Schluß noch ein paar Bilder des fertigen Beckens:



    Liebe Grüße, Jacky

  • Hallo Jacky!


    Ich finde das Becken auch sehr schön! Toll gemacht schön erklärt, tolle Foto´s.
    Eine Frage habe ich noch, das Nest das hinten an der Wand steht, das hat die Kammern ja ins Becken innere. Ich mein du musst durch das ganze Becken schauen um deine Kolonie im Nest beobachten zu können. Wenn du dann noch eine Folie davor stehen hast, wird es kniffelig. Ich stell mir das etwas unkomfortabel vor. Deckel auf, Folie ab, von vorne durch das Becken in das Nest schauen (Kopf ins Becken halten ist ja auch nicht so schön). Ich denke man bringt da eine Menge Unruhe ins Becken.


    Sag mir bitte dass ich mich täusche, weil ich finde die Idee schon ganz genial, aber ich habe halt meine Zweifel diesbezüglich!


    LG, Mathias

  • Frank
    Es sollte eigentlich ein zusammenhängender Bericht in einem Post werden, leider kann man nicht mehr als 10 Bilder anhängen, so mußte ich ihn auf 2 Posts aufteilen. In der Zwischenzeit hast du eine Antwort geschrieben die jetzt dazwischen steht. Deshalb meine Frage ob du ihn eventuell verschieben könntest, wenn nicht ist es auch egal. ;)


    In's neue Becken kommen dann die hübschen Tierchen die aus Südamerika eingeflogen werden. Wir haben darüber schon mal per pn geplaudert, falls du dich noch erinnerst. :) Aber bis es soweit ist ziehen noch einige Wochen ins Land.


    Mathias
    Warum ich den Ytong hinten platzierte hat schon seinen Grund. Das Becken steht auf etwa 115cm Höhe, links und rechts ist nicht sehr viel Platz, also kann man vorwiegend nur von vorne und zum Teil von oben ins Becken blicken. Steht jetzt der Ytong an der Frontscheibe wird einem der Einblick von vorne schon mal verwehrt. Da es wie gesagt auf einer Höhe von 115cm steht müßte man sich regelrecht über das Becken beugen (wenn man nicht allzu groß ist auf Zehenspitzen) um über oder hinter den Ytong zu sehen.
    Es ist mir bewußt das so die Einsicht ins Nest nicht gerade optimal ist, vor allem wenn noch rote Folie drauf kommt aber meiner Meinung nach ist das der beste Kompromiss mit dem ich leben kann.
    Deshalb, wie im Bericht beschrieben, wurde das kleine Nest eingebracht. Sie leben jetzt darin wo man sie auch gut beobachten kann und werden, vermutlich noch heuer ins Große umziehen. Man kann aber trotz roter Folie etwas erkennen, mit einer kleinen Taschenlampe hat man auch dann den vollen Durchbilck. :shock:;)


    Liebe Grüße, Jacky

  • Hallo!


    Ich finde es trotzdem schön, ach man warum habe ich nicht noch eine Kolonie für ein weiteres Becken :). Wenn man sowas sieht bekommt man lust etwas zu Basteln! Naja in ein paar Wochen werden meine Camponotus cf. suffusus ja hoffentlich groß genug sein um ihnen ein kleines BEcken anbieten zu können :)


    LG, Mathias

  • Zitat von "Frank Mattheis"

    Hättest Du das Nest nicht an einer der Seitenscheiben plazieren können, Jacky?


    Leider nein Frank. Wie ich schon erwähnte ist seitlich auch nicht viel Platz, etwa 15 cm je Seite. Also zu wenig um vernünftig ins Nest sehen zu können, ein Fotografieren wäre gar nicht möglich.
    Es ist so die beste Lösung und ich bin damit auch recht zufrieden. :)


    LG, Jacky

  • Ein Nest im Becken mit guten Einblicken zu platzieren wird wohl fast immer mit einem Kompromiss enden.
    Besonders bei größeren Kolonien wird damit schnell ein Teil der Sicht ins Becken versperrt.
    Ist für mich der Grund, bei größeren Kolonien, externe Nester zu verwenden, was auch so seine Nachteile hat.
    Haste sicherlich schon gelesen, der Ausschnitt im Deckel lässt sich gut mit einem schmalen Streifen Paraffinöl oder so absichern.


    Prima, sehr weit ins Deteil gehender Baubericht, zudem schön eingerichtes Becken.
    Wer möchte da nicht Ameise sein?


    Grüße Wolfgang

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