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Territorialverhalten und -kämpfe bei Ameisen.
In jedem Frühjahr und Frühsommer beginnen in mit Ameisen dichtbesiedelten Wäldern und Heiden die Auseinandersetzungen zwischen Arten, die für sich ein Territorium beanspruchen. Einige Arten wie die meisten der Waldameisen (Formica) belaufen ihre alten Strassen und angrenzenden Gebiete und patrouillieren diese ab. Es wird erst einmal das alte Einzugsgebiet kontrolliert und nach Konkurrenten untersucht.
Andere Arten wie Raptiformica ziehen sich für den Winter oft in ein Winternest zurück. Aus diesem ziehen die Raptiformica im Frühling aus, nicht immer beziehen sie dann ihr altes Revier aus dem Vorjahr. Oft finden sie andere geeignet erscheinende Nistgelegenheiten, damit verbunden ist dann nicht selten ihr Eindringen in von anderen Ameisenkolonien bereits beanspruchte Jagd- und Siedlungsgebiete.
Während die meisten Waldameisen ortsfest bleiben und jedes Jahr ihr altes Revier von neuem beanspruchen, sind Arten wie Raptiformica unsteter. Sie ziehen mindestens einmal im Jahr um, oft mehrmals auch im Sommer. Es kann sein, dass sich ihr im Frühjahr gewählter Neststandort als im Sommer ungünstig erweist, weil er zu intensiv von der Sommersonne beschienen wird. Was im kühlen Frühjahr vorteilhaft war, kann im Sommer zum Umzug der Kolonie führen.
Solche Umzüge führen dann natürlich oft zu Streitigkeiten mit anderen im neuen Lebensraum bereits siedelnden Arten.
Obwohl die Kolonien der Raptiformica weit weniger volkreich sind als die der Waldameisen, sind die Raptiformica den Waldameisen in allen Belangen der Kriegsführung überlegen. Als fakultative Duloten sind sie mit kräftigen Körpern und Gliedmassen ausgestattet, sie sind wendiger und in ihren Kampfstrategien den gegnerischen Waldameisen überlegen. Auch die Waldameisen sind in der Lage, Kampfgefährten zu alarmieren und zum Kampfplatz zu führen. Sie versuchen dann, die Raptiformica geschlossen anzugreifen. Diese werden jedoch nie in einer geschlossenen Formation den Gegner erwarten und sich auf Vernichtungsschlachten einlassen. Die ersten eintreffenden Waldameisen werden getötet, sobald jedoch die Waldameisen zahlenmässig zu überlegen werden, zerstreuen sich die Raptiformica, um sich an verschiedenen Stellen neu zu sammeln. Von hier aus greifen die Raptiformica die Waldameisen dann neu an, stossen in die Flanken des Waldameisenheeres und zerstreuen es.
Die individuelle Kampfesweise der Gegner ist völlig unterschiedlich. Während die Waldameisen versuchen, einzelne Raptiformica zu packen und in Nahkämpfe zu verwickeln, bei denen die Waldameisen durchaus ihre Vorteile haben, versuchen die Raptiformica geschickt, solchen verlustreichen und selbstmörderischen Einzelkämpfen auszuweichen. Sie versuchen vor allem, die Waldameisen durcheinanderzubringen und zu erschrecken, sie stossen in kleinen Trupps zu, verwickeln Waldameisen in kurze Beissereien, suchen sie auszumanövrieren, indem sie gezielt von hinten oder von der Seite zupacken, lassen aber sofort und behende wieder los, um sich der nächsten Gegnerin zuzuwenden.
Mit dieser Kampfesweise und der Verwendung von Propagandapheromonen bringen die Raptiformica die Waldameisen gehörig durcheinander, zerstreuen ihre Formation, und schlagen den demoralisierten Gegner in die Flucht. Können die Waldameisen nicht genügend Genossinnen heranführen, verlieren sie das Gebiet, das die Raptiformica nun beanspruchen. Solche Kämpfe können sich an mehreren Tagen wiederholen. Können die Waldameisen den neuen Nachbarn nicht vertreiben, geben sie nach einiger Zeit den Anspruch auf und es tritt ein Burgfrieden ein, der nur noch von gelegentlichen Scharmützeln unterbrochen wird. Für die Waldameisen spielt ohnehin die Zeit, irgendwann wird der ungeliebte Nachbar weiterziehen.
Noch unangenehmere Nachbarn für eine Kolonie der Waldameisen können Kolonien der Rossameisen Camponotus ligniperda sein. In Brandenburg ist eigentlich ligniperda äusserst selten, ich fand eine Kolonie in einen Kiefernmischwald in einem alten Birkenstamm. Im Umkreis von dreissig Metern gab es einige miteinander im Austausch stehende Kolonie von Formica rufa. Im Frühsommer versuchten die Waldameisen, neue Bäume zu erobern und stiessen mit einer neu angelegten Strasse auf einen Nestnebeneingang der liginiperda. Die ligniperda waren nicht sonderlich beunruhigt, einige wenige Majorarbeiterinnen verteilten sich im Gelände um diesen Nesteingang und töteten und zerstückelten ohne grosse Aufregung eine Waldameise nach der anderen. Bald war das ganze Gelände mit toten und sterbenden Waldameisen übersät, trotzdem kamen immer neue Waldameisen hinzu. Diese Massentötung von Waldameisen dauerte einige Tage, nicht eine der Camponotus verlor dabei ihr Leben.
LG, Frank.
Territorialverhalten und -kämpfe bei Ameisen.
In jedem Frühjahr und Frühsommer beginnen in mit Ameisen dichtbesiedelten Wäldern und Heiden die Auseinandersetzungen zwischen Arten, die für sich ein Territorium beanspruchen. Einige Arten wie die meisten der Waldameisen (Formica) belaufen ihre alten Strassen und angrenzenden Gebiete und patrouillieren diese ab. Es wird erst einmal das alte Einzugsgebiet kontrolliert und nach Konkurrenten untersucht.
Andere Arten wie Raptiformica ziehen sich für den Winter oft in ein Winternest zurück. Aus diesem ziehen die Raptiformica im Frühling aus, nicht immer beziehen sie dann ihr altes Revier aus dem Vorjahr. Oft finden sie andere geeignet erscheinende Nistgelegenheiten, damit verbunden ist dann nicht selten ihr Eindringen in von anderen Ameisenkolonien bereits beanspruchte Jagd- und Siedlungsgebiete.
Während die meisten Waldameisen ortsfest bleiben und jedes Jahr ihr altes Revier von neuem beanspruchen, sind Arten wie Raptiformica unsteter. Sie ziehen mindestens einmal im Jahr um, oft mehrmals auch im Sommer. Es kann sein, dass sich ihr im Frühjahr gewählter Neststandort als im Sommer ungünstig erweist, weil er zu intensiv von der Sommersonne beschienen wird. Was im kühlen Frühjahr vorteilhaft war, kann im Sommer zum Umzug der Kolonie führen.
Solche Umzüge führen dann natürlich oft zu Streitigkeiten mit anderen im neuen Lebensraum bereits siedelnden Arten.
Obwohl die Kolonien der Raptiformica weit weniger volkreich sind als die der Waldameisen, sind die Raptiformica den Waldameisen in allen Belangen der Kriegsführung überlegen. Als fakultative Duloten sind sie mit kräftigen Körpern und Gliedmassen ausgestattet, sie sind wendiger und in ihren Kampfstrategien den gegnerischen Waldameisen überlegen. Auch die Waldameisen sind in der Lage, Kampfgefährten zu alarmieren und zum Kampfplatz zu führen. Sie versuchen dann, die Raptiformica geschlossen anzugreifen. Diese werden jedoch nie in einer geschlossenen Formation den Gegner erwarten und sich auf Vernichtungsschlachten einlassen. Die ersten eintreffenden Waldameisen werden getötet, sobald jedoch die Waldameisen zahlenmässig zu überlegen werden, zerstreuen sich die Raptiformica, um sich an verschiedenen Stellen neu zu sammeln. Von hier aus greifen die Raptiformica die Waldameisen dann neu an, stossen in die Flanken des Waldameisenheeres und zerstreuen es.
Die individuelle Kampfesweise der Gegner ist völlig unterschiedlich. Während die Waldameisen versuchen, einzelne Raptiformica zu packen und in Nahkämpfe zu verwickeln, bei denen die Waldameisen durchaus ihre Vorteile haben, versuchen die Raptiformica geschickt, solchen verlustreichen und selbstmörderischen Einzelkämpfen auszuweichen. Sie versuchen vor allem, die Waldameisen durcheinanderzubringen und zu erschrecken, sie stossen in kleinen Trupps zu, verwickeln Waldameisen in kurze Beissereien, suchen sie auszumanövrieren, indem sie gezielt von hinten oder von der Seite zupacken, lassen aber sofort und behende wieder los, um sich der nächsten Gegnerin zuzuwenden.
Mit dieser Kampfesweise und der Verwendung von Propagandapheromonen bringen die Raptiformica die Waldameisen gehörig durcheinander, zerstreuen ihre Formation, und schlagen den demoralisierten Gegner in die Flucht. Können die Waldameisen nicht genügend Genossinnen heranführen, verlieren sie das Gebiet, das die Raptiformica nun beanspruchen. Solche Kämpfe können sich an mehreren Tagen wiederholen. Können die Waldameisen den neuen Nachbarn nicht vertreiben, geben sie nach einiger Zeit den Anspruch auf und es tritt ein Burgfrieden ein, der nur noch von gelegentlichen Scharmützeln unterbrochen wird. Für die Waldameisen spielt ohnehin die Zeit, irgendwann wird der ungeliebte Nachbar weiterziehen.
Noch unangenehmere Nachbarn für eine Kolonie der Waldameisen können Kolonien der Rossameisen Camponotus ligniperda sein. In Brandenburg ist eigentlich ligniperda äusserst selten, ich fand eine Kolonie in einen Kiefernmischwald in einem alten Birkenstamm. Im Umkreis von dreissig Metern gab es einige miteinander im Austausch stehende Kolonie von Formica rufa. Im Frühsommer versuchten die Waldameisen, neue Bäume zu erobern und stiessen mit einer neu angelegten Strasse auf einen Nestnebeneingang der liginiperda. Die ligniperda waren nicht sonderlich beunruhigt, einige wenige Majorarbeiterinnen verteilten sich im Gelände um diesen Nesteingang und töteten und zerstückelten ohne grosse Aufregung eine Waldameise nach der anderen. Bald war das ganze Gelände mit toten und sterbenden Waldameisen übersät, trotzdem kamen immer neue Waldameisen hinzu. Diese Massentötung von Waldameisen dauerte einige Tage, nicht eine der Camponotus verlor dabei ihr Leben.
LG, Frank.
Ferdinand, das war in meiner früheren Jugend im schönen Brandenburg. Ich war als Junge fast immer im Wald unterwegs. Internet gabs noch nicht, leider.
LG, Frank.
Ferdinand, das war in meiner früheren Jugend im schönen Brandenburg. Ich war als Junge fast immer im Wald unterwegs. Internet gabs noch nicht, leider.
LG, Frank.
Konflikte und Ausweichverhalten zwischen Ameisenkolonien verschiedener Arten.
In meiner Jugend beobachtete ich in unseren Garten eine Auseinandersetzung um einen Haselnussbaum. Zwei Ameisenkolonien rivalisierten um diesen Baum und um die auf ihn beheimateten Blattlauskolonien. Eine der Kolonien gehörte der Art niger an, die andere Kolonie brunneus. Beide Kolonien lebten im Umfeld des Baumes, die niger im Boden, die brunneus im hölzernen Schuppen eines unmittelbar angrenzenden Nachbargrundstücks.
Brunneus gilt eigentlich als vorsichtig, wenig agressiv und "feige". In diesem Fall ging es aber offensichtlich um eine Hauptnahrungsquelle der Kolonie, so führten die brunneus in kurzer Zeit viele Krieger an die Basis des Haselnussbaumes. Die niger hatten einen kürzeren Weg, konnten trotzdem nicht in so kurzer Zeit soviele Krieger rekrutieren. Trotzdem nahmen sie den Kampf gegen die zahlenmäßig überlegenen brunneus auf.
Die Auseinandersetzungen waren regelrechte Schlachten, die immer wieder von beiderseitigen Rückzügen unterbrochen wurden. Auf dem Schlachtfeld blieben die Toten, Verletzten und Kämpfenden zurück. In diesen Pausen versuchten beide Kolonien, immer wieder neue Kämpfer heranzuführen. So dauerten die Kämpfe etwa zwei Tage an, immer wieder von diesen Pausen unterbrochen. Am Ende setzte sich tatsächlich brunneus durch. Die brunneus konnten schneller rekrutieren, waren zahreicher, führten mehr Krieger heran und waren hartnäckiger.
Für die Kolonie der brunneus als holz- und baumbewohnende Art schien dieser Baum überlebenswichtig zu sein, für die niger gab es weitere Ressourcen in der Umgebung. Vielleicht gaben die niger den Kampf auch auf, weil die Opfer zu groß waren und mit geringerem Aufwand in der Umgebung andere Nahrungsquellen zu erschließen waren.
Zumindest zeigte mir dies, dass die brunneus keineswegs leicht zu vertreiben sind. Die Art ist also weniger langweilig als ihr Ruf.
Interessant ist bei dieser Art auch ihr „angedeuteter“ Polymorphismus, für europäische Lasius einzigartig. Brunneus bringt grosse Arbeiter mit breiteren Köpfen hervor, ebenso wie kleinere zierliche Arbeiter, dazwischen alle Übergänge. Es gibt also kleine, mittelgroße und größere Arbeiterinnen. Dies ist sicher eine Anpassung an die Lebensweise im Holz, Arbeiter mit starken Kaumuskeln können effektiver Gänge im Holz ausnagen und so das Nest erweitern.
Ähnliches habe ich bei Ausseinandersetzungen zwischen Manica und Serviformica beobachtet. Erstaunlich fand ich aber immer angesichts solcher erbitterter Kämpfe, dass Manica und Serviformica in solch enger Nachbarschaft leben. Vielleicht ist Manica nicht immer unterlegen, irgendwie behauptet sich die Art in diesen Biotopen. Die Belagerungen, die ich beobachtete, dauerten meist nicht lange an, bestenfalls einige Tage, und Manica konnte sich wieder wie gewohnt frei im Gelände bewegen. In irgendeiner Form muss es einen Ausgleich geben, denn die augenscheinlich im offenen Kampf unterlegenen Manica können sich meist in solchen Gebieten behaupten, in denen auch cinerea und selysi lebt.
Bei anderen Arten und ihren Auseinandersetzungen kann aber die Grösse des Individuums und seine individuelle Kraft durchaus entscheidend sein. Ich erinnere mich an einige Majorarbeiter von ligniperda, die mit grösster Gelassenheit aufgebracht anstürmende Formica rufa einfach zerbissen und zerrissen. Die ligniperda handelten völlig unaufgeregt, fast gelassen, während die kollektiv, eigentlich gut organisiert und orientiert angreifenden rufa an ihnen einfach untergingen.
Es ist also schwierig, wenn man nur meint, die Größe sei vom Vorteil (wie in diesem Falle) oder vom Nachteil, wie im Falle der Auseinandersetzungen mit Diebsameisen.
Auch glaube ich nicht, daß Schuppenameisen und die anderen Nichtstechenden mit ihren "neuen" chemischen Waffen den stechenden Ameisen immer überlegen seien und die besseren und entwickelteren Waffen hätten. Es ist immer ein Zusammenspiel aus Anpassung, Koloniegrösse, Rekrutierungsfähigkeit, Lebensweise usw. So hab ich oft beobachtet, dass stechende Ameisen (zB. Manica) im Kampf mit Beutetieren oder Konkurrenten schneller und effizienter töten als nichtstechende. Diese sind im noch größeren Ausmass an die Zusammenarbeit gebunden.
Nicht alle Arten der Serviformica verhalten sich furchtsam und ausweichend.
Manche Arten bilden grosse, poydome Nestverbände, deren Nester im ständigen Austausch stehen. Bewohner solcher grossen Kolonieverbände von Formica cinerea zB. treten oft sehr selbstbewusst auf und greifen alles an, was erreichbar ist, als Bedrohung empfunden wird oder auch nur die Aufmerksamkeit erregt. Selysi verhält sich ähnlich aggressiv, bildet in den Alpen wie bei Sonthofen und Oberstdorf ebenfalls große polydome Kolonien, dort habe ich die Art einige Zeit beobachten können. Ihre Kolonieverbände sind aber nie so riesig wie die der cinerea. Cinerea besetzte in Brandenburg, wo ich aufwuchs, ganze Strassen und Gehwege in Ortschaften über mehrere hundert Meter, überall waren Eingänge und Nestaushub zu sehen und die Tiere von voneinander weit entfernten Nesteingängen verhielten sich freundschaftlich zueinander, wenn ich sie zusammenbrachte. Vorausetzung war natürlich eine durchgehende Besiedlung zwischen diesen Eingängen durch die Superkolonie. Cinerea unterschiedlicher Kolonien, die keinen Austausch miteinander pflegen, verhalten sich feindlich zueinander.
Diese Agressionsbereitschaft und Wehrhaftigkeit erspart diesen Arten wohl meist die Ausbeutung durch Sklavenhalter wie Raptiformica. Zwar fand ich hin und wieder auch cinerea als Sklaven in Raptiformica-Nestern, doch eher selten, und vermutlich hatte die Raptiformica dann einzelne Pionierkolonien der cinerea überfallen. Grosse polykalische Kolonien der cinerea werden von Raptiformica nicht angegriffen, diese können selbst an der Peripherie der Superkolonie schnell alarmieren und viele wütende Verteidiger zusammenziehen.
Ich fand meist kaum Raptiformica-Kolonien in der unmittelbaren Nähe solcher cinerea-Superkolonien. Entweder waren diese verdrängt worden und abgewandert oder aber im Konkurrenzkampf und in ständigen Scharmützeln untergegangen. Gelegenheiten für Raptiformica, in der Nähe solcher cinerea-Kolonien zu nisten, gäbe es in Brandenburg zuhauf. Oft bewohnt cinerea breite, sonnige Sand- und Waldwege, dicht am Weg stehen dann schon Kiefernforste, die dann in unmittelbarer Nähe schon auch von fusca und anderen Arten bewohnt werden. Findet man hier Raptiformica, sind die Sklaven, soweit vorhanden, meist und überwiegend die fusca.
Die Raptiformica beuten dann offensichtlich eher die doch weniger ergiebigen und kleineren sowie verstreuten fusca-Kolonien aus und sind zu diesem Zwecke im Hochsommer im lichten Kiefernwald "gewerblich" tätig.
Die sonst auch von den Raptiformica für die Besiedlung bevorzugten Waldwege und sandigen Lichtungen besetzen die cinerea. Erst mit einer zunehmenden Verbuschung verschwinden diese und das Habitat wird von Raptiformica, Formica und Serviformica fusca erobert.
Die einzige Ameise, die sich meiner Beobachtung nach schon vorher massiv etablieren kann und sogar manchmal bei cinerea und bei Raptiformica temporär sozialparasitisch gründet (...in Brandenburg sonst meist bei Raptiformica), ist Formica pratensis. Pratensis hat mit seinen dichtbelaufenen und eng markierten Transportstrassen zu den Nahrungsgründen für mich eine Sonderstellung innerhalb der Waldameisen. Ebenso wie cinerea bei den Serviformica. Cinerea legt ebenfalls solche Strassen an, teilweise sogar untertunnelt und/oder als Hohlwege, dies tut so keine andere Serviformica.
LG, Frank.
Konflikte und Ausweichverhalten zwischen Ameisenkolonien verschiedener Arten.
In meiner Jugend beobachtete ich in unseren Garten eine Auseinandersetzung um einen Haselnussbaum. Zwei Ameisenkolonien rivalisierten um diesen Baum und um die auf ihn beheimateten Blattlauskolonien. Eine der Kolonien gehörte der Art niger an, die andere Kolonie brunneus. Beide Kolonien lebten im Umfeld des Baumes, die niger im Boden, die brunneus im hölzernen Schuppen eines unmittelbar angrenzenden Nachbargrundstücks.
Brunneus gilt eigentlich als vorsichtig, wenig agressiv und "feige". In diesem Fall ging es aber offensichtlich um eine Hauptnahrungsquelle der Kolonie, so führten die brunneus in kurzer Zeit viele Krieger an die Basis des Haselnussbaumes. Die niger hatten einen kürzeren Weg, konnten trotzdem nicht in so kurzer Zeit soviele Krieger rekrutieren. Trotzdem nahmen sie den Kampf gegen die zahlenmäßig überlegenen brunneus auf.
Die Auseinandersetzungen waren regelrechte Schlachten, die immer wieder von beiderseitigen Rückzügen unterbrochen wurden. Auf dem Schlachtfeld blieben die Toten, Verletzten und Kämpfenden zurück. In diesen Pausen versuchten beide Kolonien, immer wieder neue Kämpfer heranzuführen. So dauerten die Kämpfe etwa zwei Tage an, immer wieder von diesen Pausen unterbrochen. Am Ende setzte sich tatsächlich brunneus durch. Die brunneus konnten schneller rekrutieren, waren zahreicher, führten mehr Krieger heran und waren hartnäckiger.
Für die Kolonie der brunneus als holz- und baumbewohnende Art schien dieser Baum überlebenswichtig zu sein, für die niger gab es weitere Ressourcen in der Umgebung. Vielleicht gaben die niger den Kampf auch auf, weil die Opfer zu groß waren und mit geringerem Aufwand in der Umgebung andere Nahrungsquellen zu erschließen waren.
Zumindest zeigte mir dies, dass die brunneus keineswegs leicht zu vertreiben sind. Die Art ist also weniger langweilig als ihr Ruf.
Interessant ist bei dieser Art auch ihr „angedeuteter“ Polymorphismus, für europäische Lasius einzigartig. Brunneus bringt grosse Arbeiter mit breiteren Köpfen hervor, ebenso wie kleinere zierliche Arbeiter, dazwischen alle Übergänge. Es gibt also kleine, mittelgroße und größere Arbeiterinnen. Dies ist sicher eine Anpassung an die Lebensweise im Holz, Arbeiter mit starken Kaumuskeln können effektiver Gänge im Holz ausnagen und so das Nest erweitern.
Ähnliches habe ich bei Ausseinandersetzungen zwischen Manica und Serviformica beobachtet. Erstaunlich fand ich aber immer angesichts solcher erbitterter Kämpfe, dass Manica und Serviformica in solch enger Nachbarschaft leben. Vielleicht ist Manica nicht immer unterlegen, irgendwie behauptet sich die Art in diesen Biotopen. Die Belagerungen, die ich beobachtete, dauerten meist nicht lange an, bestenfalls einige Tage, und Manica konnte sich wieder wie gewohnt frei im Gelände bewegen. In irgendeiner Form muss es einen Ausgleich geben, denn die augenscheinlich im offenen Kampf unterlegenen Manica können sich meist in solchen Gebieten behaupten, in denen auch cinerea und selysi lebt.
Bei anderen Arten und ihren Auseinandersetzungen kann aber die Grösse des Individuums und seine individuelle Kraft durchaus entscheidend sein. Ich erinnere mich an einige Majorarbeiter von ligniperda, die mit grösster Gelassenheit aufgebracht anstürmende Formica rufa einfach zerbissen und zerrissen. Die ligniperda handelten völlig unaufgeregt, fast gelassen, während die kollektiv, eigentlich gut organisiert und orientiert angreifenden rufa an ihnen einfach untergingen.
Es ist also schwierig, wenn man nur meint, die Größe sei vom Vorteil (wie in diesem Falle) oder vom Nachteil, wie im Falle der Auseinandersetzungen mit Diebsameisen.
Auch glaube ich nicht, daß Schuppenameisen und die anderen Nichtstechenden mit ihren "neuen" chemischen Waffen den stechenden Ameisen immer überlegen seien und die besseren und entwickelteren Waffen hätten. Es ist immer ein Zusammenspiel aus Anpassung, Koloniegrösse, Rekrutierungsfähigkeit, Lebensweise usw. So hab ich oft beobachtet, dass stechende Ameisen (zB. Manica) im Kampf mit Beutetieren oder Konkurrenten schneller und effizienter töten als nichtstechende. Diese sind im noch größeren Ausmass an die Zusammenarbeit gebunden.
Nicht alle Arten der Serviformica verhalten sich furchtsam und ausweichend.
Manche Arten bilden grosse, poydome Nestverbände, deren Nester im ständigen Austausch stehen. Bewohner solcher grossen Kolonieverbände von Formica cinerea zB. treten oft sehr selbstbewusst auf und greifen alles an, was erreichbar ist, als Bedrohung empfunden wird oder auch nur die Aufmerksamkeit erregt. Selysi verhält sich ähnlich aggressiv, bildet in den Alpen wie bei Sonthofen und Oberstdorf ebenfalls große polydome Kolonien, dort habe ich die Art einige Zeit beobachten können. Ihre Kolonieverbände sind aber nie so riesig wie die der cinerea. Cinerea besetzte in Brandenburg, wo ich aufwuchs, ganze Strassen und Gehwege in Ortschaften über mehrere hundert Meter, überall waren Eingänge und Nestaushub zu sehen und die Tiere von voneinander weit entfernten Nesteingängen verhielten sich freundschaftlich zueinander, wenn ich sie zusammenbrachte. Vorausetzung war natürlich eine durchgehende Besiedlung zwischen diesen Eingängen durch die Superkolonie. Cinerea unterschiedlicher Kolonien, die keinen Austausch miteinander pflegen, verhalten sich feindlich zueinander.
Diese Agressionsbereitschaft und Wehrhaftigkeit erspart diesen Arten wohl meist die Ausbeutung durch Sklavenhalter wie Raptiformica. Zwar fand ich hin und wieder auch cinerea als Sklaven in Raptiformica-Nestern, doch eher selten, und vermutlich hatte die Raptiformica dann einzelne Pionierkolonien der cinerea überfallen. Grosse polykalische Kolonien der cinerea werden von Raptiformica nicht angegriffen, diese können selbst an der Peripherie der Superkolonie schnell alarmieren und viele wütende Verteidiger zusammenziehen.
Ich fand meist kaum Raptiformica-Kolonien in der unmittelbaren Nähe solcher cinerea-Superkolonien. Entweder waren diese verdrängt worden und abgewandert oder aber im Konkurrenzkampf und in ständigen Scharmützeln untergegangen. Gelegenheiten für Raptiformica, in der Nähe solcher cinerea-Kolonien zu nisten, gäbe es in Brandenburg zuhauf. Oft bewohnt cinerea breite, sonnige Sand- und Waldwege, dicht am Weg stehen dann schon Kiefernforste, die dann in unmittelbarer Nähe schon auch von fusca und anderen Arten bewohnt werden. Findet man hier Raptiformica, sind die Sklaven, soweit vorhanden, meist und überwiegend die fusca.
Die Raptiformica beuten dann offensichtlich eher die doch weniger ergiebigen und kleineren sowie verstreuten fusca-Kolonien aus und sind zu diesem Zwecke im Hochsommer im lichten Kiefernwald "gewerblich" tätig.
Die sonst auch von den Raptiformica für die Besiedlung bevorzugten Waldwege und sandigen Lichtungen besetzen die cinerea. Erst mit einer zunehmenden Verbuschung verschwinden diese und das Habitat wird von Raptiformica, Formica und Serviformica fusca erobert.
Die einzige Ameise, die sich meiner Beobachtung nach schon vorher massiv etablieren kann und sogar manchmal bei cinerea und bei Raptiformica temporär sozialparasitisch gründet (...in Brandenburg sonst meist bei Raptiformica), ist Formica pratensis. Pratensis hat mit seinen dichtbelaufenen und eng markierten Transportstrassen zu den Nahrungsgründen für mich eine Sonderstellung innerhalb der Waldameisen. Ebenso wie cinerea bei den Serviformica. Cinerea legt ebenfalls solche Strassen an, teilweise sogar untertunnelt und/oder als Hohlwege, dies tut so keine andere Serviformica.
LG, Frank.
Hallo,
ein sehr toller Bericht, Frank.
Interessant auch bei dieser Art ihr „angedeuteter“ Polymorphismus, für europäische Lasius einzigartig. Brunneus bringt grosse Arbeiter mit breiteren Köpfen hervor, ebenso wie kleinere zierliche Arbeiter, dazwischen alle Übergänge.
Darauf bin ich besonders aufmerksam geworden. Zur Verdeutlichung, ein Bild. Man kann zumindest halbwegs erkennen, dass die rechte Arbeiterin deutlich größer ist.
Muss ich mal im Frühling gucken, ob mir da noch ein besseres Bildchen gelingt.
Grüße, Phil
Hallo,
ein sehr toller Bericht, Frank.
Interessant auch bei dieser Art ihr „angedeuteter“ Polymorphismus, für europäische Lasius einzigartig. Brunneus bringt grosse Arbeiter mit breiteren Köpfen hervor, ebenso wie kleinere zierliche Arbeiter, dazwischen alle Übergänge.
Darauf bin ich besonders aufmerksam geworden. Zur Verdeutlichung, ein Bild. Man kann zumindest halbwegs erkennen, dass die rechte Arbeiterin deutlich größer ist.
Muss ich mal im Frühling gucken, ob mir da noch ein besseres Bildchen gelingt.
Grüße, Phil
Hey,
wow da hast du aber tolle Beobachtungen gemacht. In meiner Umgebung gibt es vermutlich keine Waldameisen, bzw ich habe keine gefunden. Auch Camponotus gibt es hier nicht, dafür aber Lasius fuliginosus, die sind ja auch sehr interessant. Ich konnte bisher noch gar keine Kämpfe zwischen Ameisen beobachten, leider.
Lg ferdinand
Hey,
wow da hast du aber tolle Beobachtungen gemacht. In meiner Umgebung gibt es vermutlich keine Waldameisen, bzw ich habe keine gefunden. Auch Camponotus gibt es hier nicht, dafür aber Lasius fuliginosus, die sind ja auch sehr interessant. Ich konnte bisher noch gar keine Kämpfe zwischen Ameisen beobachten, leider.
Lg ferdinand
Sehr schön und gut zu lesende Zusammenfassung, Frank!
Sehr eindrucksvoll, ich hatte bisher nur gedacht, dass Lasius fuliginosus die einzigen einheimischen Ameisen wären, die sich erfolreich gegen unsere hügelbauenden Waldameisen durchsetzen könnten. Am Ende gehen die Ameisen doch mit mehr Strategie vor als gedacht, wie dein Beitrag zeigt, nicht nach dem Motto : "Feste druff!"
Auch Linepithema humile, wie wir alle wissen, eine durch den Handel eingeschleppte Art, weiß sich erfolgreich gegen andere Ameisen zur Wehr zu setzen, indem sie vorsichtig und entsprechend erfolgreich agiert, wie ich ja bereits im AF erwähnt habe. Es werden immer wieder Blößen bei Angreifern gesucht, die meistens unkontrolliert vorrücken-
Spiel- Satz- Sieg für die L. humile.
Mutet fast an wie einer der Siege der Römer gegen die damaligen Einwohner Britanniens, die eine Armee von 100.000 mit sich führten, die Römer 10.000. Die Briten kämpften nach dem oben erwähnten Motto "Feste druff" und verloren- 400 tote Römer, über 80.000 tote Briten- das sagt jedenfalls Tacitus und der war Römer, also muss man ihm nicht unbedingt glauben.
Sehr schön und gut zu lesende Zusammenfassung, Frank!
Sehr eindrucksvoll, ich hatte bisher nur gedacht, dass Lasius fuliginosus die einzigen einheimischen Ameisen wären, die sich erfolreich gegen unsere hügelbauenden Waldameisen durchsetzen könnten. Am Ende gehen die Ameisen doch mit mehr Strategie vor als gedacht, wie dein Beitrag zeigt, nicht nach dem Motto : "Feste druff!"
Auch Linepithema humile, wie wir alle wissen, eine durch den Handel eingeschleppte Art, weiß sich erfolgreich gegen andere Ameisen zur Wehr zu setzen, indem sie vorsichtig und entsprechend erfolgreich agiert, wie ich ja bereits im AF erwähnt habe. Es werden immer wieder Blößen bei Angreifern gesucht, die meistens unkontrolliert vorrücken-
Spiel- Satz- Sieg für die L. humile.
Mutet fast an wie einer der Siege der Römer gegen die damaligen Einwohner Britanniens, die eine Armee von 100.000 mit sich führten, die Römer 10.000. Die Briten kämpften nach dem oben erwähnten Motto "Feste druff" und verloren- 400 tote Römer, über 80.000 tote Briten- das sagt jedenfalls Tacitus und der war Römer, also muss man ihm nicht unbedingt glauben.
@Ferdi: Such einfach mal in deiner genaueren Umgebung. Stufenweise habe ich sie auch in immer näheren Gegenden gefunden. Erst einmal eine Fahrstunde weiter am Bausenberg, dann 20 Minuten weiter in Unkelbach und auf einen Tip von Joschi habe ich sie auf der anderen Rheinseite ebenso gefunden. Weiterhin habe ich mit meinem Fahrrad die unwegsame Gegend hier durchstreift, bis ich endlich nach einigen Tagen der Suche [und das mein ich auch so ] auf Camponotus ligniperda in nächster Nähe eine Fahrradstrecke weg gestoßen bin- da es zu unwegsam wurde, habe ich mein Fahrrad deswegen immer an einem Fahrradständer angeschlossen und bin hoch zu den Ameisen geklettert. Ich bin auf weitere zahlreiche Arten gestoßen, eine sehr volkreiche Myrmicinae, Formica s. str., F. fusca und das gesamte Repertoire an Einsteigerameisen. Ich bin mir auch halbwegs sicher, dass ich auf F. truncorum gestoßen bin, aber das ist lange her, und ich will keine Spekulationen machen. Die gefundenen Ameisen hatten die Größe von Waldameisen, rotes Mesosoma, roter Kopf, schwarzer Hinterleib. Ich hoffe, dass ich sie nächstes Jahr wiederfinde
@Ferdi: Such einfach mal in deiner genaueren Umgebung. Stufenweise habe ich sie auch in immer näheren Gegenden gefunden. Erst einmal eine Fahrstunde weiter am Bausenberg, dann 20 Minuten weiter in Unkelbach und auf einen Tip von Joschi habe ich sie auf der anderen Rheinseite ebenso gefunden. Weiterhin habe ich mit meinem Fahrrad die unwegsame Gegend hier durchstreift, bis ich endlich nach einigen Tagen der Suche [und das mein ich auch so ] auf Camponotus ligniperda in nächster Nähe eine Fahrradstrecke weg gestoßen bin- da es zu unwegsam wurde, habe ich mein Fahrrad deswegen immer an einem Fahrradständer angeschlossen und bin hoch zu den Ameisen geklettert. Ich bin auf weitere zahlreiche Arten gestoßen, eine sehr volkreiche Myrmicinae, Formica s. str., F. fusca und das gesamte Repertoire an Einsteigerameisen. Ich bin mir auch halbwegs sicher, dass ich auf F. truncorum gestoßen bin, aber das ist lange her, und ich will keine Spekulationen machen. Die gefundenen Ameisen hatten die Größe von Waldameisen, rotes Mesosoma, roter Kopf, schwarzer Hinterleib. Ich hoffe, dass ich sie nächstes Jahr wiederfinde
Ferdinand, das war in meiner früheren Jugend im schönen Brandenburg. Ich war als Junge fast immer im Wald unterwegs. Internet gabs noch nicht, leider.
Schade, dass das heute eher seltener der Fall ist! Die meisten vergnügen sich mit Playstation und dem ganzen Schickschacks, den es heute so gibt- ist ja schön und gut, aber man sollte auch mal rausgehen! Nehmt euch ein Beispiel an Phil, der spielt ab und zu und ist trotzdem oft draußen. Meine Aktivitäten haben sich vor der "Ameisenzeit" eher darauf beschränkt, Fotos von großen Insekten zu machen, Brücken zu bauen, und wenn ich ein Reh gesehen habe, haben wir versucht es zu verfolgen, um ein paar Fotos zu knipsen- unerfolreich, selbstredend
Ferdinand, das war in meiner früheren Jugend im schönen Brandenburg. Ich war als Junge fast immer im Wald unterwegs. Internet gabs noch nicht, leider.
Schade, dass das heute eher seltener der Fall ist! Die meisten vergnügen sich mit Playstation und dem ganzen Schickschacks, den es heute so gibt- ist ja schön und gut, aber man sollte auch mal rausgehen! Nehmt euch ein Beispiel an Phil, der spielt ab und zu und ist trotzdem oft draußen. Meine Aktivitäten haben sich vor der "Ameisenzeit" eher darauf beschränkt, Fotos von großen Insekten zu machen, Brücken zu bauen, und wenn ich ein Reh gesehen habe, haben wir versucht es zu verfolgen, um ein paar Fotos zu knipsen- unerfolreich, selbstredend