*Pheidologeton affinis - Haltungsbericht


Post 13189 - 23.05.2011 20:51:33

Diskussionthread:
http://eusozial.de/viewtopic.php?f=33&t=1285



Hallo,


ich wage es mal einen HB einer nicht leicht zu haltenden Art anzufangen. Denn ich konnte mir eine Pheidologeton affinis Kolonie sichern. Diese ist bei mir in mein altes Cataglyphisbecken (40*25cm) eingezogen, welches aber natürlich vollkommen umgestaltet wurde. Da es Pheidologeton sind, und sie ständig feuchtes Subtrat brauchen, habe ich die alt bewährte Methode mit der Seramisschicht am Boden und darüber einem Sand-Lehmgemisch gewählt. Sie haben etwa 5-10cm zum Graben. Ein Ytong ist zwar auch im Becken vorhanden, wird aber nicht angenommen. War mir klar, aber probieren kann man es ja mal. Dadurch, dass sie vergraben sind, kann ich im Laufe dieses Haltungsberichts nicht viel über den genauen Stand der Kolonie sagen. Dieser HB dient mehr dazu Dinge auszuprobieren, darüber zu berichten, die Gratwanderung mit der Haltung von Pheidologeton irgendwie hinzubekommen und euch mit Bildern zur Unterhaltung zu versorgen. Doch zuerst das nötige Hintergrundwissen:


Pheidologeton affinis
# Taxonomie: Unterfamilie Myrmicinae, Tribus Pheidologetonini
# Herkunft: Südasien
# Farbe: Arbeiterinnen: braun, Soldaten: schwarz-braun
# Eigenschaften: Ausgeprägte Unterkastenbildung, monogyn wie auch polygyn
# Nestbau: Erdnester
# Nahrung: Insekten und Körner (Samen)
# Temperatur: 25 - 30 °C
# Luftfeuchtigkeit: 50% - 60% bei 28° C (feuchter Boden)
# Bodenbeschaffenheit: lehmiger Sand oder Lehmerde (z.B. Waldboden)
# Königin: 18-20mm
# Arbeiterinnen: 2-4mm
# Soldaten: 5-18mm
Quelle: Gerhard Kalytta



Charakteristika:
- Im Gegensatz zu den P. diversus sollen sie aktiver sein
- Im Gegensatz zu den P. diversus sollen sie robuster/weniger empfindlich sein, was ich bisher auch bestätigen kann
- Sie schleppen Beute oft nicht zum Nesteingang, wovon es bei Pheidologeton sowieso von Anfang an nicht gerade wenige gibt, sondern bedecken die Beute mit Sand, übertunneln eine Straße dort hin oder brechen von unten zur Beute durch und nagen die Beute dann an dem Ort, wo sie liegt, langsam aber sicher ab.


Angefangen hat alles jedoch ganz anders. Ich hatte Fred besucht und gesehen, dass er eine Pheidologeton diversus Kolonie hatte. Diese befand sich leider auf dem Absteigenden Ast. Trotzdem versuchte ich mein Glück mit ihnen. Er überließ mir die Kolonie, die aus 4 Königinnen und bei Umzug ins den Transportbehälter etwa 200 Arbeiterinnen bestand. Eine Woche später und bei mir zog sie dann nochmal um. Dort waren es beileibe keine 200 Arbeiterinnen mehr. Der Müllhaufen war voll von toten Arbeiterinnen... Kurze Zeit später musste ich eingestehen, dass die Kolonie bei mir verstorben ist. Sie war bereits zu sehr eingebrochen und es gab zu wenig Arbeitskraft. Bei mir schafften sie es kaum noch ein neues Nest auszuheben, es war sehr oberflächlich angelagert.


Dennoch blieb mein Interesse an Pheidologeton ungebrochen. Wie das Schicksal es wollte, konnte ich bei tuffi eine affinis Kolonie mit 500 Arbeiterinnen und etlichen Soldaten, auch riesigen Majoren erstehen. Kleiner Witz am Rande: als eine dieser Supermajoren einmal zur Beute kam, sagte meine Freundin doch glatt "Guck mal, die Königin kommt". Ich habe sie dann grinsend korrigiert und sie staunte nicht schlecht. :beach:


Ich konnte leider keine Fotos von der Kolonie schießen, als sie ankam, da das RG mit einer Art milchigem Tesafilm umwickelt war. Ich habe es ins Becken gelegt und geöffnet. Mit der Zeit haben die Pheidologeton begonnen das RG zuzubauen mit dem Substrat, wie das quasi alle Ameisen so machen. Sie aber lassen nur ganz kleine Öffnungen. So klein, dass fast nur die Arbeiterinnen da durch passen, ab und zu noch Soldaten, die kaum größer als sie selbst sind. Aber es sind freche kleine Biester. Der Haufen an der RG-Öffnung ist ziemlich groß. Da sind sie hin gegangen und haben a) neben dem RG eine übertunnelte Straße gebaut und b) direkt in die Tiefe und erneut unter dem RG her gebaut. Letztendlich freut es mich, dass sie das becken ja scheinbar recht gut annehmen. Bei einer solch empfindlichen Art begleitet einen dennoch stets ein leicht unwohles Gefühl, hervorgerufen durch die fehlende Nesteinsicht und somit einer messbaren Sichtkontrolle zum Stand der Kolonie. Der dann folgende Umzug aus dem RG in die Erde vollzog sich wohl kontrolliert in kleineren Schritten und dauerte einige Tage. Nach etwa 10 Tagen war dann auch die letzte Arbeiterin aus dem RG verschwunden. Somit entfernte ich das RG.
Zu meiner Freude :ballon: habe ich bisher keine Leichenberge toter Arbeiterinnen entdeckt, obwohl ich es erwartet habe. Ich habe bisher erst ungefähr 5-10 tote Ameisen gefunden bzw. Teile von ihnen und das waren alles Soldaten.


Haltungsparameter:
T Nacht: 19-22°C
T Tag: 24-32°C (60 Watt 50° Spotlampe, die eine Ecke des Beckens erhitzt. Direkt darunter sind es bis weit über 30 Grad, vom Lichtloot her Abstand nehmend fällt auch recht fix die Temperatur)
Luftfeuchte schwankt zwischen 40 und 80%. Tagsübern wenn ich lange arbeiten bin, trocknet die Oberfläche schon ziemlich stark aus. Wenn ich dann Sprühe (2 mal pro Tag) steigt sie entsprechend an und bleibt auch eine ganze Zeit lang hoch.
Substratfeuchte ist durch oben beschriebenen Aufbau stehts gegeben. Die Erde ist immer feucht bis nass ganz wenige cm unter der Oberfläche, sodass eine natürliche Durchfeuchtung von unten her gegeben ist. Der Boden MUSS für Pheidologeton feucht sein, sonst gehen sie sehr schnell ein.


Interessant vllt: ich benutze bei diesen Ausbruchkünstlern keinen komplett schließenden Deckel. Der obige Rand ist mit Talkung eingestrichen, dann habe ich einen offenen Deckel aus dicker Folie bzw. dünnem Plexiglas (0,5mm) mit Silikon aufs Becken geklebt. Dieser ist mit Öl eingestrichen. Bisher keine Ausbrüche, jedoch auch keine Versuche. Habe noch keine Ameise am Glas hochklettern sehen. Ihnen reicht der Platz bisher scheinbar sehr gut aus.
Im Laufe der Zeit haben sie bereits das ganze Becken durchgraben. Denn es gibt bereits jetzt etliche Nesteingänge, wobei viele gar nicht frequentiert werden. Die Übertunnelten Straßen dagegen sind sehr gut besucht, was man jedoch nur schwierig wahrnimmt, da sie ja übertunnelt sind.


Ernährung:
Theorie: Jeder weiß vllt, dass sich Pheidologeton stark zoophag ernährt. Ihre phytophage Ernährungsweise in Form von Samen und Körnern fällt deutlich geringer ins Gewicht. In der Theorie nehmen sie auch Honig- bzw. Zuckerwasser an.


Praxis: Wie immer sind Theorie und Praxis zwei Paar Schuhe. Zunächste möchte ich einmal herausstellen, dass die P. diversus Kolonie, die ich hatte, relativ großes Interesse an Grassamen gezeigt hat. Diese wurden eingetragen und keimten relativ schnell, da auch bei ihnen das Subtrat feucht war. Doch zurück zu den P. affinis. Anfangs ignorierten sie praktisch alles, was nicht zoophag war, was mich sehr in Sorge versetzt hat, da ja die bereits existierenden Ameisen auch mit Energie versorgt werden sollten. Ich Liste jetzt einfach mal alles auf, was ich bisher probiert habe, wie es angenommen wurde. Der Zeitpunkt des Anbietens ist nocht nicht vollends aussagekräftig, da die Kolonie derzeit noch sehr damit beschäftigt ist, ein richtiges Nest auszuhebend, d.h. wenn sich die Kolonie erst mal eingelebt hat, gehe ich von einer Veränderung des Verhaltens aus.



Auswertung:
Auch wenn Pheidologeton nachgesagt wird, sie sei immer hungrig und nicht sättigbar. Diese Kolonie ist noch klein, lebt sich erst ein, sie sind derzeit noch sättigbar, wobei jetzt schon ein Trend zur permanenten Futterannahme gegeben ist. Dies interpretiere ich jedoch nicht aus ungewöhnlich hohem Brutaufkommen, sondern mit der Erkundung des Lebensraumes und dem Einleben.
Einen weiteren wichtigen Schluss, den auch ein User aus dem Antstore-Forum bei P. diversus gezogen hat, sehe ich darin, dass sie Körner und sonstige Kohlenhydratlieferanten (oder Fettlieferanten wie Nüsse) weitgehend ignorieren, solange der Proteinbedarf in hohem Maße gedeckt ist. Gibts genug Insekten zu erbeuten, brauchen sie keine Körner. Es sind eben keine Messor, die grundsätzlich sich die Kammern voll lagern für schlechte Zeiten. Dafür gibts auch immernoch die Raubzüge, bei denen Pheidologeton dann ausreichend Proteinfutter erbeutet.
Lebende Insekten, die sich wehren, werden mit viel höherem Aufwand bearbeitet als tote. Das ist jetzt weder eine Überraschung, müssen sie das Insekt halt erst erlegen, um es verfüttern zu können und bei den kleinen Pheidologeton mit den großen Soldaten sind eben viele notwendig, noch eine neue Information, denn viele kennen vllt die Fütterungsvideos von UnXisted (siehe Youtube). Dennoch halte ich es für erwähnenswert. In wenigen Sekunden nach entdecken einer lebendigen Beute an einem Nesteingang strömen etliche kleine Arbeiterinnen heraus und überrennen die Beute, bedecken diese. Wehrt sich das Insekt und sei es nur eine Made, so folgen wenig später Soldaten. Zuerst kommen kleine empor, je heftiger sich das Insekt wehrt, desto größere Soldaten kommen mit der Zeit heraus, bis es tot ist. Danach wird es bei den P. affinis meistens mit Sand bedeckt und per übertunnelter Straße, die binnen wenigen Minuten gebaut ist, abgenagt (nicht abtransportiert!) oder es wird von unter der Erde ein Durchbruch geschaffen und abgenagt. Wie gesagt, die Beute bleibt dann meist am Ort ihrer Erlegung.
Einmal habe ich ein Heimchen verfüttert. Dieses wurde nur zur Hälfte mit Sand bedeckt. Damit nichts schimmelt, habe ich es nach 2, 3 Tagen entfernen wollen. Sehr interessant war, dass der Teil des Heimchens, der über bzw. außerhalb des Substrates war, vorhanden war, der restliche Teil des Körpers, der hätte im Subtrat stecken sollen, jedoch vollkommen abgenagt war. So als ob man jemanden ohne Beine aus dem Wasser zieht, nachdem er Opfer einer Haiattacke wurde. Wiederrum interessant, dass sie eben etwas übrig lassen, soland es nicht mit Sand bedeckt ist. Das ist derzeit IMMER so, egal welches Tier, egal wo, egal wie lange es dort liegt. Am ehesten ist das noch an den Riesenmehlwürmern zu sehen, die binnen einer Nacht ausgehöhlt sind. Die äußere Chitinhülle bleibt jedoch unangetastet liegen.
Als letzte Schlussfolgerung sehe ich, wie andere Ameisenhalter das bereits bei anderen Arten in schwächerem Ausmaß festgestellt haben, dass die Pheidologeton affinis höchste Affinität zu Beute mit weicher Schale haben. Pinky Maden, Bienenmaden, Fliegen... noch weichere aufgeschnittene Beute wie Mehlwürmer oder Bienenmaden-Puppen (ich weiß, um die Problematik dieser Bezeichnung)... das nehmen sie sehr gerne ab und bevorzugen es anderem gegenüber. Ein normaler, lebendiger oder toter Mehlwurm wird weitgehend in Ruhe gelassen, zumindest wird kein großer Aufwand betrieben, diesen zu erlegen. Aber hinter allen Aggressionen oder nicht-Aggressionen sehe ich eben die Bedingung, ob die Kolonie hungrig ist oder nicht. Und wenn sie es ist, bevorzugt sie leicht zu bekommende Beute wie weichschalige oder offene Beutetiere. Dies dient natürlich dem Überleben der Kolonie. Leichte Beute = weniger Verluste in den eigenen Reihen. Wenig Aufwand = Energieersparnis. Ich denke, dass diese beiden Aspekte bei Pheidologeton stärker verankert sind, als bei vielen anderen Ameisen, auch wenn ab einer bestimmten Koloniegröße es unungänglich wird, dass Ausfälle zu beklagen sind und der Hunger der Brut, der Fortbestand der Kolonie diese Ameisen dazu treibt Beute zu machen, egal wie. Denn eins ist klar: wie haben es hier nicht mit einer vorsichtigen Ameise zu tun, die versucht jedwedes Individuum zu schützen (Beispiel für sehr vorsichtige Ameisen wären Gigantiops destruktor).



Hier noch ein paar visuelle Eindrücke. Gefüttert wurde eine dicke Bienenmade.






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Post 13254 - 27.05.2011 20:20:31

Ich weiß, es ist nicht gern gesehen. Ich will aber nicht mein Beitragskonto oder so pushen, sondern einfach nur den Beitrag hochholen, da ich ihn seit Erstellung zwei mal umfassend überarbeitet und erweitert habe.


Viel spaß beim Lesen.


Grüße
Stephan



Post 13667 - 23.06.2011 18:28:28

Hallo,


auch von dieser Front mag ich berichten. Auch sie vermehren sich. An Toten sehe ich nur ganz wenige Arbeiterinnen und wohl öfter mal eine Soldatin mit abgetrenntem Gaster oder eben nur den Gaster. Ich habe zwar keine Nesteinsicht, aber ich mache das Wachstum an der Anzahl der Tiere aus, die nach oben kommen, wenn es Futter gibt. Das sind bereits einige mehr geworden. Sie haben auch das halbe Becken durchgraben. Überall sieht man Nestöffnungen. Sie haben einmal ringsum direkt unter der Erdoberfläche am Glas entlang einen großen tunnel gegraben, etwa 4mm breit und hoch. Der Appetit ist groß, sie bekommen fast täglich etwas. Das reicht von 2 Fliegen als Hungerüberbrückung bis hin zu 3 Maden, einer Bienenmade. Eine Lasius niger Königin gabs auch schon und ne Wespe, die ich fast tot im Flur gefunden habe. Sie sind da nicht mehr zimperlich, nehmen wirklich alles an. Lebende, sich wehrende Beute erregt natürlich größere Arbeitermengen, sodass hier die Rekrutierung sehr schnell und übbig ausfällt.


Ich konnte beobachten, dass sie durchaus auch über Pheromone rekrutieren, nicht nur durch Beträllern, nachdem sie ins Nest zurück sind. Da war eine Arbeiterin, die ein Futterinsekt etwa 4-5 cm weit weg von den anderen entdeckte. Das Insekt: eine ledierte, aber lebende Made. Auf einmal suchten die anderen Arbeiterinnen ziemlich zielstrebig nach etwas und gingen auf ziemlich direkten Wege zur Made. Der Weg dorthin wurde rechts wie links von der kürzesten Verbindung, einer Geraden, nicht um 5mm verlassen.


Kohlenhydrate nehmen sie weiterhin kaum auf, die Walnuss wird ab und zu angenagt, aber kaum erwähnenswert. Käse wird auch ignoriert, Zucker ebenso. Ich belasse es deshalb derzeit bei Futterinsekten und besagter Walnuss.


Eine wichtige Erkenntnis: Sie mögen es lieber mit etwas lockerer Erde zu arbeiten als mit zu harter. Die harte hält zwar die Nesteingänge besser offen, eignet sich aber nur schwer Beute mit Substrat zu bedecken. Ich habe in einer Ecke des Terrariums versucht die Erde durch Springschwänze zu impfen, indem ich etwas Humus aus meiner Zuchtbox hingekippt habe. Das ist mittlerweile zum Hauptfütterungsort avanciert. Hier zeigt sich die größte Aktivität der Tiere und Beute wird ganz leicht übertunnelt und ausgehöhlt.


Ich bewässere weiterhin weitgehend von unten. Sprühen tue ich lediglich, wenn ich dran denke, also ca 1 mal pro Tag oder seltener. Sie kommen damit ziemlich gut zurecht. Sie wechseln sich derzeit die Wärmequelle mit den Messor arenarius ab. Für beide ergeben sich da derzeit keine einschneidenden Nachteile. Sie sind also auch halbwegs bei Zimmertemperatur von ca 20° zu halten. Wenn das Wachstum so weitergeht, werden sie dieses Jahr bereits ein neues Becken benötigen.


Natürlich möchte ich euch ein paar Fotos von der Futteraufnahme zeigen.


Hier seht ihr, wie 4 Fliegen belagert werden. 2 von ihnen haben noch gut gezappelt, daher kamen auch ein paar mittelgroße Soldaten mit heraus.


Hier eine adulte Mittelmeergrille, die ich lebendig mit 2 Zahnstochern im festen Lehmboden fixiert habe. Es hat einige Zeit gedauert, aber irgendwann war auch sie vollkommen übertunnelt. Hier haben die Arbeiten bereits begonnen, die Grille zuzuschütten.



Viele Grüße
Stephan



Post 14149 - 26.07.2011 20:32:06

Nach längerer Zeit gibts es eine erneute Zusammenfassung des Geschehenen. Ich werde positiv beginnen und mit der Zeit dann die negativen Punkte ausführen.


Zuallererst möchte ich betonen, dass die Kolonie noch existiert und wächst. Futter wird begierig angenommen, jedoch nicht immer. Es gibt nach wie vor diese Phasen, in denen ich fast keine Ameise über Tage sehe, meistens am ersten, vllt auch mal zweiten Tag nach einer Fütterung. Wenn ich gerade Wasser gesprüht habe, hat dies einen positiven Effekt auf die Außenaktivität.
Große Soldaten kommen nur ganz selten bis nie an die Oberfläche. Sie dienen gerade bei kleinen Kolonien eben der Bewachung der Brutkammer. Bei einer ausgedehnten Fütterung vor 2 Tagen, konnte ich jedoch wieder 2 Majore hervorlocken. Insgesamt gab es ein halbiertes Heimchen, eine halbierte Pinkymaden-Puppe, 2 geöffnete Bienenmadenpuppen und 7 Pinkymaden lebend, ohne sie vorher zu handicappen.



Ein ganz guter Wuselfaktor


Leider etwas verwackelt, da nicht nur freihändig, sondern auch in ungünstigster Körperhaltung fotographiert wurde


Auch ohne Majore gehts



Außerdem freudige Nachricht: Obwohl ich nur Talkum benutze (da das Öl bereits längst eingetrocknet ist), ist noch keine einzige Ameise ausgebrochen (oder ist brav zurückgekehrt). Auch an den Scheiben sehe ich sie nur ganz selten und dann nur im unteren Bereich.



Futter:
Ich habe im Laufe der Zeit natürlich wieder diverse Futterversuche gemacht. Ich bleibe weiterhin bei der Aussage, dass der Hunger die Agressivität steuert. Es kann auch mal ein frischtotes Heimchen liegen bleiben, wenn die Kolonie eigentlich satt ist, auch wenn man sich das kaum vorstellen kann.



Fazit: lebende Pinkymaden, angetötete Fliegen wecken großes Interesse und erzeugen tolle Rekrutierung. Alles, was nach Innereien aussieht, wird BESTENS angenommen und verwertet (aufgeschnittener Mehlwurm, Pinkymaden-Puppe).



Insgesamt wird die Kolonie größer und größer. Es sind bereits einige recht große Tunnel an den Außenscheiben entlang gebaut worden, leider auch bis ganz unten zum Boden, wo die Drainageschicht ist. Da affinis Beute "übererden"/mit Erde bedecken, sie dann weitgehend verwerten bis auf die Chitinhülle und dann aber vor Ort belassen, gestaltet sich die Reinigung des Beckens als ziemlich schwierig. Mittlerweile gibt es auch einige tote Arbeiterinnen. Das beunruhigt mich nicht so sehr. Folgendes Bild ist vom 14.07.:



Pheidologeton bearbeiten ein Becken so sehr, da kann man auch kaum "sauber" machen. Alles wird umgegraben, überschüttet, untertunnelt (egal, wo ich mit der Pinzette reinsteche, der Boden gibt fast überall spielend nach, weil alles untertunnelt und unterhöhlt ist).


Die Leichenberge machen mir keine Sorgen, auch wenn der gezeigte nur ein winziger und einer von vielen ist. Aber, ihr könnt es euch schon denken... wenn ich Futtertiere entsorge, auch an der Haselnuss... gibt es Milben. Kleine, weißlich, gelbliche, runde. Diese sitzen meiner Beobachtung nach nicht an den Ameisen selbst, nichtmal an den toten Ameisen. Ich finde sie lediglich an den ausgehöhlten, untergegrabenen Insekten, manchmal auch frei laufend an der Oberfläche. Anfangs noch wenige, mittlerweile sind es schon ziemlich viele geworden. Ich weiß derzeit noch nicht, ob ich es noch einmal mit einem neuen Becken versuchen soll (freiwillige Umsiedlung über Röhren), sie einfach weiterpflegen und die Milben ignorieren oder überbrühen soll. Wer möchte, kann mir im Diskussionstread gerne etwas dazu schreiben.



Viele Grüße
Stephan



Post 14260 - 07.08.2011 08:42:39

Hallöle,


ich möchte euch heute nur ein paar visuelle Eindrücke spendieren.


Dieses Bild entstand etwa 3 Minuten, nachdem ich u.a. zwei halbierte Riesen-Mehlwürmer ins Becken in die Nähe von ein paar Arbeiterinnen gelegt habe.


Meine erste verfütterte Schabe. Sogar dieses gewaltige Insekt wird fast vollends übergraben. Bin gespannt, ob ich die Schabe in wenigen Tagen ausgehöhlt entnehmen kann.


Gestern Abend dann mein Selbstversuch. Hatte eine Supermajore im Becken gesehen und habe sie auf meine Hand gesetzt. Sobald diese mit ihren kurzen Stummelfühlern (affinis haben alle recht kurze Fühler) meine Haut ertastet, will sie zubeißen wie ein abgerichteter Hund, ein Cerberus. Die Aggressivität dieser Tiere ist beeindruckend! Ich habe mich zwar darauf eingestellt, dass sie mir in die Haut beißt, jedoch wurde sie an anderer Stelle fündig. Auch wenn man am Fingernagel keine Nerven hat, ihr kennt es vllt, wenn man nur Druck mit einer Zange auf den Nagel ausübt, man spürt das trotzdem. Genauso war es mit der Majore. Ich habe gespürt wie fest sie sich in den Nagel verbissen hat. Dass man sie kaum lösen kann, muss ich wohl niemandem sagen. Ich weiß nicht, ob ich es an vorheriger Stelle in diesem Haltungsbericht schon einmal geschrieben habe, aber sogar ein Biss der kleinen Arbeiterinnen in die Haut ist deutlich mehr zu spüren als ein Biss meiner viel größeren Aphaenogaster senilis.


Schöne Grüße
Stephan



Post 15643 - 01.11.2011 11:12:46

Es ist nun schon eine ganze Weile her, dass ich hier geschrieben habe. Und heute gibts nach fast 2 Monaten ein Update.
Zuerst einmal, um das erwartete Klischee zu widerlegen: ja, sie leben noch! :) Auch wenn Pheidologeton als sehr schwer umschrieben werden, gilt das meines erachtens nach nicht für die affinis. Sie sind robust, extrem unwillig auszubrechen, auch eine relativ hohe Sterberate wird durch noch stärkeres Wachstum wieder kompensiert, hungrig, aggressiv, aber auch anstrengend. Denn man widmet ihnen schon recht viel Aufmerksamkeit. Sie brauchen viele Proteine. Bei mir bekommt keine andere Ameisenart mehr Proteine als die Pheidologeton. Das Können auch schon mal 10 Maden, 3-4 mittlere Heimchen und noch 1-2 halbierte Riesenmehlwürmer sein. Nicht jeden Tag, aber allerspätestens alle 3 Tage, meist alle 2. Grundsätzlich wird wie bei allen Ameisenarten weichschaliges lieber angenommen oder etwas, das nur eine Haut besitzt (div. Larven, Fliegenmaden, Machsmottenlarven, Bienenmade). Mittlerweile werden auch Kohlenhydrate angenommen, jedoch nur in Nussform. Haselnuss und Walnuss werden selten, aber ab und zu angenommen. Diese werden dann dort, wo sie liegen von unten abgetragen, ausgehöhlt, Gänge reingefressen, denn hier drum kümmern sich nur die kleinen Arbeiterinnen. Majore kommen leider nicht so häufig an die Oberfläche. Wer aber schon einmal Pheidologeton gehalten hat, der weiß, dass es gerade anfangs so ist. Auch Wachsmottenlarven werden erst einmal versucht mit Arbeiterinnen niederzuringen, was sogar oftmals ausreicht. Majore kommen wirklich nur selten, um zu helfen, zumindest die Supermajoren, kleinere kommen früher oder Später immer. Die Kolonie ist mit wenigen Tausend Arbeiterinnen ja noch recht klein.



Leider sind die Fotos dieses mal nicht so scharf wie sonst.


Fütterung:



Nächste Fütterung:
(Zum vergrößern bitte anklicken. Für die Maximalgröße bitte dann nochmal auf das geöffnete Bild klicken:)



Tja, und weil ich bei diesem Becken dumm war (oder doch klug?) und kein Vließ zwischen Substrat und Drainage gesetzt habe, kann ich die Kolonie auch von unten beobachten. Angst vorm Ertränken habe ich natürlich schon, daher bewässere ich sehr regelmäßig, aber dann nur mäßig.
Hier sieht man die Brutkammern von unten, schön getrennt zwischen Larven und Puppen. Man sieht, so schlecht geht der der Kolonie scheinbar nicht.


Hier die Puppen:


(Zum vergrößern bitte anklicken. Für die Maximalgröße bitte dann nochmal auf das geöffnete Bild klicken:)




Viele Grüße
Stephan


Diskussionthread:
http://eusozial.de/viewtopic.php?f=33&t=1285


edit Marcel (Antfriend): Hab die Bilder etwas verkleinert und nachgeschärft und dann per eusozial-Upload hochgeladen, Stephan. So wie abgesprochen.



Post 16014 - 22.11.2011 11:05:20

Hiermit beende ich den Haltungsbericht von meiner Seite aus. Die Kolonie wächst gut, ihr geht es gut, sie sind nicht allzuschwer zu halten. Die Charakteristik dieser Tiere habe ich ja während meines HBs beschrieben. Unterm Strich würde ich sagen, dass es sich schon lohnt diese Tiere zu halten, vllt auch um schon einmal mit Pheidologeton an sich zu sammeln. Sie sind definitiv sehr interessant, verursachen jedoch einen höheren Aufwand als andere Kolonien meiner Meinung nach. Dasselbe gilt für die Kosten. Auch schon sehr kleine Kolonien vertilgen große Mengen an Insekten. Ich habe zwar diesbezüglich keine Finanznot, habe es aber dennoch so gelöst ihnen meistens Maden anzubieten. Diese sind super günstig und locken eine Menge Arbeiterinnen und Soldaten hervor.
Wer dann später P. diversus halten möchte hat nach den leichteren affinis schon Grundkenntnisse gesammelt und kommt vielleicht leichter zurecht. Ich selbst werde es irgendwann auch nochmal mit den diversus versuchen.


Die Kolonie wurde an einen befreundeten Ameisenhalter abgegeben. Wenn dieser möchte, kann er den HB hier fortführen, denn auch er ist hier im Forum aktiv.


Viele Grüße
Stephan