Das Bild des Tages

  • Für ein paar Tage sind wir in Brandenburg.

    Wenig Zeit, man besucht Familie und Freunde. Aber etwas Zeit blieb und so streiften wir für ein paar Stunden durch die Wälder meiner Kindheit und Jugend. Hier kannte ich einmal jeden Stein. Kunststück, hier gibt es ja nur Sand.

    Aber es gibt die wundervolle Kiefer, den Charakterbaum der Region. Kiefernwälder sind hier in Brandenburg licht und voller Leben. In ihnen kommen auch andere Baumarten zurecht, am Boden gibt es eine interessante, sparsame und trotzdem reiche Vegetation. Flechten und Moose, Gräser, die an den sonnigen und trockenen Standort gut angepasst sind und eine erstaunlich reiche Insektenfauna sowieso. Allenthalben Tetramorium caespitum, Myrmica- und Lasius-Arten, selbst fuliginosus fanden wir hier im Kiefernwald. Jungköniginnen haben wohl ein weiselloses Nest einer Chthonolasius übernommen. Wichtigste Arten sind hier jedoch neben Formica fusca und Formica cinerea an breiten, sandigen Wegen aber die Raptiformica sanguinea und verschiedene Waldameisenarten.


    Kiefernwald


    Ein traumhaft schöner Wald. Viel altes Totholz, das kommt vielen Ameisen und anderen Insekten sehr entgegen und wird für die Nestanlage stark genutzt.

    Die Kronen dieser Bäume lassen viel Licht und Wärme bis zum Boden dringen, der oberflächlich trockene Sandboden jedoch verhindert, dass der Boden völlig verbuscht und und so kann sich man hier wundervoll auch abseits der Wege bewegen. Die Kiefern scheinen relativ gut mit der Trockenheit der letzten Jahre zurecht gekommen zu sein. Sie sind Pfahlwurzler, ihre Wurzel reichen bis in die tieferen, feuchteren Bereiche des Waldbodens.

    Es gibt hier noch an vielen Stellen Kolonien der Waldameisen. Wir fanden Individuen von F. polyctena, F. rufa, F. truncorum, F. pratensis und vermutlich von F. uralensis.


    Eine noch junge Kolonie von Formica rufa.


    Waldameisen in Brandenburg


    LG, Frank.

  • Wir suchten ein Biotop in Brandenburg in der Nähe von Trebbin auf, dass mir aus früherer Zeit bekannt war. Hier gab es und gibt es neben F. cinerea viele andere wärmeliebende Insekten, darunter beeindruckende Grabwespen wie die Kreiselwespen und die Sandwespen neben vielen anderen Wespen und Bienen, Sandlaufkäfern und Libellen wie den Plattbauch. Interessant war, dass die in solchen Biotopen eigentlich dominanten F. cinerea diese Wespen weitgehend in Ruhe ließen. Sie konnten sie ohnehin nur stören, diese großen Wespen ließen sich kaum aus der Ruhe bringen und schon gar nicht ließen sie sich von den Ameisen vertreiben.

    Hier nisten tausende von Kreiselwespen und Sandwespen. Überall brummte es und summte es. Überall flog der Sand von den grabenden Weibchen, die ihn mit den Vorderfüßen unter den Körper beim Graben nach hinten schleuderten. Geriet mal eine Ameise in einen solchen "Sandsturm", kam es vor, dass sie verärgert die Wespe angriff und dann eben doch störte. Schnell aber klärte sich die Situation und man ging wieder seinen Geschäften nach.


    Eine Kreiselwespe (Bembix rostrata) vor dem Nesteingang. Die Tiere sind groß und kräftig. Manche erreichten Körperlängen von vielleicht 25 mm.


    Kreiselwespe


    Das Biotop, in dem diese Tiere nebeneinander leben. Wunderschön.


    Biotop F.cinerea


    Es gibt noch Regionen auch in Deutschland, in denen der Insektenschwund nicht wirklich merkbar ist. Hier in Brandenburg gibt es solche Flecken. Das, obwohl es hier seit vielen Jahrzehnten einen intensive Landwirtschaft gibt. Aber man hat (bis jetzt) einige Flecken einigermaßen unberührt gelassen.

    Unermesslich wertvoll.


    LG, Frank.

  • Eine Königin von Manica rubida bei der Nestgründung in den italienischen Alpen (in der Nähe der Wespen). Sie lief immer wieder in Kreisen um ihren Nesteingang, und verschwand dann gelegentlich für ein paar Minuten im Nestinnen, nur um dann kurz darauf wieder herauszulaufen und wieder eine Runde zu drehen. Dabei wurde auch von mir angebotene Nahrung verschmäht (die Fliege im Bild). Ich vermute, sie hat ihre Runde gelaufen, um sich die unmittelbare Umgebung ihres Nestes zu merken um es bei der tatsächlichen Futtersuche schnell wiederzufinden. Viele Ameisen machen solche sogenannten Orientierungsläufe.

    Manica rubida


    Manica rubida


    Grüße, Phil

  • Seit meinem Brandenburg-Aufenthalt interessieren mich nun doch wieder mehr die heimischen Arten. Ich beobachtete dort verschiedene Arten, besonders faszinierte mich die Formica cinerea mit ihrer Lebensweise. Eine heimische "Wüstenameise", mit polydomen riesigen Kolonieverbänden, mit festen Straßen zwischen den Kolonien, teilweise untertunnelt, teilweise über viele Meter offen, an Schützengräben erinnernd. Diese Straßen dienen aber nur den Austausch zwischen den Kolonien und für den schnellen Transport der in den sozialen Mägen gespeicherten Nahrung. Jagend und sammelnd sieht man die Arbeiterinnen der Art zerstreut überall im Freiland.

    Leider schwärmte die Art noch nicht, zu gern hätte ich eine Jungkönigin mitgenommen.


    So nahm ich wenigstens einige Arbeiterinnenpuppen mit, die ich meiner Amazonen-Königin in ihrer kleinen Kolonie zusetzte. Ebenso einige Puppen von Arbeiterinnen der Raptiformica sanguinea. Diese Arbeiterinnen sind teilweise größer als die Polyergus-Königin.

    Viele Jahre befasste ich mich fast nur noch mit exotischen Arten. Sehe ich jetzt meinen Ameisen dieser gemischten Kolonie zu, erinnere ich mich an die Begeisterung und Faszination, die gerade diese Tiere in mir früher auslösten. Diese einheimischen Formicinen sind ungeheuerlich effektiv, kooperativ und schnell. Ihre Zielstrebigkeit ist erstaunlich, die Kommunikation funktioniert fast reibungslos auch über die Artgrenzen, wenn es darum geht, die Kameradinnen für den Brutraub oder für den Beuteeintrag zu rekrutieren. Immerhin leben hier vier oder fünf Arten zusammen, Polyergus, Raptiformica, F. cinerea, F. rufibarbis und F. fusca.


    Die Amazonenkönigin, umringt von jungen Ameisen.


    Polyergus mit Hilfsameisen


    LG, Frank.

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