Camponotus vagus: Anfängerfragen Nest, Arena etc.

  • Hallo erstmal, ich habe mich am Kaffeetisch schon kurz vorgestellt trotzdem möchte ich das hier ebenfalls kurz tun, ich weiss ja nicht wer von euch hier wo aktiv ist ;)


    Also mein Name ist Johannes, ich komme aus Bamberg/Oberfranken, bin 24 Jahre alt und das was man allgemein als blutigen Anfänger betiteln würde.


    Schon vor vielen Jahren hat mich die Faszination der Ameisenwelt gepackt. Damals noch mit den festen Willen Blattschneider zu halten. Nun, diese Gedanken habe ich mit fortgeschrittenen Alter vorerst beiseite geschoben ;)


    Ich habe mir zahlreiche Meinungen und Halteberichte zu den Camponotus vagus durchgelesen. Ich denke diese Art ist für Anfänger in Ordnung. Mir gefällt ihre Größe bei der sie trotzdem grazil wirkt. Zudem scheint sie etwas 'schneller' in der anfänglichen Entwicklung als bspw die Camponotus cruentatus oder liguiperdus. Korrigiert mich ruhig wenn etwas nicht stimmt ;)


    Meine Fragen drehen sich hauptsächlich um den Farmacien-Bau und die Nestauswahl/Gestaltung.


    1. Größe der 'Anlage'
    Ich dachte an ein 60x30x30 Becken als Hauptarena mit integrierten Ytong oder Korknest (dazu später mehr) zudem ein Würfel 30x30x30 in dem ich zu einem etwas späteren Zeitpunkt die Futterstelle und eine 'Auslaufmöglichkeit' anbieten möchte. Nun meine Frage dazu, meint ihr diese Größe ist auch auf etwas längere Zeit (2-3 Jahre) ausreichend oder ist es zu erwarten dass sich der Bestand schneller vermehrt und mehr Platz braucht?
    Zudem die Frage, nach dem Würfel:
    Ist es realistisch dass sich die vagus nach einiger Zeit bereit erklären das Futter aus einem anderen Bereich zu holen? Anfangs werde ich natürlich 'vor Ort' füttern. Der Schlauchdurchmesser würde 27mm betragen, ich denke das wäre ausreichend. (Die Distanz zu dem Würfel lieber gering halten?)


    2. Der Boden:
    Ich habe gelesen dass einer Probleme mit einem Sand/Lehm Boden und den vagus hatte, ist das des öfteren beobachtet worden bzw gibt es eine (steinige/sandige) Alternative zu einem Rinden-/Mulch etc Waldboden?


    3. Das anlegen eines 'Flusslaufes'
    Ich habe vor trotz einer externen Wassertränke ein kleines Flussbett zu errichten, das wird dann mittels einer Brücke zu überqueren sein. Nun habe ich trotz handwerklich einigermaßen vorhandenen Geschicks, keine Erfahrung in diesem Bereich vorzuweisen. Die Frage: Wie könnte man so etwas anlegen ohne dass der Sand/Lehm oder Waldboden das Wasser zieht? (Flussbett modelieren/Ton etc?)


    4. Das Nest:
    Ich habe vermehrt gelesen dass die vagus eigentlich Kork- bzw Holznester bevorzugen und es dadurch dass sie ihr Nest selbst befeuchten kein Problem ist ein solches anzubieten (zwecks Schimmel)
    Alternativ würde ich ein Ytong Nest anbieten.
    Zu den Fragen:
    4.1: Ytong oder Kork?
    4.2: Befeuchen oder nicht?
    4.3: Größe der Kammern und des Einganges (2cm Tiefe und Breite i.O oder zu viel?)
    4.4: Ich will nicht viel nachbasteln (auch wegen der Ruhe) und habe oft gelesen sie müllen ein zu großes Nest schnell zu. Soll ich lieber ein Großes Nest anbieten und weitere Zugänge vorerst verschließen(Wenn ja wie?)?
    Oder lieber ein großes(vorerst verschlossen) und für den Anfang ein kleineres Nest anbieten?


    Das wären meine ersten Fragen :) Ich weiss das ist ganz schön viel, aber da kommt wohl auch noch was nach ;) .. ich hoffe ihr könnt mir helfen.
    Vielen Dank schonmal und beste Grüße


    Johannes

  • Hallo Johannes!


    Ich bin selbst noch Anfänger in der Ameisenhaltung und habe auch eine kleine Kolonie Camponotus vagus.
    Zu einem Thema kann ich etwas schreiben, denn das Problem mit dem Sand-/Lehmgemisch als Bodengrund könntest du bei mir gelesen haben.


    Die Ameisen versuchten in jedem Fall diesen Sand zu meiden. Es war eine orangefarbene Sand/ Lehmmischung von einem größeren Onlineshop für Ameisen und diese ist zu feinkörnig. Da ich dies auch nicht bewässerte war es sehr schwierig für die Ameisen darüber zu laufen und der feine Sand blieb auch an ihnen hängen, was ihnen nicht gefiel.


    Ein wenig Abhilfe schaffte es einfach den Sand zu bewässern und aushärten zu lassen, aber generell würde ich nach dieser Erfahrung eher von Sand/Lehm als Bodengrund absehen. Ich habe nun viel Torffasern, Pinienrinde und andere kleine Holzstückchen oder auch Steine in der Arena. Dies stellt für sie keine Probleme mehr da. Am liebsten laufen sie dennoch weiterhin auf Holz/Ästchen. Auch Fichtennadeln kann ich empfehlen, am besten wohl getrocknete. Aus diesen Nadeln und einigen Rindenstückchen bauen sie dann sehr gern einen Schutz vor den Nesteingang.


    Kurz noch zum Nest: ich habe ein hochkant Ytongnest mit 3 Kammern. Höhe und Tiefe sind bei mir ca. 2 cm. Inwieweit dies nun eine optimale Größe ist, können vielleicht erfahrenere Halten sagen aber es wurde gut angenommen und Probleme sind deshalb auch nicht zu sehen. Bewässern tue ich das Nest nicht, ich biete aber eine Tränke direkt in der Nähe an und diese wird öfter besucht.
    Brut entwickelt sich dennoch gut.


    Als Startbecken habe ich 60x30x20cm dies ist für eine kleine Kolonie zumindest anfangs völlig ausreichend. Ich hatte ein weiteres Becken 35x25 angeschlossen welches aber innerhalb von 2 Wochen nicht einmal besucht wurde. Ich hatte Anfangs 10 Arbeiterinnen und inzwischen 19 aber die Aktivität außerhalb des Nestes ist noch recht bescheiden, außer wenn es Futter gibt :)
    Ich kenne einen Halter, der eine Kolonie mit ca. 180 Tieren in einem 60x30 Becken hält. Inwieweit dies noch gut ist, weiß ich nicht, aber möglich scheint es wohl zu sein.

  • Danke schonmal Kryolan,
    in der Tat habe ich das bei dir gelesen, ich verfolge auch unter anderen deinen Haltungsbericht und schnappe da einiges auf. Immer schön geschrieben i.Ü. ;)


    Meinst du grobkörniger Sand/kl.Steine wären eine Möglichkeit, natürlich in Kombi mit Ästen und Fichtennadeln?
    Ich denke dass man bis zu dieser Größe (180 von deinem Bekannten) mit einem 60x30x30 und dazu einer kleineren Erweiterung auskommen sollte.


    Ich denke wenn die Kolonie dann größer wird und der Futterbedarf demensprechend steigt werden auch weitere Wege in Kauf genommen.

  • Hallo Johannes,
    ich kann dir nur sagen was meine eigenen Erfahrungen sind:


    Haben C.vagus die Wahl bevorzugen sie ein Nest aus Holz (ist auch bei ihren "wilden" Schwestern so) , wobei sie genau genommen nicht das Nest befeuchten sondern die Brut vermehrt belecken. Bei meinem Kombinationsnest (meinen Haltungsbericht hast du ja wahrscheinlich schon gelesen) tragen sie zwar Material in den Ytongteil halten sich aber nicht länger darin auf.


    Ich befeuchte nicht und die Tiere haben sich von 22 innerhalb von 3 Monaten auf 100 vermehrt (+50 Puppen, Larven, Eier)


    Röhren und Schläuche 20mm Durchmesser, Kammern lang (bis 8cm) und ca 25mm hoch


    Teile des Nestes (Zugänge zu Kammern) habe ich mit einer Mischung aus Kiefernrindenschrot (Rinde mit grober Holzraspel bearbeitet) und (Verzeihung) Spucke (Haftung!) zugemacht. Hat wunderbar funktioniert, jetzt erst haben sie die letzte Kammer freigelegt.


    Das Nest mißt 50x25x10(10 ist fast zuviel würde ich beim nächsten Mal dünner machen) und wurde von den 20 Ameisen über nacht bezogen, allerdings wärme ich es mit einer 10W Heizmatte auf der Rückseite so daß es 22° oben im Nest hat. Jetzt wo sie soviel Brut haben bekommen sie noch stundenweise Rotlicht , aber nur schwach. In der Natur habe ich schon 35° am Baumstumpf in dem sie nisten gemessen, und im Hochsommer wird es sicher noch mehr. Allerdings wird die Temperatur im Inneren geringer sein . Jedenfalls lieben sie Wärme. Das mit dem Zumüllen ist nicht so schlimm, erstens schimmelt nichts weil es trocken ist, zweitens tragen sie auch wieder Müll hinaus.


    Mein Bodengrund besteht aus einer Schicht trockener Fichtennadeln und Waldboden auf einem harten Sand- Lehmgemisch. Sie bauen nämlich gerne mit den Nadeln.


    Wasser immer vorrätig, Zuckerwasser und eine breite Palette an Insekten und Spinnen als Proteinfutter.


    Zu deinem Plan mit dem Satellitennest: ich habe auch so etwas aber erst jetzt wird es (spärlich) genützt. Ich würde ihnen anfangs das Futter,Wasser,Zuckerwasser in der Nesteingangsnähe anbieten , später kann man sicher experimentieren.


    Jedenfalls wünsche ich dir eine schöne Planungsphase!


    LG
    Volker

  • Vielen Dank Volker!
    Deine Tipps bringen mich in der Planung ein ganzes Stück voran. Es rattert rauf und runter. Ich kanns schon kaum erwarten mit dem Basteln anzufangen. :)
    Eine Frage hätte ich nochmal bzgl eines Korknestes, wenn ich es an der Formicacien Wand anbringen möchte kann man das ohne weiteres mit Ton/Lehm machen?
    Die Fichtennadeln scheinen ja ein 'Muss' zu sein :) .. jedenfalls sind eure Tipps klasse, danke nochmal

  • "Eine Frage hätte ich nochmal bzgl eines Korknestes, wenn ich es an der Formicacien Wand anbringen möchte kann man das ohne weiteres mit Ton/Lehm machen"


    Sorry, aber das verstehe ich nicht ganz. Willst du ein Korknest mit Lehm an der Glasscheibe der Arena befestigen? Das wird nicht gehen, Lehm schwindet bei Trocknung und reißt, da fällt alles runter oder löst sich.


    Du willst vermutlich Einblick in das Korknest haben und es mit der Sichtseite (wo die Kammern und Gänge sind) an einer der Terrariumscheiben befestigen.
    Entweder klemmen (dahinter brauchst du dann viel Material oder eine Styroporfüllung die du dann bedecken mußt) , wieweit sich das relativ weiche Material Kork dann wölbt und die Tierchen durch die Spalten durchläßt damit sie woanders bauen können weiß ich nicht, ich würde einer Klemmung nicht trauen.
    Mit Silikon abdichten ,auf die Gefahr hin, daß du aufwendige Schabe und Kratzaktionen machen mußt, wenn das Nest einmal ausgedient hat.
    Oder du beklebst die Rückseite des Korknestes mit einer Holzplatte so wird das Nest steifer und bleibt vielleicht spaltenfrei an der Glasscheibe wenn du es klemmst.


    Ein externes Nest ist auch eine Option. Hat halt alles Vor und Nachteile. Bedenke auch, daß die Tiere eine 5 monatige Winterruhe bei 0 bis 7° halten und das mit dem ganzen Terrarium wenn das Nest dort integriert ist.
    LG
    Volker

  • Es ist des öfteren zu lesen dass die Vagus in einem unbeheizten Zimmer ihre Winterruhe verbringen können, bei 10-15 Grad?
    Davon bin ich bis dato ausgegangen.. Wenn dem nicht so ist ist das natürlich ein gewichtiges Argument. Ich könnte das Formicarium auch in den Keller stellen, aber in meinem einen komplett ungeheizten Raum hätte es im Winter eben um die 12-14 Grad. Wäre schade wenn ich sie wirklich ganz 'wegstellen' müsste :/


    Das steht so auf den meisten Info Seiten.. "Kann Winterruhe auch im unbeheizten Raum verbringen"


    Mit dem Kork ist das natürlich so eine Sache, ich finde es schon schön wenn es seitlich integriert ist. Ich werde einfach versuchen ob ich es mit euren Tipps hinbekomme. Eine besonders schöne Lösung wäre wohl auch eine freistehende Holzlösung die auf der ausgefrästen Seite mit einem Glas versetzt ist. Aber ob ich das hinbekomme? :pardon:


    Beste Grüße

  • Hallo,
    bezüglich der Winterruhe kann ich noch auf keine eigene Erfahrung zurückblicken, allerdings gibt es einen Halter (bei dem die Winterruhe gut verlaufen ist) der sie von 0 bis 10°überwintert hat. Ich habe mir die Temperaturdiagramme von Toulouse (wo meine herkommen ) und von meinem Wohnort (Graz, wo ich 2 Kolonien beobachte und wo es im Winter oft tagelang minus 10° hat) angeschaut und das Mittel für Nov. bis März liegt zwischen 0° und an die 10°. Aber fragen wir doch einfach bei welchen Temperaturen (und Luftfeuchtigkeit) C.vagus gut über den Winter gebracht wurden.
    Ein externes Holznest mit einer Glasscheibe die von Winkeln gehalten wird ist nicht schwer zu bauen aber sieh gleich einen Erweiterungsanschluß vor (hab ich bei meinem leider nicht bedacht).
    LG
    Volker

  • Hallo nochmal, ich habe in einem anderen Forum nochmal herumgefragt. Bei der Temperatur kommt alles raus, im großen und ganzen scheint zwischen 0-15 Grad alles möglich zu sein.


    Ich tendiere nun doch wieder zum Korknest, die Befestigung könnte mittels Heißkleber entstehen. Ich denke das sollte halten und ist in der Entfernung wohl unkomplizierter als Silikon. Lediglich eine dicke Korkplatte fehlt mir hierzu, im Internet gibt es überraschender weise relativ wenig und das was man findet ist wahnsinnig teuer! :denken:

  • Die Korkplattenangelegenheit wird meinem Bekannten übergeben der glücklicherweise in einer Schreinerei tätig ist, er sollte also etwas passendes finden ;)


    Die Vorbereitungen laufen, eine Frage schwebt mir noch vor:
    Das Futter soll ja anfangs aus Honig/Zuckerwasser und abgebrühten Insekten (Hautflüglern) bestehen. Doch wann kann ich Lebendfutter anbieten? Und ist das aus einer Zoohandlung dann in Ordnung oder doch lieber selbst 'jagen' wie man des öfteren liest?

  • H bbghsv,
    Ich denke die C. vagus würden sich mit Lebenfutter, insbesondere aktive Tiere wie Heimchen, recht schwer tun, alleine deshalb, weil diese einfach für die Ameisen viel z schnell weglaufen und ein "stellen" nicht wirklich zustande kommt.
    Dies ist auf jeden Fal bei meiner Kolonie (etwas über 200 Tiere) der Fall.
    Sehr langsame Tiere wie z.B. Raupen bekommen sie schon, nur Heimchen, Schaben und andere schnellen Futtertiere biete ich frischtot an (sozusagen angequetscht ;)).
    Ich würde sagen du kannst beides verwenden: Futtertiere aus dem Terraristikbedarf und sogenanntes "Wiesenplankton". Achte dabei allerdings darauf, keine gefährdeten Insekten einzusammeln.
    Bei mir finden vorallem Zweifleck und andere Grillen sowie Heimchen und Mehlwürmer aus dem Terraristikbedarf Verwendung (auch für andere Tiere) sowie öfters mal Fliegen, wenn ich welche bekomme.


    Grüße Nils

    "Ein Experte ist ein Mann, der hinterher genau sagen kann, warum seine Prognose nicht gestimmt hat" - Winston Churchill

  • Danke Nils, ich dachte eigentlich C.Vagus wären recht flink, so habe ich es des öfteren gelesen, naja muss ja nicht unbedingt eine Jagdszenerie werden, wobei die Jagd an sich zugegebenermaßen schon einen interessanten Aspekt darstellt.

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