Besuch Zoo Leipzig Maerz 2014 (Atta cephalotes)

  • Liebe IG, wie im Chat schon angekuendigt, moechte ich kurz meine Eindruecke der Atta cephalotes Kolonie im leipziger Zoo mit euch teilen. Weitere, artfremde Fotos werde ich einige Tage spaeter hinzufuegen. Die Aufmerksamkeit soll nun erstmal der Kolonie gelten:


    Fuer 13 Euro kommt man als Student in den Komplex hinein. Laßt euch nicht von der Webpage vom Zoo verwirren:
    http://www.zoo-leipzig.de/unse…ier/blattschneiderameise/
    Die Asia-plakette beispielsweise mueßte durch das Gondwanaland-symbol ersetzt werden, wo sich die Tiere auch befinden.


    Der 1. Eindruck war recht ernuechternd. Ich hoffte eine verhaeltnismaeßig maechtige Kolonie vorzufinden. (20.000 Tiere?) Das Gegenteil war der Fall, die Acrylglaskonstruktion, (radiale Struktur, geschaetzt 20m im Durchmesser) wird nur zu einem kleinen Bruchteil genutzt und wirkte klaeglich leer. Nur 1 von 5 Futterboxen wird genutzt und die urspruengliche "Nest-raumbox" ist leer. Die momentane Volksgroeße schaetze ich auf etwa 500-800 Tiere. Eine Gespraechsaufklaerung mit einem herbeispazierten Tierpfleger (Name ist hierbei uninteressant) ergab, daß die Original-kolonie ueber eine Futterbox ausgebrochen ist und ins Gondwanaland stroemte. Die Tiere wurden daraufhin komplett mit Gift bespritzt und getoetet. Eine neue Kolonie wurde dann einfach nachgekauft.


    Die Anlage selbst jedenfalls empfinde ich als mangelhaft in ihrer Konstruktion. Auffaellig zum Beispiel ist das Kondenswasser und die fehlenden Stricke, bzw. Kletterhilfen, die es den Ameisen schwer machen das Futter fuer den Pilz effizient zu transportieren. Zudem rutscht die Soldatenkaste ab (siehe Ende Video 1). Ich empfinde diese Konstruktion & Zustaende & Umgang als nicht artgerecht.


    Der Pilz steckt in einer Roehre, wo auch ein Belueftungsgitter (hab auch nur das eine Gitter entdeckt) angebracht wurde. Ich vermute stark, die Koenigin befindet sich direkt im Anschluß zum Nest der Vorgaengerkolonie (vgl auch Fotos). Die Brut und der Pilz sind durch den Platzmangel dem UV-Licht ausgesetzt. Nur so konnte auch Video 2 entstehen.
    Ich muß nicht viel dazu erzaehlen, es wird offensichtlich, daß diese Anlage fuer erfahrene Halter & Ameisenkenner keine Vorbildfunktion erfuellt, sondern nur Zwecke der Anschauung und Aesthetik bedient.


    Sollte meine Einschaetzung in irgendeiner Weise ueberzogen sein, dann bitte ich an dieser Stelle um eine argumentative Rueckmeldung, dann ueberdenke ich freilich die Verschriftlichung usw. Auch moechte ich gerne weitere Details & Perspektiven zu den oben angesprochenen Vorgaengen erfahren, falls jemand zufaellig mehr Einsicht hat. :think:

    Hierbei ist zu erwaehnen, daß wenigstens das Schild geaendert wurde, welches einst die Atta spec als omnivore deklarierte! Jetzt ist zumindest alles so vage beschrieben, daß vorneweg eine konstruktive Kritik sinnfrei erscheint.
    -------->
    Verweise auf andere Foren zu dem Thema:
    http://www.antstore.net/viewto…0&sk=t&sd=a&hilit=leipzig Thread zum Fotobericht Martin S. 2013
    http://www.ameisenforum.de/sho…t=48740&highlight=leipzig Fotobericht Bericht von GizZm0 2012

  • Hey myrmikonos,


    danke für die "Berichterstattung"! Ich habe das Gefühl in den Zoos sind die Blattschneiderkolonien meist bloß Beiwerk, eine Nebenattraktion, bei denen Vielen ein "iiih" entfährt, oder vielleicht ab und an ein interessierter Blick darauf geworfen wird.


    Es ist finde ich schade, wenn die Informationen zu den Tieren so kurz gehalten sind, wie soll da das Interesse der Leute wirklich geweckt werden für diese Tiere? Vielleicht wollen viele auch nicht mehr lesen, aber ich finde es eigentlich das Interessanteste am Zoobesuch, nicht ganz alltägliche Tiere zum einen zu sehen, zum anderen aber auch Neues über sie zu lernen.


    Aber dazu muss natürlich das Zoopersonal selber erstmal Ahnung haben...

    "Das Leben besteht aus vielen kleinen Münzen und wer sie aufzuheben versteht, hat ein Vermögen." (Jean Anouilh)

  • Hi,
    dankeschön ebenfalls für deinen Bericht.


    @Phillip ich glaube nicht, dass mehr Hinweise besser wären. Wir sind ja sozusagen die Ausnahme in diesem Bereich und wie du schon sagtest denke ich es würden nur wenige die Schilder lesen. Wenn ich jetzt von dem ausgehe, mit dem ich bisher in Kontakt geraten bin an Zoo-Besuchern, glaube ich, dass selbst dieses Hinweisschild nur wenige richtig lesen. Das ist denen einfach zu anstrengend und zu viel. Einige bekommen es ja noch nicht mal hin eine einfache Bezeichnung des Tiere zu lesen und korrigieren dann ihr Kind der gezeigte Strauß wäre ein Pfau ;).


    Grüße Nils

    "Ein Experte ist ein Mann, der hinterher genau sagen kann, warum seine Prognose nicht gestimmt hat" - Winston Churchill

  • Zitat von "NCS"


    @Phillip ich glaube nicht, dass mehr Hinweise besser wären. Wir sind ja sozusagen die Ausnahme in diesem Bereich und wie du schon sagtest denke ich es würden nur wenige die Schilder lesen.


    Das stimmt natürlich, aber ich finde es sollte sich nicht immer alles nach unten anpassen...Sendungen, die unter das Genre "HartzIV-TV" fallen, sind natürlich auch eine Folge davon, dass die Masse sich scheinbar so etwas regelmäßig anschaut, aber das ist meiner Meinung nach dennoch keine Entschuldigung dafür, dass das Niveau der Fernsehproduktionen stetig sinkt.


    Und genauso sollten finde ich richtige und umfassende Artinformationen auch im Zoo zu finden sein, auch wenn sie vielleicht nicht jeder liest. Denn die ausgewählten "Informationen" geben irgendwie kein bisschen Aufschluss über die Art. Nicht einmal mehr die Symbiose mit dem Pilz ist vollständig erklärt, warum sie die Blätter ernten erschließt sich aus der Tafel nicht.


    Und wenn Falschinformationen verbreitet werden, wie etwa sie wären "Omnivore", dann regt mich so etwas schon auf; das erinnert mich daran, dass bis vor einiger Zeit auf der Website eines anderen Zoos erklärt wurde, Atta sp. würden die Blattstückchen als Sonnenschutz mit sich herumtragen - immerhin wurde beides glaube ich inzwischen korrigiert.


    LG, Phillip ;)

    "Das Leben besteht aus vielen kleinen Münzen und wer sie aufzuheben versteht, hat ein Vermögen." (Jean Anouilh)

  • Hallo!


    Na da haben wir doch mal wieder ein schönes Paradebeispiel. Erst mal vielen Dank für Deine Mühen myrmikonos und für das Einstellen der Bilder und das Erstellen des Beitrages.


    Phillip hat es treffender ausgedrückt als mir die passenden Worte dazu eingefallen wären. Darum möchte ich es noch mal aufführen:


    Zitat

    Ich habe das Gefühl in den Zoos sind die Blattschneiderkolonien meist bloß Beiwerk


    In den Zoos, so habe ich das Gefühl, geht es immer weniger darum zu erfahren wo die Tiere herkommen oder wie sich ihr Leben in ihrer Heimat gestaltet. Vielmehr geht es darum das Tier an sich bestaunen zu können. Damit das Exponat nicht nur träge im Gehege rumliegt und der Beweis erbracht werden kann das es sich tatsächlich um einen echten Löwen oder Gorilla handelt der da hinten weit weg von den Zuschauern zu erkennen ist, werden die Fütterungszeiten ja groß ausgeschrieben in den Flyern.


    Da erfährt man dann auch einiges über die Tiere, deren Anatomie und Lebenweise etc., das finde ich auch tatsächlich gut und aufschlussreich.


    Aber was einem an Optik außergewöhnliches geboten wird, bleibt einem häufig auf der anderen Seite durch fehlende Informationen verwehrt.
    Das finde ich immer äußerst schade. Manchmal gibt es ausführliche Tafeln, gar Geräte an denen man am eigenen Leibe vergleichen kann, was dieses Tier außergwöhnliches zu verrichten im Stande ist.


    Beispielsweise was die Ameise an Gewicht im Gegensatz zu ihrem eigenen bewegen kann.


    Für kleine Kinder ist das super und die vergessen das nicht so schnell.


    Aber es sind ja nun mal auch Erwachsene im Zoo.


    Irgendwie ist es aber auch verständlich, so ist und bleibt der Zoobesuch für die breite Masse eher eine Anreihung von Attraktionen, weniger eine Vertiefung oder Aneignung von Wissen und Informationen. Kurze und knappe Randinformationen gerne, mehr aber auch nicht. Leute die mehr erfahren wollen, müssen dann eben zu Hause recherchieren....auch verständlich bei der Masse an Eindrücken die einem ein Zootag bieten kann.


    Aber was lernen wir daraus?


    Ameisen sind für Zoos, alles andere als die Attraktion. Wie Phillip vollkommen richtig gessagt hat, ein Beiwerk.


    Aber wie soll sich sowas auch spannend gestalten? 800 Ameisen in einem Plastikrohrsystem...klasse, danke :thumbdown:


    Erst das Wissen die Information macht die Ameise zu dem was sie ist. Erst die Artenvielfallt, die Biomasse, die Nischenbesetzung, die Anpassung, die Evolution, das Funktionieren, das soziale interaktive Gefüge, von der Anatomie bis zur dieser Einzigartigkeit in geballter Vielfallt macht die Ameisen zu dem was ist und ja es ist nur eine Ameise aber sie kann eben als Lebewesen in ihrer ganzen Vielfallt ungemein viel und ja Mensch da haben wir es doch schon, die Liste ist schier unendlich, das macht die Tiere interessant. Wer hier nicht anfängt zu lesen der hat halt eben nur Ameisen gesehen.


    Reichlich schade wenn diese dann eben auch so presentiert werden...in Plastikrohren :thumbdown:


    Und wenn Kolonie kaputt dann neu.


    Zuviel Aufwand, zu wenig Ahnung und wohl auch zu einfach zu ersetzen.


    Im Zoo kann man so viele Menschen erreichen, es ist ähnlich wie ein Forum.


    Wir könnten uns das als eine tolle Langzeitaufgabe machen Zoos in der Haltung exotischer Ameisen zu unterstützen, um solche Übel zukünftig aus dem Weg zu schaffen. Es wäre für uns ein Klacks hinsichtlich Beratung und Know-How Wissen und Infos zu vermitteln. Leicht und einfach über das Forum, wie wir es den ganzen Tag eben auch tun.

    Und evtl. werden diese Tiere dann von den Zoos auch besser angenommen. Ein Ottonormalverbraucher weiß faktisch nichts über diese Tiere.


    Auch so kann man die Menschen erreichen.


    PS: Dann doch lieber eine große und funktionierende Lasius niger Kolonie oder eine exotische leicht zu haltende Camponotus zeigen in einem schönen große Becken, als ein häufchen Ehlend in Plastikrohren.


    ...so wirds nix!


    LG Stevie

    Ein weiser Mann vertraut einem Menschen nicht nur aufgrund seiner Worte. Genausowenig verwirft er Worte nur aufgrund des Menschen, der sie gesprochen hat.

  • Hallo nochmal,
    danke fuer die Rueckmeldungen Stevie, Phillip, Nils;
    der Bericht ist erstmal nur subjektiv und mir fehlen tatsaechlich Hintergrundinformationen zu den Vorgaengen. Zum Beispiel haben sie einen Entomologen vor Ort, wer ist ueberhaupt verantwortlich, wieviel Geld fließt in das Projekt etc. Die Auffaelligkeiten und Schluesse, kann aber jeder selber vor Ort nachvollziehen. Ein Besuch lohnt sich durchaus, wenn man sich mit dem Konzept "Zoo" generell anfreunden kann. [Es gilt eher natuerliche Lebensraeume zu schuetzen, welche noch unzaehlig unbekannte Tierarten beherbergen, als einzelne, ausgewaehlte Tierarten zu verschleppen und in Kaefige zu sperren um dann durch systematische Zuchtprogramme Tierarten zu erhalten, die ohne menschliche Hilfe kaum ueberleben wuerden. Typische Illusion von Macht & Kontrolle.]


    Um den Sachverhalt zu relativieren: die Atta spec sind durchaus keine Seltenheit und vielerorts Plagen. Ein Freund aus Trinidad & Tobago schilderte mir seinen taeglichen Kampf gegen die Tiere, die sogar in die Haeuser eindringen. Als ich ihm erzaehlte, daß man hier etwa 80€ aufwaerts fuer Atta spec ausgibt, bekam er leichte Kraempfe. (1€ entspricht etwa 9TT$)


    Zurueck zur Haltung im Zoo: hier sehe ich eigentich das Potential gerade durch die oeffentlichen Zuschuesse der Stadt + Eintrittsgelder + Patenschaften eine Geldsumme bereitzustellen, die es ermoeglicht eine artgerechte Konstruktion zu errichten, anders als es Privatpersonen koennen. Das dies durchaus moeglich ist zeigt uns der Zoo in San Diego, welcher sogar einen Entomologen weiblich beschaeftigt.
    http://animals.sandiegozoo.org/animals/ant


    Fazit im Vergeich:
    Sich als "Zoo der Zukunft" zu bezeichnen (Zoo Leipzig), halte ich aus meiner Sicht fuer zu selbstbewußt, oder gar ignorant gegenueber der bitteren Gegenwart.

    hier noch ein paar Bilder von anderem Beiwerk:

  • Hallo myrmikonos!


    Kurzum: Es gibt sogar Berichte das ein Ameisenhalter seine Kolonie an einen Zoo abgegeben hat und diese auch noch eine Zeit lang über mit betreut hat. Erfahrungsgemäß tauchen in Zoos immer mal wieder Attakolonien oder allgemein Blattschneiderameisen auf die kurzzeitig wieder verschwinden.


    Ich bin allgemein begeistert vom Konzept Zoo, auch wenn sich mein letzter Beitrag nicht so anhört, aber da es viele Arten bald nur noch im Zoo zu bewundert gibt, halte ich es durchaus für sehr sinnvoll. Auch die Kommunikation zwischen den Zoos und die ettlichen Randprojekte die in jedem Zoo betrieben werden sind häufig uneingeschränkt löblich.


    Für das einzelen betroffene Tier, ist es aber wohl häufig unzumutbar.


    Ich möchte keinem Zoo etwas unterstellen aber ich denke die großen Kolonien die dort hin und wieder mal auftauchen und wieder verschwinden sind nicht im Zoo gewachsen. Und alles schnelle Projekte die nach hinten los gehen weil das Know-How fehlt.


    Die Randinformationen die an die breite Masse rausgesand werden -so habe ich manchmal das Gefühl was die Ameisenhaltung betrifft- sind genau diese, die dem Pfleger zur Verfügung...mehr wohl nicht.


    Angesichts der Möglichkeiten die einem Zoo zur Verfügung stehen, wie Du ja selber geschrieben hast, ist das Ergebnis hinstlich dieser Randattraktion eben jämmerlich. Und es ist so, weil es an Wissen, Know-How und vorallem Umsetzungswissen fehlt. Was ist möglich und was nicht, dies können die "Laien" vor Ort wohl meist überhaupt nicht überschauen.


    Im Zoo in Osnabrück habe ich mal eine große Attakolonie bewundert dürfen. Da funktionierte das System wenigstens.


    Wie dem auch sei, das traurige ist eben das es im Vergleich zu anderen Zootieren wohl zu filigran ist Ameisen im Zoo dauerhaft zu halten. Man muss eben auf Veränderungen reagieren und die muss man in der Kolonie erst mal deuten können, sonst ist es eben schnell vorbei. Angesichts der Möglichkeiten jedoch ist es traurig das ein Tier, welches auf der Erde einen so hohen Anteil an Biomasse vertritt und mit so einer ungemein hohen Artenvielfallt und Verbreitung auftritt, so jämmerlich und spartanisch, gar unbedeutend presentiert wird.


    Danke für den Bildernachschub!


    LG Stevie

    Ein weiser Mann vertraut einem Menschen nicht nur aufgrund seiner Worte. Genausowenig verwirft er Worte nur aufgrund des Menschen, der sie gesprochen hat.

  • Zitat von "myrmikonos"


    Das dies durchaus moeglich ist zeigt uns der Zoo in San Diego, welcher sogar einen Entomologen weiblich beschaeftigt.
    http://animals.sandiegozoo.org/animals/ant


    Danke für den Link, myrmikonos! Das sieht nach einer echt tollen Anlage aus; ist das erste Mal, dass ich eine Blattschneiderkolonie in der Haltung sehe, die in der Erde nisten darf und nicht in von allen Seiten beleuchteten Zylindern oder Boxen. Und es sieht richtig gut aus, finde ich.


    Das wäre auch mal ein ehrgeiziges Projekt für die eigene Haltung, wenn man gerade zu viel Platz und Geld hat. ;)


    LG, Phillip

    "Das Leben besteht aus vielen kleinen Münzen und wer sie aufzuheben versteht, hat ein Vermögen." (Jean Anouilh)

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