Kann man Ameisen mögen?

  • Kann man Ameisen mögen?


    Die Frage klingt einfach, aber sie ist es nicht.
    Gerade saß ich auf meinem Balkon und betrachtete den blühenden Salbei.
    Dabei fiel mir eine kleine Wildbiene auf und ich dachte, wie hübsch diese Biene ist. Wie zierlich, hübsch gezeichnet und wie drollig ihr fleißiges Treiben auf den Blüten ist.
    Das brachte mich ins Grübeln. Was ist es eigentlich, was manche Menschen empfänglich macht für die Schönheit dieser winzigen Wesen? Ganz sicher ist es keine bessere Einsicht oder größere Klugheit. Das weiß ich aus eigener Erfahrung...:)
    Aber wie kommt es, dass manche von uns Insekten schön finden, sie mögen und vllt. sogar lieben? Während andere Menschen mit Schreien des Entsetzens vor den kleinen Tieren weglaufen?


    Ich denke, jeder von uns hat schonmal eine junge unausgefärbte Ameise im Nest seiner Ameisen gesehen und sich über sie gefreut, vllt. sogar gedacht, wie niedlich. Junge Ameisen sind tapsig, man sieht ihnen ihre Hilfebedürftigkeit an, sie werden umhegt und gepflegt von den älteren Schwestern. Wenn ich mich erinnere an viele junge Ameisen verschiedener Arten, die ich gesehen habe, dann weiß ich, dass es mir zumindest oft so erging. Genauso sehe ich eine junge, noch blasse Faltenwespe im Nest, auch sie erscheint mir niedlich und ich freue mich für sie auf ihr Leben und ihre Erkundungen, die sie als adulte Wespe erleben wird.
    Wespen und die meisten Ameisen finde ich schön. Eine langbeinige, hochelegante und schnittig geformte Cataglyphis-Arbeiterin ist schön wie ein arabisches Pferd oder wie ein italienischer Sportwagen. Vielleicht liegt es daran, dass Schönheit nichts anderes ist als die perfekte Anpassung an eine Lebensweise oder an bestimmte Anforderungen. Auch Haie sind schön, aber nicht unbedingt niedlich. Bienen, besonders Hummeln sind nicht nur schön, sondern auch noch drollig. Die meisten Menschen mögen sie, ihre kompakte Körperform und ihr friedliches, unaufdringliches Wesen macht sie sozusagen zusätzlich sympathisch. Aber so einfach kann es nicht sein, Zitterspinnen sind auch hochangepasst, trotzdem finde ich sie nun gerade nicht besonders schön.
    Dass manche Menschen einen Zugang haben zu den Insekten und andere sich entsetzt abwenden, ist leicht zu erklären. Wer Insekten nicht mag, nicht hinschaut, wird an ihnen auch nichts Schönes finden.


    Aber manche haben eben den Blick für diese Tiere und teilen dann ihr Leben mit ihnen. Es ist anzunehmen, dass das fast immer Menschen sind, die diese Tiere mögen.
    Andere Tiere, Vögel, Säugetiere und auch manche Reptilien machen es uns leichter. Ihre Jungtiere sehen halt wirklich niedlich aus, sie lösen bei fast jedem einen Schlüsselreiz aus, das Kindchenschema. Jeder kennt das, ein Küken, ein junger Hund, ein Kätzchen.
    Aber diese Tiere sind, im Vergleich zu unserem Abstand zu den Insekten, eigentlich mit uns nahe verwandt und so muss es nicht verwundern, dass wir für ihre Reize empfänglich sind.


    Mich würde interessieren, wie ihr das erlebt habt und wie ihr empfindet, wenn ihr euch mit euren Ameisen oder mit anderen Wirbellosen befasst. Mögt ihr sie, liebt ihr sie oder sind sie nur seltsame Beobachtungsobjekte aus einer ansonsten fremdgebliebenen Welt?
    Diese Fragestellung ist nicht sehr wissenschaftlich und sie ist auch nicht so gemeint. Wir müssen uns jetzt also keinen weiteren Exkurs über das Phänomen Schlüsselreiz antun und wir müssen das Ganze nicht exakt, nüchtern und wissenschaftlich aufarbeiten. Wenn wir das tun, dann vllt. in einem anderen Thread.
    Wer sich also angesprochen fühlt, kann ja einfach mal schildern, was er empfindet beim Anblick seiner Tiere, wie er zu ihnen fand, was sie ihm so wertvoll machen. Immerhin wertvoll genug, dafür manchmal ein kleines Vermögen auszugeben.
    Und keine Angst vor dem Offenbaren von Gefühlen, wir sind ja hier im anonymen Internet.


    LG, Frank.

  • Hallo Frank,


    Ich selbst würde meine Ameisen eher als faszinierende Insekten aus einer anderen, ansonsten eher fremden, verdeckten Welt, als als geliebte Haustiere bezeichnen.
    Zwar „mag“ ich meine Ameisen sehr gerne, tote Arbeiterinnen stimmen mich eher traurig und ich freue mich immer, wenn ich neue, frisch geschlüpfte und noch nicht-ausgehärtete Ameisen im Nest entdecke, oder wenn der Puppenstapel kontinuierlich wächst, aber von einer „Liebe“, die man anderen Haustieren entgegenbringt, kann man da nicht sprechen.


    Trotzdem haben auch Ameisen ihre niedlichen Seiten. So war meine Freundin völlig fasziniert davon, wie sich eine meiner Messor-Arbeiterin vorsichtig putzte, nachdem sie bei einem Ausflug mit dem Paraffinöl-Rand in Berührung kam. Auch die tapsigen, neu geschlüpften Arbeiterinnen sind doch zum Herz erweichen.


    Für mich liegt der Reiz in der Ameisenhaltung aber in der Tatsache, dass ich eusoziale Insekten beobachten kann, dass meine Kolonie stetig wächst und darin, dass ich hautnah erleben kann, welche Strategien die Ameisen z.B. beim Eintragen von Futter verfolgen. Meine Messor z.B. zerschneiden immer die Futtertiere und tragen teilweise auch die Körper ein. Meine Lasius hingegen schaffen es meistens noch nicht, bei Grillen und Heimchen die Beine abzuschneiden und müssen diese dann liegen lassen. Fliegen und Mücken hingegen werden von beiden mit Begeisterung zum Nest geschleppt.


    Als Fazit: Ja, man kann Ameisen mögen, aber (in meinem Fall) nicht, weil sie so treue Haustiere sind oder so putzig, sondern weil ich ihr Verhalten als staatenbildende Insekten unglaublich faszinierend finde.


    Ich hoffe, ich konnte weiterhelfen!


    Grüße,
    Holger

  • Ich zum Beispiel :) sage, ich liebe meine Ameisen, meine aber eher Liebhaberei.
    Sie sind eine Lebensgemeinschaft die mit mir Wohnt, trotzdem leben sie in ihrer und ich in meiner Welt.
    Da stellt sich mir die Frage wie mich meine Kolonie wahrnimmt?
    Ich liebe es den Ameisen bei langzeitigen Bauprojekten zuzusehen. Die Ameisen gestalten ihre Umgebung aktiv.
    Wenn ich vor meinen Ameisen sitze bin ich eher fasziniert als dass ich es süß fände.
    Na ja, die weißen Arbeiterinnen ein bisschen. Aber schön sind sie allemal, und meine Königin ist ein schwarzer Diamant:)
    Ich begrüße meine Ameisen mit: „Hey Leute“
    Ja ich liebe meine Ameisen :) und das ist nicht ironisch gemeint.


    Frank: Du hast die Tiere sehr schön umschrieben!

  • Hey, danke euch beiden für eure interessanten Beiträge.
    Ich dachte schon, ich wäre hier der einzige, der von merkwürdigen Gefühlen geplagt wird und wollte schonmal einen Termin auf der Couch klarmachen für mich.
    Klar, von "dieser" Liebe kann man sicher nicht reden. Nicht von den Gefühlen, die man seinen Partner, seiner Familie und auch seinen tierischen Freunden aus der engeren evolutionären Verwandschaft des Menschen entgegenbringen kann.


    Aber doch ist da doch etwas.
    Verliert man ein "wertvolles" Tier, eine Ameisenkönigin beispielsweise, dann verliert man mehr als den materiellen Gegenwert. Man hat sich gekümmert, sich gesorgt, einiges versucht. Der Verlust ist eben doch ein anderer als der eines teuren Autos. Ein solches habe ich letztens "verloren", naja eher entnervt aufgegeben, aber ich weine der blöden Kiste keine Träne nach.


    Sieht man ein schönes Insekt, eine Biene, Hummel oder auch eine Hornisse bei ihren Beschäftigungen, dann klingt doch etwas in einen. Man wird berührt. Zumindest jene, die ein Interesse an diesen Tieren haben.
    Man ist also vllt. begeistert, neugierig, freut sich über die Begegnung, über das Vorhandensein der Art im Umfeld. Solche Empfindungen habe ich nicht, wenn ich eine Spinne sehe, aber ich weiss natürlich, das ist unsinnig und nicht fair gegenüber den Spinnen. Ein Kolkrabe kann mich ebenso erfreuen, ein Turmfalke usw.. Ich sehe ihn und mag ihn...


    Holger sprach es oben an. Sicher ist bei der Sicht auf die sozialen Insekten ihre Lebensweise wichtig, natürlich nur für die Menschen, die sie kennen und sie schätzen. Altruismus hat mich schon immer begeistert, wenn es mir auch bisher nicht gelang, ihn vollumfänglich zu meinem eigenen Lebensmotto zu machen :roll: .
    Aber das Füreinandereinstehen, das Zusammenhalten der kleinen Tiere, mit denen wir hier zu tun haben, in ihren Familienverbänden, egal wie vernünftig, nüchtern und biologisch logisch man das alles erklären kann (Das kann man ja auch mit der Liebe und dem Zusammenleben des Menschen.) und natürlich manchmal auch erklären können muss, das macht die Tiere doch so bemerkenswert und vllt. für manche auch liebenswert.


    LG, Frank.

  • Es ist fuer mich eigentlich selbstverstaendlich, daß ich nur Tiere in der eigenen Wohnung halte, die ich liebe. Das ist zwar egoistisch, begrenzt sich aber in meinen Fall auf Manica rubida. Diese bekommen dann frisch gefangene Insekten, die ich weniger mag, zBsp Muecken.
    Den Niedlichkeitsfaktor haben da eher die Larven, die am Futter zuppeln und in der Kinderstube auf noch mehr erlegte Muecken, oder Fliegen warten. Vieles ist dabei aber auch Einbildung & Interpretation. Eine zu starke, oder einseitige Uebertragung von menschlichen Eigenschaften und Vorgaengen auf die Tierwelt kann sich durchaus auch negativ auf die Qualitaet der Haltung auswirken. Es sind letztendlich immernoch Wildtiere und als Mensch muß man seine Mittel & Erfahrung aufwenden um artgerechte Haltung zu ermoeglichen, wenn man sie laenger halten will. Aber wer kann das schon im vollen Umfang?
    Es ist natuerlich richtig sich ueber die eigenen Gefuehle klar zu werden und ich persoenlich moechte diese als Motivation kanalisieren um beispielsweise das Formicarium zu erweitern. Andere dagegen halten sich eben unzaehlige Arten in einer Schrankwand in kleinen Boxen, aber das halte ich fuer das falsche Verstaendnis. Ein solches Sammelsurium von noch lebenden Tieren ist nicht mehr nur auf die Tiere selbst ausgerichtet. Ich verurteile soetwas nicht grundsaetzlich, da es in vielen Bereichen so vorgelebt wird (zoologische Gaerten zBsp). Damit koennte ich aber nicht leben, da man letztendlich gefangene Tiere zu Schauobjekten umfunktioniert und wie Schnittblumen entsorgt, wenn sie aus aesthetischen Gruenden nicht mehr in die Wohnung passen, sie also nicht mehr so "lieb" hat.
    Ein weites Thema also, wenn man es abstrahiert auf Mensch-Tier. Leider ist es recht subjektiv, bzw intersubjektiv und ich halte auch einen wissenschaftlichen Ansatz nicht angebracht um Herzensangelegenheiten zu konstituieren. Was ist schon Liebe, und hat die Wissenschaft mir geholfen einen anderen Menschen zu finden, den man lieben kann? Da bleibt man besser naiv, sammelt Erfahrungen, tauscht sie aus und geht auf die Wiese gemeinsam spielen.
    Gemeinhin sollte man Respekt gegenueber den Tieren, Pflanzen und Pilzen haben und versuchen ihre Triebe und Ansprueche zu verstehen. Nicht so exzessiv wie Steve Irwin, der irgendwann die fehlende Angst mit fehlender Gefahr verwechselte und notwendig 2006 starb.
    Die Liebe braucht auch etwas Verstand um die Balance zu finden.

  • Tja kann man Ameisen mögen?

    Für mich ist die Antwort ganz klar: Ja!


    Warum mag ich diese kleinen Insekten?


    Irgendwie hatte ich bereits als Kind ein reges Interesse für diese Insekten, vor allem für ihre Unermüdlichkeit Nester in der Erde anzulegen. Da konnte ich früher stundenlang zuschauen und hielt auch einige Ameisen in Einweggläsern.


    Ich mag Ameisen, weil sie zeigen, wie ein Zusammenleben vieler Individuen möglich ist, ohne dass es eine Lenkung "von oben gibt".


    Auch fasziniert mich ihre Zusammenarbeit mit der sie erstaunliches Leisten können. Sei es der Entwurf von ausgeklügelten Nestbauten, der Abtransport großer Beute oder die Zucht von Blattläusen.


    Natürlich ist auch ihre Vielfalt an Größe, Form und Farbe sehr schön. Auch deshalb mag ich sie.


    Es gibt sehr kleine Arten z. B. Plagiolepis pygmea und sehr große Arten z. B. Camponotus vagus und doch sind es alles Ameisen. Jede Art ist auf ihre Art und Weise einzigartig.


    Also ja ich mag sie.


    Aber mag ich sie wie z. B. einen Hund oder eine Katze?


    Da muss ich sagen: Nein.


    Diese Tiere geben mir etwas zurück, sie bieten mir nicht nur Beobachtungsmöglichkeiten. Sie zeigen ihre Zuneigung sehr offen. Derzeit bekomme ich öfters Besuch von einem Nachbarskater.


    Teilweise klettert er auf das Garagendach und wartet vor meinem Fenster und macht sich bemerkbar. Dabei geht es ihm nicht nur um das Fressen, sondern er will seine Streicheleinheiten und zeigt auch seine Zuneigung im Gegenzug indem er die Hand abschleckt.


    Meine Schwester hat einen Welpen (Havaneser). Auch bei ihm ist es natürlich etwas anderes. Man sieht, wie man Vertrauen und Zuneigung aufbaut und bekommt dafür wieder etwas zurück. Sei es freudige Begrüßung oder auch Ablecken der Hand.


    So etwas kann man von Ameisen natürlich nicht erwarten, deshalb ist es ein anderes "Mögen" als bei Ameisen.

  • Hallo zusammen,
    ich kann euch (Frank, Holger, hormigas, Alex und Andy) gut verstehen und in großen Teilen unterstütze ich eure Meinung.
    Bei mir zuhause krabbeln z.B. auch Skorpione und Vogelspinnen durch die Gegend. Gerade kleine Vogelspinne (die auch mal "Fussel" genannt werde, einfach weil eben z.B. ein indisches Baumvogelspinnenjungtier wirklich aussieht wie ein kleiner schneller Fusselhaufen) können durchaus niedlich sein. Das man auch dran liegen, dass sie solche Empfindungen durch ihre fellartige Behaarung möglich machen. Bei kleinen Skorpionen oder noch extremer kleinen Skolopender ist das etwas anders. Da überwiegt das "einfache" Interesse/Faszination an dem Leben der Tiere und nicht der Niedlichkeitsfaktor dieser Tiere. Das eine langsam durchs Terrarium stolzierende Vogelspinne nicht niedlich sein könnte wage ich aber auch zu bezweifeln ;).



    Ich denke man hat durch die Domestizierung viele Haustiere an den Menschen unnatürlicherweise gebunden dazu gehören die ägyptischen Falbkatzen, von denen unsere Hauskatzen abstammen und der Wolf als unser Haushund.
    Von diesen Tieren, die sich nach menschlicher Aufmerksamkeit "sehnen", sind viele Wildtiere zu denen auch unsere Ameisen und meine Spinnen und Skorpione gehören deutlich zu unterscheiden. Diese brauchen nicht nicht direkte Aufmerksamkeit sondern nur die Pflege durch die Herstellung eines geeigneten Klimas sowie Wasser und Futter bzw. eines Mikrohabitats. Wie genau das zustande kommt halte ich für unwichtig. Also ob dies eine undurchsichtige Plastikbox ist oder ein gläserner Kasten, solange es den Ansprüchen der Tiere genügt (was jeder für sich auslegen muss).


    Fälschlicherweise haben diesen Gedankengang viele der Menschen nicht. Hier bei meiner Arbeitsstelle kommen so Menschen an, die einen extrem abgemagerten Sperber gefunden haben, welcher nur noch apathisch in der Box liegt und durch Schock und Unterzuckerung kaum noch bewegungsfähig ist. Wenn diese Personen, die das Tier gefunden haben nun merken, dass das Tier immer ruhiger wird, setzen sie das Verhalten mit dem von unseren Haustieren gleich. D.h. sie sagen "Ich habe mich super mit dem Sperber verstanden und wir sind Freunde geworden". Das Gleiche ist mit Wildkaninchen, Feldhasen, Igel und Wildkatzen passiert. Dort können die Menschen nicht zwischen Wildtier, für welches jeglicher menschlicher Kontakt Stress bedeutet, und Haustier, welche teilweise die menschliche Nähe suchen, unterscheiden.
    Dadurch könnte man sagen, dass unsere Ameisen sich durch ihre äußerliche nicht so richtig liebensfähige dafür aber faszinierende Erscheinung vor übereifriger Verniedlichung und Aufmerksamkeit schützen und dies meiner Meinung nach teilweise gut ist.


    Trotzdem würde ich sagen, dass unter bestimmten Umständen man Ameisen wirklich mögen kann, wenn ich an die royalen Paraponera denke oder anderen Tiere, bei denen auch ich manchmal das Bedürfnis habe sie anzufassen und das nicht als Adrenalinschub, wobei man sich natürlich bei den Wildtiere zwingt diese meist nur kurze Situation zu ignorieren und es einfach beim genaueren Beobachten zu belassen. So habe ich etwa in den letzten 5 Jahren keine Vogelspinnen mehr mit der Hand angefasst, weil dies einfach nicht artgerecht für diese Tiere ist.


    MfG Nils

    "Ein Experte ist ein Mann, der hinterher genau sagen kann, warum seine Prognose nicht gestimmt hat" - Winston Churchill

  • Frank, das ist wirklich ein sehr schöner Beitrag, und eine gute Frage! Hat was philosophisches..


    Bei mir ist es so dass ich eigentlich alle Tiere liebe, bzw dass ich alle auf ihre Art sehr faszinierend finde. Die Liebe endet höchstens bei Tieren die mich stechen um an mein Blut zu kommen. Mücken, Zecken, Flöhe.. Wobei auch diese Tiere faszinierend sein können. Und ich liebe die Natur mit all ihren Facetten.
    Hab manchmal das Gefühl dass das für mich so wichtig ist wie für andere Menschen z. B. die Religion an die sie glauben. :denken:


    Wenn ich draußen unterwegs halte ich oft inne und freue mich über Tiere die ich sehe. Von kleinen Insekten bis hin zu Säugetieren und Vögeln. Das ist schon so, seitdem ich mich erinnern kann. Hab schon mit 5, 6 Jahren bei Urlauben im Süden Eidechsen, Gekkos, Gottesanbeterinnen usw usw gesammelt und wieder frei gelassen.
    Und jetzt als Erwachsener werde ich oft schräg angeguckt wenn ich auf dem Boden hocke und z. B. Ameisen bebachte, oder wenn ich über Wiesen renne und Futtertiere für meine Hausbewohner fange. ^^


    Hab mich auch schon oft gefragt, warum so viele Menschen die Faszination vieler kleiner und großer Tiere nicht nachvollziehen können, und sich auch nicht für die Schönheit der Natur interessieren. Aber die Frage wird man wohl nicht beantworten können..

  • Hallo Jörn. Mir gefällt es ja, wenn man in dem Zusammenhang von Liebe redet. Aber natürlich verstehe ich, wenn die meisten sich in ihren Wortmeldungen um eine gewisse Nüchternheit und Sachlichkeit bemühen. Niemand will sich als zu gefühlsduselig outen. Dabei ist solche Furcht unbegründet.
    Die Frage geht sicher ins Philosophische. Es ist eben die Frage, sind wir als Menschen befähigt, unsere Umwelt und die Lebewesen in ihr zu lieben und wirklich zu schätzen oder nutzen wir sie nur, beuten sie nur aus? Können wir mit unserer angeblichen Vernunftbegabtheit und Selbsterkenntnis andere lieben, auch andere Lebewesen? Sie nicht nur aufgrund ihres Nutzens für uns schätzen, wie wir etwa Nutztiere schätzen und schützen, sondern eben lieben ohne dass uns dabei ständig ein Gegenwert oder Zins vorschwebt?


    Es gibt Leute, die lieben ihre Bäume, die sie sich in ihren Gärten gepflanzt haben. Mit Hingabe und Geduld pflegen manche ihre Rosen, sprechen sogar mit ihnen. Sind das alles geistig Verwirrte? Wohl nicht. Man muss nicht mit seinen Pflanzen reden und sicher auch nicht mit den Ameisen, aber man kann die Tiere wohl lieben, mit denen man sich gern umgibt und die man gerne pflegt.
    Es ist dabei sicher eine andere Frage, ob diese manchmal penetrant ausufernde Zuwendung für die entsprechenden Tiere oder Pflanzen immer das Beste ist, was ihnen je widerfahren konnte, aber ich finde, es solte den Menschen gestattet sein, sich in dieser Weise auszuleben. Ich finde, nur wer andere betrachtet und erkennt, kann sich selbst erkennen.
    Natürlich aber sollte es Grenzen geben, die beachtet werden, geschützte, gefährliche und andere Arten gehören nicht in die Haltung und das ist ja auch weitgehend Konsens.


    Oft wird fast leichtfertig von Vermenschlichung geredet. Sie sollte vermieden werden, ebenso wie das flotte Gerede von ihr, denn dass unterstellt immer dümmliche Naivität beim Gegenüber, und schliesslich ist es gut, wenn man versucht, sich in andersartige Lebewesen hineinzuversetzen, versucht, ihre Bedürfnisse und Ansprüche zu verstehen. Ohne sie mit Menschen zu verwechseln, wohlgemerkt. Mit Einfühlsamkeit und Hingabe erreicht man immer mehr, zumindest in der Tierhaltung, die wir hier besprechen. Nur wer versucht, die Tiere zu verstehen, hat eine echte Chance, sie für lange Zeit bei sich zu haben.


    Mindestens ebenso gefährlich wie die in früheren Zeiten auch in der Wissenschaft fast übliche Vermenschlichung ist für mich die absolute Versachlichung und Verdinglichung des Lebens. Mir graut es regelmässig zB. bei Begriffen wie den "Superorganismus" oder bei popul(leer)wissenschaftlichen Interpretationen der Schwarmintelligenz. Die Ideen, die dahinterstehen, mögen manchmal sinnvoll sein und für einige Phänomene gute Erklärungsansätze liefern, ihre massenverdauliche Aufbereitung in den Medien ist allerdings oft zum Gruseln. Das Individuum wird dann gern auf eine Stufe mit einem Zahnrädchen gestellt, was es einfach nicht ist. Nicht einmal eine Ameise ist nur ein Zahnrädchen, sie ist ein komplexer Organismus mit durchaus individuellen "Interessen", die sich aber weitgehend, oft jedoch nicht völlig, mit denen ihrer Kolonie überschneiden.


    Ich weiss gar nicht, ob die Domestizierung ein so unnatürlicher Vorgang war oder ist, Nils. Die Arten, Haus- und Nutztiere erleben bei allem individuellen Elend, zB. in der Massetierhaltung einen ungeahnten Aufschwung. Es gab sicher nie soviele Rinder, Schweine usw. wie in der heutigen Zeit. Man kann nun sagen, für die Art nicht besonders günstig und so will ich das auch nicht werten, infolge der Zuchtauswahl genetische Verarmung etc.. Aber, im Grunde sind die Arten im Gefolge des Menschen erfolgreich wie nie, und der Mensch ist ein Teil der Natur. Dabei verarmen diese Arten manchmal. Sie verlieren Fähigkeiten, die sie nicht mehr brauchen. Man kann annehmen, dass solche Verarmung und das Verlieren nicht mehr wichtiger Fähigkeiten neben dem Entwickeln neuer Möglichkeiten nichts anderes ist als die Anpassung an neue, andere Bedingungen. Hunde, die ihr Herrchen oder Frauchen "verstehen", den Blicken folgen können, Empathie entwickeln, überartliches Rudelverhalten mit menschlichen Gruppen leben, solche Hunde machen viele Menschen glücklich und den Hunden bei guten, tierliebenden Haltern geht es gar nicht schlecht dabei. Sie haben Fähigkeiten, die ihren Vorfahren fremd waren. Das ist eigentlich nur Evolution im Zeitraffer. Zucht und Auswahl durch den Menschen würde ich da nicht ausschliessen.


    Honigbienen gelten in Europa als bedroht. Sicher, das sind sie. Aber es gäbe sie ohne den Menschen hier nicht in diesem Umfang, wie es sie heute hier gab und gibt. Und der Mensch bemüht sich weiterhin, sie zu schützen, natürlich auch deswegen, weil sie wertvolle Nutztiere als Bestäuber und Honiglieferanten sind.
    Wir schützen unsere Honigbienen, ausserdem die viel zu grossen Mengen an Wild in den angepflanzten Wäldern, in denen Bäume wachsen, die einen guten Holzertrag liefern, und halten das für Natur. Dabei ist das alles längst das Ergebnis unserer menschlichen Umgestaltung dieser Natur, unseres Wirkens in ihr, unserer Versuche, sie zu optimieren oder nur zu "verbessern"... Natürlich ist das trotzdem auch alles Natur, denn wir Menschen sind wie gesagt ein Teil der Natur. Nur eine Tierart von vielen, freilich eine besonders erfolgreiche.
    Aber nicht die einzige, die es versteht, die Umwelt ihren Bedürfnissen anzupassen. Das können ja auch manche Ameisenarten.


    LG, Frank.

  • Hallo liebe Leser :)


    Ich finde das Thema auch hochinteressant und seit Frank es eröffnet hat, bin ich am überlegen wie ich meine Sicht der Dinge so auf das Papier bringen kann, das es das ausdrückt, wie ich darüber denke. Ich komme nicht umhin, dafür weit auszuholen, für mich fängt es schon bei der Definition von Liebe an.


    Kann man Ameisen mögen? Also aus meiner Sicht muss ich das sogar, den das was ich nicht mag, damit würde ich mich nicht auseinandersetzen. Oder besser gesagt, beschäftigen, meine Freizeit und meine Gedanken opfern. Für mich ist es also eine Sache, die man mindestens haben sollte wenn man sich mit der Ameisenhaltung oder mit dem Tier "Ameise" beschäftigt. Von daher wäre Frank´s Frage hier schon beantwortet. Aber so einfach ist das ganze ja dann doch nicht.
    Liebe ich Ameisen? Die Frage stellt sich gerade öfters. Dazu hat aber jeder von uns eine andere Einstellung zum Thema Liebe. Ich liebe meine Mutter, die mich großgezogen hat und immer für mich da war und ist. Ich liebe meine Frau, auch sie ist da für mich so wie ich für sie. Ganz besonders liebe ich meinen Sohn, es gibt nichts schöneres, nun schon bald neun Jahre. Ich habe jetzt drei Beispiele genannt und könnte da noch meine Schwestern und andere Verwandte mit aufzählen, aber auch meinen Freund Andi den ich nun seit fast 27 Jahren kenne. Alle diese Menschen liebe ich. Alle auf eine andere Art und Weise. Aber ich möchte behaupten, das es mehr als mögen ist und nicht weniger als Liebe.
    Das mag natürlich jeder anders sehen, das ist halt immer Ansichtssache oder wie man für sich das Wort "Liebe" definiert.


    Nun, liebe ich meine Ameisen? Ich bin mir da nicht sicher, ich schätze sie sehr und sie haben einen hohen Stellenwert in meinem Leben. Liebe ist das aber nach meinem Empfinden nicht. Wenn ich ehrlich bin müsste ich sie frei lassen, wenn ich sie liebe. Wenn ich einen Menschen liebe, dann will ich auch des er glücklich ist. Wenn ich diesen Menschen aber zu etwas zwingen muss, was er nicht mag, dann kann ich ihn auch nicht lieben. Meine Ameisen zwinge ich dazu in meinen vier Wänden zu leben, in einem kleinen Becken. Das kann ich dann nicht aus "Liebe" machen, wie gesagt dann wären sie wohl in Freiheit besser dran.
    Wir müssen uns davon lösen das wir unseren Ameisen einen Gefallen tun, das wir sie umsorgen und pflegen. Das tun wir nicht, wir machen das nur für uns. Weil wir sie halten wollen, aus welchen Gründen auch immer. Das meine ich jetzt auch nicht als Vorwurf, aber in den letzten Jahren ist das für mich auch so eine generelle Frage. Ich muss einer Menge Tieren leid zu fügen um mein Hobby zu befriedigen. Die Ameisen wohnen nicht bei mir, weil sie es wollen. Den Futtertieren muss ich das Leben nehmen, um den Ameisen das selbige zu ermöglichen. Für mich ist das schon lange etwas, das mir so ein wenig den Spaß am Hobby nimmt, was mich oft schon fast dazu gebracht hat, es aufzugeben.
    Es ist ein Grund warum es bei mir in der Haltung diese Auf und Ab's gibt. Ich bin für mich da in einer Zwickmühle.
    Wenn ich mit meinem Sohn z.B draußen unterwegs bin und wir sehen da eine Schnecke, eine Hummel oder sonst ein kleines Tier auf dem Weg, dann setzen wir es in das nächste Gebüsch. Erst vor kurzen standen wir mitten in der Fußgängerzone mit einer etwas überladenden Hummel, um ihr das Leben zu retten mussten wir ein bissel mit ihr laufen. Ihr hättet die Blicke sehen sollen, da war von Ekel bis belächeln alles dabei.
    Ich versuche das mein Sohn es lernt, das ihm das Achten auch nur noch so kleiner Leben nicht peinlich sein muss. Wie kann ich dann zu Hause 15 Schaben in den Tod schicken? Mein Sohn versteht das z.B nicht, zu Recht. Trotzdem bleibe ich bis jetzt meinem Hobby treu. Mal sehen wie lange noch.


    Ich mache auch keinen Unterschied ob es ein Hund, ein Schmetterling, ein Reh, eine Echse oder eine Libelle ist. Für mich sind das alles Lebewesen, wie wir Menschen auch. Natürlich differenziere ich da, aber Leben ist Leben, egal in welcher Form auch immer, ein Baum, ein Busch, eine schöne Blume oder eine die nach Aas riecht. Alle sind hier mit uns und erfüllen ihren Zweck. Das Problem ist nur, das wir Menschen immer alles kaputt machen müssen. Es entschuldigt nichts. Warum muss man Massen von Tieren halten? Warum muss man Bienen Antibiotika verabreichen? Das macht der Mensch nur aus einem Grund, Macht und Geldgier. Manchmal hoffe ich das wir nicht mehr allzu lange auf der Erde weilen oder halt mit nur einem Fünftel der Bevölkerung, wir sind auf einem guten Wege dort hin.
    Es ist nur zu hoffen, dass es dann hier noch genug Lebewesen gibt die nach uns auf diesem Planeten leben können. Buddha hat schon zu allen Lebewesen gesprochen, als er meinte, dass man sich kein Leid zu fügen sollte. Auch in der Bibel gibt es Passagen, in denen das Essen von Tieren geachtet wird. Liebe deinen Nächsten. All diese Dinge finden in der Modernen Welt keine Beachtung mehr. Auch die treuesten Christen leben hier wie die Axt im Walde, alles Auslegungssache. Auf die Frage, warum er das Leben nicht von allen Tieren achte, antwortete mir ein streng gläubiger Mensch (geht in die Richtung Baptisten) es gäbe genug davon, Amen. Auch das allgemeine Mitgefühl geht dem Bach runter, lustige Videos im Internet wo Kücken geschreddert werden, lebendig, sind einfach "cool" heutzutage. Solche Leute gleich mit hinterher. Aber für mich Alltag bei meiner Firma. Vielen ist leider alles scheißegal.


    Aber nun gehe ich weit weg vom Thema, Sorry Frank. Nun möchte ich hier auch aufhören, bevor ich genug Stoff für ein weiteres Thema liefere.


    Also, Ameisen mögen unbedingt, Ameisen lieben, ist eine Sache der Definition von Liebe. Ich tue es nicht aus oben genannten Gründen.


    LG, Mathias

  • Hey Danke, Mathias...:) Klar,man müsste Liebe eigentlich jetzt definieren. ich meinte es ja auch nicht in dem Sinne, wie wir einen Partner lieben, einen Sohn, oder die Mutter.
    Wenn man also von Liebe redet, bewegt man sich auf dünnen Eis. Es ist provokant, davon so zu reden und soll ja auch zu solchen eindrucksvollen Statements führen wie deinem hier.


    Es gibt sicher verschiedene "Lieben"... :crazy: Wir alle lieben unser Leben, ein Beispiel. Wir lieben überhaupt die schönen Dinge und süssen Früchte des Lebens, es gibt einige, mir fallen auf Anhieb welche ein...:) Eine der wenigen Harmlosigkeiten, die mir spontan einfallen, ist das Zusammenleben mit Tieren.
    Sicher aber lieben wir das anders als wir unsere Mutter oder unseren Vater lieben. Da hast du natürlich recht!


    LG, Frank.

  • Natürlich mag ich die Ameisen sehr und ich weiß natürlich, dass ich damit nicht der einzige hier bin. Ameisen, Wespen und andere Insekten wie auch andere Tiere haben mich seit frühester Kindheit begleitet. Die Beschäftigung mit ihnen war mir immer wichtig. Das scheinbar geheimnisvolle Zusammenleben besonders der sozialen Isekten hat mich als kleinen Jungen fasziniert und meine Neugierde geweckt, meine ersten "Untersuchungen" waren dabei sicher ziemlich traumatisch für die betroffenen Kolonien und Einzeltiere. Als Fünfjähriger untersuchte ich, wie lange Ameisen der Art Formica cinerea schwimmen (können) und wann sie ertrinken bzw. im Wasser untergehen, ich veranstaltete Ameisenkriege in Sandarenen zwischen Raptiformica und Formica truncorum, bei denen die Gladiatoren über Gräben Zugang hatten zur Kampfarena. Enttäuscht war ich, wenn die dann stattfindenden Kämpfe relativ unmotiviert zugingen. Ich wusste noch nicht viel davon, welche Rolle die Anwesenheit der eigenen Kolonie bei der Kampfmotivation bzw. Verteidigungsbereitschaft der Ameisen hat. Heute sage ich, zum Glück. Natürlich.
    Aber ein kleiner Junge darf solche Erfahrungen machen und auf solche martialische Weise das Leben erkunden. Man erkundet die Welt spielerisch und macht sich noch wenig Gedanken um ethische Fragen. Gerade dann, wenn es niemanden gibt, der andere Wege zeigt. Mit meiner Neigung, diesen Tieren nachzustellen, war ich ein Einzelgänger. Nur wenige meiner Freunde in Kindheit und Jugend ließen sich, wenigstens zeitweise, für die Beobachtung von Ameisen und Wespen motivieren. Erwachsene hielten es zumeist für Unsinn, sich mit "Mücken" zu befassen.


    Mit zunehmender Einsicht und Verständnis hörten Versuche dieser Art natürlich auf und wichen ersten Haltungs- und Beobachtungsversuchen.
    Was ich eigentlich sagen will, ist: Diese Tiere, wie auch andere Tiere wie Katzen, Hunde und auch Hühner und andere Federtiere, mit denen ich meine Kindheit verbracht habe, haben mich beeinflusst. Sie haben mich gelehrt, zu beobachten, manchmal geduldig zu sein, mich auch um sie zu sorgen. Ich hatte sie zu mir geholt und wollte sie nicht verlieren. Es gab eine Verantwortung, die daraus entstand und die ich später natürlich besser wahrnahm.
    Wenn man mit Katzen, Hunden, auch Hühnern und anderen Wirbeltieren zusammen lebt, erlebt man natürlich eine direktere Kommunikation. Besonders Katzen und Hunde verstehen es, gut mit uns zu interagieren. Ameisen, Bienen oder Wespen tun das nicht. Sie bitten uns nicht um Futter, um Zuwendung oder um Einlass. Sie sind unabhängig und vermögen es nicht oder kaum, mit uns zu kommunizieren.
    Aber es macht doch nachdenklich, wenn es heißt, dass dies ein Grund dafür ist, warum man diese Tiere nicht so mögen kann wie eine Katze oder einen Hund. Muss man denn immer etwas zurück bekommen für seine "Mühe"? Muss es immer Aussicht auf Ausgleich oder auf mehr geben, wenn man sich einer Sache hingibt? Ist es allein das, was den Menschen antreibt? Soll denn das allein vernünftig sein?


    Und es gibt ja etwas zurück. Jede Menge sogar. Beschäftigt man sich mit solchen oder anderen Tieren, mit Pflanzen oder mit irgendwelchen Dingen, kann das ja sinnstiftend sein. Dem eigenen Leben Struktur geben und dazu motivieren, nach Gleichgesinnten zu suchen und so Freunde zu finden. Das ist heute in den Foren leicht möglich. Neben vielem mehr, kommt immer drauf an, mit welcher Motivation man unterwegs ist. Was will man mehr?


    Ich empfinde Glück, Freude und Genugtuung, wenn etwas gelingt. Als primitiven Jäger und Sammler schlägt mir das Herz bis in den Hals, wird mein Körper mit Adrenalin durchströmt, wenn mir so ein unverhoffter "Jagderfolg" gelingt wie zB. in diesem Jahr in Ungarn. Nach etlichen Jahren der Suche und mit nur noch ganz geringer und in jenen Moment bereits leicht biergetränkter Zuversicht gelingt plötzlich, am Vorabend der Heimreise völlig unerwartet Unglaubliches. Und es geht dabei nicht um materielle Werte, um Nahrung oder anderes. Es geht allein um das Glück, dass mir widerfuhr. Sicher, etwas Wissen und Erfahrung spielt auch eine Rolle, aber vor allem ist es schieres Glück.
    Und natürlich mag ich dieses Tierchen sehr. Auch die Art, wie es mich nicht ansieht... Warum auch nicht? Es zu finden war ein langersehnter Erfolg für mich.


    LG, Frank.

  • Moin!


    @Frank Mattheis: interessant, dass du diesen Thread erneut aufgreifst. Ich finde ihn genauso lesenswert, umspannt er doch verschiedene Einstellungen hinsichtlich der Ameisenhaltung. Deine persönlichen Ausführungen bezüglich deines Lebens finde ich in deinem aktuellen Beitrag auch spannend, selten hört man solche Ausführungen. Die übersteigen auch meine eigenen Erfahrungen mit der Natur als Kind in ihrer Differenziertheit, nur wer will das schon quantifizieren oder qualifizieren. ;)


    Ich kann mich folgender Grundhaltung bzw. folgendem Umgang mit dem Thema sehr gut anschließen:

    Nun, liebe ich meine Ameisen? Ich bin mir da nicht sicher, ich schätze sie sehr und sie haben einen hohen Stellenwert in meinem Leben. Liebe ist das aber nach meinem Empfinden nicht. Wenn ich ehrlich bin müsste ich sie frei lassen, wenn ich sie liebe.

    Weiterhin...

    Ich mache auch keinen Unterschied ob es ein Hund, ein Schmetterling, ein Reh, eine Echse oder eine Libelle ist. Für mich sind das alles Lebewesen, wie wir Menschen auch.

    @Mathias Zille: Danke für deinen schönen Beitrag! :thanks:


    Mein Bezug zu den Tieren besteht eher auf einer übergeordneten Ebene. In meiner Hobbyhaltung verfolge ich Ziele, einen ethischen Kodex, wie z.B. den Tieren soll es so gut wie möglich bei mir gehen, d.h. ich habe mir bei der Bedürfniserkennung der Tiere Mühe zu geben und folglich zum Wohle der Tiere zu handeln etc.; gelingt mir dies, dann fühle ich mich mit meinem Bedürfnis zur Ameisenhaltung gut, nur dann gestatte ich mir eine unbeschwerte Beobachtungszeit mit den Tieren, dennoch bediene ich dabei meine eigenen Interessen, Mathias weist da ganz zurecht darauf hin. Geht es einer Kolonie oder einer solitären Königin nicht gut, dann fühle ich mit ihr, verstirbt sie, fühle ich mich mies. Sehr interessant ist, dass ich ohne Ameisen nicht mehr kann, nach dem Antritt meiner ersten Winterruhe 2015, legte ich mir recht schnell zur Jahreswende südeuropäische, dann tropische Ameisen zu, um diesen Umstand zu vermeiden.


    Was leistet die Ameisenhaltung für dich, für mich, für einen Menschen? Welche Funktion erfüllt sie? Wie wir diese Frage beantworten, bedingt meiner Meinung nach erheblich, wie wir mit dem Thema umgehen und welche Einstellung wir zu den Ameisen entwickeln und nur entwickeln können.


    Gruß, Olaf

    „It's a white whale, I say,“ resumed Ahab, as he threw down the top-maul; „a white whale. Skin your eyes for him, men; look sharp for white water; if ye see but a bubble, sing out!“ Moby Dick, Herman Melville

  • Grundsätzlich kann man schon sagen, dass das Verhältnis zu meinen Ameisen ein anderes ist, als zB zu meinen Hunden. Schließlich kommen sie mich auch nicht begrüßen, wenn ich nach Hause komme. (Hoffentlich!)
    Ich würde es aber so einstufen, wie zu den Fischen (im Aquarium)


    Warum halte ich also Ameisen?
    Es geht schon eine gewisse Faszination von ihnen aus, nicht nur wenn man sie beobachten kann, sondern auch darüber hinaus, wenn man sich also grundsätzlich näher mit der Biologie der Ameisen beschäftigt. Ein Thema, das schier unerschöpflich scheint.


    Als Kinder haben wir früher auch jede Menge anderer Tiere eingefangen und gehalten. Frösche, Molche, deren Larven bzw Kaulquappen und auch Ameisen, die wir einzeln mit den Fingern aus dem Erdreich geklaubt hatten.
    Später haben wir sie meist wieder freigelassen, an langfristiger Haltung waren wir da weniger interessiert. Bei den Ameisen hat sich aufgrund Unkenntnis und fehlender Gyne meist auch von selbst erledigt.
    Andererseits ist wohl immer noch etwas von dem jugendlichen "Forscherdrang" übrig.


    So hab ich sogar schon mal überlegt, meine Temnothorax an geeigneter Stelle wieder auszusetzen, muss aber zugeben, dass mir die Kleinen inzwischen wirklich ans Herz gewachsen sind und es immer wieder eine Freude ist, ihnen zuzusehen, mit welchem minimalen Aufwand und Bedarf an Nahrung sie doch immer wieder so eine Menge an Geschlechtstierbrut zusammenbringen.


    Die Winterruhe ist zum einen schon eine ruhige Zeit, zum andern lässt sich da meist ungestört an den Formicarien arbeiten.
    Auf der anderen Seite fasziniert mich auch immer wieder, wie die Tiere solch kalte Temperaturen einfach "aussitzen" können.


    Mögen? Ja und nein. Es kommt schon drauf an, wo sie sich gerade befinden. Ob sie brav im Formicarium ihrem Tagesgeschäft nachgehen oder draussen fleissig "Ungeziefer" vertilgen, oder ob sie sich gerade durch die Vorräte oder gar das Gebälk fressen.
    Manch anderes Insekt übt aber eine ebensolche Faszination aus, wie Bienen, Hummeln, Hornissen oder Wespen, auch wenn manche ab und zu recht schmerzhaft stechen können.


    Es ist wohl wie bei vielem. Man muss es erst kennen, um es zu mögen.
    Bei Schlangen, Mäusen und Ratten oder anderen "Exoten" ist es wohl genauso.

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