Camponotus lateralis - Haltungsbericht


Post 28094 - 27.05.2014 15:12:53

Hallo,


ich möchte hier gerne im Folgenden über meine Erfahrungen bei der Haltung von Camponotus lateralis berichten.


Warum diese Art?


Zu Beginn ein paar Worte, warum ich mich gerade für diese Art entschieden habe: Nachdem ich auf die Möglichkeit Ameisen zu halten aufmerksam geworden war, las ich viel in diversen Foren und diverser Literatur. Als ich dabei das erste Mal ein Foto von C. lateralis sah, war ich sofort hellauf von der Färbung dieser kleineren Camponotus-Art begeistert. Zwar bildet diese Art eher kleine Kolonien von maximal wenigen Hundert Individuen, doch gerade dieser Umstand machte sie für mich noch interessanter. Denn so brauche ich mir keine Gedanken darum machen, dass mir die Kolonie irgendwann sprichwörtlich über den Kopf wächst. Nach einer weiteren Auseinandersetzung mit dieser Art wusste ich, dass ich sie früher oder später halten möchte. Als sie dann Anfang November 2013 in einem Shop angeboten wurde, schlug ich zu...


Winterruhe


So erhielt ich am 06.11.2013 meine kleine Kolonie C. lateralis, welche aus einer Königin, drei Arbeiterinnen und 5 Larven bestand. Geduld ist wohl die Eigenschaft, die ein Ameisenhalter unbedingt haben sollte. Und Geduld musste auch ich nun aufbringen, denn für die gerade erhaltene Kolonie war erst einmal die Winterruhe angesagt. Diese verbrachte die Kolonie in einer vom Wohnbereich getrennten und für gewöhnlich nicht beheizten kleinen Kammer. Während des letzten recht milden Winters dürfte die Temperatur dort durchschnittlich ca. 8-12°C betragen haben.
Anfang Februar entschloss ich mich dann, die Winterruhe, welche die Kolonie sehr gut überstanden hatte, zu beenden...


Das Ende der Winterruhe


Nach einer kurzen Übergangszeit im etwas wärmeren Flur verbringt die Kolonie ihre Zeit in einem Raum, in dem eigentlich immer Temperaturen von > 18-20°C herrschen. Da ich nirgendwo genaue Angaben gefunden hatte, ob die Winterruhe bei C. lateralis eher endogen oder exogen gesteuert ist, war ich sehr gespannt, welches Verhalten die Kolonie nun zeigen würde. Futter in Form von Zuckerwasser/Honig und Heimchen wurde sofort angenommen. Da diese Art als sehr zurückhaltend und wenig aktiv beschrieben wird, war ich positiv überrascht, dass ich trotz dieser Eigenschaft und der geringen Koloniegröße doch regelmäßig eine Arbeiterin beim Fouragieren beobachten konnte. Mit der Eiablage ließ sich die Königin allerdings noch etwas Zeit...


Das Zuhause


Da es sich bei C. lateralis um eine Art handelt, welche vorwiegend Holz bewohnt, sollte man diesem Umstand bei der Haltung natürlich in gewisser Weise berücksichtigen. Da ich als Anfänger aber doch so meine Befürchtungen habe, was die Schimmelbildung angeht, und um gute Eingriffsmöglichkeiten bei Problemen zu haben, entschied ich mich zu Beginn der Haltung doch eher für die "sterile" Variante. Dies bedeutet, dass die Kolonie eine kleine Plastikbox bewohnt, dessen Boden mit Gips ausgegossen ist. Als Nest dient ein Eigenbau aus Kork und Objektträgern.



Auf der Box befindet sich für gewöhnlich noch ein Deckel. Sobald die Kolonie eine gesunde Größe erreicht hat, wir sie in ein ordentliches Zuhause umquartiert.


Haltungsbedingungen und Futter


Bei den Haltungsbedingungen gibt es eigentlich nichts, auf das ich besonders achten würde. Einmal in der Woche bewässere ich den Gipsboden mit einer Pipette; allerdings halte ich die Kolonie eher trocken, wobei natürlich Trinkwasser durchgehend vorhanden ist. Die Temperatur entspricht, wie auch schon erwähnt, der Zimmertemperatur. Auf eine zusätzliche Wärmequelle werde ich gänzlich verzichten, da der Raum in den kälteren Monaten gut beheizt wird.
Als Futter biete ich Zuckerwasser, Honig und Proteine in Form von Heimchen (vorher tiefgefroren) an. Da ich auch bei paralleler Darreichung keine Präferenz für Zuckerwasser oder Honig erkennen konnte, steht immer beides zur Verfügung. Die Proteinquelle erneuere ich alles zwei bis drei Tage. Zwar dürfte dies für eine Kolonie dieser Größe mehr als ausreichend sein, aber so stehen Proteine bei Bedarf immer zur Verfügung.


Es geht los!


Wie bereits erwähnt, ließ sich die Königin mit der Eiablage etwas Zeit (man könnte also vermuten, dass die Winterruhe endogen gesteuert wird). Gegen Ende April/Anfang Mai nahm die Aktivität dann jedoch stark zu. Fast durchgehend konnte man eine Arbeiterin bei der Aufnahme von Zuckerwasser/Honig beobachten. Infolgedessen bekamen die Arbeiterinnen prall gefüllte Gaster (von den Major-Arbeiterinnen dieser Art ist bekannt, dass sie als Repleten dienen). Auch wurden Proteine vermehrt angenommen und die Larven erlebten einen Wachstumsschub. Kurze Zeit später wurde die Königin physogastrisch.
Bis zum heutigen Zeitpunkt ist ein ordentliches Eipaket vorhanden und vier der fünf Larven haben sich verpuppt. Vielleicht sind auch schon die ersten kleinen Larven geschlüpft, das lässt sich leider nur sehr schwer erkennen. Der Kolonie geht es also augenscheinlich gut und sie gedeiht. Somit blicke ich optimistisch in die Zukunft...


Hier noch ein paar aktuelle Fotos der Kolonie:





Soweit soll es das dann erst einmal gewesen sein. Ich hoffe mein Haltungsbericht gefällt Euch einigermaßen, und ich konnte etwas von der Begeisterung rüberbringen, welche ich für diese Art empfinde.


Ich werde keinen extra Thread für eine Diskussion eröffnen, daher darf bei Anmerkungen, Kritik und natürlich auch Lob einfach hier hineingeschrieben werden.


Liebe Grüße,
Christian



Post 28280 - 03.06.2014 17:51:03

Hallo Christian,
auf den Bildern wirken die Tiere, vor allem die Arbeiterinnen recht dunkel. Woher genau sollen die Tiere stammen?
Ich würde diesen Ameisen als Bewohner der gemässigten und subtropischen Breiten im Verlauf des Sommers aber weit höhere Temperaturen anbieten. Um die zwanzig Grad wäre etwas kühl auf die Dauer. Eher dürften es tagsüber um die dreissig Grad schon sein.
In den natürlichen Habitaten kann es noch weit wärmer werden, sonnenbeschienene Äste und Zweige, die oft bewohnt werden, können sich sehr erwärmen. Bei zu grosser Hitze weichen die Kolonien dann sicher in andere kühlere Nistmöglichkeiten aus, aber warm mögen sie es im Sommer auf jedem Fall und warm sollte es auch sein, wenn sie genügend Nachwuchs aufziehen sollen.
Wie gehts der Bande???


LG, Frank.



Post 28288 - 03.06.2014 18:50:44

Hallo Frank,


über die genaue Herkunft kann ich nichts sagen (der Shop konnte oder wollte hier keine Auskunft geben). Die Tiere wirken nur auf den Fotos so dunkel, habe momentan nur die Kamera meines Smartphones zur Verfügung; eine bessere Kamera kann ich mir als armer Student aktuell leider nicht leisten . :( Aber ich habe mal ein älteres Foto rausgekramt, da sieht man deutlicher die rötliche Färbung der Arbeiterinnen. Diese Art hat doch einfach eine wunderbare Färbung. :love:



Auf eine künstliche Wärmequelle wollte ich eigentlich verzichten. Da ich in einer gut isolierten Dachgeschosswohnung wohne (im Winter top, im Sommer flop), werde ich problemlos hohe Temperaturen bei entsprechenden Außentemperaturen erreichen. Mal sehen, wie sie sich entwickeln. Momentan läuft es ja sehr gut. Warte darauf, dass aus den Puppen Verstärkung für die Kolonie schlüpft, dann gibt es auch wieder einen Bericht.


Liebe Grüße,
Christian



Post 28402 - 05.06.2014 16:53:50

Hallo,


auch wenn in der kurzen Zeit seit dem letzten Bericht natürlich nicht allzu viel passiert ist, hier ein kleines Update (ich mag diese Kolonie einfach und bin ein euphorischer Einsteiger ;)):


Larven, Larven, Larven
Aus den Puppen ist leider noch kein Zuwachs für die Kolonie geschlüpft (es dürfte allerdings alsbald soweit sein), dafür entwickeln sich die Larven prächtig. Dies geht damit einher, dass die Kolonie durchgehend Proteine annimmt. So biete ich aktuell täglich ein Heimchen an. Natürlich wird dies nie ganz verwertet, aber immer zeitnah von einer Arbeiterin aufgesucht.
Nachfolgend zwei Fotos, die sehr schön das Wachstum der Larven verdeutlichen. (Zum Vergleich: Die Bilder im vorherigen Bericht wurden acht Tage zuvor aufgenommen.)




Liebe Grüße,
Christian



Post 28478 - 08.06.2014 14:24:55

Hallo,


wahrscheinlich sollte ich es mit Updates nicht übertreiben, aber der erste "Nachwuchs" in der Haltung einer Kolonie ist nun mal einfach ein äußerst erfreuliches Ereignis.


Die Kolonie wächst
Bei der heutigen Kontrolle stellte ich erfreulicherweise fest, dass die Kolonie nun von zwei weiteren Arbeiterinnen unterstützt wird. Die beiden Neuzugänge, der Größe nach handelt es sich wohl um eine Minor- und eine Mediarbeiterin, dürften erst vor kurzer Zeit aus ihrer Puppenhülle gekrabbelt sein, da sie noch nicht ganz ausgefärbt sind; somit sind die beiden auf dem folgenden Bild auch sehr gut zu erkennen (jeweils links und rechts oben):



Auch wurde der Zuwachs augenscheinlich sofort gut versorgt, was sich an den prall gefüllten Gastern zeigt.


Des weiteren konnte ich mir heute einen besseren Überblick über die Brut machen: 2 Puppen, 12-14 Larven und eine nicht gezählte Anzahl von Eiern. Da die Verpuppung der ursprünglich vier Puppen sehr zeitnah stattfand, wird die Kolonie in den nächsten Tagen wohl um zwei weitere Arbeiterinnen bereichert. Auch ist eine sehr große Larve vorhanden, die vermutlich kurz vor der Verpuppung steht; vielleicht gibt es ja bald die erste Majorarbeiterin? Auf dem folgenden, ansonsten nicht sehr gelungenen Bild erkennt man sehr gut die Brut in allen Stadien:



Die Kolonie befindet sich also auf einem guten Weg.


Da Frank mit seiner Aussage



Ich würde diesen Ameisen als Bewohner der gemässigten und subtropischen Breiten im Verlauf des Sommers aber weit höhere Temperaturen anbieten. Um die zwanzig Grad wäre etwas kühl auf die Dauer. Eher dürften es tagsüber um die dreissig Grad schon sein.
In den natürlichen Habitaten kann es noch weit wärmer werden, sonnenbeschienene Äste und Zweige, die oft bewohnt werden, können sich sehr erwärmen. Bei zu grosser Hitze weichen die Kolonien dann sicher in andere kühlere Nistmöglichkeiten aus, aber warm mögen sie es im Sommer auf jedem Fall und warm sollte es auch sein, wenn sie genügend Nachwuchs aufziehen sollen.


natürlich vollkommen richtig liegt, ich aber, zumindest im Sommer, auf eine künstliche Wärmequelle verzichten möchte, habe ich die Kolonie nun so umgestellt, dass sie teilweise auch direkter Sonneneinstrahlung durch ein Dachfenster ausgesetzt ist. Ansonsten bin ich mit der aktuellen Entwicklung aber recht zufrieden.


Edit: Aufgrund des Folgebeitrags von Phil (Vielen Dank!) steht die Kolonie wieder auf ihrem ursprünglichen Platz. Dort ging es ihr ja gut und es ist wahrscheinlich auch sicherer.


Eine kleine Anmerkung zum Schluss: Wie man auf den Fotos in meinem Bericht sieht, befindet sich die Königin immer an derselben Stelle im Nest; dies ist kein Zufall: selbst bei extremen Störungen meinerseits bewegt sie sich nicht von dieser Stelle weg, einzig kleinere Positionsänderungen sind zu beobachten.


So, ich hoffe, ihr konntet dieses Update aus erfreulichem Grunde noch ertragen. ;) Spätestens wenn die große Larve ihre Entwicklung zum Imago abgeschlossen hat, werde ich mich hier wieder melden.


Liebe Grüße,
Christian



Post 28487 - 08.06.2014 15:11:30

ich aber, zumindest im Sommer, auf eine künstliche Wärmequelle verzichten möchte, habe ich die Kolonie nun so umgestellt, dass sie teilweise auch direkter Sonneneinstrahlung durch ein Dachfenster ausgesetzt ist.


Vorsicht, das kann ganz schnell zum Tod der Kolonie führen - direkte Sonneneinstrahlung auf ein Formikarium im Sommer bringt alles um, sofern keine ausreichende Belüftung bzw. Sonnenschutz für das Nest vorhanden ist. Wenn man ein Terrarium mit direkter Sonneneinstrahlung plant, dann am besten gar kein Deckel verwenden und das Nest z.B. mit Karton schützen.


Grüße, Phil



Post 28508 - 09.06.2014 11:04:11

Schön, dass du deinen ersten Nachwuchs hast! Sind wirklich sehr schöne Ameisen!
Ich finde übrigens nicht, dass du zu viele Updates machst, gerade die Gründung ist ja die spannende Phase, in der man noch viel "erlebt" und viel berichten kann. Später wirds dann weniger.



Post 29146 - 26.06.2014 18:38:01

Hallo,


ein kurzer Zwischenstand zu dieser Kolonie:


Sieben
Irgendwann in der letzten Nacht ist die Anzahl der Arbeiterinnen auf 7 gestiegen; damit haben sich nun alle vier Larven, welche mit überwintert hatten, zu Arbeiterinnen entwickelt (hat ja auch lange genug gedauert). Bei den beiden zuletzt geschlüpften Arbeiterinnen handelt es sich in beiden Fällen um Minor-Arbeiterinnen. Diese kleinen Arbeiterinnen sind es auch, die bei dieser Art für das Fouragieren zuständig sind; die größeren Arbeiterinnen verbleiben mit prall gefüllten Gastern als Repleten im Nest (zumindest konnte ich sie noch nie außerhalb beobachten). Wenn man davon sprechen kann, nimmt auch die Aktivität langsam zu: Sehr regelmäßig kann ich eine Arbeiterin beim Fouragieren beobachten. Brut ist weiterhin in allen Stadien vorhanden, wobei sich momentan die nächste Larvengeneration nach und nach verpuppt. Optimistisch geschätzt habe ich die Hoffnung, dass die Kolonie bis zu Winterruhe mindestens 30-40 Arbeiterinnen stark sein wird (mal sehen, ob ich damit richtig liege).



Nachdem ich die Kolonie nun seit gut acht Monaten (einschließlich der gesamten Winterruhe) halte, möchte ich an dieser Stelle einmal ein kurzes Fazit ziehen: Was die Entwicklung angeht, so muss man sicherlich geduldig sein, gerade dann, wenn man wie ich auf eine künstliche Wärmequelle verzichtet. Auch wird man bei dieser Art niemals ein Gewusel wie z. B. bei Lasius niger etc. erwarten können. Dafür bekommt man im Gegenzug Ameisen, die keinerlei Ansprüche stellen und scheinbar sehr robust sind. So muss man sich z. B. kaum Gedanken um die Bewässerung machen, sie können, wie ich auch geschrieben habe, sehr trocken gehalten werden. Diese Anspruchslosigkeit ist sicherlich auch dadurch bedingt, dass sie als arboricole Art in der Natur sprichwörtlich Wind und Wetter mehr oder weniger schutzlos ausgesetzt sind, und sich diesbezüglich angepasst haben. Folglich würde ich diese Art auch anderen Einsteigern, die sich der eher langsamen Entwicklung und geringen Aktivität bewusst sind, empfehlen; man bekommt wirklich sehr schöne Ameisen.


Liebe Grüße,
Christian



Post 29813 - 23.07.2014 09:54:54

Hallo,


da der Platz, den ich für Ameisen in meiner kleinen Wohnung zur Verfügung habe, leider sehr begrenzt ist, und ich diesen in Zukunft für eine Kolonie ohne Winterruhe nutzen möchte, habe ich diese Kolonie an einen anderen Halter aus diesem Forum abgegeben. Somit ist dieser Haltungsbericht, zumindest von meiner Seite aus, hiermit beendet.


Ich wünsche dem neuen Halter viel Freude mit diesen sehr schönen Ameisen!


Liebe Grüße,
Christian