Camponotus nicobarensis - Haltungsbericht


Post 29699 - 17.07.2014 14:23:41

Camponotus nicobarensis - Haltungsbericht



Prolog: Gesucht war eine größere Art ohne Winterruhe, die keine allzu großen Anforderungen stellt. Ein Mitglied dieses Forums hatte eine kleine Kolonie Camponotus nicobarensis abzugeben, die Färbung dieser Art gefiel mir auf Anhieb. Somit begab ich mich auf die Suche nach Informationen: Ein für eine Camponotus-Art sehr schnelles Wachstum, toleriert Fehler bezüglich der Temperatur und der Luftfeuchtigkeit und auch ansonsten recht anspruchslos. Sollte das alles zutreffen, dann wären meine Vorstellungen und Wünsche ja vollständig erfüllt. Gut, die Entscheidung war dann recht einfach: Diese Art sollte es werden.


Taxonomie: Familia: Formicidae | Subfamilia: Formicinae | Tribus: Camponotini | Genus: Camponotus | Species: nicobarensis


Über diese Art: Die folgenden Informationen zu C. nicobarensis sind eine kurze Zusammenfassung vom dem, was ich bei meiner Recherche zu dieser Art im Netz gefunden habe (sollte ich irgendwo Falschinformationen aufgesessen sein, würde ich mich über einen diesbezüglichen Hinweis sehr freuen): Das Verbreitungsgebiet von C. nicobarensis liegt in Südostasien (Bangladesch, China, Indien, Thailand, Vietnam). Die dortig bewohnten Habitate sollen vorwiegend Steppen und Halbwüsten sein. Als Nester dienen hauptsächlich Hohlräume jedweder Art, z. B. in Totholz; Erdnester sind selten bis gar nicht zu finden (diese Art neigt also nicht zum Graben). Die Gründung erfolgt claustral; die Kolonien sind monogyn, wobei es aber auch zur Oligogynie kommen kann. Genaue Angaben zur Koloniegröße konnte ich nicht finden, sie soll aber bis zu mehreren tausend Individuen reichen. Die Aktivität dieser Art findet überwiegend in den Nachtstunden statt; bei größeren Kolonien dehnt sie sich, zumindest in der Haltung, auch auf den Tag aus. Weiterhin hält diese Art keine Winterruhe (war ja auch einer meiner Anforderungen). Weitere Informationen werden sich im Laufe dieses Haltungsberichtes ergeben.


Herzlich Willkommen: Die Kolonie traf am 15.07.2014 bei mir ein: 1 Königin, 3 Arbeiterinnen und Brut in allen Stadien. Nach einer kurzen Begutachtung und einem kleinen Fototermin zogen die Ameisen in ihr neues Zuhause ein, ein 30x20-Becken wie man es in den üblichen Shops erstehen kann. Da die Kolonie hoffentlich schnell wächst, und dann eh ein Umzug in ein größeres Becken ansteht, hatte ich auf die Einrichtung nicht allzu viel Wert gelegt: neben der Sand-Lehm-Mischung als Bodengrund besteht sie einzig auch einem Stein (aus dem Aquaristikbedarf), den ich mit etwas rotem Sand verschönert habe.
In ihrem neuen Heim erwartetet die Kolonie Zuckerwasser und ein neues Reagenzglas (ich erhielt die Kolonie in einem aus Kunststoff, diese zerkratzen meiner Ansicht nach zu schnell und erschweren somit den Einblick), bei dem ich den Eingang mit einem Korkring verkleinert hatte, und das zusätzlich mit Aluminiumfolie umwickelt war (man möchte ja den Umzug beschleunigen). Interesse erweckte zunächst allerdings nur das Zuckerwasser, unablässig wurde dieses von ein bis zwei Arbeiterinnen besucht. Erst später in den Abendstunden wurde das neue Zuhause erkundet. Schneller als von mir erwartet, fand dann auch der Umzug in das neue Reagenzglas statt.




Zuwachs: Besser kann die Haltung ja gar nicht beginnen; gleich am zweiten Tag schlüpfte die vierte Arbeiterin. Leider verpasste ich dieses Ereignis knapp, sah nur, wie eine Arbeiterin mit einer leeren Puppenhülle umher lief. Die frisch geschlüpfte Arbeiterin wurde erst einmal ordentlich gefüttert, bis auch ihre Gaster prall gefüllt war. Abends bot ich dann zum ersten Mal Proteine an. (C. nicobarensis sollen nur ungern jagen, und beschränken sich vornehmlich auf Aas.) Zur Auswahl standen eine Mini-Schokoschabe und ein kleines Heimchen (beide Arten von Futtertieren lagere ich tiefgefroren und entnehme sie bei Bedarf). Beide Futtertiere hatte ich jeweils einmal zerteilt, um es den Ameisen etwas einfacher zu machen. Beachtung fand das Futter auf jeden Fall, am nächsten morgen lagen die einzelnen Stücke im Becken verteilt, zumindest das Bein eines Heimchens wurde auch in das Nest eingetragen. Das ich ihr Nest für das folgende Foto aus dem Becken nahm, gefiel der Kolonie in keinster Weise.



Soweit soll es das mit meinem ersten Bericht gewesen sein. Ich hoffe euch gefällt mein Haltungsbericht und wünsche euch liebe Grüße.
Bis zum nächsten Mal,
Christian


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Post 30468 - 02.09.2014 12:17:36

Hallo,


heute, nach etwas längerer Zeit, ein paar Neuigkeiten zu dieser Kolonie:


Es geht voran: Die Aussagen, dass diese Art ein sehr schnelles Wachstum hat, sind vollkommen zutreffend; aktuell ist die Königin von ca. 18 Arbeiterinnen umgeben. Dieses schnelle Wachstum zeigt sich auch beim Verlangen nach Proteinen; gerade wenn viele Larven vorhanden sind, scheint dieses fast unstillbar zu sein.


Die Kolonie mit 7 Arbeiterinnen und vielen Larven und Puppen:


Heute, keine 4 Wochen später, sieht es so aus:


Ein paar Worte zum Verhalten: Diese Art wird ja als eher nachtaktiv beschrieben. Dies kann ich bestätigen: Wirkliche Aktivität findet erst in den Abendstunden ab ca. 19-20 Uhr statt. Allerdings kann man auch tagsüber oft eine Arbeiterin beim Fouragieren beobachten. Findet diese dann Proteine, so erfolgt allerdings, im Gegensatz zu den Abend- und Nachtstunden, keine Rekrutierung; sie zerlegt die Beute dann alleine.
Weiterhin scheint diese Art die Wege zu den Wasserquellen zu markieren bzw. sie prägt sie sich ein. Ich biete Wasser in Reagenzgläsern an. Beginnt Abends die aktive Phase, so kann man sehr gut beobachten, dass die Arbeiterinnen zielstrebig zur Wasserquelle laufen. Einmal hatte ich das RG umgedreht; die Arbeiterin suchte daraufhin erst einmal intensiv die Rückseite nach dem Eingang ab, bis sie ihn dann auf der anderen Seite fand.
Auch die Aussagen, dass Camponotus nicobarensis sehr gut über Glas laufen können, kann ich bestätigen: Man bemerkt hier keinen Unterschied zum Laufen auf dem Bodengrund. Ich verwende daher einen doppelten Ausbruchsschutz bestehend aus Talkum und einem Deckel. Die Schicht aus Talkum wird bislang erst gar nicht belaufen, ein Kontakt mit den Antennen genügt, und die Ameise kehrt um.


Haltungsbedingungen: Die Haltung gestaltet sich bislang vollkommen problemlos, diese Art scheint offensichtlich wirklich keine hohen Ansprüche an den Halter zu stellen: Man füttere sie ordentlich, und die Kolonie wächst. Einzig eine künstliche Wärmequelle ist bei geringen Zimmertemperaturen wohl notwendig. Ich verwende hierfür eine Heizfolie, die, über eine Zeitschaltuhr gesteuert, tagsüber für Temperaturen zwischen 26-28°C sorgt.
Insgesamt kann ich somit nur bestätigen, dass die Art für den Einstieg die Haltung von exotischen Ameisen wunderbar geeignet ist. Die Haltung ist nicht schwerer als die von z. B. Lasius niger; und im Gegensatz zu du einheimischen Camponotus-Arten gibt es ein schnelles Wachstum und somit früh ausreichend Aktivität.


Zum Abschluss ein Bild der ersten größeren Arbeiterin, welche einen deutlich größeren Kopf als ihre kleineren Schwestern hat:


Liebe Grüße und bis zum nächsten Mal,
Christian


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Post 30723 - 07.10.2014 17:43:49

Hallo,


mal wieder ein kleines Update zu den Camponotus nicobarensis:


Wachstum, Wachstum, Wachstum: Die Kolonie wächst weiterhin in einem sagenhaften Tempo. Aktuell sind knapp 40 Arbeiterinnen vorhanden. Dazu kommen geschätzte 30-40 Larven und Puppen sowie eine nicht mehr überschaubare Anzahl von Eiern. Hier ein Bild (leider etwas grell) der gesamten Kolonie:


Auch ist gestern oder heute die erste Major-Arbeiterin geschlüpft, welche im Gegensatz zu ihren Schwestern einen riesigen Kopf hat:


Das rasante Wachstum macht sich auch am Futterverbrauch bemerkbar. Momentan füttere ich drei- bis viermal in der Woche Proteine (vorwiegend Schokoschaben). Die Ameisen bekommen dann jedes Mal soviel, bis sie aufhören es einzutragen. Ab und an gibt es Spinnen und Silberfischchen, wenn ich welche in der Wohnung finde. Hierbei konnte ich kürzlich beobachten, dass auch lebende Beute erjagt wird; zumindest wenn sie "halbtot" ist. Ein Silberfischchen, welches eine leichten Schlag von meinem Finger bekam und sich anschließend nicht mehr rührte, erwachte, nachdem ich es in das Becken getan hatte, wieder zum Leben. Sofort stürzten sich zwei Arbeiterinnen auf das angeschlagene Insekt und schleppten es unter großer Gegenwehr in das Nest.
Zuckerwasser bzw. Invertzucker steht durchgehend bereit. Auch kann man fast durchgehend mindestens eine Ameise bei der Aufnahme der Leckerei beobachten:


Liebe Grüße und bis zum nächsten Mal,
Christian


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Post 30988 - 05.11.2014 19:19:38

Hallo liebe Ameisenfreunde,


da es über die Kolonie nicht allzu viel zu berichten gibt, außer ihrem schnellen und stetigen Wachstum, heute einfach nur ein paar Bilder. Kürzlich fand ich im Treppenhaus einen Falter, der sodann als Futtertier herhalten musste; die Begeisterung der Ameisen war groß:


Auch konnte ich zum ersten Mal beobachten, dass eine Major-Arbeiterin zum Zerlegen rekrutiert wurde:


Gemeinsam ging man ans Werk:


Liebe Grüße und bis zum nächsten Mal,
Christian


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Post 31210 - 04.12.2014 13:16:24

Hallo liebe Ameisenfreunde,


mal wieder ein paar Neuigkeiten zu dieser Kolonie: Sie lebt weiterhin in dem Becken von 30x20 cm. Als Nester dienen momentan zwei Reagenzgläser.



Der Großteil der Kolonie befindet sich in dem kleineren rechten RG, im größeren linken RG wird Brut gelagert, und es wird häufig als Ort zum Zerteilen von Futtertieren genutzt.
Die Anzahl der Arbeiterinnen kann ich nur grob schätzen: Es sind aber mittlerweile mehr als 100.
Eine 7 Watt Heizfolie unter dem Becken und eine 14 Watt Heizmatte an der Rückseite des Beckens halten die Temperatur rund um die Uhr über 25°C. Auch halte ich die Kolonie weiterhin sehr trocken, sprich ich bewässere gar nicht. An winzigsten Tröpfchen im RG kann man auch erkennen, dass sich die Ameisen selbst um die nötige Befeuchtung kümmern.


Als Futter dienen aktuell ausschließlich Invertzucker und aufgetaute Schokoschaben.



Invertzucker steht durchgehend zur Verfügung; bereits einen Tag ohne diese süße Flüssigkeit führt am darauf folgenden Tag zu einem wahren Ansturm. Versuche auch Honig anzubieten schlugen bislang fehl; dieser wird, selbst wenn parallel kein Invertzucker vorhanden ist, vollkommen ignoriert. Proteine gibt es eigentlich auch täglich; die Kolonie nimmt dann jedes Mal ca. 5-7 Schaben von der Größe wie sie auf dem obigen Bild zu erkennen ist an. Abwechslung kann ich aktuell nur bieten, wenn ich mal eine Spinne in der Wohnung entdecke.



Die Kolonie ist weiterhin vorwiegen dämmerungs- und nachtaktiv; tagsüber sind kaum Ameisen zu beobachten. Dafür lohnt es sich dann gegen Abend umso mehr den kleine Tieren bei ihrem Treiben zuzuschauen.
Weiterhin zeichnet sich diese Art dadurch aus, dass sie nicht allzu schreckhaft ist. Während vor allem Vibrationen meine anderen Kolonien oft in Panik versetzen, bleiben die C. nicobarensis fast immer sehr gelassen. Auch sind sie extrem neugierig: Sei es die Pinzette, die Hand des Halters oder etwas anderes, alles wird sofort und ohne Anzeichen von jedweder Scheu erkundet. Daher muss ich immer sehr aufpassen nach dem Hantieren im Becken nicht unfreiwillig ein paar Ameisen heraus zu befördern.



Momentan richte ich ein größeres Becken ein, aber davon berichte ich dann beim nächsten Mal.


Bis dahin liebe Grüße,
Christian


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Post 31296 - 16.12.2014 15:43:55

Hallo liebe Ameisenfreunde,


wie im vorherigen Beitrag schon angekündigt, ist die Kolonie nun in ein größeres Becken (50x30x30 cm) umgezogen:


Gespannt bin ich, wie die Ameisen mit den echten Pflanzen umgehen werden:


Als Nester dienen weiterhin zwei Reagenzgläser (das dritte dient nur als Test, da es keinen Wassertank besitzt). Wenn die momentanen Nester zu klein werden, beabsichtige ich eine Korkröhre als endgültiges Nest bereitzustellen; damit für diese auch noch genügend Platz vorhanden ist, habe ich die linke Seite des Beckens noch eher spartanisch eingerichtet.


Um das größere Becken auf Temperatur zu bringen verwende ich nun eine 14 Watt Heizfolie (unter dem Becken) und eine 14 Watt Heizmatte (an der Rückseite). Die damit erreichten Temperaturen von 23-25°C stellen mich noch nicht ganz zufrieden, müssen aber vorerst ausreichen.


Weiterhin hatte ich beim letzten Mal die Anzahl der Arbeiterinnen wohl zu gering eingeschätzt: Es sind momentan wohl eher um die 150. Darunter befinden sich auch immer mehr Major-Arbeiterinnen, die leider viel zu selten außerhalb des Nestes zu sehen sind. Also musste ich sie zum Fototermin einladen:




Auch die Königin wollte ich mal wieder ablichten, leider sind keine allzu guten Bilder gelungen:



Liebe Grüße und bis zum nächsten Mal,
Christian


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Post 31618 - 12.01.2015 14:29:50

Hallo liebe Ameisenfreunde,


nachfolgend das erste Update für das Jahr 2015:


Eine kleine Pause: Die Kolonie scheint momentan eine kleine Ruhephase einzulegen: Es ist sehr wenig Brut vorhanden (Eier konnte ich gar keine entdecken), weswegen auch kaum Proteine aufgenommen werden. Weiterhin ist kaum noch Außenaktivität zu beobachten; einzig Invertzucker wird in großen Mengen aufgenommen. Daher haben auch fast alle Arbeiterinnen eine extrem prall gefüllte Gaster. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, dass sich die Kolonie auf die Winterruhe vorbereitet, da meine Camponotus cruentatus vor eben dieser genau so ein Verhalten gezeigt haben. An der Temperatur sollte es nicht liegen. Mit einer zusätzlichen Heizfolie liegt diese nun auch im größeren Becken bei konstanten 26-27°C. Aber da es der Kolonie ansonsten augenscheinlich gut geht, mache ich mir keine Gedanken. Nachdem die Königin innerhalb von einem halben Jahr für aktuell mehr als 200 Töchter gesorgt hat, sei ihr eine kleine Pause vergönnt. ;)


Und sie buddeln doch: Auch musste ich feststellen, dass C. nicobarensis doch ganz gerne mal graben. So hatten sie es besonders auf den Tigerrachen abgesehen. Dieser wurde komplett untergraben und ist wohl infolgedessen eingegangen. Der Lithops und die Bischofsmütze werden zum Glück bislang von den Ameisen verschont.



Wo einst der Tigerrachen war, sieht man noch die Folgen der "Grabungsarbeiten".


Ich hoffe, dass Kolonie in Kürze wieder richtig loslegt. Sie selbst scheint diesbezüglich wohl schon vorgesorgt zu haben. So ist mittlerweile fast die gesamte Kolonie mitsamt der Königin in das größere RG gezogen. Hier hatte ich dann auch endlich die Gelegenheit einigermaßen vernünftige Bilder von der Hohen Dame zu machen:



Liebe Grüße und bis zum nächsten Mal,
Christian


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Post 32505 - 23.02.2015 17:08:01

Hallo liebe Ameisenfreunde,


heute ein kurzes Update, welches einen Überblick über die Kolonie geben soll. Diese bewohnt immer noch drei Reagenzgläser. Zwei dienen wohl als Zweignest:


In jedem dieser beiden RGer halten sich immer jeweils gut 40 Arbeiterinnen auf. Der Hauptteil der Kolonie mitsamt der Königin befindet sich im dritten RG:


Die genaue Anzahl von Arbeiterinnen in diesem RG kann ich nur schätzen; es werden wohl 120-150 Arbeiterinnen sein. Weiterhin ist eine große Anzahl an Larven und Puppen vorhanden:


Die Kolonie hat also nach der kleinen Pause wieder richtig losgelegt. Auch nimmt so langsam die Aktivität am Tage immer mehr zu; gerade wenn viele Larven vorhanden sind. Großer Andrang herrscht auch immer, wenn es Invertzucker gibt:


Liebe Grüße,
Christian


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Post 33054 - 03.04.2015 08:36:23

Da ich mich von dieser Kolonie getrennt habe, endet der HB an dieser Stelle.