Das Totlaufen der Camponotus ligniperdus

  • Hallo Eusozialer,


    in verschiedenen Foren tritt oft ein Problem auf:
    Camponotus ligniperdus-Arbeiterinnen werden plötzlich äußerst aktiv, rennen wie wild durchs Formicarium und versterben dann.
    Ich selbst konnte dies am Anfang meiner Haltung selbst erleben und dokumentieren.


    Eine wirkliche Lösung scheint es für das Problem nicht zu geben, aber es tritt immer wieder auf.
    ( Aktuelles Beispiel 1, Aktuelles Beispiel 2 )


    In dem Zusammenhang habe ich diesen Beitrag gefunden.
    Dort wird folgendes gesagt:


    Zitat

    Einem Zitat eines User von Edward O. Wilson in einem anderen Forum zufolge, tritt das "totlaufen" immer bei trocken verwendetem Sand oder Sand-Lehm Gemisch auf. Feldversuche untermauern das.


    Leider konnte ich bei google das Original nicht finden, Edward O. Wilson selbst sollte ja den meisten hier bekannt sein (bekannter amerikanischer Insektenkundler). In anderen Threads wurde das Totlaufen in dem Zusammenhang darauf zurückgeführt, dass der feine Sand die Tracheen der C. ligniperdus verstopft und diese dann ersticken. Für eine Bewertung davon fehlt mir leider die Fachkenntnis.


    Auffällig ist allerdings, dass in den drei Beispielen (mein Fall + beide aktuelle Fälle) Sand-Lehm-Gemisch den Bodengrund darstellte.



    Wie seht ihr das? Habt ihr eigenen Erfahrungen gemacht? Habt ihr vielleicht biologische Hintergründe?

  • Hallo Colophonius, den Begriff Eusozialer finde ich gut, hat so etwas von Gemeinschaft und das passt ja. So nun aber zu den Ameisen. Das mit dem Bodengrund habe ich auch schon oft erlebt. Die Sache ist nur, dass jeder Halter einen anderen Bodengrund nimmt, ob aus der Natur oder aus dem Handel. Wenn dann etwas schief läuft, wird nach allen Fehlerquellen gesucht und selten über den Bodengrund nachgedacht.
    Gerade im Handel werden viele Sand und Lehmarten verkauft die nicht für die Haltung von Ameisen geeignet sind. Viele Sandarten , die für Terrarientiere verkauft werden, haben irgendwelche Mittelchen gegen Reptilienmilben,wie sie auch im Vogelsand sind. Angaben von Herstellern bekommt man selten, aber man sollte mal Analysen an einer Universität oder ähnlichen durchführen lassen um Gewissheit zu haben. Da haben wir bestimmt Profis in der Gemeinschaft, die dabei helfen können.
    Genauso verhält es sich mit dem sogenannten Lehmpulver, das nur feucht vermischt, zum färben von Gips oder ähnlichem verwendet werden sollte. Dieses wird dann oft als normaler Bodengrund verkauft(sieht ja gut aus),ist aber so fein,das es nicht gut für Ameisen ist. Da gibt es noch viele Fragen zu lösen, dazu ist ja ein Forum da. Danke für den Start zu diesem Thema und Gruß Steffen(Eusozialer).

  • Hallo,


    ich halte das Totlaufen in den meisten Fällen für eine Fehlinterpretation. Die Tiere sterben nicht durch das Laufen, sondern sie Laufen weil sie sterben. Je älter bzw. kränker eine Ameise wird, umso eher hält sie sich außerhalb des Nestes auf. Das ist bei vielen Arten zu beobachten, und bei wenigen sicher belegt. Damit schützen sie die Kolonie vor möglichen Krankheitserregern, in der Natur würde eine Ameise einfach so weit wie möglich weglaufen. In der Haltung geht das natürlich nicht, da die Tiere eingesperrt sind - als Folge laufen sie die ganze Zeit rastlos im Terrarium umher, bis sie irgendwann sterben.
    Natürlich kann ich auch andere Ursachen in Zusammenhang mit dem Untergrund nicht sicher ausschließen.


    Grüße, Phil

  • Hey,


    dass das Totlaufen nicht die Ursache, sondern die Wirkung darstellt, wird oft angeführt. Allerdings ändert es leider nichts am Ausgang: die Ameise ist tot und der Halter ratlos.


    Ich kann z.B. bei meinem Sand-Lehm-Gemisch ausschließen, dass es giftig ist. Ich verwende es bei meinen Lasius, Pheidole und Messor, ohne dass ein ähnliches Verhalten auftritt.

  • Hallo Colophonius,Du schreibst das Dein Bodengrund bei Lasius,Pheidole und Messor funktioniert. Gut,aber wie sprechen ja von Camponotus!Vieleicht ist bei denen irgend etwas anders!?!Das müssen wir heraus finden.Vieleicht fällt den anderen ja noch etwas ein.Da sind Erfahrungen gefragt!!Denn Meinungen helfen ja seltenst weiter.Gruß Steffen(Eusozialer).

  • Zitat von "Steffen Kraus"

    Gut,aber wie sprechen ja von Camponotus!Vieleicht ist bei denen irgend etwas anders!?!Das müssen wir heraus finden.Vieleicht fällt den anderen ja noch etwas ein.Da sind Erfahrungen gefragt!!Denn Meinungen helfen ja seltenst weiter.


    Genau dafür habe ich ja den Thread erstellt, ich will gerne wissen, ob mehr Leute diese Erfahrungen gemacht haben, ob es nur bei C. ligniperdus so ist und ob man eventuell eine plausible Erklärung dafür finden kann.


    Mich ärgert es immer, wenn es Probleme ohne Lösung gibt ;)

  • Hallo Colophonius, ich habe eben in einem anderen Forum(sorry fürs fremd lesen)gesehen, das dieses dort auch ein neues Thema ist.Ich bin mal gespannt ob man aus den Antworten etwas heraus lesen kann, aufgefallen ist mir aber schon das ein User geschrieben hat,das er feinen Kies benutzt und er damit keine Probleme hat. Ich hoffe wir bekommen hier(eusozial) auch noch viele Antworten. Gruß Steffen(Eusozialer)

  • Ich für meinen Teil kann zwar "erst" zwei verstorbene Arbeiterinnen vorweisen, die zudem aus der letzten Saison waren und als Pygmäen vermutlich sowieso nicht lange leben sollten, aber auch ich verwende ein Sand-Lehm-Gemisch als Bodengrund, weswegen ich mich hier auch mal äußern möchte.


    Nach einiger Recherche habe ich den Bodengrund als Ursache ausgeschlossen. Die Arbeiterinnen fingen versetzt mit der hohen Aktivität an (kann man sicher auch in meinem Bericht nachlesen, glaub, da war 'ne Woche oder mehr dazwischen). Die erste brach direkt einen Tag nach Ankunft aus, da waren sie noch gar nicht im Formicarium, da ich das Sand-Lehm-Gemisch mit Wasser vermengt hatte, damit es aushärtet und niemand später auf die Idee kommt, darin zu nisten - war noch nicht trocken.


    Deswegen denke ich auch nicht, dass es da noch irgendeinen Feinstaub gibt, der rumfliegen könnte. Außerdem hielt diese Aktivität insgesamt gut 3-4 Wochen an und ich halte Ameisen zwar für widerstandsfähig, aber wenn da irgendetwas verstopft ist und die Ameise nicht atmen kann, dann denke ich nicht, dass ~ein Monat Lebenszeit trotz Sauerstoffmangel realistisch ist (an dieser Stelle wär ich interessiert, ob einer mehr weiß :D).


    Überzeugt, dass meine Ameisen sich nicht wirklich "totgelaufen" haben, hat mich übrigens das hier - einmal aufmerksam durchlesen und evtl. einen Versuch starten ;)


    http://ameisenwiki.de/index.php/Stress

  • Hallo Butcherella, sehr guter Beitrag im AW über Stress. Aber es steht ja geschrieben, dass das Totlaufen stressbedingt ist und das hat einen Grund. Nach dem suchen wir ja. Weiter ist ja die Frage, welchen Sand-Lehm Bodengrund wer nimmt. Deiner ist vieleicht genau richtig, hilft aber nicht das Problem zu lösen. Ich selbst verwende auch einen Sand-Lehm Bodengrund, bei heimischen und exotischen Ameisen, und hatte mit diesem Problem noch nie zu tun. Hilft jetzt aber auch nicht weiter, deswegen fällt jetzt auf, dass im anderen Forum schon der nächste von gutem Erfolg mit Kies geschrieben hat. Es ist gut,wenn so viele wie möglich ihre Erfahrung mit dem Bodengrund hier schreiben. Nur so können wir gemeinsam ausgrenzen und die Lösung finden. Der Wissenschaftler würde jetzt schreiben, Meinungen helfen nicht! Wir müssen Forschung betreiben.


    Gruß, Steffen (Eusozialer)

  • Oh, anscheinend hab ich irgendwie verpennt, meine Kernaussage zu formulieren.


    Also ich denke, man kann da keinen allgemeinen Grund festmachen. Die Ameisen laufen, weil sie sich vom Nest entfernen möchten - so weit wie möglich. Denn sie spüren, dass sie sterben und wollen die Kolonie schützen.


    Hier jetzt einen allgemeingültigen Grund für dieses Verhalten zu suchen, halte ich für falsch.


    Denn, wie du schon sagst, habe ich vielleicht den richtigen Bodengrund, aber nur, weil ein anderer unerfahrener Halter jetzt denselben Bodengrund kauft, wie ich und ihn genau so behandelt, wie ich, kann das "totlaufen" trotzdem auftreten, weil er vielleicht ein paar andere Parameter nicht beachtet.


    Das Totlaufen ist ein Symptom, punkt, aus. Es ist nicht die Ursache. Die Ursachen müssen für jeden Fall individuell bestimmt werden, denke ich.



    Falls ich nun wirklich zu doof bin, zu verstehen, dass dieser Thread hier Ursachenmöglichkeiten auflisten soll, dann seht mein Gezeter als nichtig an :D

  • Hallo zusammen,


    wollte mal eben meine Erfahrung mit Lehmpulver, die ich vor kurzem gemacht habe, schildern.


    Auch ich kann bestätigen, dass man mit Lehm vorsichtig sein sollte.
    Neulich habe ich Lehmpulver mit etwas Sand vermischt, welches nicht sehr fein war, benutzt, teilweise angefeuchtet und manche Stellen habe ich nicht angefeuchtet.


    Nachts konnte ich immer viele Ameisen an der Wassertränke beobachten, allerdings BEVOR ich unangefeuchtes Lehmpulver verteilt habe.
    Einige Tage später sah ich viele Ameisen langsam sterben, sie liefen normal rum, waren also sehr aktiv, später fingen sie an die Scheiben entlang "ziellos" rumzuspazieren, bis sie irgendwann heftige Zuckungen und keine Kontrolle mehr über die Beine hatten.
    Dann traf relativ schnell der Tod ein, heftige Zuckungen und 5 Sekunden später waren sie schon regungslos und scheinbar tot.


    Es waren relativ viele Ameisen verstorben und ich vermute es waren alle Ameisen, die in der selben Nacht sich mit Wasser versorgt haben.
    Ich konnte keine feinen Staubpartikel auf den Ameisen entdecken, nichtmal mit einer Lupe. Ich nehme aber an, dass die Ameisen diesen feinen Staub in ihre Tracheen bekamen und daran dann qualvoll verendet sind. Im nachhinein habe ich mich sehr über mich selbst geärgert, dies ausprobiert zu haben, aus dem Grund, dass es einfach sehr natürlich aussah als Bodengrund, für die Ameisen allerdings leider alles andere als gesund war.


    Ich konnte übrigens zwei Tage danach KEINE Ameisen mehr in der Arena entdecken, als hätten sie den Bodengrund nun komplett gemieden.
    Man sollte also wirklich darauf achten, dass keine Stellen vom Sand-Lehm als Bodengrund vergessen werden sollten, gründlich zu bewässern. Scheinbar reichen auch kleinere "staubige Stellen" in der Arena aus, dass die Ameisen Probleme bekommen.
    Danach habe ich natürlich den kompletten Bodengrund ausgewechselt und anschließend alles schön feucht gemacht, seitdem gibt es keine Probleme mehr.


    Wiegesagt, das ist meine Erfahrung, die ich gemacht habe.


    LG, Alex

  • Hallo Butcherella, das ist doch kein Gezeter! Deshalb schreiben wir doch alle! Ich stimme Dir auch zu, aber es gibt so viele Dinge, die man in der Ameisenhaltung falsch machen kann. Deswegen sollte man Probleme ja gemeinsam lösen. Wie ich schon mal geschrieben habe ,sind wir damit alle noch am Beginn und es gibt so vieles zu entdecken. Das ist ja das was dieses Hobby ausmacht. Die Liebhaber von Fischen, Reptilien usw. haben halt schon Jahrzehnte Vorsprung. Noch mal zum Thema; wenn wir alle zusammen jeden Fehler auflösen können und eine perfekte Anleitung zur Ameisenhaltung erreicht haben, haben wir doch gewonnen. Gruß, Steffen(Eusozialer)

  • Mal angenommen es liegt wirklich am Staub, des Lehmgemisches!?!
    Warum macht ihnen dann das Talkum keine Schwierigkeiten?
    Es gibt ne Menge Leute die Talkum als Ausbruchschutz verwenden...
    Das Zeug ist so fein, dass es mindestens die gleiche Wirkung haben müsste.

  • Zitat von "Denjo1983"

    Mal angenommen es liegt wirklich am Staub, des Lehmgemisches!?!
    Warum macht ihnen dann das Talkum keine Schwierigkeiten?
    Es gibt ne Menge Leute die Talkum als Ausbruchsschutz verwenden...
    Das Zeug ist so fein, dass es mindestens die gleiche Wirkung haben müsste.


    Wahrscheinlich hat es auch diese Wirkung. Die Ameisen koennen hier im Gegensatz zum Bodensubstrat aber ausweichen. Die Ungefaehrlichkeit von Talkum mueßte man erstmal beweisen. Ich benutze Talkum nicht und hege auch die Vermutung, daß ultrafeiner, trockener Sand/Lehm die Stigmen verstopfen koennen. Dies wuerde zur Atemnot und Dehydration fuehren. (Hypothese)


    Weiterhin koennte man noch spekulieren, daß trocken gehaltener Bodengrund generell eher untypisch & unguenstig fuer einheimische Ameisen ist. Lehm & Erde ist in der Regel feuchtigkeits-spendend, waehrend (kuenstliches) Lehmpulver und Sandstaub Wasser entziehen. Eine Glaskastenkonstruktion in der Sonne kann das Problem verschaerfen.


    Spekulativ mueßte ich auch mal meine Bedenken zu den Nadeln von Tannen & Fichten anbringen, die hoffentlich von jemanden verstreut werden koennen. Es ist klar, daß diese aetherische Oele beinhalten, die man als Mensch sogar riechen kann (insbesondere in der Verwendung als Extrakt im Badezusatz, Saunazusatz, Balsam etc). Was mich beunruhigt ist, daß es im Mikroklima des Terrariums durchaus zu einem Luftstau/stillstand kommen kann und sich diese Duftstoffe mit etwas Waerme und Trockenheit ausdunsten und konzentrieren. Mir ist nicht klar, wieso diese weniger stoerend, bzw gefahrenfrei sein sollen, als die aetherischen Oele von Zitrone, Orange, Lorbeer, Nelke, Zimt, oder Eukalyptus.
    Ich habe einfach Zweifel, ob diese natuerliche Deko im kuenstlichen Rahmen vertraeglich ist. :think:


    Diese Situation erinnert mich an den ploetzlichen Kindstod, fuer die eine Unzahl an Theorien ausgearbeitet worden sind, aber die finale Ursache bisher nicht bestimmbar ist. Vermutlich liegt ein komplexes Zusammenspiel aus mehreren unguenstigen Faktoren vor, die zum Tod fuehren. Es ist aber wichtig diese weiterhin einzugrenzen und weniger zu spekulieren und an diesem Thema (selbst)kritisch dranzubleiben.
    Ich wuenschte mir auch eine Fortfuehrung -bzw- Umsetzung der Ideen im praktischen Sinn: bitte entfernt das Lehmpulver und den ultrafeinen Sandstaub, setzt lebende Pflanzen & Moose ein, befeuchtet & berichtet! (Wasser = leben!?) Berichtet und befeuchtet. :alk:

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