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Bei meiner neusten Ameisenkolonie handelt es sich um Odontomachus cf. bauri. Als ich mit der Ameisenhaltung begonnen habe und das erste mal von Schnappkieferameisen erfahren habe, war ich sofort fasziniert von diesen wunderschönen Ameisen und habe mir daher von meinem Weihnachtsgeld einen kleinen Traum erfüllt.
Aufgrund der Wetterlage war aber ein sicherer Versand erst vor kurzem möglich. daher hatte ich mehr als genug Zeit, das Becken herzurichten.
Als Basis habe ich das ziemlich alte 80x30x50cm Aquarium meines Vaters genutzt, was leider schon ein wenig verkratzt ist und bei dem ich einige Reinigungsarbeiten durchführen musste. Danach habe ich die Rück- und Seitenwände mit Styropor, einem Feuerzeug, Bens-Jungle-Kleber und Torf gestaltet. Der Boden besteht aus mehreren Schichten. Ganz unten befinden sich Blähtonkugeln, die so groß und schwer sein sollten, dass die Ameisen diese nicht bewegen können. Darüber befindet sich eine dicke Schicht aus Sand, Lehm, Torf und Lavastein-Split. Der Boden ist relativ fest und es sollte den Ameisen ein leichtes sein, dort ein Nest nach ihren Wünschen zu errichten. Über der "Erdschicht" befindet sich dann noch eine Streuschicht aus Torf, Bambusblättern und vereinzelten Lavasteinstücken. Beleuchtet wird das Becken mit Tageslichtlampen aus der Aquaristik, wodurch etwa Zimmertemepratur + 2°C erreicht werden. Das sollte auch für eine sachte Jahreszeitensimulation genügen, da ich nur sehr selten heize.
Da ich schon immer ein wirklich schönes Pflanzenbecken haben wollte, habe ich reichlich zugeschlagen.
Links im Becken befindet sich eine Begonia sizemoreae. Diese hatte den Transport bei frostigen Temperaturen nicht ganz gut überstanden, sie hatte eine Blüte, die aber genau wie eine ihrer Blätter schnell abstarb. Die restlichen Blätter haben langsam braune Ränder bekommen. Allerdings scheint es der Plfanze in meinem Becken echt gut zu gehen. Sie hat mittlerweile sechs neue Blätter und zwei weitere sprießen gerade nach. Die Blätter sollen bis zu 15cm Durchmesser erreichen können und dabei weiße Blüten bekommen. Ich bin gespannt, wann es so weit ist. Mir gefällt diese Plfanze auf jeden Fall außerordentlich gut.
Damit die Rückwand langsam begrünt, habe ich mich für einen Ficus scandens („XXL-Form“) entschieden. Dieser wächst auch fleißig und beginnt langsam mit der Eroberung des Beckens. Mit gefällt besonders die schöne Blattform und die Tatsache, dass er nicht ganz so rasant wuchert wie andere Kletterpflanzen. Darüber hinaus befindet sich in der Ecke eine Tillandsia leiboldiana var. guttata, die offenbar schöne, fliederfarbene Blüten bildet. Eigentlich sollte sie bei den C. substitutus aufgebunden werden, war aber schlichtweg zu groß. Allzu schlecht scheint es ihr aber auch nicht zu gehen.
Die Mitte des Beckens wird von einem kleinbleibenden Farn (Pteris green) dominiert, dem es scheinbar auch nicht schlecht geht. Die welken Blätter am Boden rühren daher, dass diese eine Weile unter einem Stein eingeklemmt waren. Vielleicht sollte ich sie mal zurückschneiden.
Rechts im Bild sieht man noch die kleine (Erd)bromelie Cryptanthus bivittatus, die auch schon fleißig neue Blätter gebildet hat. Klein, aber fein. Ganz am Rand sieht man noch ein paar Blätter von Vriesea splendens era, die das Schicksal der Tillandsia leiboldiana var. guttata teilt. Aber auch der scheint es nicht allzu schlecht zu gehen.
Von hinten rechts soll noch ein Bodendecker das Becken berreichern. Die Wahl fiel auf Episcia dianthiflora, die große weiße Blüten bilden soll. Diese Pflanze wächst zwar bedeutend langsamer als der Ficus scandens, ist aber auch schon deutlich größer als im Januar. Ich denke ich muss aufpassen, dass der Ficus der Episcia nicht allen Platz und schließlich das Licht nimmt.
Tja und wo sind die Ameisen in diesem Haltungsbericht?
Wenn ich das wüsste. Angedacht war eine Kuhle, die von einer Plexiglasscheibe abgedeckt und von der Wurzel abgedunkelt wird. Aber wie das so in der Ameisenhaltung ist: die Ameisen machen eh was sie wollen. Wo sie (Gyne und zwei Arbeiterinnen) sind, vermag ich nicht zu sagen und gestern Nacht konnte ich erstmals eine Arbeiterin beim Futter entdecken, was ich aber nicht fotografieren konnte. Wenn die Kolonie aber wächst, sollte ich hin und mal wieder was zu sehen und zu fotografieren bekommen.
Ich freue mich drauf!
P.S.:
DIe Pflanzen (und Infos dazu) stammen alle aus Bens Jungle. Da ich selbst überhaupt keine Ahnung davon habe, vertraue ich einfach mal auf die Richtigkeit.
Mittlerweile ist es etwa 1 1/2 Monate her, seitdem ich von meinen Odontomachus berichten konnte.
Das liegt aber nicht am mangelnden Interesse, sondern daran, dass sich ein verhältnismäßig großes, naturnah eingerichtetes Becken schlecht für einen Haltungsbericht mit vielen Bilder von kleinen Ameisen eignet, insbesondere dann nicht, wenn die Kolonie noch groß ist.
Ab und an konnte ich mal eine Ameise im Becken entdecken, aber sonst war das nächtliche verschwinden winziger aufgetauter Schaben das einzige Lebenszeichen, was ich von meinen Ameisen erhielt. Auch wenn ich mittlerweile schon ein wenig Erfahrung mit der Ameisenhaltung habe und damit auch eine gewisse Gelassenheit einhergeht, so ist es schon ein eigenartiges Gefühl, wenn man nicht mal weiß, ob die Ameisen noch leben, ich weiß ja nicht mal genau wo ihr Nest ist. Trotzdem bereue ich es überhaupt nicht, so ein großes, dicht bepflanztes Becken gewählt zu haben - im Gegenteil:
wenn ich eine Ameise sehe, freue ich mich umso mehr.
Gestern gab es dann meinen persönlichen Durchbruch: Ich konnte zwei Odontomachus-Arbeiterinnen beim furagieren beobachten und das über einen „längeren“ Zeitraum (ein paar Minuten). Mir ist es dann sogar gelungen, ein paar Fotos zu schießen, auf denen man die Ameisen wenigstens nicht suchen muss.
Einmal direkt vor der Scheibe:
Und hier war die Ameise durch das aufgerollte Blatt gekrabbelt, leider war ich einen Tick zu spät auf dem Auslöser der Kamera, sonst wäre das Foto sicherlich sehr viel schöner geworden, aber auch so erkennt man gut die Ameise mit ihrem ulkigen Kiefer.
Eigentlich sollte es das schon vom HB gewesen sein, aber ich habe gestern dann doch keine Zeit gefunden, den HB zu aktualisieren. Ein Glück, denn heute flog mir ein dicker Brummer ins Haus, den ich halb tot den Odontomachus angeboten habe. Schnell fand sich eine Interessentin und ich konnte beobachten, wie die Ameise recht vorsichtig die Fliege attackierte. Dabei konnte ich nicht beobachten, ob die Ameise zugestochen hat, denn ich musste schnell meine Kamera holen.
Das Verhalten war dennoch sehr spannend. Die Ameise hat meistens den Kopf mit schnellen Mandibelangriffen (Kiefer auf und zuschnappen lassen) attackiert und ist dann wieder etwas auf Distanz gegangen. Manchmal wurde sie (absichtlich oder nicht) sogar einige Zentimeter durch die Luft geschleudert. Ein wirklich tolles, faszinierendes Schauspiel, was ich bei meinen anderen Arten nie beobachten kann.
Nach einer Weile wurde die Fliege abtransportiert.
Es ging eindeutig in Richtung der Ranke (Ficus scandens).
Und dann mitten rein, hier kann man in der Mitte noch die Fliege erahnen.
Dort verlor sich dann ihre Spur.
Ich gehe jetzt davon aus, dass die Ameisen dort im Wurzelgeflecht der Pflanze ihr Nest eingerichtet haben. Den Verdacht hatte ich schon vorher, da ich die meisten Arbeiterinnen in unmittelbaren Umgebung entdecken konnte.
Und noch was zu den Pflanzen.
Im Ficus scandens wächst eine schicke Pflanze, ich frage mich was das ist. Hoffentlich wächst sie schön weiter, sieht auf jeden Fall interessant aus.
Und auch die Rückwand wird langsam erobert.
Wo Licht ist, da gibt es leider oft auch Schatten. Dem Farn geht es nämlich leider gar nicht so gut. Ob es an der Nähe zur Lampe liegt oder sonstwas nicht stimmt - ich weiß es leider nicht. Aber vielleicht fängt er sich ja wieder, sonst muss ich mir was anderes überlegen.
Heute mal nur eine kleine Textwand.
Was läuft gut?
Die Ameisen! Ich habe unglaublich viel Spaß an dieser super interessanten Ameisen-Art. Das Verhalten ist eine wahre Freude und auch wenn die Kolonie nur langsam wächst, so wächst sie stetig und die Ameisen werden immer selbstbewusster, man sieht sie sehr viel häufiger und Ich freue mich wirklich jedes mal. Gerade das "Einzelkämpferverhalten" finde ich wirklich interessant. Meines Erachtens lohnt es sich bei diesen Ameisen auch mal, kleinere, lebende Insekten zu verfüttern. Die Ameisen pirschen sich langsam an ihr Opfer an und schlagen dann unglaublich schnell zu.
Dabei konnte ich mehrere Sachen beobachten:
1. Die Ameisen scheinen vor allem Bewegungen wahrzunehmen, denn wenn eine Fliege still dasitzt, haben die Ameisen wirklich Schwierigkeiten diese zu finden. Sobald sie sich aber bewegt, kommen sie sofort näher.
2. Obwohl die Schnappkiefer relativ unhandlich aussehen, können sie damit auch gezielt Beine abtrennen. Das hat mich wirklich überrascht. Es sind also nicht nur reine Schnappwerkzeuge, sondern auch für filigrane Arbeiten geeignet. Wirklich interessant ist es, wenn die Ameisen aber den Finger (oder eine Pinzette) attackieren. Die Mandibeln sich nicht stark genug, um durch die Haut zu kommen oder Schmerzen zuzufügen, es fühlt sich eher wie ein winziger Stromschlag an und das führt zu
3. Wenn ein Angriff daneben geht, werden die Ameisen regelrecht durch die Luft geschleudert. Das ist wirklich total spannend anzusehen und geht wahnsinnig schnell. Mit dieser Technik können die Ameisen sogar (laut Versuchen) den Fallen von Ameisenlöwen entkommen.
Was läuft nicht gut?
Ich habe das Becken bisher immer wieder durch reichlich Besprühen bewässert. Leider ist mir so der Farn eingegangen und so wirklich schnell wuchsen die Pflanzen (mit Ausnahme des Ficus scandens) auch nicht mehr. Ich dachte aber, dass das an irgendwas anderem liegt. Dann habe ich von Diffeomorphismus netterweise ein paar Erd-Bromelien bekommen (danke nochmal dafür!) und als ich diese einpflanzen wollte, musste ich feststellen, dass der Boden fast staubtrocken war. Seitdem gieße ich jetzt richtig und die Pflanzen haben innerhalb weniger Tage neue Triebe bekommen. Ich hoffe, dass sich alles (außer dem Farn, der wurde durch eine Bromelie ersetzt) gut erholt und schön weiter entwickelt und eventuell auch mal blühen wird.
Jetzt steht bei mir erst einmal ein Umzug an, danach werden dann auch mal wieder Bilder gemacht.
Fazit:
Die Ameisen sind wirklich genial, ich hingegen wohl eher nicht.
So, nach viel zu langer Zeit mal wieder ein kleines Update. Gestern habe ich das Becken ein wenig umgestaltet und dafür gesorgt, dass die Pflanzen nicht alle Sicht versperren und dass die Ranken den Ameisen nicht den Ausbruch ermöglichen. Das Ergebnis gefällt mir außerordentlich gut, zumal die Pflanzen größtenteils extrem gut gedeihen, seitdem ich richtig wässere.
Ein Blick ins Becken:
Wo das Nest der Ameisen ist, kann ich nicht genau sagen, aber ich glaube, dass es hinter diesem Loch an der Rückwand ist.
Sicher bin ich mir allerdings nicht, da ich dort auch immer wieder Ameisen nach oben klettern sehe, wo genau sie dann hinlaufen kann ich nicht sagen, da mir die große Bromelie äußerst geschickt jede Sicht versperrt. Aber hin und mal wieder sehe ich Ameisen, die dort auch Puppen lang tragen, vielleicht werden diese oben gelagert, weil dort die Lampe näher und es dadurch wärmer ist. Da die Ameisen aber extrem scheu und ziemlich fix sind, ist es mir noch nicht gelungen, dies zu fotografieren.
Wirklich schön gefällt mir die palmenartige Pflanze in der Mitte des Beckens. Dabei dürfte es sich um Biophytum sensitivum handeln, der mit der Ranke (Fucus scandens) eingeschleppt wurde, der Pflanzenladen verkauft auch beides. Auch wenn diese Pflanze in Gewächshäusern als Unkraut gilt, was man kaum bekämpfen kann, so gefällt er mir in dem Becken sehr gut. Nachts werden die einzelnen "Wedel" eingeklappt und auch bei Berührung verhält er sich ähnlich wie eine Mimose. Außerdem blüht sie immer wieder.
Die Ameisen zu fotografieren fällt mir schwer, da sie kaum einen Kontrast zum dunklen Boden liefern und selten mal stehen bleiben. Diese hier konnte ich beim Beklettern der Deko erwischen und ablichten. Wirklich schöne Ameisen!
Ein wenig Kummer bereitet mir, dass ab und an große tote Arbeiterinnen herumgetragen werden. Dabei versuche ich diese immer schnell aus dem Becken zu nehmen, um sie genauer anzuschauen. Gestern habe ich das Verhalten wieder beobachten können - allerdings lebte die herumgetragene Ameise noch und ihre Gaster wies eine Kerbe auf. Für mich wirkte es ein wenig so, als wäre sie von ihrer Schwester umgebracht worden. Kennt jemand dieses Phänomen?
Schließlich frage ich mich, ob meine Kolonie extrem langsam wächst oder ob das bei Odontomachus normal ist. Ich sehe natürlich viele Ameisen nicht, da das Becken dicht bepflanzt ist, aber die "Rekordzahl" der Arbeiterinnen beim Futter betrug gerade einmal sieben. Das finde ich nach 10 Monaten doch recht wenig, oder ist das einfach normal?
Grüße,
Holger
Moin moin,
heute mal ein Bericht mit eher allgemeinen Informationen zu den Odontomachus und zur Pflege und Hege des Beckens.
Ich gieße das Becken etwa alle 1 1/2 Wochen mit etwa 1800 ml entkalktem Wasser. Dadurch ist das Wachstum der Pflanzen recht flott und man muss regelmäßig beschneiden. Gerade die Rankenpflanze an der Rückwand muss oft in ihre Schranken gewiesen werden, damit sie nicht einfach aus dem Becken herauswächst und den Ameisen eine Fluchtmöglichkeit bietet.
Aber auch die anderen Pflanzen wachsen gut.
Ich beschneide circa monatlich, die Menge ist immer ähnlich. Rechts eine gewöhnliche Kaffeetasse als Vergleich. Ich habe die Pflanzen aus Interesse mal gewogen, es sind immerhin 28g zusammengekommen.
Da das Becken gerade nach dem Gießen recht schnell beschlägt (da es ein altes Aquarium samt Deckel ist, hat es keine sonderlich gute Belüftung), muss die Scheibe regelmäßig gereinigt werden. Dazu nutze ich zum einen ein Microfasertuch und zum anderen einen Spachtel, an dem ich mit kleinen Magneten etwas Küchenpapier befestigt habe. Damit kommt man gut bis zum Boden und kann auch Wurzeln etc. von der Scheibe entfernen.
Leider ist es nicht besonders einfach, gute Fotos vom Becken zu machen, da die Scheibe des alten Aquariums auch einige Kratzer hat (geschenktem Gaul schaut man nicht ins Maul ) und man tags auch noch mit Reflektionen zu kämpfen hat.
Und das gesamte Becken nach der heutigen Pflege.
Noch schwieriger zu fotografieren sind die recht flinken Ameisen. Zum einen bleiben sie selten stehen und zum anderen heben sie sich kaum vom Bodengrund ab. Sie können zwar auch einigermaßen klettern (etwa auf kalkigen Scheiben oder natürlich auf Pflanzen), machen es aber selten, sodass ich nur ein passables Foto hinbekommen habe.
Mittlerweile scheint die Kolonie gut gewachsen zu sein, eine Schätzung hinsichtlich der Größe ist aber unmöglich, da das Becken unendlich viele Versteckmöglichkeiten bietet. Ich weiß nicht mal, wo sie alles ihre Nester haben, auch wenn sie aus alten Blättern an der Rückseite immerhin einen kleinen Hügel érrichtet haben. Angebotene Insekten werden immer schnell unter die Ranken verfrachtet und werden dann nie wieder gesehen. Wenn man füttert, sind meistens sehr schnell einzelne Arbeiterinnen da. Rekrutierung findet, soweit ersichtlich, fast überhaupt nicht statt. Stattdessen reagieren die Ameisen offenbar extrem auf Bewegung und auch auf Vibrationen.
Da ich es ab und an gefragt werde, hier mal die Eckpunkte meiner Haltung:
Die Temperatur schwankt zwischen etwa 35°C tags im Sommer und 18°C nachts im Winter. Das Becken ist mittlerweile dank des regelmäßigen Gießens permanent recht feucht. Die Luftfeuchtigkeit dürfte bei über 90% liegen. Gefüttert werden im Sommer allerlei Insekten, die ins Haus fliegen und im Winter in der Regel eingefrorene Schaben. Dazu gibt es immer wieder Invertzucker, der periodisch sehr gut und manchmal auch gar nicht angenommen wird.
Das wäre es fürs erste, Fragen beantworte ich gerne im Diskussionsthread (siehe Signatur ).
Viele Grüße,
Holger