Kurzer Beitrag über Kevin Kolbe im MDR

  • Höi,


    ist es überhaupt schonmal gelungen Formica sensu stricto Königinnen in Gefangenschaft zu einer Kolonie hochzuziehen?
    Meine gelesen zu haben das die meisten Arten stark polygyn sind und sich durch Zweignestbildung verbreiten.
    Dann gibts auch Arten die parasitär bei Serviformica gründen,die scheinen mir wohl schon besser geeignet für ein solches Projekt.


    Das ganze Aufzuchtbecken müsste gut belüftet sein wegen denn schon sehr starken Ameisensäure.
    Das Becken zu reinigen oder zu füttern stell ich mir auch sehr unangenehm vor wenn man überall Säure ins Gesicht geschossen bekommt.
    Dann brauchen diese Ameisen auch noch sehr viel Platz um sich optimal zu entwickeln.Denke wenn man sie auf zu wenig Raum hält dann stellen sich schnell Fehlverhalten ein.


    Wie groß müssen solche Kolonien denn sein damit sie eine garantierte Überlebenschance in der Wildnis haben?
    1000,2000,3000 Tiere? Wie will man das Nest befeuchten und wie verhindert man Schimmel? So ein Waldameisenhaufen ist schon ein Mikrokosmos an Organismen die alle in der Haltung nicht vorhanden sind.


    Reagenzgläser,Ytong,Acryl und Gips kann man bei diesen Ameisen vergessen,die werden nicht angenommen oder die Ameisen verätzen sich selbst mit ihrer Säure. Man könnte allerdings ein Erdnest mit Baumstamm versuchen an dem die Ameisen dann ihren Hügel bauen.


    Finde das Projekt eigentlich gut aber es wird schon seine Gründen haben warum diese Ameisen aus den Wäldern verschwinden.
    Vielleicht sollte man zuerst nach diesen Gründen suchen bevor man versucht die Ameisen künstlich Nachzuzüchten.


    Grüße
    Alex

  • Die Frage ist halt auch, verschwinden die Ameisen aus den Wäldern oder doch vielmehr natürliche Wälder als Lebensgrundlage der Ameisen?!
    Wann immer ich in einem geeigneten Habitat, einem naturbelassenen Wald war, so gab es stets eine gesunde Menge an Formica sensu stricto.

  • Ich kenne einen Wald, in dem stehen auf engerem Raum ein gutes Dutzend sehr große Hügel. Also welche mit über einem Meter Höhe. Warum die Dichte dort gerade so hoch ist, könnte ich nicht ergründen.
    Eine kleine Kolonie in einem von Formica s str unbesetzten Waldstück anzusiedeln kann aber doch auch problematisch sein. Da kann auch der Konkurrenzdruck von relativ unscheinbaren Arten eine Rolle spielen. Zumindest so lange die Kolonie noch klein ist.
    Wenn man aber gewisse Verluste mit einkalkuliert und bei einem gewissen Prozentsatz Glück hat, kann sich schon wieder eine gesunde Population aufbauen, wie ich meine.

  • Ich sag nur "Irgendwann wird es im Bonner Raum frei lebende Camponotus herculeanus/ligniperdus und Messor geben!" :-D


    Ich finde die Idee prinzipiell toll, aber man würde sich in meinem Fall (Zitat) natürlich auf unnatürliche Weise ins Gleichgewicht der Natur einmischen, da diese Arten hier nicht vorkommen.


    Der Beitrag ist insofern schön, als dass ich einfach gerne über unser Hobby in den Medien höre. Und die Bildqualität ist fantastisch! Jedoch gibts natürlich die klassischen Reportagefehler wie "züchtet Ameisen", womit eine Vermehrung der Kolonien gemeint wäre, also Korpulationen etc., und "hat über 500 Arten zuhause", womit der Reporter vermutlich 500 Kolonien meint und nicht 500 verschiedene Ameisenarten. Es ist ja nicht schwer 50 oder 100 barbaus oder niger Kolonien da zu haben, 500 Arten dagegen kann sich nicht einmal eine Universität leisten.


    Viele Grüße


    Stephan

  • Dominik hat für mich völlig recht, in naturbelassenen und gesunden Wäldern gibt es oft starke und gesunde Populationen von Waldameisen. Das können dann aber auch Monokulturen sein, nirgends sah ich so viele Waldameisen wie in den heimatlichen Kiefernwäldern Brandenburgs und in denen Mecklenburgs.
    Die größten Bedrohungen sind das Handeln des Menschen. Ein Beispiel. In der Nähe meiner Heimatstadt in Brandenburg fiel eine riesige Superkolonie von Formica truncorum dem Grundstückserwerb durch einen deutschen Automobilkonzern am Anfang der 90er Jahre zum Opfer. Ein ganzer Wald wurde abgeholzt, dieser gesamte Wald wurde von dieser Art bewohnt und dominiert. Die Ameisen verschwanden mit der Abholzung, ebenso all die anderen Arten. Just hier wollte der Konzern ein neues Werk errichten, was er später dann doch nicht tat. Später wurden die Grundstücke, sicher mit Gewinn an Häuslebauer weiterverkauft. Das Ganze hatte ein Geschmäckle, denn für den Hausbau wäre es sicher nicht ohne weiteres möglich gewesen, einen Wald abzuholzen.
    Die Zucht von Waldameisen ist ein alter Hut und wurde schon oft vorgeschlagen. Eigentlich überflüssig, wenn man nicht nur die Waldameisen schützen würde, sondern auch die für diese Arten wichtige Hilfsameisen. Es ist ein Witz, dass Waldameisen "streng" geschützt sind, nicht aber die für die Koloniegründung der meisten Waldameisenarten wichtigen Hilfsameisen von Serviformica, aber auch Raptiformica.


    Das Aufziehen von Kolonien der sozialparastischen Arten wäre denkbar einfach. Man braucht nur die jungen Königinnen, dazu einige für die Art geeignete Hilfsameisen, mtw. von S. fusca. Über die Aufzucht von Kolonien der Arten, die sich durch Kolonieteilung oder Adoption von Jungköniginnen vermehren und verbreiten, muss man wenig sagen. Manche Arten, wie F. truncorum, können beide Wege gehen, das macht es aber nicht komplizierter, diese Arten aber umso interessanter.
    Die Waldameisen sind sicher die am besten erforschten europäischen Ameisen. Trotzdem ist noch einiges unklar, Hybridisierungen und auch offenbar gemischte Populationen auf einem Nesthügel lassen so manchen Beobachter immer wieder staunen.


    Ich finde es sympathisch, wenn der Kevin Kolbe solche Vorschläge macht. Allein, der Schutz der heimischen Ameisen müsste allgemein auf solidere, sinnvollere Grundlagen gestellt werden. Strikte Verbote sind falsch und können sowieso umgangen werden. Einen wirklich Interessierten an diesen Arten werden solche Dinge nicht abschrecken, sie behindern aber die Arbeit an diesen Arten und machen es schwer und unerquicklich, darüber zu berichten. Wichtiger wäre es, denke ich, Habitate endlich wirkungsvoll zu schützen, aber nicht vor Ameisenfreunden, sondern vor dem Zubetonieren, Asphaltieren, vor dem Zersiedeln und Abholzen.


    LG, Frank.

  • Hallo Frank,
    ich stimme Dir in jedem Punkt zu,
    aber man sieht, wieder mal ist der Mensch schuld.
    Du hast im Jagd oder Katzenthread gemeint, ich sollte es nicht so apokalypthisch sehen, mache ich ja nicht.
    Doch sieht man das faßt jedes Endglied einer Kette von Veränderungen, der Mensch ist.
    Das ist für den Planeten seltenst gut.
    Gruß Steffen

    ,,es ist nicht wichtig, was andere denken wenn man kommt, es ist wichtig was sie denken, wenn man geht!

  • Hi Steffen. Ich weiß nicht, ob es der Mensch ist oder ob es nicht vielmehr die Art unseres Zusammenlebens ist. Aber das führte zu weit.


    Wenn man so etwas schreibt, denkt man nicht an alles. Natürlich können strikte Verbote auch wirksam und äußerst sinnvoll sein. Beispiel ist unsere Hornisse (Vespa crabro), die in den späten 70ern ziemlich selten geworden war. Sie wurde dann zuerst in der DDR, kurze Zeit später auch in der BRD unter strengen Schutz gestellt. In den Jahren danach haben sich die Populationen tatsächlich erholt, heute ist die Hornisse bei uns keine Seltenheit mehr. Hier hat der strikte Schutz also wirklich etwas bewirkt.
    Und, was gut ist, sie ist noch immer streng geschützt. Denn die Hornissen schaden niemanden, von ein paar Bienen abgesehen, die sie rauben. Hornissen sind schön, hochinteressant und sie beobachten zu können ist eine tolle Sache. Gibt es Probleme, können die Völker von Fachkundigen unter Umständen umgesiedelt werden und im Notfall auch vernichtet werden. Nicht aber in Eigenregie, immer in Zusammenarbeit mit den Naturschutzbehörden und nur, wenn es gar nicht anders geht und ein Zusammenleben nicht möglich ist.
    Noch immer sind die Hornissen also streng geschützt. Das ist sinnvoll, denn das Erschlagen nur einer Königin jetzt im Frühjahr bedeutet unter Umständen, dass ein ganzes Volk sich nicht fortpflanzen kann, ein Volk, das im Herbst dutzende oder sogar hunderte Jungköniginnen aufzieht und entlässt. Im Prinzip kann es bei Anzeige 50000 Euro kosten, wenn jemand erwischt wird, der eine Hornissenkönigin oder später im Jahr einem Hornissenvolk den Garaus macht.
    Hornissen gründen wie andere Wespen und die Hummeln ihre Völker in jedem Jahr aufs Neue. Sie sind also viel verletzlicher als die Ameisen, nur eine verlorengegangene Königin ist ein großer Verlust für die Population. Knallharter Schutz ist hier also richtig.


    Mir selbst ist es schon ein paar Mal gelungen, Hausbesitzer mit "sanfter" Argumentation umzustimmen, die daran dachten, ein Wespen- oder Hornissenvolk mal eben wegzuschiessen... Erklärt man den Leuten, worum es geht, erklärt ihnen, dass zB. gerade Hornissen relativ friedliche Wespen sind und das die Tiere nur für einen Sommer zu Gast sind, zeigen sich die meisten einsichtig. Tun sie es nicht, kann man gerade bei Hornissen, aber auch bei anderen Wespen mit einer Anzeige winken...:)


    LG, Frank.

  • Man muss sicher erst einmal einen geeigneten Standort finden, um Waldameisen dort wieder anzusiedeln. Ähnlich dürfte es ja auch bei den Umsiedlungen sein. Da kann man auch nicht einfach das Nest einpacken und irgendwo abladen, denn das geht dann sicher in die Hose.


    Aber evtl. gibt es ja auch Wälder, die evtl. früher stark bewirtschaftet wurden und daher feindlich für hügelbauende Waldameisen waren und das ganze hat sich mittlerweile geändert, so dass dies potentielle Standorte für neue Kolonien wären.


    Von der Gründung her stelle ich sie mir jetzt nicht unbedingt schwieriger vor als andere sozialparasitäre Arten. Formica sanguinea dürfte wohl, von den im Handel verfügbaren Arten, am nächsten herankommen.


    Vor einiger Zeit hatte ich auch einmal Bilder aus einem Polnischen oder Russischen (weiß ich nicht mehr, kann den Link auch nicht mehr finden) Forum gesehen, wo ein Halter Formica rufa in einem Ytong Nest hielt. Das war aber noch eine recht kleine Kolonie.


    Es ist halt auch die Frage bis zu welcher Koloniegröße man sie aufziehen will, bis man sie dann in die Natur entlässt. Man müsste auf jeden Fall auch darauf achten, dass keine anderen recht dominanten Arten in der Nähe sind. Camponotus Arten oder auch andere aggressivere Formica Arten (wie z. B. Formica sanguinea) könnten so einem kleinen Waldameisen Volk sicher gefährlich werden.


    Aber selbst wenn die Ansiedlung nur in seltenen Fällen gelingt, wäre es trotzdem sicher eine Steigerung der Gründungschance. Denn wie hoch ist wohl die Chance, dass eine Formica rufa Gyne erfolgreich gründet und deren Kolonie mehrere Jahre bestehen bleibt?


    Ob das derzeitige Verbot im Bezug auf Fangen von schwärmenden Gynen überhaupt sinnvoll ist, ist fraglich...

  • Hallo Frank,
    ein Satz von Dir geht mir nicht aus dem Kopf, ohne das es jetzt zu weit führt,
    aber es ist die Form des Zusammenlebens, des zivilisierten Menschen.
    Denn Naturvölker haben immer in der Vergangenheit im Einklang mit ihrer Umgebung funktioniert.
    Nur einmal nicht, da ging es schief,
    auf den Osterinseln, da hat ein Naturvolk so lange Holz abgeschlagen(Hüttenbau/Boote und um ihre bekannten Steinskulpturen auf zu bauen),
    bis das ganze Archipel keine Bäume(Palmen) mehr hatte.
    Das war das Ende dieses Volkes und warum?
    Die Inselgruppe war begrenzt.
    Bei unserer derzeitigen Globalisierung ist das doch im Moment genauso, mit uns zivilisierten ach so hochinteligenten Menschen.
    Da stellt sich nur die Frage, wo gehen wir hin?
    Ist die Erde nicht begrenzt?
    Gruß Steffen

    ,,es ist nicht wichtig, was andere denken wenn man kommt, es ist wichtig was sie denken, wenn man geht!

  • Genau das ist es, aber das erwähnen so wenige Leute.


    Wir hocken hier im Prinzip auch auf einer großen Insel, nämlich der Erde. Wir verfügen derzeit über keine Technologie mit der wir andere Planeten im großen Stil besiedeln können, daher müssen wir mit dem begrenzten Platz umgehen, den wir hier haben.


    Komischerweise ist dies nie Thema in irgendwelchen Talkshows in denen es um das Thema Umweltschutz geht. Erwähnt man, dass die Erde mit sagen wir mal 1% der derzeitigen Bevölkerung deutlich besser dran wäre, wird man auch oft von Verschwörungstheoretikern angegriffen, da geht es dann um die "New World Order" usw.


    Aus ökologischer Sicht können wir froh darüber sein, dass die Bevölkerung in Deutschland sogar abnimmt. (Aus Rentensicht nicht ;) ).

  • Hallo Ihr,
    ich hoffe wir zerschießen jetzt hier nicht das Thema, aber ich finde jetzt wird es interessant.
    Genau das ist es, was Barristan ja eben mit Recht geschrieben hat, aber es ist immer der Mensch der Schuld hat.
    Da gibt es tausend Beispiele, da wird die Hochsee abgefischt, bringt ja Geld und wenn es da draußen kaum noch Beute gibt,
    kommen die Räuber in Küstennähe und greifen mitunter Menschen an, siehe Humboldkalmar, usw.usw.
    Ich denke wirklich das wir Menschen im Ganzen, daß alles nicht wirklich beurteilen können, weil nur wenige es verstehen.
    Alles was Geld bringt hat auch eine Lobby und auf der Käuferseite heißt es Geiz ist geil,
    die zwei Seiten werden es schon schaffen alles zu ruinieren und die,
    die es gemerkt haben sind in der Unterzahl, muß so sein,
    denn sonst wäre es nicht so wie es ist!
    Gruß Steffen

    ,,es ist nicht wichtig, was andere denken wenn man kommt, es ist wichtig was sie denken, wenn man geht!

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