Ameisenhaltung und Nachdenkliches!

  • Der Anfang ist mitunter schwer und jeder Fortschritt ist Motivation, Grund zur Freude, eine Bestätigung,
    es wird was mit der Ameisenhaltung.
    Prima Entwicklung, nicht immer so erwartet, jeden Tag mehr Rumgewusel, geht richtig ab die Ameisenhaltung.
    Begeisterung, mit viel Elan erweitert und angebaut, ein Erfolgserlebnis nach dem Anderen.
    So sollte sie sein die Ameisenhaltung!


    Futtertiere anfangs im Garten gefangen und dann, nicht mehr nachzukommen, macht nichts,
    kostet zwar Einiges, was soll es gibt sie ja auch zu kaufen.
    Anfangs wenige Ameisen, die aktiv nach Futter suchen, was zur Beobachtung anbieten.
    Machte Spaß da hinzuschauen und später, träge Ameisenscharen die Anscheinlich nur noch beschäftigungslos herumlungern.
    Keine ersichtlichen Strukturen ihrer Verhaltensweisen mehr zuerkennen.
    Stirn gerunzelt, wo geht das noch hin?


    Gute Bedingungen, immer bestes Klima und ganz entscheidend, überreichlich Futter, man will ja schließlich Ameisen bei ihren Aktivitäten beobachten, haben Folgen.
    Nachwuchs in nicht mehr zählbarer Anzahl, keine Feinde, keine Verluste, was machen?


    Ist an der Zeit grundlegend über die Ameisenhaltung nachzudenken.
    Immer weiter anzubauen, gibt sicherlich Grenzen?
    Natürliche Feinde, natürliche Verluste, etwas in der Art, könnte die Lösung sein, nur wie in der Haltung umsetzen?
    Denke da an die künstliche Entnahme von Ameisen.


    Auch wenn anfangs die Freude groß ist, Ameisen dabei zu beobachten wie es täglich mehr werden, so kommt bei einigen Arten auch der Tag, wo Überbevölkerung nach Lösungen sucht?


    Grüße Wolfgang

  • Hallo Wolfgang


    Deine Andacht gefällt mir sehr gut.
    Viele Beginner ist gar nicht bewusst was auf sie zukommt und ich muss sagen ich zähle mich absolut dazu.
    Auch wenn ich mir die Bilder z.B. Deiner Homepage betrachte kann ich mir nicht richtig vorstellen was da auf mich zukommt.


    Und ich werde jetzt mal ganz Frech behaupten hier tritt unser Verein in Aktion.
    Durch den Verein rückt man näher zusammen.
    Es gibt treffen, man lernt sich Persönlich kennen und dadurch wird man auch mal Eingeladen eine richtig Große Anlage zu bestaunen.
    Somit kann man sehen was da auf einem zukommt und dementsprechend handeln oder bei der ein oder anderen Art einfach sein zulassen.


    LG
    Holger

  • Hi!


    Ich habe mir zu Anfang der Haltung auch die Frage gestellt. Es gibt ja nun viele Möglichkeiten. Die grundlegende Frage ist ja immer ein und die selbe: Welche ist für mich und die Tiere die beste Möglichkeit. Unabhängig vom Platzangebot, was im Vorfeld der Anschaffung natürlich bedacht werden muss denke ich, kommen im Endeffekt die wenigsten großen Kolonien auf ihre Kosten, da der Halter diese scheut. Und wie Wolfgang so schön geschrieben hat, ein Ameisenbrei im Becken ist natürlich ohne Struktur nach Weilen wenig interessant.


    Aber wieviele Halter ziehen ihr Kolonien wirklich groß?
    Leider sind es die Wenigsten, die sich noch nach 5 Jahren Haltung von einer Art begeistern lassen. Außerdem wird ja gerade aus diesem Grund die Kolonie meist abgegeben.


    Ich halte einige Arten, die ich bewusst aus dieser Problematik heraus aus meinem Garten habe. Da muss man dann natürlich auf den Schwarmflug warten. In meinem Garten stehen die Kolonien der verschiedenen Arten, mehr oder weniger Konstant im Gleichgewicht. Nur letztendlich dort eine große Kolonie Lasius niger auszusetzen, wäre entgegen jeder Artenvielfalt, da könnten dann natürlich einige Kolonien, anderer Arten einpacken, die etwaige Konstante würde somit stark beeinflusst werden. Also diese Option kann ich nur bis zu einer bestimmten Koloniegröße hegen.


    Ich habe mich letztendlich, mit der für mich einzig akzeptablen Lösung abgefunden. Anbauen, anbauen, anbauen was das Zeug hält. Momentan habe ich einige Kolonien, die ich pflege, dass sie alle zu großen Kolonien in meinen Räumlichkeiten heranwachsen ist auszuschließen. Einige Arten werde ich wohl früher oder später abgeben müssen, bevor die Kolonien zu groß werden und ich noch realistisch Abnehmer finden kann. Bevor ich die Arten, die ich in aus meinem Garten habe, dort wieder frei lasse, werde ich die Möglichkeit des Verschenkens in gute Hände in Erwägung ziehen.


    Und da haben wir das nächste Problem. Man möchte sich ja auch nicht einfach so, von einer großen Kolonie trennen. Man sollte sich auch keine Illusionen machen, wer nimmt eine große Kolonie ab, wie überwindet man das logistische Problem. Ist das Problem da, ist es zu spät. Vorher handeln wäre da die beste Alternative.


    Wenn man sich dem Platzangebot geschlagen geben muss, muss man sich auch eingestehen, dass man sich platztechnisch übernommen hat, zu lasten der Tiere. Sofern man auch viele Ameisenarten näher kennenlernen möchte, muss man dennoch Abstriche machen. Die Entnahme von Ameisen, unabhängig nach welche Methode, bleibt ja dann die einzige Lösung in meinen Augen. Wenig Proteine verfüttern, um die Eiproduktion zu hemmen ist für mich keine optimale/akzeptable Lösung.


    Früher oder später wird man mit dem Problem konfrontiert. Es stehen ja einige Möglichkeiten zur Auswahl. Die beste ist es, sich im Vorfeld nicht zu übernehmen.


    Mich würde auch mal ineterssieren, welche Methoden zur Dezimierung bereits angewendet wurden. Solche Themen werden ja gerne umgangen oder totgeschwiegen. Dabei sind es allgegenwertige Probleme, die nun mal in der Haltung auftreten wie bei vielen Tieren, die man in den privaten Räumlichkeiten halten kann.


    LG Imago

    Ein weiser Mann vertraut einem Menschen nicht nur aufgrund seiner Worte. Genausowenig verwirft er Worte nur aufgrund des Menschen, der sie gesprochen hat.

  • Interessante Fragen, Erne und Imago...
    Wenn man mit diesen Fragen wirklich ehrlich umgeht, gelangt man zu teilweise unangenehmen und leider unumgänglichen Methoden bei in Gefangenschaft gehaltenen Ameisen, glaube ich. Zumindest gilt dies für solche Arten, deren Kolonien sehr grosse Individuenzahlen erreichen.


    Im Freiland regelt sich die Koloniegrösse ja im Zusammenspiel verschiedener Faktoren wie Feinddruck, Nahrungsangebot, Witterungsbedingungen oder andere Ereignisse. Das lässt sich in der Haltung kaum nachstellen. Es gab zwar solche Versuche mancher Halter, mit ameisenfressenden Spinnen, sogar mit inszenierten Ameisenkriegen, aber solche Versuche sind sehr fragwürdig und eigentlich Tierquälerei. Besonders Ameisenkriege in Terrarien, wo die Kontrahenten einander nicht ausweichen können, wie sie das im Freilland ganz sicher nach verlustreichen Auseinandersetzungen tun werden, um sich nicht völlig aufzureiben in solchen Kämpfen.


    Manchmal verursachen Haltungsfehler eine Dezimierung einer gehaltenen Kolonie. So geschah es bei mir bei meinen Messor arenarius. Mehr als ungewollt, die Kolonie hatte noch lange nicht eine Grösse erreicht, die an Überbevölkerung denken liess.


    Manchmal muss man Kolonien künstlich dezimieren, sozusagen verjüngen. Ich habe das zB. bei Kolonien von Cataglyphis viaticus machen müssen. Die älteren Arbeiterinnen wurden aus dem Terrarium herausgefangen und durch Schockfrieren getötet. Solches wird manchen nicht gefallen, ich gebe aber zu bedenken, dass solche alten Arbeiterinnen oft bereits viel älter sind, als sie im Freiland je werden können. Es handelt sich dann oft um Tiere, die kaum noch ins Nest zurückkehren, der Kolonie nur noch wenig dienen und durch ständiges Herumlaufen im Auslauf für Unruhe sorgen. Es sind jene alten Tiere, die im Freiland das Territorium so einer Kolonie verlassen und irgendwo zugrunde gehen.


    Viele Ameisen erreichen riesige Individuenzahlen in ihren Kolonien. Cataglyphis gehört nicht zu denen, ihre Kolonien werden auf max. 5.000 Individuen etwa anwachsen. Aber Kolonien von Messor oder Pheidole werden sehr viel individuenstärker. Man kann das Territorium und das Nest ständig erweitern, man kann ein solches Volk jedoch auch künstlich dezimieren. Das ist für einen Tierfreund sicher unangenehm, kann aber nötig sein, um der Kolonie weiterhin eine gute Haltung bei beschränktem Platzangebot zu ermöglichen.
    Es ist sicher die bessere Lösung, wenige Tiere einer Kolonie zu töten, idealerweise die alten Arbeiterinnen, als eine ganze Kolonie durch Überkochen und was es da alles gibt, zu vernichten. Und auch eine solche Lösung der Tötung eines Teils der Arbeiterinnenschaft empfiehlt sich erst, wenn gar nichts anderes mehr geht und ein vergrössertes Platzangebot nicht möglich ist.


    Angenehmer ist sicher eine Erweiterung des Nestes und des Territoriums. Das kann aber recht grosse Ausmasse annehmen, man kennt ja die Anlagen der Atta-Halter. Das sind eigentlich Ameisen, die kaum über Jahre zu halten sind, wenn man denn wirklich der wachsenden Kolonie den ihr "zustehenden" Platz bieten will. Selbst zoologischen Gärten gelingt das wohl nur unvollkommen. So kommt es wohl regelmässig zur Dezimierung der Atta-Populationen in Gefangenschaft durch unzureichende Haltung.


    Haltungsfehler können aber passieren, selbst Haltern, die sich für "erfahren" halten. So ist es auch mir bei meinen Messor arenarius geschehen.


    LG, Frank.

  • Hallo


    Wolfgangs Thread und Eure Beiträge haben mich tatsächlich sehr Nachdenklich gestimmt.
    Und tatsächlich hab ich einige Arten die auf meiner Wunschliste standen vorerst gestrichen.
    Aber dazu später mehr.


    Was mich persönlich bei diesen Beiträgen fasziniert ist, dass sich eine kleine Struktur gebildet hat.


    Bei meinem Beitrag steckt noch viel Hoffnung dass alles irgendwie gut geht.


    Bei Imago kommen da schon Grundlegendere Fragestellungen zustande.


    Zum Schluss kommen von Frank da schon Beispiele wie man damit letztendlich umgehen muss um allen beteiligten das bestmögliche zu bieten. (Halter wie Ameisen)



    Nun zu meiner Einstellung der Tierhaltung (letztendlich wahrscheinlich auch der Ameisenhaltung) und warum ich einige Arten vorerst für mich gestrichen habe.


    Vor ca 20 Jahren faszinierten mich Buntbarsche aus dem Malawisee und Tanganjikasee von Afrika.
    Nach dem ich mich informierte wie welche Art man zusammenpflegen kann und wie sie sich beim Brutverhalten gibt, stellte ich mir eine Gruppe verschiedener Arten zusammen.
    Diese Gruppe mit den zusammengestellten Arten faszinierte mich so, dass ich dies heute nach ca 20 Jahren immer noch Pflege und dieselbe Begeisterung habe wie am ersten Tag.
    Genauso war dies als ich mich vor ca 13 Jahren mit der Schlangenhaltung befasste.
    Ich bin auf eine Art gestoßen die mich total faszinierte. (Armurnatter, elaphe schrenckii)
    Diese Pflege ich heute noch mit derselben Begeisterung wie am ersten Tag.
    Alleine schon wenn wir abends Fernsehen und die Schlangen auf einen geeigneten Ast sich legen um mitzuschauen.
    Genau diese Faszination hab ich bei meinen Messor meridionale.
    Von daher denke ich dass ich diese Kolonie so lang pflegen werde wie dies möglich ist (also bis die Königin stirbt)kann mir auch nicht vorstellen diese Kolonie abzugeben, alleine aufgrunddessen dass ich mit dieser Kolonie einige Höhen und Tiefen mitgemacht habe.
    Ich persönlich bevorzuge es wenige Arten so lang wie möglich zu pflegen als mehrere Arten nur relativ kurze Zeit zu pflegen um deren Verhalten eine zeitlang zu beobachten.
    (Wobei ich dieser Art von Beobachtung auch nicht in Fragestellung bringen will, es ist halt nur meine Einstellung)


    LG
    Holger

  • Hallo Holger,
    so ähnlich halte ich es auch mit der Ameisenhaltung. Ich beschränke mich seit langem auf relativ wenige Kolonien von Arten, die mich besonders interessieren. Im Moment halte ich vier Kolonien, von einigen gründenden Königinnen mal abgesehen und wenn ich mal die Biosphäre als "Gesamtkunstwerk" als eine Einheit betrachte. Kann man ja auch, hier pflege, beobachte und füttere ich einige Kolonien gemeinsam in einem gemeinsamen Terrarium.


    Bei jeder Neuanschaffung von Ameisenkolonien sollte man sich einfach fragen, ob man die Tiere wirklich halten will. Wenn ja, was dahintersteckt. Es ist natürlich nicht von der Hand zu weisen, dass schöne, grosse und wertvolle Arten wie die Myrmecia einen Halter schon durch den Besitz einige Freude machen, aber das allein sollte es nicht sein.
    Heut besteht eben die Möglichkeit für fast jeden, an solche Tiere zu gelangen. Entschliesst man sich zu dem Schritt, solcher Tiere zu erwerben, sollte man idealerweise Ziele verfolgen wie die Beobachtung und Dokumentation der Tiere in der naturnahen Haltung. Jeder kann heute in gewissem Umfang wissenschaftliche Arbeit leisten, wenn er es will. Waren solche Tiere früher nur einen winzigen Kreis "Auserwählter" verfügbar, sind sie heute für viele Interessierte erwerbbar.
    Ameisen sind keine Wellensittiche oder Neonfische, man kann an ihnen immer interessante, manchmal neue und bei den verschiedenen Arten unterschiedliche Beobachtungen machen und beschreiben.
    Diese Beobachtungen kann man fotografisch oder schriftlich dokumentieren. Dazu haben wir dieses Forum. Diese Dokumentationen müssen dabei nicht wissenschaftlichen Standards genügen, es müssen keine endlosen Versuchsreihen unternommen werden. Es genügt, seine Tiere zu beobachten, Beobachtungen zu dokumentieren und so vllt. Neues oder Interessantes zu beschreiben. Diese Arbeit sollte man sich schon ab und zu machen, sie ist es eigentlich, die die Haltung solcher Tiere erst rechtfertigt. Ergebnisse solcher Zuarbeit können durchaus einen Weg für spätere, eingehendere und wissenschaftliche Untersuchungen weisen. Dafür gibt es Beispiele.


    Aus diesen Gründen könnte man sich bewusst beschränken, wenig ist manchmal mehr. Wenige Arten in der Haltung mit wenigen Kolonien lassen sich intensiver beobachten, besser pflegen und aufwendiger halten.


    Trotzdem, es gibt keinen Königsweg. Ich kenne Halter, die sehr viele Ameisen neben anderen Tiere halten und dies sehr gut. Die viel Zeit in Pflege und Beobachtung investieren. Am Ende entscheidet jeder für sich, wie vielen und welchen Arten er seine Zeit widmet.


    LG, Frank.

  • Hallo Frank!


    Toller Beitrag, gefällt mir sehr gut. Besser lässt es sich kaum beschreiben, die richtigen Worte, so wie Du sei gewählt hast, hätte ich nicht gefunden.
    Ich stimme Dir voll zu.


    Nun, jetzt kann ich dem auch nichts mehr hinzufügen!


    LG Imago

    Ein weiser Mann vertraut einem Menschen nicht nur aufgrund seiner Worte. Genausowenig verwirft er Worte nur aufgrund des Menschen, der sie gesprochen hat.

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