Revision der Treiberameisen (Dorylinae)

  • Eine weiteres absolutes Goldstück aus dem Ward-Lab ist heute erschienen: Die Revision der Unterfamilie Dorylinae (auf Gattungsniveau)!
    Marek L. Borowiec (2016): Generic revision of the subfamily Dorylinae. ZooKeys 608: 1–280 doi: 10.3897/zookeys.608.942


    Absolut fantastische Arbeit! Nach den neusten Wissensstand umfassen die Dorylinae nicht nur die Treiberameisen der alten Welt, sondenr auchdie der neuen Welt (also die damaligen Ecitoninae) sowie die ehemaligen Cerapachyinae.
    Da kommt ein ganzer Haufen an wirklich abgefahrenen Ameisenarten zusammen, von denen man nur selten hört und über die man fast nichts weiß. Glücklicherweise hat Borowiec neben den mehr als ausführlichen taxonomischen Erläuterungen auch einen Teil zur Biologie bei jeder Gattung dabei, der sich zu lesen lohnt. Viel zu oft steht dort sinngemäß, dass man eigentlich fast nichts über die Gattung weiß.


    Hier gibt es also großen Bedarf für ganz grundsätzliche Forschung zur Biologie, die man auch als Ameisenhalter machen könnte. Tatsächlich machte ein peruanischer Ameisenhalter interessante Beobachtungen zur Biologie von den baumbewohnenden Cylindromyrmex:

    Zitat

    A colony of C. whymperi has been recently found in Peru and studied in captivity by Josh Richards, an ant keeper from Lima, Peru. He has observed that these ants readily pursue and sting termites, which are brought to the nest paralyzed but apparently not dead. When outnumbered in a confrontation, Cylindromyrmex workers first sting as many termites as possible before attempting to carry some of them back to the nest (Josh Richards pers. comm.).
    Übersetzung:
    Eine Kolonie von C. whymperi wurde kürzlich in Peru gefunden und in Gefangenschaft untersucht von Josh Richards, einem Ameisenhalter aus Lima, Peru. Er hat beobachtet, dass diese Ameisen Termiten jagen und stechen, welche danach paralysiert ins Nest gebracht werden, aber anscheinend nicht tot sind. Wenn die Ameisen mit einer großen Anzahl Termiten konfrontiert werden, stechen die Cylindromyrmex so viele Termiten wie möglich bevor sie versuchen, welche ins Nest zu tragen (Josh Richards, persönliche Mitteilung).


    Im Zusammenhang mit der Ameisenhaltung sind mir ziemlich schnell die Ameisen Cerapachys sulcinodis in den Sinn gekommen, die vor einigen Jahren mehrfach aus China importiert wurden. Über die ganze Gattung Cerapachys ist praktisch nix bekannt, selbst kleinste Beobachtungen in der Haltung könnten wertvolle Informationen enthalten. Leider ist mir kein langfristig erfolgreicher Haltungsbericht im Sinn, ich hatte damals mal kurzzeitig selbst welche, und die Königin ist gleich am ersten Tag umgekippt. Die restlichen Arbeiterinnen habe ich ein größeres Becken gegeben, wo sie fortan nacheinander ein Polyrhachis Nest und ein Pseudomyrmex Nest ausraubten!


    Übrigens, die auch in der Haltung bekannten Cerapachys biroi sind keine Cerapachys mehr, sondern werden mit dieser Revision der Gattung Ooceraea zugeordnet.


    Grüße, Phil

  • Borowiec legt noch mit einem weiteren tollen Paper nach, in welchen er sich umfassend mit der großen Streitfrage befasst, ob die Altwelt- und Neuwelt Treiberameisen nun einen oder zwei Ursprünge besitzen. Er kommt zu dem Schluss, dass es sich tatsächlich um zwei Ursprünge handelt, was ziemlich erstaunlich ist; denn es bedeutet, dass die große Ähnlichkeit zwischen den Treiberameisenarten von Amerika und der alten Welt auf konvergenter Evolution beruht! Also eine unnabhängige Entwicklung, die zu dem selben Anpassungen führte (große, fette Männchen, flügellose Königinnen, nomadische Lebensweise etc.).
    Die Entstehung der Treiberameisen fand also nach der Aufspaltung des Superkontinents Gondwana statt, wie auch schon zuvorige molekulare Studien indizieren (z.B. Kronauer 2009).
    M. Borowiec 2017
    Beispiele aus Borowiec 2017 für konvergente Evolution bei Treiberameisen: A zeigt ein Männchen von Aecnictus (alte Welt), B ein Männchen von Neivamyrmex (neue Welt), C ein Soldat von Dorylus (alte Welt) und D ein Soldat von Labidus (Neue Welt)


    http://biorxiv.org/content/bio…017/05/04/134064.full.pdf


    Der Artikel ist übrigens (noch?) nicht offiziell in einem peer-reviewed Journal veröffentlicht, sondern über bioRaxive, und das ohne Zugangseinschränkungen. Änderungen können also noch passieren.


    Grüße, Phil

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