*Leptogenys sp, Thailand

  • Hallo,


    am vorletzten Tag meiner Thailandreise war ich fest entschlossen, noch eine bestehende, größere Ameisenkolonie zu fangen.
    Als sich leider nie eine Gelegenheit bot, ein Volk mit einer eindeutig indentifizierbaren Königin zu fangen, entschloss ich mich dazu, das nächstbeste Leptogenys Volk, welche idR eine Gamergate besitzen, zu fangen. Durch Zufall entdeckte ich ein etwas größeres Volk in einem morschen Baumstamm. Ich befand mich auf einem Weg, der an einem Bach mit Wasserfall entlangführte, und ich wusste, dass ich auch auf diesen Weg zurückkommen würde. Ich brach den Baumstamm auf, in welchen sich die Leptogenys befanden, soweit, bis das komplette Nest aufgerissen war.


    Anschließend ging ich weiter, und kehrte etwa nach einer Stunde an dieselbe Stelle zurück. Zu meiner Überraschung hatten sich die Leptogenys nur um ein einziges, etwa handballgroßes Holzstück des ehemaligen Stammes versammelt, und es war anzunehmen, dass sie ihre komplette Brut und wahrscheinlich auch ihre Königin notbedürftig dort drinnen versteckt hatten. Ich präparierte eine meiner Dosen mit etwas Talkumpulver (was, wie sich später herausstellte, nicht von nöten gewesen wäre- die Ameisen konnten keine glatten Wände empor krabbeln), und klopfte nach und nach den kompletten Inhalt des Baumstückes hinein. Diese Methode hatte mir Frank gezeigt, aber nur an einem Leptothorax-Volk, aber es ließ sich recht gut auf die Leptogenys übertragen. Mithilfe eines Messers wurde nach und nach das komplette Holzstück zerstückelt, und alle Ameisen und Brut in dem Behälter aufgefangen. Es war ungewiss, ob ich die Königin mitgefangen habe. Aber auf jeden Fall waren viele Puppen dabei und ca 10 % Männchen. Später wurde die Kolonie in eine große TicTacdose umgesiedelt, in welcher ich sie schließlich mit nach Hause brachte.
    Enttäuschender Weise kam scheinbar das komplette Volk tot bei mir an. Es war einfach nur ein schwarzer Klumpen, die Ameisen hatten sich wohl schon selbst zersetzt. Nur hin und wieder wackelte mal ein Bein, aber mehr leben war nicht erkennbar. Traurig ignorierte ich die Dose erstmal und ließ sie mitsamt den toten Ameisen etwa eine Woche stehen. Als ich dann vor kurzen die toten Ameisen ausschütten wollte, viel mir plötzlich auf, dass noch ein Teil lebte- sie hatten sich im Deckel versteckt, weshalb ich sie zuerst nicht wahrgenommen hatte. Schnell, aber sanft wurden alle Überlebenden, nur etwa 20 Ameisen, in ein Reagenzglas umgesiedelt und sie bekamen eine kleine Arena, ausgestattet mit etwas Erde und Moos.
    Seitdem sind immer wieder einzelne Ameisen verstorben, ich schätze ihre Anzahl nun auf etwa 15 + Ameisen, was nicht gerade viel ist. Die Gamergate ist mit aller Wahrscheinlichkeit nach auch tot. Trotzdem werde ich versuchen, die Ameisen noch eine Weile zu halten, eigentlich müssten die Arbeiterinnen ja dann Männchen hochziehen, und wer weiß, vielleicht kommt es zu einer Begattung. Nun muss ich mich aber erstmal auf ihre Besonderheiten konzentrieren, denn sie halten sich nicht wie "normale" Ameisen. Ich wollte sie nach der Umsiedelung erstmal füttern, doch sie nahmen weder Fruchtfliegen, Stechmücken noch Zuckerwasser an. Letzteres ist wahrscheinlich bei vielen Ponerinen der Fall, da sie Jäger sind. Dann habe ich entdeckt, wie sie doch Futter annehmen. Ich musste mit den Fruchtfliegen vor ihrem Kopf herumwedeln, dann wurden diese geschnappt, gestochen und ins Nest gebracht. Anscheinend nehmen sie nur Lebendfutter an. Es macht Spaß, sie mit der Pinzette zu füttern, und es sind wirklich graziele Ameisen. Ihr Stich ist nicht sonderlich schlimm, als ich sie gefangen habe, wurde ich mehrmals in einen Finger gestochen, es pulksierte etwas, wurde dick, aber wirklich schlimm war es nicht. Dafür sind sie sehr hartnäckig, wenn sie sich mal in der Pinzette statt in dem vorgesehenen Futter verbeißen, sind sie nur schwer loszuwerden. Wenn gefüttert wird, erscheinen Arbeiterinnen in rauen Mengen, allen anshcein nach haben sie eine Art Jagdtrieb, sind spezielle Jäger. Auch wenn sie nicht sonderlich gut sehen können, wie ich festgestellt habe. Außerdem haben sie die praktische Eigenschaft, dass sie miserable Glaskletterer sind. Sie finden nicht den geringsten Halt, schon ein Rand von 1 cm reicht völlig aus, um sie in Schach zu halten.
    Ich halte sie halb-trocken, hlab-feucht. Sie stehen auf der Fensterbank, und werden daher einseitig von Heizung gewärmt. An der einen Seite bildet sich Kondenzwasser, die andere ist total trocken. Ich hoffe das passt ihnen so, das RG liegt ziemlich in der Mitte. Der Wassertank ist leider schon leer, er war aber auch nur sehr klein. Damit sie genug halt finden, haben sie im RG einen Grund aus Eierkarton, er scheint ihnen zu gefallen, bis jetzt haben sie noch nichtmal anstalten gemacht, unter das Moos zu ziehen. In Thailand herrscht derzeit Trockenzeit, was eigentlich für eine trockenere Haltung sprechen sollte. Ich habe mich mit dem einzigen Mann in Verbindung gesetzt, von dem ich weiß, dass er gerade eine ähnliche Leptogenys Spezies hält, Andreas Schnelller, der Shopbetreiber von "Apocrita". Dieser berichtete mir, dass seine Leptogenys die feuchtere Haltung bevorzugt haben. Ich weiß nicht, ob es sich um die selbe Art handelt, wahrscheinlich nicht, trotzdem aber ist es gut möglich, dass meine es auch feuchter mögen. Schließlich gibt es auch eine Monsunzeit, möglicherweise sind diese Ameisen in der Zeit aktiver und ziehen mehr Brut auf, und legen in der Trockenzeit eine "Trockenpause" ein, ich weiß es nicht. Nun, sie haben ja eine halb-feuchte Arena, wie gesagt, ich hoffe sie aktzeptieren das.


    Ich möchte jetzt auch keinen Haltungsbericht starten, denn vielleicht werde ich dann in zwei Tagen schreiben müssen "Sie sind alle Tot", deshalb schreibe ich nur hier etwas. Ich hoffe auf Tipps von Euch, hat einer Erfahrungen mit Leptogenys gemacht? Oder mit Begattung von Arbeiterinnen in der Haltung? Frank hat mir ja schon etwas am Telefon geholfen, ein Danke an der Stelle. Mehr als gut halten kann ich sowieso nicht tun.
    Fotos gibt es leider keine weiteren, mein Foto ist leider kaputt gegangen.


    Grüße, Phil

  • Hallo,


    es gibt neues zu berichten. Die Arbeiterinnen haben nach wie vor keine Eier gelegt, ich hoffe es wird nichtmehr lange dauern. Sie lebten zuvor in einer sehr kleinen Box, und da die Arbeiterinnen trotz der geringen VOlksstärke immer sehr aktiv waren, habe ich mich entschlossen, sie in ein neues Terrarium zu setzten.
    Es handelt sich um ein 30x20 er Glasterrarium mit Schiebetür. Ich habe den Grund mit Lehm aufgefüllt, welchen ich sehr feucht machte, damit er sich wie Matsch regelmäßig am Boden verteilte. Dazu habe ich etwas Efeu und viel Moos gepflantzt, und noch etwas Laub reingetan. Anschließend wurden die Ameisen eingesetzt. Nach dem Einsetzen zeigten sie ihren starken Expansionsdrang, etwa 3/4 aller Arbeiterinnen wuselten aufgeregt in der Arena umher. Später haben sie sich beruhigt, und sind wieder in ihr Reagenzglas zurückgekehrt, momentan befinden sich alle dort.


    Die Nahrungsaufnahme ist nach wie vor kompliziert, sie nehmen alles nur sehr ungern an, ich muss sie quasi dazu zwingen, etwas anzunehmen. Häufig bliebt es dann doch liegen. Da mir Frank erzählt hat, dass es Arten gibt, die nur Asseln annehmen, habe ich mir im Garten welche gefangen und sie zu den Ameisen gesetzt. Diese wurden ignoriert, bis auf eine etwas größere Rollassel, die in ihrer Panik genau in das RG rannte. Sie wurde angegriffen, gestochen, und nach einen Fluchtversuch tatsächlich wieder in das Reagenzglas gezogen. Aber gefressen wurde sie noch nicht. Zuckerwasser wurde nach wie vor nicht angenommen, sie scheinen sich rein jägerrisch zu ernähren.
    Ich habe ihnen auch ein kleines Ytong Nest angeboten, das aber bis jetzt nicht angenommen wurde. Sie haben noch ein paar alte Puppen, etwa 10 Stück, die sie in ihren RG lagern. Aber ich glaube, sie sind tot. Bei Störungen an dem Reagenzglas rennen immer etwa 6 Arbeiterinnen heraus, und sperren drohend die Mandibel auf. Die Leptogenys erscheinen mir relativ aggressiv.
    Und eine weitere Eigenart haben sie, die ich bisher bei keiner anderen Ameisenspezies feststellen konnte. Keinerlei Materialien werden als Schutz an den RG Eingang gebracht, sie scheinen keinerlei "Bauinstikte" zu haben, und nichtmal ansatzweise zu graben.


    Über Tipps vor allem bezüglich des Futters würde ich mich sehr freuen! :)


    Grüße, Phil

  • Hallo!


    Wieder gibt es neues zu berichten. Die Kolonie ist umgezogne, aber nicht in das vorgesehene Nest, sondern in ein altes zusammengrolltes Laubblatt. Anscheinend haben die Ameisen seltsame Ansprüche an ihr Nest, und es scheint ihnen nciht auszumachen, dass es dortdrin wenig Schutz gibt, und viel Licht einfällt. Ich habe hineingeguckt, keine Nahrung, und nur eine Puppe ist übrig. Alles andere liegt verlassen und etwas angegammelt in dem Reagenzglas.


    Sie sind ständig am furagieren, ich muss schnellsmöglich herausfinden, was sie denn nun wirklich an Futter annehmen. Ich denke, ich probiere es als nächstes mit Springschwänzen.
    Habt ihr noch Ideen, was man testen könnte?


    Grüße, Phil

  • Es gibt gute Nachichten.
    Ich habe mit Connor gechattet, und er zeigte mir ein Video, indem u.a. Leptogenys vorkommen, die ein interessantes Jagdverhalten haben. Eine Späherin stich das große Beutetier, und rennt dann zum Nest zurück und legt dabei eine Pheromonspur. Dann gibt es einen kleinen Raubzug, und sehr viele Arbeiterinnen verlassen das Nest um das durch den Stich gelähmte Tier zu erlegen und zum Nest zu bringen (das Video kann man sich hier ansehen).
    Da diese Leptogenys meinen zum Verwechseln ähnlich sehen und auch noch ähnliche Bewegungsweise haben und ungefähr aus der selben Region (na ja gut, etwas übertrieben. Sagen wir im Nachbarstaat) stammen, dachte ich mir, vielleicht ist alles was ich ihnen bisher gegeben habe einfach zu klein für sie, und sie brauchen große Beutetiere, und keine kleinen Drosophila und Stechmücken.


    Also bin ich in den Keller gegangen, und habe mir eine besonders dicke Zitterspinne gefangen, und getötet. Anschließend habe ich sie ins Terrarium geben, an eine Stelle die etwas vom Nest entfernt liegt, weil dort gerade 2 Arbeiterinnen unterwegs waren. Ein wenig geshcüttelt, und tatsächlich, sie wurden sehr stechwütig. Eine weitere Arbeiterin kam hinzu, und die drei verharrten eine Weile bei der Spinne, drohend mit offenen Manidbeln. Dann rannte eine zum Nest zurück, und ich traute meinen Augen kaum, mindest 10 Arbeiterinnen rannten heraus, in einem Block, auf die Spinne zu und griffen sie an, und zerren sie im Moment zum Nest. Es war einfach Wow! Sowas hatte ich noch nie gesehen, und im Nest selbst blieben nur 3 Arbeiterinnen zurück, die auf die Brut aufpassen (es sind doch mehr als eine Puppe, etwa 6).


    Füttern geglückt!!


    Grüße, der überglückliche und staunende Phil

  • Hallo,


    es gibt gute Nachichten, das Volk ist in den Ytong umgezogen. Sie lassen sich überhaupt nicht stören, wenn ich den Lichtschutz abnehme, sie bleiben völlig gelasssen. Aggressiv werden sie erst, wenn man das Nest bewegt/berührt.


    Um ihren Jagdtrieb wirklich mal anzuprobieren und nochmals zu testen, habe ich mir heute bzw gestern eine Packung mittelgroßer Hiemchen gekauft, und eine lebende hineingeworfen. Was mit ihr passierte, enzog sich meinen Blicken, doch als ich zwei Stunden später ins Nest blickte, viel mir auf, dass viele Arbeiterinnen fehlten. Nach kurzer Untersuchung der Arena waren tatsächlich erneut viele Ameisen um ein nun totes Heimchen versammelt. Sie sind Jäger in Perfektion, ich glaube diese etwa 1 cm großen Ameisen würden selbst mit 15 Arbeiterinnen eine große Heuschrecke erlegen können.


    Grüße, Phil

  • Wenn man eine Lupe vor die Webcam klebt, kann man doch tatsächlich Bilder machen :lol:



    Es gibt eine interessante Neuigkeit, und zwar ist heute eine der Puppen geschlüpft, eine helle Arbeiterin tummelt sich nun im Nest (auf dem Bild unten erkennbar). Ehrlich gesagt habe ich gedacht, dass die Puppen tot sind, dem war anscheinend nicht so. Nun, damit auch dieses Update noch ein paar Infos zur Art im Allgemeinen beiträgt;
    Allen Anshcein nach ist völlig falsch, Ponerinen allgemein als "Urameisen" anzusehen. Diese hier ist wirklich hochentwickelt, Jäger in Perfektion, wie weiter oben schon beschrieben wurde. Trotz dass anscheinend keine Königinnenkaste existiert (oder doch und ich habe sie nur nicht entdeckt?), gibt es sehr viel sozailverhalten zwischen den Tieren. Häufig beobachte ich, wie zwei Arbeiterinnen gemeinsam auf Futtersuche gehen, es sind außerhalb des Nestes keine Einzelgänger. Wobei es trotzdem vorkommt, dass sich beide Arbeiterinnen "aus den Augen" verlieren, und dann getrennte Wege aufsuchen.
    Dadurch, dass sie nun im Nest sind, kann ich auch ihr Sozialverhalten untereinander Beobachten. Sie putzen sich häufiger, und auch von Arbeitsteilung kann die Rede sein. Bis jetzt konnte ich zwar nicht nachweisen, dass es immer die selben sind, die im Nest bleiben während ein anderer Teil auf einen solchen "großen Raubzug" geht (sprich die verbleibenden 3 Arbeiterinnen im Nest), jedoch nehme ich es an. Im Nest sitzt ein Teil, und kümmert sich um die Puppen, sie werden saubergeleckt, ein anderer Teil nimmt die Nahrung auseinander. Was gleich der nächste Punkt ist. Wie ich soeben in einer Dokumentation gesehen habe, enthält das Gift von Treiberameisen stark zersetzende Stoffe, die die gefangenen Tiere weich machen und innerlich stark verflüssigen, was den abtransport und das auseinandernehmen wesentlich erleichert. Ich habe die Vermutung, das bei diesen Leptogenys ähnliches der Fall ist. Das getötete Heimchen war zu groß, um durch den Nesteingang zu passen. Es wurde gar nicht erst versucht, es wegzuschleppen, was mich anfangs verwunderte. Die Arbeiterinnen hielten einfach nur die Gliedmaßen fest, die sich nach einiger Zeit ablösten, und abtransportiert wurden, ins Nest. Der verbliebene Corpus wurde am Ende auch hineingebracht.


    Sehr interessante Ameisen! Es gibt jetzt auch einen Disskussionsthread.


    Grüße, Phil

  • Hallo,


    leider sterben immer wieder mal Arbeiterinnen, bzw verschwinden. Ich kann es mir nicht wirklich erklären, ich glaube das wird nichts, mit der Gamergatenaufzucht. Insgesamt sind es nun 10 Arbeiterinnen.
    Trotzdem eine schöne Art, und die Raubzüge beeindrucken mich jedes Mal auf neue! Hier mal ein paar Bilder, mit einem richtigen Foto gemacht.

    Beim Heimchenerlegen



    Hier auf diesem schlechten Bild sieht man anssatzweise eine der Straßen. Die sind duetlich länger, war auf dem Bild nur zu langsam mit meinen Foto;


    Da jetzt wohl nichtmehr viel Großartiges passieren wird, kan nes sein, dass ich hier nichtmehr viel aktuallisiere. Schade, dass die Haltung nur so kurz sein, ich vermute die Kolonie wird in den nächsten paar Monaten sterben.
    Über Kommentare, Fragen Anregungen und sowas freue ich mich natürlich, im Disskussionthread.



    Grüße, Phil

  • Die Kolonie ist leider komplett tot, immer wieder verstarben einzelne Arbeiterinnen, nun lebt leider keine mehr. Sehr schade, dass es mir immer noch nicht gelungen ist, einen Raubzug gut zu filmen. Ich werde auf jeden Fall versuchen, bald wieder an eine Kolonie heranzukommen, es ist eine wirklich sehr interessante Art, wie man wohl unschwer meinen Bericht entnehmen kann.


    Grüße, Phil

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