*Polyergus rufescens Beobachtungen (Raubzug)

  • Hallo,


    ich habe ein Volk von Polyergus rufescens bei mir in einem Trockenrasengebiet. Dort hatte ich früher durch Zufall ein Polyergus rufescens Volk entdeckt, damals bei einem Schwarmflug (näheres hier).
    Ich hatte bisher nur Raubzüge in Österreich beobachtet, hier bisher noch nicht, weshalb ich nicht wusste, wie groß das Volk war. Man sieht schließlich in der Regel nur die Sklaven unauffällig außen am Nest. Es machte aber einen recht großen Eindruck, es liegt sogar zentral auf einen kleinen Hügel, und hat einige Eingänge. Es sind immer sehr viele Arbeiterinnen am furagieren, weshalb bislang anzunehmen war, dass die Polyergus schon recht volkreich sein sollten. Die Erinnerung an die Polyergus Raubzüge in Österreich ist einfach toll, ich wollte nun unbedingt dieses Ereignis erneut erleben, aber diesmal bei mir. Also habe ich mich bereits am Sonntag um halb 4 aufgemacht, um nach den Polyergus zu sehen. 2 Stunden lang saß ich dann in der Hitze, ohne Schatten, und wartete. Erst am Ende als die Sonne schon tiefer war, zeigten sich einige Polyergus Arbeiterinnen an den Nesteingängen, und es wurden immer mehr- leider musste ich dann schon gehen, aus persöhnlichen Gründen. Zum Zeitpunkt meines Abgangs waren etwas 50 Arbeiterinnen versammelt, die ständig rein und raus rannten.

    Am Montag dann probierte ich es erneut, diesmal zu einem späteren Zeitpunkt, um 18:00 Uhr. Tatsächlich sammelten sich erneut viele Arbeiterinnen, und innerhalb der nächsten Dreiviertelstunde wurden es immer mehr.

    Man erkennt gut die säbelartigen Mandibel.


    Ich staunte nicht schlecht, wie viele Polyergus dort herumwuselten. Dann ging plötzlich eine Aufregungswelle durch die Arbeiterinnen (nun gut, eigentlich standen sie schon zuvor nie still herum), und es strömten mit einem Mal nochmals deutlich mehr Arbeiterinnnen heraus. Mir war klar, endlich hatte ein Späher Meldung gemacht. Tatsächlich setzte sich dann die Armee in Bewegung, nach einem Meter allerdings wuselten sie kreuz und quer, sie hatten die Fährte verloren. Nach einiger Zeit kehrten sie zum Nest zurück, die ehemalige Spur war nicht wiederauffindbar für sie, der Raubzug wurde abgebrochen. Was ich allerdings nicht bemerkt hatte: Es gab einen weiteren, fast zur gleichen Zeit, und der setzte sich dann ohne Probleme schnurstracks in Bewegung. Ich glaube, vergleichbares findet man nur bei Treiberameisen. Das Volk war so groß, dass die Länge der Polyergus Straße etwa 3 Meter lang war. In ca. 5 Metern Entfernung trafen sie dann in hohen Gras auf das gewünschte Nest, die Serviformica, in diesem Fall cunicularia, hatten keine Chance. Ein paar Arbeiterinnen sah man mit Brut auf die Grashalme klettern, um wenigstens noch etwas zu retten. Zu Kämpfen kam es kaum, die Polyergus rannten schließlich auch mit mehreren Arbeiterinnen pro Sekunde in den kleinen Nesteingang hinein, und stürmten wieder hinaus, mit Brut zwischen den Mandibel.

    So kam dann der Ganze Trupp wieder zurück, und brachte das Erbeutete ins Nest. Der Raubzug war etwa um halb 8 abgeschlossen, wirklich sehr beeindruckend.
    Ich habe ein Video gedreht, von dem gesamten Raubzug in chronologischer Reinfolge; Anfangs wie die Arbeiterinnen vor dem Nest immer mehr werden, dann der Beginn des Zuges, das Eindringen in den Serviformica Bau (unter einem Stein) und anschließend das Wegtragen der Brut zurück in den Bau.


    Man möge mir das Aufpeppen mit der Musik verzeihen ;)



    Kommentare bitte hier rein, freue mich über jeden.


    Grüße, Phil

  • Ich teile Deine Begeisterung und glaube, dass solche Raubzüge dieser Amazonen das Beeindruckendste sind, was man als Freizeitmyrmecologe erleben kann. Du Glücklicher hast einen solchen Raubzug nun bereits vor Deinem 18en Geburtstag sehen dürfen, ich musste trotz lebenslangen Suchens nach dieser Art in Brandenburg erst 48 werden, bis ich das erste Mal einen solchen Raubzug in Kärnten bewundern durfte. In Brandenburg fand ich nie die Art, erst in den 90ern fand ich Vorkommen der Art in Thüringen und Sachsen, übrigens starke Vorkommen mit vielen Kolonien, natürlich alle im gebührenden Abstand voneinander.
    Vielen Dank an dieser Stelle an Boro, der mir seine Amazonenvorkommen in Kärnten zeigte und mit mir zum richtigen Zeitpunkt vor ort war, als die Kolonien aktiv wurden und ihre Raubzüge begannen.


    LG, Frank.

  • Hallo,


    ich habe es schon gestern vorrausgesehen. Heute super Wetter, da gibt es bestimmt einen tollen Raubzug. Der Tag fing schon toll an, überall schwärmen Lasius, und als ich abens kurz nach 18 Uhr im Steinbruch ankam, war ein Raubzug dieser wirklich tollen Tiere schon in vollen Gange.


    Aber was für ein Raubzug! Sicherlich der Größte den ich je gesehen habe. Das Nest, welches die Polyergus ausraubten, es handelte sich um Formica rufibarbis, war etwa 5 Meter vom Polyergus Nest entfernt. Es gab keine geschlossene Gruppe von Polyergus Arbeiterinnen, die Treiberameisenartig dort hinüber wanderte, sondern das Volk ist derart groß dass sich einfach eine 5 Meter lange Straße mit 30-20 cm Breite bildete.
    Ich schätze das Polyergus Volk auf über 1000 Arbeiterinnen Größe, es war einfach ein gewaltiges Spektakel. Wie üblich drangen sie in das Nest ein, und rannten jede mit einer Puppe zwischen den Mandibeln wieder aus dem Nest heraus.
    Es gab so gut wie keine Gegenwehr, nur auf den Grashalmen sammelten sich frisch geschlüpfte Arbeiterinnen, vereinzelt trugen auch welche Brut umher um sie vor den Polyergus zu retten.
    Da die Polyergus Armee so riesig war, hatten auf dem Rückweg nur etwas 1/3 der Arbeiterinnen Brut dabei, denn das Volk war komplett ausgeraubt. Ich beobachtete ganz selten sogar mal, dass eine Polyergus Arbeiterin Eier oder eine Larve trug.


    Bilder gibt es leider keine, mein Fotoakku ging just in diesem Moment leer :/ Ich hoffe, ich werde dieses Jahr noch ein paar gute Filmaufnahmen zusammen bekommen.


    Grüße, Phil

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