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Hochinteressant, Phil. Sehr nachvollziehbar ist der Gedankengang, dass in den Städten, vor allem in den grösseren ein allgemein wärmeres Klima herscht als im Umland. Ein weiterer Fakt kann das bessere oder andere Nahrungsangebot sein. Da fallen mir die sich ausbreitenden Wildschweinhorden in Berlin und anderen Grosstädten ein, ebenso das Vorrücken des Rotfuchses in urbane Regionen. Beide Arten profitieren durchaus auch von milderen Temperaturen im Winter in der Stadt.
Bei den Ameisen gibt es hierüber einige interessante und bildhafte Schilderungen auch von Dr. Bernhard Seifert, er beschrieb in den 80ern die Lebensweise, das Vorrücken und die Verdrängungsstrategien von Lasius emarginatus in ostdeutschen Städten. Die Arbeit habe ich hier, es geht darin u.a. um die Habitatwahl der Ameisen der südlichen DDR und es werden eine Reihe von Kontrollflächen aufgeführt, unter Angabe der Artenlisten und der örtlichen Gegebenheiten. Kannste Dir mal ansehen und zum Lesen mitnehmen, Phil.
Trotzdem ist es ein neuer Ansatz, das evtl. Ausbreiten neuer Arten in dieser Hinsicht zu betrachten. Gerade Städte mit ihren Warenverkehr, Tier- und Pflanzenhandel und zoologischen Gärten sind ein Einfallstor für neue Spezies und eine neue und ressourcenreiche Welt für anpassungsfähige heimische Arten. Man muss dabei vielleicht bedenken, dass alle Arten hier Zuwanderer nach der Eiszeit sind, dass ständig zugewandert wird und das dieser Prozess keineswegs abgeschlossen ist. Es ist also ein natürlicher Vorgang, der jedoch durch das Wirken des Menschen und durch seine Städte und Landwirtschaft gravierend beschleunigt werden kann.
Deine Beobachtungen an Solenopsis oder Colobopsis würde ich bestätigen. Es fällt auf, dass Colobopsis hier in der Vorstadt und dem nahen Umland von Koblenz recht häufig anzutreffen ist, weiter entfernt an Rhein und Mosel ist die Art schwieriger zu finden und nicht mehr häufig. Ganz ähnlich bei Solenopsis fugax. Die Art bemerkt man sowieso nur beim Graben oder im Spätsommer, wenn die Kolonien schwärmen. Dann erst sieht man, wie verbreitet die versteckt lebende Art ist und bemerkt an vielen Stellen an Bordsteinen oder Mauern die Kolonieeingänge mit den sich drängenden Geschlechtstieren. Massenhaftes Auftreten erlebte ich bei einen Besuch in Ludwigshafen.
LG, Frank.
Hochinteressant, Phil. Sehr nachvollziehbar ist der Gedankengang, dass in den Städten, vor allem in den grösseren ein allgemein wärmeres Klima herscht als im Umland. Ein weiterer Fakt kann das bessere oder andere Nahrungsangebot sein. Da fallen mir die sich ausbreitenden Wildschweinhorden in Berlin und anderen Grosstädten ein, ebenso das Vorrücken des Rotfuchses in urbane Regionen. Beide Arten profitieren durchaus auch von milderen Temperaturen im Winter in der Stadt.
Bei den Ameisen gibt es hierüber einige interessante und bildhafte Schilderungen auch von Dr. Bernhard Seifert, er beschrieb in den 80ern die Lebensweise, das Vorrücken und die Verdrängungsstrategien von Lasius emarginatus in ostdeutschen Städten. Die Arbeit habe ich hier, es geht darin u.a. um die Habitatwahl der Ameisen der südlichen DDR und es werden eine Reihe von Kontrollflächen aufgeführt, unter Angabe der Artenlisten und der örtlichen Gegebenheiten. Kannste Dir mal ansehen und zum Lesen mitnehmen, Phil.
Trotzdem ist es ein neuer Ansatz, das evtl. Ausbreiten neuer Arten in dieser Hinsicht zu betrachten. Gerade Städte mit ihren Warenverkehr, Tier- und Pflanzenhandel und zoologischen Gärten sind ein Einfallstor für neue Spezies und eine neue und ressourcenreiche Welt für anpassungsfähige heimische Arten. Man muss dabei vielleicht bedenken, dass alle Arten hier Zuwanderer nach der Eiszeit sind, dass ständig zugewandert wird und das dieser Prozess keineswegs abgeschlossen ist. Es ist also ein natürlicher Vorgang, der jedoch durch das Wirken des Menschen und durch seine Städte und Landwirtschaft gravierend beschleunigt werden kann.
Deine Beobachtungen an Solenopsis oder Colobopsis würde ich bestätigen. Es fällt auf, dass Colobopsis hier in der Vorstadt und dem nahen Umland von Koblenz recht häufig anzutreffen ist, weiter entfernt an Rhein und Mosel ist die Art schwieriger zu finden und nicht mehr häufig. Ganz ähnlich bei Solenopsis fugax. Die Art bemerkt man sowieso nur beim Graben oder im Spätsommer, wenn die Kolonien schwärmen. Dann erst sieht man, wie verbreitet die versteckt lebende Art ist und bemerkt an vielen Stellen an Bordsteinen oder Mauern die Kolonieeingänge mit den sich drängenden Geschlechtstieren. Massenhaftes Auftreten erlebte ich bei einen Besuch in Ludwigshafen.
LG, Frank.
Gute Idee, Holger. Das wäre tatsächlich mal interessant. Geht wahrscheinlich nur für ausgewählte Gebiete, eben vllt. Stadtgebiete, ansonsten würde das zu umfangreich. Selbst da wird man natürlich nicht die gesamte Ameisenfauna erfassen können, trotzdem könnte das spannend sein.
LG, Frank.
Gute Idee, Holger. Das wäre tatsächlich mal interessant. Geht wahrscheinlich nur für ausgewählte Gebiete, eben vllt. Stadtgebiete, ansonsten würde das zu umfangreich. Selbst da wird man natürlich nicht die gesamte Ameisenfauna erfassen können, trotzdem könnte das spannend sein.
LG, Frank.
Hallo,
ein hochinteressantes Thema ist die Anpasssung von Lebewesen an die menschliche Stadt. Das Thema wird schon länger geforscht, besonders in Zusammenhang mit Vögeln. Man denke nur an die Amsel, die derzeit auseinanderdriftet, und wahrscheinlich in baldiger Zukunft zwei Unterarten haben wird. Die Amseln, die in den Parks von großen Städten leben, haben beispielswesie ihre Gesang an die Verkehrszeiten von den Autos angepasst, so dass sie dann singen, wenn sie am meisten gehört werden. Bei auf dem Land lebenden Amseln ist das nicht so, und so wird eine Population isoliert, und des entstehen neue Arten. Oder auch die Brutzeiten - was interessantes findet man dazu hier: http://www.birdnet-cms.de/cms/front_content.php?client=1&lang=1&idcat=85&idart=146
Und auch bei den Ameisen gibt es einige Stadtbewohner- und damit hat man sich jüngst befasst, hier sind zwar (vorerst) keine neue Arten am enstehen, aber es ist dennoch interessant, wie das "Ökosystem Stadt" genutzt wird, und überhaupt, wie es entsteht; in der ursprünglichen Natur existiert ein solches Zusammenleben eben nicht. Und von gar nicht mal wenigen Ameisen, die urbane ("städtische") Artenvielfalt ist beeindruckend. Ein sehr interessanter, zusammenfassender Text über zwei umfassende Arbeiten zu den urbanenen Ameisen findet sich hier: http://www.antmacroecology.org/robdunn/press_urbanants.html (ich bin durch das antfarmforum darauf aufmerksam geworden, danke an der Stelle).
Da ich verständlicher Weise nicht alles übersetzen will, zitiere ich mal die interessantesten Stellen.
We are under the impression that such species, be they rats, pigeons, bed bugs or other life forms, are generalists that love the disturbance we wreak wherever we go. Nothing could be further from the truth.
The truth is that the species that succeed around us in cities appear to have unique traits that allow them to do them so and also unique histories. In a pair of new studies from our lab, we consider aspects of how these species arrive and come together to form the life around us, the life immediate and yet overlooked.
Übersetzt: Wir haben den Glauben, dass solche Arten, seien es Ratten, Tauben, Bettwanzen oder andere Lebensformen, Generalisten sind, welche die Störung, die wir produzieren überall wohin wir gehen, lieben. Nichts ist weiter von der Wahrheit entfernt.
Die Wahrheit ist, dass die Arten, welche in überall in den Städten um uns herum Erfolg haben, einzigartige Eigenschaften haben zu scheinen, die ihnen erlauben so einen Erfolg zu haben, und ebenso einzigartige Geschichten besitzen. In zwei neuen Studien aus unserem Labor haben wir Aspekte berechnet, wie diese Arten ankommen und zusammenkommen um dieses Leben um uns herum zu formen, das unmittelbare Leben und dennoch überschaubar.
Es wurde New York untersucht, der Broadway und die Avenue. Hier laufen Millionen von Menschen im Jahr entlang, und trotzdem wurde eine hohe und vielfältige Ameisenfauna dokumentiert. Und diese sind keineswegs eine monotone Masse von ein paar Arten. Darunter finden sich Samensammler und verschiedene andere Überlebens und Ernährungsstrategen. Die genauen Arten kann ich noch nicht nennen, da diese Arbeit noch nicht publik ist.
Weiterhin:
Perhaps as surprising as the diversity of these ants is that they do not seem to obey the basic rules of ecology, rules derived for other sorts of ecological systems.
Übersetzt: Etwa so überraschend wie die Vielfalt dieser Ameisen ist, dass sie nicht den grundlegenden Regeln der Ökologie gehorchen, Regeln abgeleitet von anderen Sorten von Ökosystemen.
Auch wird erwähnt, dass viele der Arten, die am Broadway gefunden wurden, kaum erforscht sind. Hier herrscht wirklich großes Forschungspotenzial, zumal sich diese Ameisen quasi direkt vor der Haustüre befinden. Das Modell von New York lässt sich auch auf weitere Städte übertragen, wohl auch deutsche Städte. Gedanken dazu erläutere ich später .
Die andere Arbeit des anderen Forschers Sean Menke (hier verfügbar) befassst sich mit einer anderen amerikanischen Stadt, Raleigh, in North Carolina. Er fand in dieser Stadt fast 60 (!) Ameisenarten, wie ich finde fast unglaublich. Ebenso interessant und entscheident:
What was even more surprising is that that diversity persisted despite the presence of invasive argentine ants, fire ants and Asian needle ants. In fact, that diversity persisted in all but the most cement covered landscapes.
Übersetzt: Was noch Überraschender war ist, dass die Diversität trotz der Anwesenheit von invasiven Arten wie [Lateinische Begriffe eingesetzt] Linepithema humila, Solenopsis invicta und Pachycondyla chinensis existierte. Tatsächlich, diese Diversität existierte am meisten in zementierten Landschaften.
Auch:
heavy urbanization seems to be favoring not generalist species but instead species who do well in deserts and woodlands.
Übersetzt: Schwere Verstädterung scheint nicht die generalistischen Arten begünstigen, stattdessen Arten, die gut in Wüsten und bewaldten Bereichen leben.
Es gibt also total anthropogen geprägte Lebensräume, in der sich ein Ökosystem mit großer Artenvielfalt gebildet hat. Ich finde das sehr beträchtlich, und auch für uns Ameisnehalter interessant, ebenso in Zusammenhang mit "Schadameisen". Die Arten gliedern sich in ein neues Umfeld ein, und es wird nicht nur vorrangig von den invasiven Spezies bewohnt. Die Städte dienen zudem als Korridore für Migranten, sind wahrscheinlich bis zu einem bestimmten Grad verantwortlich für die Ausbreitung von dort üblicherweise nicht heimischen Spezies. Das liegt daran, dass die zementierten Flächen oft einfach wärmer sind, und so südliche Arten weiter nördlich vordringen.
Kurz und prägnant sagt das dieser Text aus der Arbeit:
A common assumption is that the expansion of urban environments will result in a faunal homogenization, driven mostly by the loss of native species and [...] human mediated transport of a few widespread generalist and invasive species.
Eine gemeinsame Vermutung ist, dass die Expansion von urbaner Umwelt zu einer tierrischen Homgenisierung führen wird, am meisten angetrieben durch den Verlust von einheimischen Arten und durch den Menschen gemachter Transport von eingen weltweit verteilten Generalisten und invasiven Arten
Die Arbeiten und ihre Interpretation führen grob gesagt zwei interessante, miteinander verbundene Themenbereiche an:
Einmal die Bildung von Ökosystmen in Städten anhand von Ameisen und die Gefahr der Ausbreitung von Neozonen durch die Städte.
Ich gehe mal auf letzteres ein. Die Vermutung, dass Städte beziehungsweise menschlich beeinflusste Umwelt in Form eines Lebensraumes entscheident für die Ausbreitung und überhaupt Etablierung (Einführung ist nicht alles!) von invasiven (und nicht-invasiven Neozonen) Ameisenarten ist, habe ich schon länger. Auch von anderen Leuten habe ich das immer wieder gehört, dass ein Großteil der invasiven Ameisen eigentlich kaum bis gar in die intakten Ökosysteme eindringt, sondern den menschen Folgen, und sich dort etablieren, wo eine große ökologische Nische besteht, eben in den vom Menschen geschaffenen Ökosystemen. Seien es ganze Städte oder nur Ackerbau mit ständiger Bewässerung in z.B. Trockenzonen. Dort werden dann auch heimische Arten verdrängt, die zwar dort auch leben können, aber schlechter angepasst sind. Zumindest kann das angenommen werden, wie die Arbeit aber zeigt, entstehen hier komplette Ökosysteme, in denen trotz Arten wie Linepithema humile genügend andere in der Lage sind, dort zu üebrleben, und ihre eigene kleine urbane ökonische nutzen. Die Etablierung in das wirkliche Ökosystem braucht oft seine Zeit (nicht immer, das muss gesagt werden), und die heimischen Arten haben genuaso die Möglichkeit sich an die urbane Zone als auch an die expandierenden invasiven Arten anzupassen. Die großen Superkolonien von z.B. Linepithema humile im Mittelmeerraum befinden sich sehr wahrscheinlich in Städten und Umland, und rottet eben nicht überall alles aus. Interessant wären natürlich weitere Arbeiten diesbezüglich, hier herrscht keine Klarheit, und deswegen sind meine Aussagen auch nicht als Fakt anzusehen, sodnern nur als Gedankengang.
Ich war bisher nur einmal in einem von invasiven Arten bedrohten Ökosystem, in Thailand. Das Bild war wie beschrieben, in den Nationalparks in den intakten Ökosystemen fand ich nie Solenopsis geminanta, wohl aber zuhauf in den küsntlich bewässerten (Trockenzeit!) Städten und Vorstädten, wo es auch hin und wieder zu Kämpfne mit den anderen dort ansässigen Arten kam (nicht alle indigenen Arten sind verständlicher Weise hilflos). Trotzdem gab es weiterhin eine Bestimmte Vielfalt. Aber ich möchte an dieser Stelle gar nicht mehr so tief darauf eingehen; Wenn ihr ähnliche oder gegensätzliche Beobachtungen gemacht habt, berichtet das hier.
Das Zweite, wie ich finde mindestens genauso Interessante Thema ist auch für uns der Rede wert. Ich habe mal recherschiert, es gibt ein paar, aber nur wenige, Arterfassungen in Städten. Eine sehr lesenswerte Arbeit ist diese hier über Mainz: http://www.uni-giessen.de/~gf1072/pdfs/12%20Ameisen-Mainz.pdf
Am Interessantesten ist natürlich das Messor structor Vorkommen, welches möglicherweise sogar seine Vorteile aus der allgemein wärmeren Stadt zieht. Über die Population habe ich schon einiges hier im Forum geschrieben, da muss ich an dieser Stelle nicht weiter drauf eingehen. Auch andere thermophile Arten wie Solenopsis fugax finden dort einen guten Lebensraum, in vorstädtischen Gärten finden sich sicherlich viele vereinzelt stehende Obstbäume, optimal für Campontous truncatus und Temnothorax affinis. Auch thermophile Myrmica finden in nicht ganz zubetonierten Gegenden am Stadtrand sicherlich gut Lebensräume. Ich denke, da wir hier sicher einige Leute haben, die in einer Großstadt wohnen, dass eine Dokumentation über die Fauna sehr interessant wäre. Zumindest Lasius und Tetramorium kommen ja sehr häufig an Bordsteinen u.ä. vor - eine so große Artenvielfalt wird sicher nicht gefunden, aber immerhin ein interessanter Ansatz zur weiteren Forschung von in Städten vorkommenden Arten. Ich glaube, dass die Stadt auch das vorrücken von eher mediterranen Arten ermöglicht, so hat auch Andreas eine leider mittlerweile von Lasius emarginatus getötete Messor structor Kolonie in Karlsruhe dokumentiert. Wer weiß, vielleicht findet sich ja gerade in der Stadt, wo sonst niemand was sucht, ganz interessante Lebensgemeinschaften bzw. Arten?
Ich denke, man kann hier durchaus mal als Laie vor die Haustüre gehen, und nachschaun. Auch wenn man dann doof angeglotzt wird
So, hoffe auf eine Rege Disskussion hier, und nicht wo anders. Hoffe ich hab so früh am Morgen (hatte schulfrei) einen relativ klaren Kopf gehabt, und nicht nur Nonsens geschrieben
Grüße, Phil
Hallo,
ein hochinteressantes Thema ist die Anpasssung von Lebewesen an die menschliche Stadt. Das Thema wird schon länger geforscht, besonders in Zusammenhang mit Vögeln. Man denke nur an die Amsel, die derzeit auseinanderdriftet, und wahrscheinlich in baldiger Zukunft zwei Unterarten haben wird. Die Amseln, die in den Parks von großen Städten leben, haben beispielswesie ihre Gesang an die Verkehrszeiten von den Autos angepasst, so dass sie dann singen, wenn sie am meisten gehört werden. Bei auf dem Land lebenden Amseln ist das nicht so, und so wird eine Population isoliert, und des entstehen neue Arten. Oder auch die Brutzeiten - was interessantes findet man dazu hier: http://www.birdnet-cms.de/cms/front_content.php?client=1&lang=1&idcat=85&idart=146
Und auch bei den Ameisen gibt es einige Stadtbewohner- und damit hat man sich jüngst befasst, hier sind zwar (vorerst) keine neue Arten am enstehen, aber es ist dennoch interessant, wie das "Ökosystem Stadt" genutzt wird, und überhaupt, wie es entsteht; in der ursprünglichen Natur existiert ein solches Zusammenleben eben nicht. Und von gar nicht mal wenigen Ameisen, die urbane ("städtische") Artenvielfalt ist beeindruckend. Ein sehr interessanter, zusammenfassender Text über zwei umfassende Arbeiten zu den urbanenen Ameisen findet sich hier: http://www.antmacroecology.org/robdunn/press_urbanants.html (ich bin durch das antfarmforum darauf aufmerksam geworden, danke an der Stelle).
Da ich verständlicher Weise nicht alles übersetzen will, zitiere ich mal die interessantesten Stellen.
We are under the impression that such species, be they rats, pigeons, bed bugs or other life forms, are generalists that love the disturbance we wreak wherever we go. Nothing could be further from the truth.
The truth is that the species that succeed around us in cities appear to have unique traits that allow them to do them so and also unique histories. In a pair of new studies from our lab, we consider aspects of how these species arrive and come together to form the life around us, the life immediate and yet overlooked.
Übersetzt: Wir haben den Glauben, dass solche Arten, seien es Ratten, Tauben, Bettwanzen oder andere Lebensformen, Generalisten sind, welche die Störung, die wir produzieren überall wohin wir gehen, lieben. Nichts ist weiter von der Wahrheit entfernt.
Die Wahrheit ist, dass die Arten, welche in überall in den Städten um uns herum Erfolg haben, einzigartige Eigenschaften haben zu scheinen, die ihnen erlauben so einen Erfolg zu haben, und ebenso einzigartige Geschichten besitzen. In zwei neuen Studien aus unserem Labor haben wir Aspekte berechnet, wie diese Arten ankommen und zusammenkommen um dieses Leben um uns herum zu formen, das unmittelbare Leben und dennoch überschaubar.
Es wurde New York untersucht, der Broadway und die Avenue. Hier laufen Millionen von Menschen im Jahr entlang, und trotzdem wurde eine hohe und vielfältige Ameisenfauna dokumentiert. Und diese sind keineswegs eine monotone Masse von ein paar Arten. Darunter finden sich Samensammler und verschiedene andere Überlebens und Ernährungsstrategen. Die genauen Arten kann ich noch nicht nennen, da diese Arbeit noch nicht publik ist.
Weiterhin:
Perhaps as surprising as the diversity of these ants is that they do not seem to obey the basic rules of ecology, rules derived for other sorts of ecological systems.
Übersetzt: Etwa so überraschend wie die Vielfalt dieser Ameisen ist, dass sie nicht den grundlegenden Regeln der Ökologie gehorchen, Regeln abgeleitet von anderen Sorten von Ökosystemen.
Auch wird erwähnt, dass viele der Arten, die am Broadway gefunden wurden, kaum erforscht sind. Hier herrscht wirklich großes Forschungspotenzial, zumal sich diese Ameisen quasi direkt vor der Haustüre befinden. Das Modell von New York lässt sich auch auf weitere Städte übertragen, wohl auch deutsche Städte. Gedanken dazu erläutere ich später .
Die andere Arbeit des anderen Forschers Sean Menke (hier verfügbar) befassst sich mit einer anderen amerikanischen Stadt, Raleigh, in North Carolina. Er fand in dieser Stadt fast 60 (!) Ameisenarten, wie ich finde fast unglaublich. Ebenso interessant und entscheident:
What was even more surprising is that that diversity persisted despite the presence of invasive argentine ants, fire ants and Asian needle ants. In fact, that diversity persisted in all but the most cement covered landscapes.
Übersetzt: Was noch Überraschender war ist, dass die Diversität trotz der Anwesenheit von invasiven Arten wie [Lateinische Begriffe eingesetzt] Linepithema humila, Solenopsis invicta und Pachycondyla chinensis existierte. Tatsächlich, diese Diversität existierte am meisten in zementierten Landschaften.
Auch:
heavy urbanization seems to be favoring not generalist species but instead species who do well in deserts and woodlands.
Übersetzt: Schwere Verstädterung scheint nicht die generalistischen Arten begünstigen, stattdessen Arten, die gut in Wüsten und bewaldten Bereichen leben.
Es gibt also total anthropogen geprägte Lebensräume, in der sich ein Ökosystem mit großer Artenvielfalt gebildet hat. Ich finde das sehr beträchtlich, und auch für uns Ameisnehalter interessant, ebenso in Zusammenhang mit "Schadameisen". Die Arten gliedern sich in ein neues Umfeld ein, und es wird nicht nur vorrangig von den invasiven Spezies bewohnt. Die Städte dienen zudem als Korridore für Migranten, sind wahrscheinlich bis zu einem bestimmten Grad verantwortlich für die Ausbreitung von dort üblicherweise nicht heimischen Spezies. Das liegt daran, dass die zementierten Flächen oft einfach wärmer sind, und so südliche Arten weiter nördlich vordringen.
Kurz und prägnant sagt das dieser Text aus der Arbeit:
A common assumption is that the expansion of urban environments will result in a faunal homogenization, driven mostly by the loss of native species and [...] human mediated transport of a few widespread generalist and invasive species.
Eine gemeinsame Vermutung ist, dass die Expansion von urbaner Umwelt zu einer tierrischen Homgenisierung führen wird, am meisten angetrieben durch den Verlust von einheimischen Arten und durch den Menschen gemachter Transport von eingen weltweit verteilten Generalisten und invasiven Arten
Die Arbeiten und ihre Interpretation führen grob gesagt zwei interessante, miteinander verbundene Themenbereiche an:
Einmal die Bildung von Ökosystmen in Städten anhand von Ameisen und die Gefahr der Ausbreitung von Neozonen durch die Städte.
Ich gehe mal auf letzteres ein. Die Vermutung, dass Städte beziehungsweise menschlich beeinflusste Umwelt in Form eines Lebensraumes entscheident für die Ausbreitung und überhaupt Etablierung (Einführung ist nicht alles!) von invasiven (und nicht-invasiven Neozonen) Ameisenarten ist, habe ich schon länger. Auch von anderen Leuten habe ich das immer wieder gehört, dass ein Großteil der invasiven Ameisen eigentlich kaum bis gar in die intakten Ökosysteme eindringt, sondern den menschen Folgen, und sich dort etablieren, wo eine große ökologische Nische besteht, eben in den vom Menschen geschaffenen Ökosystemen. Seien es ganze Städte oder nur Ackerbau mit ständiger Bewässerung in z.B. Trockenzonen. Dort werden dann auch heimische Arten verdrängt, die zwar dort auch leben können, aber schlechter angepasst sind. Zumindest kann das angenommen werden, wie die Arbeit aber zeigt, entstehen hier komplette Ökosysteme, in denen trotz Arten wie Linepithema humile genügend andere in der Lage sind, dort zu üebrleben, und ihre eigene kleine urbane ökonische nutzen. Die Etablierung in das wirkliche Ökosystem braucht oft seine Zeit (nicht immer, das muss gesagt werden), und die heimischen Arten haben genuaso die Möglichkeit sich an die urbane Zone als auch an die expandierenden invasiven Arten anzupassen. Die großen Superkolonien von z.B. Linepithema humile im Mittelmeerraum befinden sich sehr wahrscheinlich in Städten und Umland, und rottet eben nicht überall alles aus. Interessant wären natürlich weitere Arbeiten diesbezüglich, hier herrscht keine Klarheit, und deswegen sind meine Aussagen auch nicht als Fakt anzusehen, sodnern nur als Gedankengang.
Ich war bisher nur einmal in einem von invasiven Arten bedrohten Ökosystem, in Thailand. Das Bild war wie beschrieben, in den Nationalparks in den intakten Ökosystemen fand ich nie Solenopsis geminanta, wohl aber zuhauf in den küsntlich bewässerten (Trockenzeit!) Städten und Vorstädten, wo es auch hin und wieder zu Kämpfne mit den anderen dort ansässigen Arten kam (nicht alle indigenen Arten sind verständlicher Weise hilflos). Trotzdem gab es weiterhin eine Bestimmte Vielfalt. Aber ich möchte an dieser Stelle gar nicht mehr so tief darauf eingehen; Wenn ihr ähnliche oder gegensätzliche Beobachtungen gemacht habt, berichtet das hier.
Das Zweite, wie ich finde mindestens genauso Interessante Thema ist auch für uns der Rede wert. Ich habe mal recherschiert, es gibt ein paar, aber nur wenige, Arterfassungen in Städten. Eine sehr lesenswerte Arbeit ist diese hier über Mainz: http://www.uni-giessen.de/~gf1072/pdfs/12%20Ameisen-Mainz.pdf
Am Interessantesten ist natürlich das Messor structor Vorkommen, welches möglicherweise sogar seine Vorteile aus der allgemein wärmeren Stadt zieht. Über die Population habe ich schon einiges hier im Forum geschrieben, da muss ich an dieser Stelle nicht weiter drauf eingehen. Auch andere thermophile Arten wie Solenopsis fugax finden dort einen guten Lebensraum, in vorstädtischen Gärten finden sich sicherlich viele vereinzelt stehende Obstbäume, optimal für Campontous truncatus und Temnothorax affinis. Auch thermophile Myrmica finden in nicht ganz zubetonierten Gegenden am Stadtrand sicherlich gut Lebensräume. Ich denke, da wir hier sicher einige Leute haben, die in einer Großstadt wohnen, dass eine Dokumentation über die Fauna sehr interessant wäre. Zumindest Lasius und Tetramorium kommen ja sehr häufig an Bordsteinen u.ä. vor - eine so große Artenvielfalt wird sicher nicht gefunden, aber immerhin ein interessanter Ansatz zur weiteren Forschung von in Städten vorkommenden Arten. Ich glaube, dass die Stadt auch das vorrücken von eher mediterranen Arten ermöglicht, so hat auch Andreas eine leider mittlerweile von Lasius emarginatus getötete Messor structor Kolonie in Karlsruhe dokumentiert. Wer weiß, vielleicht findet sich ja gerade in der Stadt, wo sonst niemand was sucht, ganz interessante Lebensgemeinschaften bzw. Arten?
Ich denke, man kann hier durchaus mal als Laie vor die Haustüre gehen, und nachschaun. Auch wenn man dann doof angeglotzt wird
So, hoffe auf eine Rege Disskussion hier, und nicht wo anders. Hoffe ich hab so früh am Morgen (hatte schulfrei) einen relativ klaren Kopf gehabt, und nicht nur Nonsens geschrieben
Grüße, Phil
Hallo,
ja, genau, das wollte ich u.a. auch sagen. Wie man es am Besten macht, dafür kann man sich ja die Arbeiten durchlesen, dort sind immer die Methoden beschrieben. Natürlich muss man es nicht ganz so professionell angehen, am Besten ist man sucht sich mehrere sehr ähnliche Orte in der Stadt, schaut nach den Arten. Das selbe macht man dann mit einem anderen Geländetyp der Stadt.
Grüße, Phil
Hallo,
ja, genau, das wollte ich u.a. auch sagen. Wie man es am Besten macht, dafür kann man sich ja die Arbeiten durchlesen, dort sind immer die Methoden beschrieben. Natürlich muss man es nicht ganz so professionell angehen, am Besten ist man sucht sich mehrere sehr ähnliche Orte in der Stadt, schaut nach den Arten. Das selbe macht man dann mit einem anderen Geländetyp der Stadt.
Grüße, Phil
Das ist wirklich ein sehr Interessantes Thema.
Vielleicht könnte man da sogar noch einen Schritt weitergehen und selber aktiv werden.
Ich denke auch die Umgebung der Gärtnereien in den Städten könnte da sehr vielversprechend sein.
Vielleicht könnte man sich doch mal zusammensetzen und ein kleines Konzept ausarbeiten und festlegen, für eine Bestandsaufnahme in ausgewählten Städten und deren Bereichen.
LG
Holger
Das ist wirklich ein sehr Interessantes Thema.
Vielleicht könnte man da sogar noch einen Schritt weitergehen und selber aktiv werden.
Ich denke auch die Umgebung der Gärtnereien in den Städten könnte da sehr vielversprechend sein.
Vielleicht könnte man sich doch mal zusammensetzen und ein kleines Konzept ausarbeiten und festlegen, für eine Bestandsaufnahme in ausgewählten Städten und deren Bereichen.
LG
Holger
Hallo
Was auch ein Interessantes Thema ist, wie sich Pheidole pallidula in der Region von der Weinstraße anscheinend immer mehr ausbreitet.
Da ich ja selber diese Art halte und z.B. Neustadt direkt vor meiner Haustüre liegt, hat mich das Thema nun doch sehr Interessiert.
Als ich das erste Mal davon hörte, war ich doch etwas verwundert.
Hab mich jetzt mal näher damit befasst und bin zum Entschluss gekommen, dass dieses Gebiet sogar eine regelrechte Einladungskarte für diese Art ist.
Alleine schon, wenn man sich das Klima dieser Region betrachtet, passt dass für die pallidula.
Es kommt schon fast an das Klima des Mittelmeerraumes ran.
Wie bei Wikipedia geschrieben, wird die Region sogar als Toskana Deutschlands beworben.
http://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Weinstra%C3%9Fe
Wie von Phil vorher schon beschrieben, sind dann die Temperaturen in und an den Städten zusätzlich noch etwas höher.
Jetzt stellt sich natürlich die Frage, wie kommen diese überhaupt in diese Region?
Hatte zuerst daran Gedacht durch Transport von Fässern und Arbeitsmittel aus dem Mittelmeerraum.
Konnte mir dies aber nicht so richtig vorstellen.
Wenn man sich aber speziell die Höfe von den Weinbauern in den Städten anschaut, bekommt man, finde ich, direkt die Frage beantwortet.
Es sind dort recht viele Pflanzen, ja sogar Palmen, aus dem mediterranen Regionen vorzufinden.
Da ist die Wahrscheinlichkeit recht hoch dass hier mal eine Kolonie mit eingeschleppt wurde.
Wenn so eine Kolonie noch in den richtig großen Pflanzenkübel sitzt, hat sie für den Nestbereich optimale Vorrausetzungen sich schnell zu vermehren.
Diese Kübel stehen oft den ganzen Tag in der Sonne, ist somit schön warm.
Werden regelmäßig gegossen, somit ist auch für die richtige Feuchtigkeit des Nestes gesorgt.
Wenn ich dann daran denke, wie schnell sich so eine Kolonie entwickelt, ist es nicht verwunderlich dass sie da recht gute Chancen hat sich gegen heimische Arten zu behaupten.
Nächstes Jahr werde ich mir selber dass dort mal anschauen und Euch darüber berichten.
LG
Holger
Hallo
Was auch ein Interessantes Thema ist, wie sich Pheidole pallidula in der Region von der Weinstraße anscheinend immer mehr ausbreitet.
Da ich ja selber diese Art halte und z.B. Neustadt direkt vor meiner Haustüre liegt, hat mich das Thema nun doch sehr Interessiert.
Als ich das erste Mal davon hörte, war ich doch etwas verwundert.
Hab mich jetzt mal näher damit befasst und bin zum Entschluss gekommen, dass dieses Gebiet sogar eine regelrechte Einladungskarte für diese Art ist.
Alleine schon, wenn man sich das Klima dieser Region betrachtet, passt dass für die pallidula.
Es kommt schon fast an das Klima des Mittelmeerraumes ran.
Wie bei Wikipedia geschrieben, wird die Region sogar als Toskana Deutschlands beworben.
http://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Weinstra%C3%9Fe
Wie von Phil vorher schon beschrieben, sind dann die Temperaturen in und an den Städten zusätzlich noch etwas höher.
Jetzt stellt sich natürlich die Frage, wie kommen diese überhaupt in diese Region?
Hatte zuerst daran Gedacht durch Transport von Fässern und Arbeitsmittel aus dem Mittelmeerraum.
Konnte mir dies aber nicht so richtig vorstellen.
Wenn man sich aber speziell die Höfe von den Weinbauern in den Städten anschaut, bekommt man, finde ich, direkt die Frage beantwortet.
Es sind dort recht viele Pflanzen, ja sogar Palmen, aus dem mediterranen Regionen vorzufinden.
Da ist die Wahrscheinlichkeit recht hoch dass hier mal eine Kolonie mit eingeschleppt wurde.
Wenn so eine Kolonie noch in den richtig großen Pflanzenkübel sitzt, hat sie für den Nestbereich optimale Vorrausetzungen sich schnell zu vermehren.
Diese Kübel stehen oft den ganzen Tag in der Sonne, ist somit schön warm.
Werden regelmäßig gegossen, somit ist auch für die richtige Feuchtigkeit des Nestes gesorgt.
Wenn ich dann daran denke, wie schnell sich so eine Kolonie entwickelt, ist es nicht verwunderlich dass sie da recht gute Chancen hat sich gegen heimische Arten zu behaupten.
Nächstes Jahr werde ich mir selber dass dort mal anschauen und Euch darüber berichten.
LG
Holger