Vor einiger Zeit stellte ich zu einen Bedauern fest, dass es meinen Pseudomyrmex gracilis gar nicht so gut geht im tropisch eingerichteten Terrarium, dass sie mit Paraponera und Gigantiops gemeinsam bewohnen. Vermutlich ist das Klima einfach zu feucht für diese Ameisen, die wohl eher in trocken-warmen Regionen zu Hause sind. Warm ist es im Terrarium auch, jedoch gibt es auch eine hohe Luftfeuchte, was sicher das Auftreten und Überleben von Parasiten wie parasitischen Milben begünstigt. Die Pseudomyrmex haben andere Ansprüche an den Neststandort, ihnen versuchte ich nun auch besser gerecht zu werden.
Vermutlich schleppt man sich diese Biester, die parasitischen Milben regelmässig ein mit befallenen Futtertieren. Während bei den Paraponera nie ein Befall zu erkennen ist, gibt es bei den Gigantiops ab und zu leicht befallene Arbeiterinnen, die einige der Milben tragen. Doch scheinen die Gigantiops wenig unter diesen Milben zu leiden, sie treten nur manchmal auf und verschwinden dann wieder für lange Zeit. Möglicherweise haben diese beiden Ameisenarten aus feuchtwarmen Regenwäldern Anpassungen an solche Ektoparasiten entwickelt, die es ihnen erlauben, mit ihnen zu leben oder sie abzuwehren. Nicht zuletzt teilen v.a. die Paraponera ihr Nest mit versch. Mitbewohnern, die als Feinde und fitte Konkurrenten der Milben betrachtet werden können. Insbesondere Asseln werden ganz sicher auch Milbengelege verzehren und so die Milben abwehren.
Den trockenholzbewohnenden Pseudomyrmex scheint eine solche Anpassung völlig zu fehlen und es gibt in ihren trockenen Nestern auch keine entsprechenden Mitbewohner und so litten sie drastisch unter den Befall. Hier ein Foto einer besonders stark befallenen Arbeiterin, einige Wochen alt.

Als mir der Befall erstmalig auffiel, dachte ich zunächst, die Arbeiterinnen wären mit Holzstaub, zB. Aushub aus dem Holznest überpudert. Erst ein Blick durch die Lupe und das Fotografieren zeigte den extremen Befall.
Erste Bekämpfungsmassnahme war ein neues Nest, trocken und sehr warm direkt unter der 150-Watt-HQI-Lampe in deren Lichtkegel, nur etwa 25 cm entfernt von ihr. Hier herschen tagsüber Temps von über 30 Grad. Die Pseudomyrmicinen haben das neue Holzhabitiat schnell erkundet und sind sofort hier eingezogen, als Nest dient ein Holunderast.
Danach versuchte ich mich mit der Frage zu befassen, welche natürlichen Feinde die parasitischen Milben in einen solchen Lebensraum in Schach halten könnten. In Frage kam eigentlich als schnelle "Eingreiftruppe" nur eine ganzes Regiment räuberischer Raubmilben.
Es gibt eine ganze Reihe verschiedener Arten zu beziehen, viele von ihnen sind ausgesprochene Nahrungsspezialisten, wie es scheint. Und natürlich sind alle Arten, die angeboten werden, vor allem Fressfeinde für die verschiedenen Spinnmilben, die an Kultur- und Zimmerpflanzen zu Schäden führen. Manche scheinen sich ausschliesslich von solchen Milben zu ernähren, andere scheinen durchaus auch andere Milbenarten zu erbeuten. Wieder andere schrecken wohl auch nicht vor Insekten wie Collembolen zurück, diese sind also völlig ungeeignet. Meine Wahl für einen Versuch fiel auf die Raubmilbe Phytoseiulus persimilis. Sie scheint eine gewisses Spektrum verschiedener Spinnmilben und Weichhautmilben zu erbeuten und ist dabei, so ist zu lesen, nicht speziell an eine oder wenige Arten angepasst.
Die Milben-Truppe habe ich vor zwei Wochen massiv im Terrarium ausgebracht. Geliefert wurden sie in kleine Pappröhrchen mit etwas Substrat. Das habe ich auf dem Terrariumboden verteilt und schon nach wenigen Sekunden konnte ich die kleinen Räuber ausschwärmen sehen.
Natürlich kann ich nicht direkt dokumentieren, ob und wie die Raubmilben die parasitischen Milben dezimieren. Ich hoffe und nehme an, dass sie freilaufende, wandernde Milben verschiedener Arten, also auch diese parasitischen Milben erbeuten und deren Eier und Jungtiere sowohl im Freiland wie auch in den Ameisennestern dezimieren.
Indirekt scheint sich nun, nach zwei Wochen, eine Entspannung abzuzeichnen. Der Befall ging stark zurück, besonders bei den vormals stark befallenen Pseudomyrmex.
Hier neue Fotos einer Arbeiterin. Man erkennt noch leichten Befall, es war auch nicht zu erwarten, dass der Befall schnell und völlig verschwindet. Aber, er wird nach und nach weiter zurückgehen, die Raubmilben werden wahrscheinlich immer wieder parasitische Milben erbeuten, die gerade nicht an den Ameisen sitzen. All diese parasitischen Milben verlassen nach meinen Beobachtungen den Wirt von Zeit zu Zeit, um sich zu paaren oder Eier abzulegen. Diese Wanderphasen machen die Milben angreifbar und es ist zu hoffen, dass sie in diesen Phasen von den Raubmilben erbeutet werden können.
Fotos.


Ob der Effekt nun wirklich vor allem dem neuen, trockeneren und wärmeren Nest geschuldet ist und oder auch dem Einsatz der Raubmilben, lässt sich natürlich nicht mit letzter Gewissheit sagen. Vermutlich spielen beide Faktoren eine Rolle. In jedem Fall ist der Einsatz solcher Raubmilben nützlich, die Milben schützen ja auch die Pflanzen vor deren Parasiten unter den Milben, die schnell mal eingeschleppt sind und dann grossen Schaden machen können. Die Raubmilben werden von nun an wohl auch permanent im Terrarium anwesend sein und so immer bereit sein, beim Auftreten schädlicher Milben sich zu vermehren und zuzuschlagen. Eine kleine, immer ausbaufähige Restpopulation wird sicher überleben nach dem Verschwinden der meisten Beutemilben.
Der Versuch ist es wert. Nicht zuletzt muss man alles versuchen, um die Ameisen in der Haltung zu schützen.
LG, Frank.