Wie kamen die Camponotus vagus in meinen Garten?

  • Ich habe bis jetzt nie etwas dazu gesagt, wie die Ameisen in meinen Garten gekommen sind (außer auf Anfragen via PMs), da ich keine Lust auf die Diskussionen hatte, die dann wohl aufflammen werden.


    Nun habe ich mich auch öffentlich dazu geäußert.


    Aber evtl. ist es ja doch besser etwas mehr dazu zu schreiben.


    Die Kolonie, die ich nun im Garten habe, hatte ich ursprünglich bei Antstore gekauft und im Formicarium gehalten.


    Im Sommer 2011 wollte ich den Versuch starten, ob sich die Art im Garten ansiedeln lässt. Unter anderem hat es mich interessiert, ob eine Kolonie der Art, die aus Südeuropa stammt, tatsächlich eine schlechtere Anpassung an den Winter hat und hier nicht im Freien überleben würde.


    Also habe ich einen Fichtenbaumstumpf an einen meiner Meinung nach guten Ort gestellt, da er von allen Seiten (außer Norden natürlich) von der Sonne bestrahlt werden kann.


    Das Korknest in dem die Kolonie wohnte, habe ich an die Wand unter das Dach gestellt, damit es vor Regen geschützt ist.


    Bereits am nächsten Tag war von der Kolonie nichts mehr zu sehen, nur ab und an war mal eine Arbeiterin zu sehen, aber ich konnte nicht ausmachen, wo das Nest war (im Baumstumpf war es nicht).


    Im nächsten Jahr dachte ich schon, dass es die Kolonie nicht über den Winter geschafft hat, da ich bis etwa Mai keine Arbeiterinnen entdecken konnte. Doch als es sehr heiß war, stieg die Aktivität und ich konnte sehen, dass sie nun im Fichtenbaumstumpf leben.


    Dort leben sie bis heute.


    Warum ich an der Ansiedlung nichts schlimmes finde?


    • Camponotus vagus ist keine Exotische Art wie z. B. Pheidole pallidula oder Crematogaster scutellaris es sind, die Art kommt in Deutschland und auch in Bayern (wo ich ja lebe) vor.
    • die Art ist in Bayern vom Aussterben bedroht, aus dem Grund sehe ich es eher als Bereicherung an, wenn man sie im Garten ansiedelt und nicht als Gefahr.
    • Auch das Argument der Gefahr intraspezifischen Homogenisierung halte ich für wenig stark:

      1. Generell halte ich die Gefahr dadurch für ziemlich übertrieben und da bin ich nicht alleine.
      2. Gibt es in der Nähe keine weiteren Populationen der Art mit der sie sich vermischen könnte.
      3. Selbst wenn, wie wahrscheinlich ist es, dass ausgerechnet die Geschlechtstiere meiner Kolonie sich dann mit denen anderer Verpaaren, erfolgreich eine Kolonie gründen, mehrere Jahre überleben und die neugegründete Kolonie anschließend wieder das selbe tut, so dass dann bestimmte Gene, die nur in der Kolonie in meinem Garten vorkommen, sich verbreiten? Wenn man sich schon alleine die Erfolgschancen einer Königin anschaut, erfolgreich eine Kolonie zu gründen, erscheint das ganze sehr theoretisch und unwahrscheinlich.
      4. Es müsste auch erst einmal ein Gen vorhanden sein, dass z. B. bei lokalen Camponotus vagus Kolonien eine stärkere Frosthärte bewirkt wie bei meiner. Aber auch das bezweifle ich, da wie gesagt die Kolonie bis jetzt problemlos den Winter überstanden hat, obwohl sie ursprünglich aus Südeuropa stammt.
      5. Des Weiteren müsste sich meine Kolonie aus irgendwelchen Gründen besonders gut gegen die lokalen Camponotus vagus Kolonien durchsetzen können, aber wie soll das denn gehen, wenn sie angeblich schlechter an die Temperaturen hier angepasst wären?


    Man kann natürlich anderer Meinung sein, das akzeptiere ich, aber ich sehe darin nichts verwerfliches und auch keine Gefahr für andere Ameisen und sonstige Tierarten.


    Zumal ein Entfernen der Kolonie sehr leicht wäre. Denn sie haben kein Erdnest angelegt und bewohnen nur den Fichtenbaumstumpf.

  • Hallo Andy,
    du befindest dich in guter Gesellschaft, denn du bist nicht der einzige, der Ameisen in seinen Garten aussiedelte, die aus anderen Regionen stammten. Ich sehe daran auch nichts verwerfliches. Zumal, wenn es sich um bei uns seltene Arten wie deine vagus handelt oder zB. um Polyergus.
    Gerade diese Arten haben seit jeher bei uns nur inselartige Vorkommen. Ich würde trotzdem nicht davon reden wollen, dass diese Arten bedroht sind, vagus war sicher immer selten nördlich der Alpen und Polyergus kann aufgrund seiner Lebensweise gar nicht so häufig sein.
    Trotzdem kann man etwas tun und Kolonien in geeignenten Habitaten aussetzen.


    Einen Exkurs zur intraspezifischen Homogenisierung erspare ich mir. In Zeiten der Globalisierung und Warenverschickung halte ich solche Diskussionen für weltfremd.
    Weitere Arten werden als Tramp oder auf anderen Wegen immer wieder einwandern. Sie schaffen dann die Besiedelung oder nicht. Dabei verdrängen sie u.U. vorher zugewanderte Arten, ein natürlicher Vorgang.
    Und schliesslich kann man davon ausgehen, dass die Besiedelung unserer Breiten nach dem Ende der letzten Eiszeit noch lange nicht abgeschlossen ist, weitere Arten werden zuwandern, dabei begünstigt von klimatischen Schwankungen oder eben nicht.
    Und alle Arten, die zugewandert sind und heute hier leben, sind eben zugewandert. Zum Glück für uns.


    LG, Frank.

  • Zuerst will ich sagen, dass ich nichts gegen Boro habe und sein Experiment, vielmehr verwundert mich teilweise das Verhalten mancher Personen.


    Bei mir regt man sich also auf, aber wenn Boro eine Camponotus lateralis Gyne aus Istrien bei sich im Garten ansiedelt, bekommt der Bericht 5 Sterne und keiner regt sich auf, vor allem nicht der liebe Merkur, warum?


    Quote

    Seit vorigem Jahr läuft ein Versuch, der die Überlebensfähigkeit v. C. lateralis auf die Probe stellen soll. Mit einer Gyne aus Istrien habe ich ein Volk herangezogen, das seit einem Jahr im Freien lebt, in einem morschen Holzstamm, wie es sich für eine stark arboricole Art gehört.


    Ist es in Wahrheit wohl gar keine sachliche Diskussion, sondern geht es nur um Personen?


    EDIT:
    Da bin ich ja beruhigt, dass es noch andere Leute gibt, die es nicht schlimm finden ;)

  • Morgen allerseits :)


    Ich will ja nicht den Miesepeter spielen, ABER um mal ein zwei der oben genannten Begründungen aufzugreifen:


    Arten zu unterstützen, die hier selten sind ist eine Sache, aber gleichzeitig zu erwähnen, dass die ausgesetzten Tiere sich hier nicht vermehren werden, entbehrt doch dann jedem Sinn, oder!? Wenn ich seltene zB Berggorillas im natürlichen Habitat auswildere, damit es wieder mehr von den Tieren gibt, sie aber vorher kastriere, damit sie nicht zur natürlichen Regeneration beitragen können, wo ist da der Sinn? (Nicht unbedingt das beste Beispiel, aber ich denke, ihr wisst, was ich meine.)



    Ein natürlicher Vorgang, dass viele Arten über den Warenverkehr u.Ä. in neue Habitate eingeschleppt werden?? Warum stört sich dann alle Welt, dass zB. in Australien/Neuseeland usw so viele Arten durch eingeschleppte Ratten/Schweine/Katzen usw. verdrängt werden , bzw. Aussterben? Ist doch ein "natürlicher" Vorgang...



    Ich enthalte mich meiner Meinung, ob es nun gut oder schlecht ist, einzelne Ameisenkolonien hier auszusetzen, ich wollte nur drauf hinweisen, dass einzelne Argumente, die hier dafür genutzt werden , jeglichen Sinn entbehren :)



    MfG
    Andi

  • Quote from "Andi89"


    Arten zu unterstützen, die hier selten sind ist eine Sache, aber gleichzeitig zu erwähnen, dass die ausgesetzten Tiere sich hier nicht vermehren werden, entbehrt doch dann jedem Sinn, oder!? Wenn ich seltene zB Berggorillas im natürlichen Habitat auswildere, damit es wieder mehr von den Tieren gibt, sie aber vorher kastriere, damit sie nicht zur natürlichen Regeneration beitragen können, wo ist da der Sinn? (Nicht unbedingt das beste Beispiel, aber ich denke, ihr wisst, was ich meine.)


    Ich habe gesagt, dass es eine Bereicherung ist. Ich habe nicht gesagt, dass ich ein Wiederansiedlungsprojekt für die Region Oberfranken gestartet habe ;).


    Die Bereicherung sehe ich eher darin, dass ich die Ameisen in der freien Natur im Garten beobachten kann und weil die Art in Bayern vom Aussterben bedroht ist, kann man dies in Bayern sehr selten tun.

  • Hallo Andi. Du kannst hier sehr gerne den Miesepeter spielen und deine Sichtweise schildern. Dafür ist soo ein Forum ja da, dass man sich austauscht. Also, nur zu.
    Natürlich hast du recht, wenn du über die weltweit verschleppten Arten sprichst und die Probleme aufzeigst.


    Nur sollte man vielleicht abwägen. Vereinzelte Vorkommen von Camponotus vagus in Deutschland sind etwas anderes als Kaninchenplagen in Australien. Und es gibt andere Hintergründe. All diese Tiere wurden dort eingeführt, um Geld zu machen oder gelangten dorthin im Gefolge des Menschen, wie die Ratten. Als das mit dem Geld machen nicht mehr so lief, liess man die Tiere einfach frei, Kaninchen, Kamele, Schweine, anderswo Ziegen und was weiss ich.


    Wann immer irgendwo Tiere (oder Pflanzen) auftraten und auffällig wurden oder sogar Schäden verursachten, wurden sie von profitgierigen Leuten oder von Farmern eingeführt oder sogar, wie die "Killerbiene", von experimentierenden und fahrlässigen Wissenschaftlern kreiert. Immer ging es um Geld, um Handel, Gewinnmaximierung und Vermarktung usw..

    Selbst die in Europa neue asiatische Hornisse (Vespa velutina), die in Frankreich auftauchte und die nicht nur ich für eine schöne Bereicherung halte und deren Ankunft in D ich mit Ungeduld erwarte...:), gelangte nicht etwa, wie man ja vllt. denken könnte, durch Liebhaber nach Europa. Man vermutet, dass sie mit Warenlieferungen aus Zentralchina oder Taiwan zu uns gelangte.
    Und niemand weiss genau, wie unsere wundervollen europäischen Kurzkopfwespen es geschafft haben, Australien, Neuseeland und Tasmanien und andere Teile der Welt zu besiedeln. Und sie sind wundervoll, denn sie zu verteufeln, nur weil sie in einer neuen Umgebung ihren Platz behaupten und dabei leider andere Tiere verdrängen, wäre dümmlich. Sicher auch im Gefolge des Warenverkehrs, aber wer weiss das so genau? Auch europäische Bienen, Hummeln wurden eingeführt und mancher wird vllt. gedacht haben, auch Wespen können nützlich sein in einer "neuenglischen" Kulturlandschaft.


    Wenn man vllt. mal etwas zurücktreten und sich als Menschen nicht als einzige Tierart sehen könnte, die berechtigt ist, den gesamten Planeten umzugestalten, zu besiedeln, zu verschmutzen und zu zerstören, dann könnte man vllt. denken, diese Tierarten nutzen wie wir nur ihre Möglichkeiten der Expansion und Vermehrung. Sie tun das, so wie der Mensch am Anfang seiner Zivilisation und Entwicklung, opportunistisch und nutzen die Möglichkeiten, die sich bieten.
    Der Schaden, den all diese Tierarten dabei anrichten, ist vernachlässigbar gegenüber den, den wir anrichten, wenn wir bequem auf unserer Couch sitzen, im Web shoppen, über wertes und unwertes Leben philosophieren und nebenher den Planeten leerfressen...;)


    Natürlich muss man diese Arten im neuen Umfeld bekämpfen, wenn sie dort schwere Schäden anrichten und so versuchen, die Schäden, die doch letztlich wir Menschen angerichtet haben mit unseren globalen Handel, zu korrigieren. Das wird ja auch allerorten versucht und getan und dies wird hier auch von niemanden schlechtgeredet.
    Und selbstverständlich sind wir als Menschen und unser Treiben und seine Folgen auf diesen Planeten ein Teil der Natur. Es wäre doch völlig abgehoben, das zu übersehen.


    Da fällt mir ein uralter Witz mit extrem langen Bart ein.
    Treffen sich zwei Planeten. der eine zum anderen: "Du, es geht mir schlecht, ich habe Menschen." Der andere: "Och, mach dir nix draus, das geht vorbei!"


    Nicht falsch verstehen. ich mag die Menschen (..aber auch die Tiere) und ich denke, dass wir die Kurve schon noch kriegen.


    LG, Frank.

  • Hallo.


    Im Großen und Ganzen magst du schon recht haben Frank, aber nicht bei allen pflanzlichen und tierischen Invasoren waren monetäre Interessen im Spiel.
    Ausserdem muss man schon unterscheiden unter welchen Lebensbedingungen das Ganze in der Vergangenheit passierte.


    Tiere wie Ziegen und Schweine (Und ja, auch Ratten) wurden einfach nur als Nahrung benötigt. Da diese Tiere auch unter schlechten Bedingungen noch gut Leben können war es nur logisch diese mit zunehmen.
    Viele Völker in kargen Ländern leben noch heute von Rindern oder Ziegen. Feldfrüchte können sie dort nicht anbauen, aber den Tieren reicht das bisschen Gras und dorniges Gestrüpp zum leben.


    Viele weitere Tiere und Pflanzen wurden dagegen in fremde Länder verbracht um einfach nur etwas bekanntes aus der Heimat um sich zu haben.
    Die Kaninchen in Australien wurden von einem einzelnen Mann auf seinem Grundstück ausgesetzt, weil er sie schon in seiner alten Heimat gerne Jagte. Diesen Spaß wollte er sich in seiner neuen Heimat nicht entgehen lassen.


    Über viele Auswirkungen konnten die Menschen nichts wissen, selbst heute wissen wir noch so wenig. Aber vergleich das mit dem Wissenstand vor über 100 Jahren oder noch länger.
    Das verschleppen gebietsfremder Tier- und Pflanzenarten lässt sich ja über tausende von Jahren zurück verfolgen. Kann man hier Leuten einen Vorwurf machen die noch glaubten Blitz und Donner sind Ausdrucke eines zornigen Gottes?


    Jedenfalls ein sehr facettenreiches Thema.

  • Hallo Markus, ich will diesen einfachen Menschen keinen Vorwurf machen, wenn das so aussah, tut es mir leid. Ich mach aber denen einen Vorwurf, die andere Lebewesen einfach nur verteufeln und ihnen merkwürdige und unwissenschaftliche Titel anhängen, sich so profilieren wollen.
    Wie bereits gesagt, natürlich muss man versuchen, Schäden zu reparieren und das tut man ja auch, es sind aber oft die weniger Aufgeregten, die etwas tun.


    Für die anderen, die die Diskussionen der Vergangenheit nicht kennen, hier mal ein Link in das gute, alte und unbedingt lesenswerte Ameisenforum.
    Interessante Argumente und Meinungen: http://www.ameisenforum.de/ame…e-ameisen-diskussion.html
    Wer genauer liest, wird auch die eine oder andere Stelle finden, die zu einer Aufhellung seiner Gemütsverfassung beitragen könnte....;)


    LG, Frank.

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