Hallo liebe Ameisenfreunde,
eigentlich war ja ein Kurztrip nach Tunesien in diesem zeitigen Frühjahr geplant. Das war jedoch leider nicht möglich, jeder hat sicher von den Umwälzungen in dem kleinen Land gehört. Auch wenn uns das jetzt zu diesem Zeitpunkt sehr ungelegen kam, wünschen wir den Tunesiern viel Erfolg und viel Glück bei einer demokratischen Umgestaltung ihres Landes.
Wir mussten also kurzfrisig umbuchen und entschieden uns für ein aus unserer Sicht einigermassen vergleichbares Ziel, auf den Süden Marokkos, die Umgebung der Stadt Marakesch. Vergleichbar war dieses Ziel, wie sich vor Ort herausstellte, eigentlich nur in Hinsicht auf die Lage in Nordafrika. Klima und Vegetation sowie Fauna war doch anders als im Süden Tunesiens. Dabei hatten wir grosses Glück; Das Wetter war in unserer Woche hervorragend, jeden Tag schien die Sonne und die Lufttemperaturen bewegten sich um 20 bis 25 Grad. Allgemein war es jedoch sehr trocken, wie uns Einheimische berichteten, war dies eigentlich ungewöhnlich für diese Jahreszeit, üblich wäre jetzt etwas Regen alle paar Tage und Temperaturen um 15 Grad.
Die heimische Ameisenfauna jedenfalls war auf die normaleren, kühleren Temperaturen eingestellt und scherte sich wenig um die momentan herschenden höheren Temperaturen, insbesondere die grösseren Cataglyphis-Arten waren in einer Art Winterruhe und nur wenige Tiere liessen sich an den Nesteingängen blicken.
Insgesamt erschien uns die Fauna sehr viel artenärmer als die, die wir aus den Süden Tunesiens kannten. Das mag auch daran liegen, dass es hier, weit auf den nordafrikanischen Kontinent so etwas wie eine kühlere jahreszeit gibt. Trotzdem kann man sagen, dass wir natürlich einige Steine drehten und auch hier und da den Boden etwas tiefer untersuchten, trotzdem bleibt das Empfinden, es mit einer artenärmeren Region zu tun gehabt zu haben. Selbst Skorpione uns grössere Skolopender waren nicht häufig, Skorpione sogar eher selten. Dafür fanden wir Arten, die wir aus Tunesien nicht kannten. Eine Besonderheit war eine Walzenspinne, die wir in den Ausläufern des Atlas unter einem Stein in ihrer Überwinterungshöhle fanden. Für das Fotoshooting musste die Hübsche ihr Verlies verlassen, hinterher setzten wir sie zurück und legten den Stein wieder hin.
Einige Landschildkröten kreuzten unseren Weg, unter vielen Steinen fanden sich winzige dunkelgefärbte Geckos mit orangefarbenen Schwänzen. Ausserdem fanden wir natürlich verschiedene Taranteln, oft Muttertiere sowie diverse andere Spinnen.
Echte Kälte hingegen scheint auch diesen Landstrich selten zu erreichen, immerhin fanden wir an vielen Stellen verschiedene Termiten, auch eine Schnittertermite, die der uns bekannten Art aus Tunesien ähnelte, jedoch etwas grösser zu sein schien und etwas dunkler pigmentiert.
Die Ameisenfauna war, soweit wir uns nach diesem Kurzbesuch ein Urteil darüber erlauben können, ähnlich reich an Arten wie die uns aus Tunesien bekannte. Allein bei den Cataglyphis fanden wir mindestens drei Arten, es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass es weitere Arten gibt, die jetzt im Januar aber völlig inaktiv sind. Neben den jetzt nur wenig aktiven Arten gab es hier in Marokko an vielen Stellen eine grössere Aphaenogaster-Art. Solche Tiere fanden wir in Südtunesien überhaupt nicht.
An nur wenigen Stellen am Fusse grosser Dattelpalmen fanden wir unter Steinen Kammern und Gänge einer grossen Camponotus-Art. Leider haben wir diese Art nicht fotografiert. Die Tiere ähnelten im Habitus und in der Färbung den spanischen C. cruentatus, waren jedoch dabei schlanker, langbeiniger und grösser. Liefen diese Ameisen im Sonnenlicht auf den beschienenen Boden, erhoben sie den Gaster nach Art der Cataglyphis, so dass selbst den geschulten Betrachter der Eindruck entstehen konnte, es hier mit einer sehr grossen, schlanken und dunklen Catagyphis zu tun zu haben. Erst wenn die Tiere stehenblieben, erkannte man, dass man es mit Camponotus zu tun hatte. Der Gaster war eben schlanker, im Querschnitt runder, ebenso verriet Kopfform die Zugehörigkeit zu den Camponotus.
Eine weitere kleinere und erdbewohnende Camponotus-Art fanden wir häufiger. Ihre kleinen Nester verrieten sich durch kegelförmige, manchmal fast röhrenartige Nesteingänge. Von dieser Ameise gibt es Fotos, ganz ähnliche Tiere fanden wir auch in Tunesien, auch hier gibt es Fotos dieser Ameise.
Es gab an Stellen mit wenigstens geringer Vegetation diverse Messorarten. Unmöglich für mich im Moment, hier einzuschätzen, welche der Tiere welcher Art angehören mögen. Einige der Arten waren recht auffallend gefärbt. So gab es neben anderen eine grössere Art mit dunkelroter Färbung der Arbeiterinnen, es gab mittelgrosse Arten mit leuchtendroten Thorax und kleinere, fast winzige Arten mit rotköpfigen Arbeiterinnen oder andere mit rötlichen Kopf und Thorax.
Auch wenn ich kein Freund davon bin, lebende Arbeiterinnen zu sammeln und in Alkohol zu konservieren, bereute ich es in Marokko mehrmals, daran nicht gedacht zu haben. Es gab einige ungewöhnliche Funde, mit denen ich nicht gerechnet hatte und gerade bei den verschiedenen Messor-Arten wäre es vielleicht hilfreich gewesen, einige Tiere auf diese Weise zu sammeln. Wie gesagt, wir fanden noch andere und nicht bekannte Arten, darunter eine unter recht merkwürdigen Umständen. Unter einen Stein fanden sich einige tote Arbeiterinnen, die ich versucht habe zu fotografieren. es ist mir völlig unklar, um welche Ameise es sich bei diesen toten Tieren gehandelt haben mag, dass es jedoch Ameisen waren, steht für mich ausser Frage. Das Graben an der Stelle in der Hoffnung, dass sich im Erdreich eine Kolonie der Art finden möge, die hier nur ihre Toten an der Oberfläche entsorgt hat, führte leider zu nichts.
Ausserdem fanden wir eine weitere uns nicht bekannte Art, auch hier habe ich versucht, diese zu fotografieren. Eine Bestimmung wäre für mich reine Spekulation. Bilder dieser wie auch der anderen Ameisen stelle ich in den nächsten hier ein.
Kommen wir zu guter Letzt zu den interessantesten Ameisen des Mittelmerraumes. Glücklicherweise fanden wir an einigen Stellen Netser der Cataglyphis-Arten. Die grösste unter ihnen würde ich heute als Cataglyphis viaticus ansprechen. der Name wurde in früheren Zeiten fälschlicherweise für die tunesischen unterschiedlichen bicolor-Arten verwandt. Bei den tunesischen Cataglyphis aber wird es sich wohl eher um Cataglyphis desertorum und/oder um Cataglyphis oasium handeln. Beide Arten gehören zur bicolor-Gruppe.
Die von uns in Marokko beobachteten Cataglyphis viaticus zeichneten sich durch ihre leuchtendrote, manchmal fast orangene Färbung aus. Alle Teile des Körpers mit Ausnahme des schwarzgefärbten Gasters waren so gefärbt. Die Tiere hatte etwa die Grösse der tunesischen bicolor. Leider war die Art jetzt im Januar kaum aktiv, nur an wenigen sonnigen Südhängen waren die Nesteingänge geöffnet und einzelne Arbeiterinnen zu sehen.
Eine weitere, jedoch eher mittelgrosse Art mit ebenfalls roter Färbung fanden wir häufiger unter Steinen, jedoch auch diese Art schien in einer Art Winterruhe zu sein. Daneben gab es eine kleinere Art, von der wir am letzten Tag eine Kolonie einsammeln konnten. Erstaunlicherweise eine polygyne Art. Die kleine Kolonie vefügt über vier Königinnen. Mindestens zwei weitere Königinnen entwischten uns in die Tiefen des Nestes. Das war aber gut so, so hat der grosse Rest der Kolonie im Freiland weiterhin eine gute Perspektive. Über diese Ameisen werde ich natürlich berichten.
Abschliessend kann man festhalten, dass dies ein recht interessanter und informativer Ausflug in eine uns bisher unbekannte Umgebung war. Das Sammeln und Untersuchen der Fauna vor Ort war jedoch extrem erschwert durch die Trockenheit und die allerorten betonharten Ton- und Lehmböden. Einer nach dem Drehen des Decksteines in ihr unterirdisches Nest fliehenden Ameise war so kaum zu folgen. Trotzdem versuchten wir es das eine oder andere Mal mit wechselnden Erfolg. Doch mussten solche Grabarbeiten mit äusserster Vorsicht unternommen werden, wollte man zB. eine Gründerkönigin in ihrem meist noch nicht allzu tiefen Gründungsnest nicht gefährden.
Die ungewöhnliche Trockenheit, die zum Zeitpunkt unseres Aufenthaltes bereits seit Wochen herschte, hatte ihre Spuren hinterlassen. Fast überall fanden wir tote Messor-Königinnen, die wohl an Wassermangel zugrunde gegangen waren. Der Wassermangel hatte auch verhindert, dass die meisten dier Tiere ein Gründungsnest anlegen konnten. Die allermeisten der Tiere hatten einfach keine Chance gehabt, im trockenen und steinharten Boden ein tieferes Gründungsnest zu graben.
Einige Fotos der Landstriche, in denen wir unterwegs waren.
Hier und da ein zaghaftes Blümchen. Nur eine Ahnung von dem, was möglich ist, wenn es etwas Regen gibt...
Blühende Pflanzen in einem Vorgarten und alte Bekannte.
In den Ausläufern des Gebirges. Ziemlich karg.
Skolopender, Skorpion, Walzenspinne und Spinne mit Nachwuchs.
Soweit erstmal.
LG, Frank.