Feldwespen, Polistes

  • Hallo Ameisenfreunde.


    Jetzt im Frühjahr kann man ja auch mal nach den anderen eusozialen Tieren schauen. Jetzt ist die Zeit, in der die sozialen Faltenwespen und die Hummeln ihre Kolonien gründen, eine spannende Zeit mit vielen wundervollen Möglichkeiten.

    Seit ein paar Tagen suche ich nach gründenden Wespenköniginnen. Das ist nicht immer ganz einfach, besonders im Auge habe ich die Vespula germanica, aber bisher fand ich noch keine gründende Königin mit ihrem Anfangsnest.

    Dafür war mir heute das Glück hold, ich fand eine kleine Kolonie gründender Feldwespen. Bei den Feldwespen tun sich oft mehrere Jungköniginnen zur Nestgründung zusammen. Das hat naheliegende Vorteile, das junge Nest hat einen besseren Start, wenn sich mehrere Jungköniginnen zusammen schließen. Hier sind es drei Wespenköniginnen, die zusammen ihre Kolonie gründen.


    Feldwespen


    Drei junge Vollweibchen, die zusammen gründen. Natürlich musste anfangs unter den Tieren eine Rangordnung ausgefochten werden. Dies geschieht aber in einer Art Kommentkampf, das durchsetzungsstärkste Weibchen setzt sich dabei mit Dominanzverhalten durch, es gibt jedoch kaum ernsthafte Auseinandersetzungen. Feldwespen sind nicht sehr aggressiv und eigentlich sehr freundliche Tiere. Das dominante Weibchen hat das Recht, sich fortzupflanzen und Eier zu legen. Aber auch für die untergeordneten Weibchen gibt es Vorteile. Denn stößt dem dominanten Weibchen etwas zu und kehrt es von einen Versorgungsflug nicht zurück, haben diese bisher untergeordneten Weibchen das Recht und die Möglichkeit, den Platz an der Spitze des kleinen Wespenstaates zu übernehmen.

    Vielleicht sind die drei Weibchen auch miteinander verwandt und stammen aus einem Mutternest des vergangenen Jahres. Um so leichter ist es dann für alle, die ja verwandten Nachkommen der dominierenden Schwester aufzuziehen.


    Um die Tiere einzugewöhnen, setzte ich sie für heute erst einmal in ein Terrarium und fütterte sie hier ausgiebig. Dann setzte ich sie auf ihre Wabe, es gab ein paar Orientierungsflüge im Terrarium und dann schliefen die erschöpften Tiere ein. Der Stress des Fangens und die Aufregung hatte sie anscheinend etwas mitgenommen. Morgen dürfen sie die neue Umgebung erkunden und ich hoffe, dass sie sich nicht verfliegen. Das wäre mit Sicherheit geschehen, hätte ich sie bereits heute ausfliegen lassen. Mit Feldwespen kann man so vorgehen, die Tiere sind ungemein lernfähig und gewöhnen sich unglaublich schnell an den eingeschränkten Flugraum des Terrariums. Trotzdem, sie sollen ab morgen frei sein.


    Feldwespen sind unglaublich schön und hochelegant. Eigentlich sind diese schlanken Wespen die Charaktertiere unserer staatenbildenden Faltenwespen. Das ist eigentlich ein bisschen schade, denn gerade die Feldwespen sind nun wirklich keine Bedrohung oder Belästigung für kuchenmümmelnde Zeitgenossen wie etwa die Vespula germanica oder V. vulgaris. Feldwespen kommen nie an den Tisch und wenn, sind sie niemals aufdringlich. Ihr schlanker Körper, die sprichwörtliche Wespentaille, die auffällige Zeichnung macht sie zu den typischen Wespen. Im langsamen Schwirrflug lassen die hübschen Damen lasziv die langen Beinchen herunterhängen. Feldwespen erjagen aktiv Raupen und besuchen die Blüten vieler Pflanzen.


    LG, Frank.

  • Eine der Wespen hatte sich leider verflogen und kehrte von ihren ersten Ausflügen nicht zurück. Sehr schade.

    Es war an jenem Morgen am 17 April morgens recht kühl und als es dann endlich gegen 10 Uhr warm genug wurde, dass die Wespen ausfliegen konnten, flogen auch bereits die Männchen der Maifliegen in großen Mengen. Diese Fliegenmännchen fliegen alles an, was etwas größer ist als sie, in der Hoffnung, ein paarungswilliges Fliegenweibchen anzutreffen. Alle drei Wespen wurden bei ihren kreisenden Orientierungsflügen massiv von den Fliegen belästigt und eine der Wespen hatte sich wohl so sehr erschrocken, dass sie floh und den Orientierungsflug abbrach. Das habe ich sogar beobachtet und da es die erste ausfliegende Wespe war, hatte ich ziemliche Bedenken, dass es den beiden folgenden genauso ergeht.

    Immerhin gelang es aber zwei der Wespenköniginnen, sich soweit zu orientieren, dass sie ihr Nest wieder fanden. In den folgenden Stunden erkundeten sie die Umgebung und schon nach kurzer Zeit begannen sogar die erweiternden Bauarbeiten an den Zellen der Brutwabe, die Wespen hatten schon Baumaterial gefunden.

    Die beiden haben seither das kleine Wabennest etwas vergrößert.

    Beide machten vorhin einen entspannten Eindruck bis ich mit der Kamera vor ihrem Nest herum fuchtelte. Aber auch das bewegt diese Wespen nicht zu irgendwelchen Überreaktionen. Sie zeigen jedoch deutlich, dass sie die Situation beobachten.


    Polistes dominula


    LG, Frank.

  • Die beiden hübschen machen sich überhaupt nicht verrückt. Alles braucht eben seine Zeit und sie scheinen das zu wissen.

    Es gab einige kühlere Wetterperioden, das hat die Entwicklung aufgehalten. Nun ist es wieder sehr warm und die beiden können ihre Beschaffungsflüge unternehmen.

    Kühles Wetter ist für die Feldwespen natürlich ein großes Problem, ihre offenen Nester sind schwer von den Wespen warm zu halten. Die Wespen können die Brut nur wärmen, wenn sie auf den Wabentellern sitzen. Aber das geht natürlich auch nur, wenn die Wespen genügend Kohlehydrate gesammelt haben. Das wiederum geht nur, wenn es warm genug ist, dass die Wespen ausfliegen können. Feldwespen sind, anders als andere Faltenwespen, abhängig von den Temperaturen, warmes, sonniges Wetter ist für sie wichtig.

    Aber kurze Kältephasen sitzen sie geruhsam und geduldig aus. Dann ruhen eben alle Arbeiten und werden erst fortgesetzt, wenn die Temperaturen es wieder zulassen und die Arbeit im Außendienst angenehm ist.

    Eigentlich sehr kluge Tiere. Nicht so bekloppt wie wir.


    Polistes dominula.27.5.20


    Und dazu eben noch sehr schön.


    LG, Frank.

  • Bei den schönen Feldwespen hat sich einiges geändert.

    Das zweite Weibchen ist seit einiger Zeit, schon kurz nach dem letzten Beitrag, verschwunden, zuletzt war nur noch eine Königin am Nest. Ich kann nicht sagen, ob das untergeordnete Tier nur verschollen ist oder ob sie vom dominanten Weibchen vertrieben wurde. Vielleicht ist das ja aber die Regel und die Schwestern werden von der "rechtmäßigen Königin" bei diesen Polistes verdrängt, wenn die Nestgründung fast geschafft ist.

    Außerdem habe ich das Nest neu in einer etwas anderen Behausung eingesetzt. Zu oft waren freche Meisen in der Nähe, es stand zu befürchten, dass sie das Nest zerstören. Solange die Königin allein ist und das Nest immer wieder verlassen muss, ist das eine große Gefahr, wenn das Nest relativ leicht zu entdecken und zu erreichen ist für die Vögel.


    Jetzt gibt es schon einige Arbeiterinnen, das Nest ist also ständig bewacht und die Wespen bemerken jede Annäherung, auch meine. Sie greifen jedoch nur an, wenn das Nest berührt wird. Und selbst diese Angriffe sind harmlos, sie sind eher Angriffsflüge, die Wespen stürzen sich summend auf Hände und manchmal das Gesicht. Stechen jedoch nie. Dazu muss man sie schon festhalten und knuddeln wollen. Aber so weit geht die Liebe dann doch nicht.

    Natürlich muss ich fast nie am Nest manipulieren, so sind auch diese harmlosen Zwischenfälle die absolute Ausnahme.


    Bemerkenswert ist für mich immer der starrende Blick der Tiere, wenn sie mich bemerken. Sie zeigen so deutlich, dass sie mich im Auge haben.

    Absolut liebenswerte Tiere.


    Polistes 30.6.20


    LG, Frank.


    Edit: Ach so, die Königin ist mitten auf der Brutwabe bei der Eiablage.

  • Gestern fand ich zufällig ein abgestürztes Nest der Heidefeldwespe (Polistes nimpha) auf einer Trockenwiese. Möglicherweise wurde das Nest durch einen Spaziergänger oder einem größeren Tier beschädigt bzw. der Halm zerbrochen und nieder getreten, an dem es befestigt war. Nun lag es mit den Zellenöffnungen nach unten, untypisch für Polistes nimpha, am Boden. Diese Feldwespe baut ihre Nester immer vertical, mit den Zellöffnungen gegen Osten ausgerichtet. Heute bin ich in aller Frühe um 4 Uhr aufgebrochen, um das Nest und die Kolonie zu bergen. Bei 10 Grad sind die Tiere klamm und kaum zu einer Gegenwehr fähig. So gelingt ein Umzug ohne allzu große Aufregung.

    Jetzt hat das Völkchen ein neues, sonniges und dabei geschütztes Zuhause. Inclusive Halbpension, Zucker gibt es hier gratis.


    Wunderschöne, sehr zierliche Wespen.


    Polistes nimpha


    Ich freue mich auf ein paar schöne Wochen mit ihnen. Bis Ende August, Mitte September werden sie noch aktiv sein.


    LG, Frank.

  • Die Polistes nimpha bauen ihre Nester etwas anders als die Verwandten als die heimischen Polistes dominula (P. dominula baut in südlicheren Regionen Europas ebenfalls oft vertikal, in Nordafrika jedoch dann wieder horizontal mit den Zellöffnungen unten nach meinen Beobachtungen) . Immer vertikal, die Zellöffnungen zur Seite, gegen Osten ausgerichtet. Das erlaubt eine einfache Fütterung mit Zuckerwasser.

    Diese Kolonie lebt in einer Porzellanblume in meiner Veranda, natürlich mit Freiflug. Auf einem nahen Blatt der soliden Porzellanblume kann ich den Wespen gut den Zucker servieren.


    Polistes nimpha


    Deutlich ist die etwas andere Zeichnung der Tiere gegenüber den Polistes dominula zu sehen. Fühler und Fühlergeisseln sind nur teilweise orangefarben, die Oberseite ist dunkel gefärbt, ebenso Gesichtschild mit großer dunkler Zeichnung in Form einer Querbinde. Unter den Augen gelbe Flecken auf den Wangen, insgesamt sind die Wespen etwas zierlicher, mit teilweise winzigen Arbeiterinnen (14 mm). Ebenso mit dunklerer Farbgebung insgesamt.

    Dabei wunderschön und hochelegant wie alle Polistes.


    LG, Frank.

  • Hier noch ein paar Bilder. Am Wochenende habe ich mit NCS und meiner Freundin den tollen Garten von Frank besucht, wo wir die zwei Polistes Arten auf ihren Nestern beobachtet haben. Es sind wirklich hübsche Tiere, und zum Glück wurden sie auch nicht zu nervös als ich mich doch ganz schön nah mit der Kamera Linse ans Nest bewegte.


    Polistes dominula:

    Polistes dominula



    Polistes nimpha:

    Polistes nimpha


    Grüße, Phil

  • Im direkten Vergleich zeigt sich, dass der Jahreszyklus und die Produktion von Nachkommen bei den Polistes nimpha im Vergleich zu den Polistes dominula länger ist und nachhaltiger.

    In beiden Nestern sind einzelne Zellen noch bestiftet, also mit einem Ei versehen, bei den P. nimpha aber gibt es noch schlüpfende Jungtiere und verdeckelte Zellen, aus denen noch Tiere schlüpfen werden. Ob bei den Wespen noch weiter Nachkommen aufgezogen werden, wird man sehen. Immerhin gibt es ja diese Eier in den Zellen. Hieraus werden, wenn diese aufgezogen werden sollten, wahrscheinlich dann nur noch Männchen schlüpfen.

    Bei beiden Arten gibt es noch regen Flugverkehr, die Arbeiterinnen tragen noch immer Material, Wasser bei der großen Hitze und Futter ein. Die Männchen werden gefüttert und müssen versorgt werden, wenn sie von ihren Ausflügen heimkommen.

    Bei den P. nimpha werden manche Männchen vom Nest vertrieben, manchmal sehr gewaltsam. Es kommt zu Verletzungen insbesondere der Flügel, diese Männchen sind dann todgeweiht. Warum manche Männchen angegriffen und nicht mehr am Nest geduldet werden, ist mir ein Rätsel.


    Interessant ist, dass die Nester der P. nimpha doch sehr viel größer und volkreicher sind.


    Bilder der Brutwaben beider Kolonien.


    P. dominula, 7.8.20 P. nimpha, 7.8.20


    Die Polistes nimpha reagieren sehr empfindlich und ängstlich auf Kohlendioxid. Der stark verdünnte Rauch einer Zigarette, die kürzlich jemand hier genoss, brachte die Nester dieser Art in starke Aufruhr und die Wespen flohen panisch und flogen untypischerweise in der einsetzenden Dunkelheit ab. Kein Wunder, die Tiere bewohnen die Grasnarbe und das Buschwerk von Trockenwiesen und bei einem Brand der trockenen Vegetation können die Tier nur fliehen und das Nest im Stich lassen und so versuchen, wenigstens sich selbst zu retten. Das ist ein instinktives Handeln , dass bei den Polistes dominula nicht so stark ausgeprägt ist. Diese Tiere bleiben ruhig.

    Ansonsten sind die P. nimpha sehr viel tapferer, aufmerksamer und verteidigungsbereiter, viel weniger abwartend und guckend wie die ja ebenfalls nicht unaufmerksamen P. dominula. Bei Annäherung unter 20 cm an das Nest fliegen sie mich an und stechen. Das dürfen sie. Von meinen schönen dominula wurde ich bisher nicht gestochen, selbst wenn ich ihnen etwas auf den Leib rückte. Sie sind sehr viel duldsamer und zurückhaltender. Bemerken aber auch jede Annäherung.


    Rauchen ist selbstverständlich ab jetzt hier in meiner Gartenveranda streng verboten...:recht:


    LG, Frank.

  • Während bei den Polistes dominulus längst alles zu Ende ist, flogen die Polistes nimpha, Jungköniginnen, Arbeiterinnen und Männchen bis vor kurzem. Noch gestern sah ich einzelne Tiere fliegen und zum Nest zurück kehren, als die Sonne nachmittags etwas schien. Sie fliegen also bis weit in den Oktober, das ist erstaunlich.

    Heute habe ich mich der letzten erbarmt und sie ins Warme geholt. Sie leben nun im Terrarium. Gemeinsam mit den südafrikanischen Camponotus fulvopilosus. Geht nicht anders im Moment, das ist das größte Terrarium mit etwas Flugraum, dass ich im Moment "betreibe". Wenn sich die Ameisen und die Wespen begegnen, kommt es zu zurückhaltenden, eher respektvollen Drohungen. Die Ameisen lassen die größeren Wespen in Ruhe und die Wespen wollen nur ihre Ruhe haben...

    Mal sehen, wie lange diese sechs letzten Wespen zurecht kommen. Ich werde sie füttern und versuchen, ihnen einen schönen Lebensabend zu sichern.


    Ich finde sie einfach nur wunderschön...


    Polistes nimpha


    So viel erstmal in aller Kürze.


    LG, Frank.

  • Die Feldwespen sind schon ganz besondere Tiere. Ihr Verhalten ist sehr komplex und hält immer wieder Überraschungen für den Beobachter bereit. Die Tiere sind Individuen, eusozial in jeder Hinsicht, aber die Einzeltiere verhallten sich unterschiedlich und zeigen durchaus individuelle, fast egoistische Verhaltensweisen. Das geht auch in Ordnung, solange die Ordnung hält und des gesellschaftliche Gefüge funktioniert. Das alles ist bekannt, die Rangkämpfe und Beziehungen zwischen den Tieren einer Kolonie oder einer Gründungsgemeinschaft junger Weibchen wurden bei verschiedenen Arten bereits untersucht.


    Ich hatte in diesem Sommer zwei Kolonien dieser Art (Polistes nimpha) neben einer Kolonie der Polistes dominiulus hier bei mir. Zwischen den Tieren der Kolonien der Polistes nimpha herrschte stets unerbittliche Feindschaft an den einzelnen Nestern, fremde, manchmal aus Versehen anfliegende Artgenossen wurden hier absolut nicht geduldet. Das bemerkte ich zB. auch daran, dass, wenn ich eine am frühen Morgen klamme Arbeiterin oder eine alte, abgeflogene und an den Flügel versehrte Arbeiterin vom Boden aufnahm und auf eines der Nester zurück setzte, diese sehr aggressiv angegangen wurde und oft beinahe getötet wurde, wenn ich sie auf das falsche Nest gesetzt hatte, dem sie nun einmal nicht angehörte. Auf jedem Fall wurde sie hartnäckig und fast brutal vom Nest geworfen. Das konnte nun leider leicht geschehen, beide Nester waren nur etwa zwei Meter voneinander entfernt und so war die Zugehörigkeit einer solchen Arbeiterin zum einen oder zum anderen Nest nicht leicht zu erkennen. Versuch und Irrtum, der dann für die Arbeiterin u.U. schmerzhaft endete.


    Nun konnte ich jetzt nicht widerstehen und nahm auch die letzten Arbeiterinnen, vier an der Zahl, vom zweiten Nest mit in das Terrarium. Auch sie sollten nicht draußen sterben oder erfrieren. Natürlich wurden sie im Terrarium auf dem Nest der ersten Kolonie nicht akzeptiert, die ansonsten lethargischen und ziemlich ruhigen Wespen der ersten Kolonie gerieten sofort in helle Aufregung und vertrieben die fremden Wespen gewaltsam vom Nest.


    Was tun? Eine Duftangleichung der Tiere durch Besprühen mit süßen Tee oder anderen Mitteln erschien mir hier als nicht sehr erfolgversprechend. Diese Wespen kennen ihre Schwestern und Freundinnen ja auch individuell, das Besprühen mit duftenden Flüssigkeiten würde also vielleicht nicht funktionieren, würde aber einen radikalen, traumatischen Eingriff bedeuten. Das wollte ich den Tieren nicht als erstes zumuten. Eine andere Möglichkeit musste mir einfallen, um die Tiere dazu zu bringen, "Freundschaft" zu schließen oder wenigstens dazu, sich zu tolerieren.

    Ich habe nun das zweite Nest ebenfalls in das Terrarium gehängt, unmittelbar unter dem ersten. Die Folge war, dass die Angriffe sofort viel weniger wütend waren und die Wespen des ersten Nestes sogar neugierig das zweite Nest inspiziert haben. Jetzt ist das Ganze soweit gediehen, dass einige der Wespen des zweiten Nestes sich auf dem Nest der ersten Kolonie aufhalten dürfen, ohne vertrieben zu werden.

    Fast scheint es so zu sein, als ob die Wespen der ersten Kolonie, die zuvor die anderen, fremden Tiere radikal angriffen, nun erkannt haben, dass dies nicht irgendwie "vaterlandslose", räuberische Gesellinnen sind, sondern, dass auch diese ein Nest haben und also "ordentliche" Polistinen sind. Die Akzeptanz ist jedenfalls viel größer geworden und es gibt zwischen den Tieren durchweg Trophallaxis. Es kann sein, dass zwischen den Tieren weiterhin Reibereien auftreten, dass sind dann aber gewaltreduzierte Rangkämpfe mit eher rituellen Charakter. Ohne den Willen, den anderen zu vernichten oder zu töten.


    Irgendwie ähneln diese Polistinen uns Menschen ja schon. Wenn jemand etwas zu besitzen scheint, steigt die Akzeptanz bei den Artgenossen...:denken:


    Noch einmal ein Foto von vorhin. Fast alle sitzen auf dem ersten Nest. Auf der Rückseite halten sich ebenfalls Wespen auf.


    Polistes nimpha 17.10.20


    LG und ein schönes Wochenende. Frank.

  • Scheint so, als hätten die Wespen noch etwas vor. Es sieht nicht so aus, als ob sie sich auf den Untergang der Kolonie vorbereiten und als ob sich die jungen Königinnen, es werden wohl zwei oder drei hier dabei sein, sich nur auf eine kommende Winterruhe vorbereiten.

    Heute waren die Wespen irgendwie etwas unruhig, flogen mehr als sonst im Terrarium herum. Ich bot ihnen einen Thorax einer Grille an, als ich die Ameisen fütterte. Gierig stürzten sich die Feldwespen auf das frische Insektenfleisch.


    Polistes nimpha 18.10.20


    Das sind nicht die ersten Feldwespen, die ich so halte. Aber es sind die ersten, die so gierig fressen, das, obwohl sie im Moment doch gar keine Larven haben. Es besteht also Bedarf an Proteinen und sie sind weniger wählerisch als andere Arten es waren.

    Erfreulich, vielleicht bleiben sie mir ein Weilchen erhalten und es scheint so, als würde es ihnen richtig gut gehen.


    LG, Frank.

  • Unter den Feldwespen lebt noch ein Männchen. Es wird von den Arbeiterinnen und Jungköniginnen versorgt und hat eigentlich ein sorgloses Leben. Ab und zu fliegt er im Terrarium herum, fliegt aber immer wieder zum Nest zurück, um sich auszuruhen und sich füttern zu lassen. Männchen sind bei diesen Feldwespen an der alienhaften Maske erkennbar, das Gesicht und die Facettenaugen schimmern. Außerdem sind die Fühlergeißeln am Ende eingekrümmt.


    Natürlich kann ein solches Männchen nicht stechen, ihm fehlt der Stachel, über den die weiblichen Tiere verfügen. An seiner Stelle sind bei ihm die männlichen Fortpflanzungsorgane.


    Polistes nimpha Männchen 24.10.20


    Ruhen und sonnen auf dem Nest.


    Feldwespen sind wahre Flugakrobaten.

    Der manchmal relativ langsame Flug der Tiere kann darüber hinweg täuschen. Diese Wespen fliegen bei ihren "normalen" Besorgungen wie Wasser und Nektar sammeln und eintragen, wie Baumaterial beschaffen usw. oft relativ langsam. Das tun sie aber vor allem, um Energie zu sparen und weil nur bei der Jagd ein schneller Flug nötig ist. Beobachtet man jagende Feldwespen im Gestrüpp niedriger Vegetation, sind die Tiere manchmal so flink, dass man ihnen mit den Augen kaum folgen kann.

    Die großen Flügel dieser Wespen ermöglichen ihnen schnelle Manöver auf engsten Raum, das erlaubt die Jagd in dichter Vegetation auf Raupen, Spinnen und andere Gliedertiere. Die großen Flügel nutzen sich aber ab. Bei alten Tieren sind die Flügel manchmal bis zur Hälfte verschlissen und abgenutzt, es fehlen manchmal halbe Vorder- und Hinterflügel auf beiden Seiten des Thorax. Erstaunlicherweise können die Tiere nun immer noch fliegen, sicher aber nicht mehr so energiesparend.

    Im Freiland mit manchmal kühlen Temperaturen bedeutet das dann den Tod der Tiere. Hier im Terrarium sind Kohlehydrate und ausreichende Wärme immer verfügbar, so können selbst sehr alte Arbeiterinnen mit sehr abgenutzten Flügeln lange leben und fliegen.

    Diese alte Arbeiterin hat vielleicht fast 30 Prozent oder mehr ihrer Flügel verloren und abgenutzt. Noch immer kann das Tier gut und sogar wendig fliegen, sich im Raum orientieren und navigieren.


    Polistes nimpha, Arbeiterin


    Es macht einen Heidenspaß, den Tieren zu zusehen. Eine der vermeintlichen Königinnen, vermutlich eine Altkönigin, hat mit der Eiablage begonnen, wie es vorhin aussah. Es ist eine der größeren Feldwespen, mit ebenfalls abgeflogenen, verschlissenen Flügeln. Ich bin gespannt, was mich noch erwartet.

    Wundervolle Tiere.


    LG, Frank.

  • Ein Blick auf das Terrarium, in dem die Feldwespen leben.


    Polistes nimpha Terrarium


    Das Terrarium gehört ihnen jetzt allein, die Ameisen wurden in ein anderes Becken umgesetzt. Zwar gab es keine Konflikte zwischen den Ameisen, Camponotus fulvopilosus und den Feldwespen, trotzdem wollte ich nicht riskieren, dass es zu solchen kommen könnte. Die Wespen hätten ihre Nester nicht verteidigen können. Doch, wie gesagt, diese Ameisen zeigten nie Interesse, den Wespen näher zu kommen. Obwohl sie ständig hungrig waren und große Mengen an Brut aufzogen und aufziehen.

    Für die Wespen wollte ich das Terrarium aber etwas umgestalten. Mehr Pflanzen, für die Pflanzen ein guter Erdboden usw.. Ameisen halten in einem solchen Becken geht da dann nicht mehr (für mich), die Ameisen würden sich nicht einsehbare Erdnester anlegen und sich jeder Kontrolle entziehen.

    Heute war ich noch einmal am Fundort der Feldwespen, wo ich sie im Sommer einsammelte. Ich holte einige trockene, dürre Kraut- und Pflanzenstengel. Die Wespen sollen die Möglichkeit haben, diese zu prüfen und bei Bedarf hier Baumaterial für eine mögliche Nesterweiterung zu besorgen. Tatsächlich wurden die Pflanzenstengel sofort von zwei der Wespen untersucht, angeflogen, belaufen und befühlert.

    Rechts im Terrarium sieht man die beiden Waben meiner Polistes nimpha-Kolonien. Beide habe ich dicht beieinander untergebracht, um so die weitere Gewöhnung aneinander der Wespen der verschiedenen Kolonien voran zu bringen. Leider werden zwei der Wespen der kleineren Kolonie noch immer nicht wirklich geduldet. Von diesen vier Wespen haben sich zwei der größeren Kolonie anschließen dürfen, zwei jedoch übernachten noch immer allein auf dem unteren Nest oder in der Vegetation. Vielleicht sind dies relativ dominante Tiere, die sich nicht in das soziale Gefüge einpassen können oder wollen. Ich habe beobachtet, dass die Wespen der zweiten Kolonie, die ja erst später hinzu kamen, von einigen Wespen der ersten, stärkeren Kolonie gemobbt, dominiert und gebissen und gezerrt wurden. Die dominanten Wespen der ersten Kolonie stellten sich dann oft über die Neuankömmlinge und gingen sehr ruppig mit ihnen um. Nicht alle Wespen der zweiten Kolonie überstanden dieses Prozedere, die zwei jedoch nun akzeptierten Tiere duldeten dieses Verhalten und konnten sich so wohl in das Gruppengefüge einordnen. Jedenfalls gehören sie nun zur Kolonie und ich beobachte auf der Wabe keine Auseinandersetzungen zwischen den Tieren.

    Im Freiland fand ich heute natürlich keine bewohnten Nester dieser Art mehr. Insofern ist das Ganze schon ungewöhnlich. Aufgrund der günstigen Nestplatzsituation, die die Feldwespen hier in meiner Veranda über den Sommer bis in den Herbst hatten, überlebten viele Arbeiterinnen und sogar ein Männchen bis in den späten Oktober. Diese Nester waren nicht dem Regen und der Witterung ausgesetzt, wie sie es im Freiland an den typischen Nistplätzen der Art nun einmal sind. Dort gehen die Kolonien mit den ersten kühlen Herbsttagen und jetzt einsetzenden, kalten Dauerregen zugrunde. Kälte, Nässe und Hunger töten die Wespen. Das war hier nicht so, immer wieder gab es Zucker und der Regen erreichte die Nester nicht. Erstaunlich ist, wie lange die letzten Wespen dann, bei den jetzt noch günstigeren Bedingungen im Terrarium leben können und das es sogar den Anschein hat, als ob die Wespen sogar wieder beginnen wollen, wieder Nachwuchs aufzuziehen. Es ist noch zu früh, anzunehmen, dass dies gelingen wird. Aber alles sieht vielversprechend aus.


    Soviel erstmal. Mal sehen, was diese Woche bringt.


    LG, Frank.

  • Die Feldwespen ziehen Nachwuchs auf. Erste Larven sind geschlüpft. Eigentlich hatte ich das nicht so schnell erwartet und es hätte mich nicht verwundert, wenn das so nicht eingetreten wäre. Kurz gesagt, ich bin ziemlich erstaunt.

    Ich gehe davon aus, dass diese Wespe tatsächlich noch die Altkönigin der Kolonie ist. Mit Sicherheit wird man das nie sagen können, als Indiz dafür können ihre abgenutzten Flügel gelten. Ein weiteres Indiz wäre es, wenn tatsächlich befruchtete Eier gelegt wurden und weibliche Tiere, Arbeiterinnen oder Jungköniginnen, aufgezogen werden. Vorstellbar ist es für mich, dass die Altkönigin noch lebt. Die Königinnen der Feldwespen legen in der Brutperiode längst nicht so viele Eier wie die Königinnen anderer Wespenarten, deren Völker ja viel größer werden. Bei den Feldwespen herrscht weniger "Stress", alles geht ruhiger von statten, weil die Kolonien klein bleiben. Freilich aber haben die einzelnen Tiere, vor allem natürlich die Arbeiterinnen trotzdem reichlich zu tun und werden daher normalerweise auch nicht sehr alt, vielleicht drei bis fünf Wochen im Sommer.

    Weil die Königinnen nicht sehr viele Eier legen, im Vergleich zu anderen sozialen Hautflüglern, hoffe ich, dass der Spermavorrat noch ausreicht und die Eier befruchtet sind. Das sehen wir dann.


    Tolle Entwicklung, finde ich.


    Polistes nimpha 31.10.20


    LG, Frank.

  • Im Moment leben von den neun Weibchen der alten Sommer-Kolonie, die ich vor einem Monat in das Terrarium setzte, noch fünf Tiere.

    Das Männchen ist vor einer Woche etwa verstorben. Vier der fünf Weibchen sind noch sehr aktiv und zwei von denen sind noch in der Lage, fliegend im Terrarium Besorgungen zu erledigen. Ein weiteres Tier erledigt kletternd und fliegend solche Aufgaben. Auch spannend, die Feldwespen überleben hier viel länger als im Freiland und sind dann in der Lage, auch laufend zu jagen und laufend und kletternd zum Nest zurück zu kehren. Beobachtungen, die man so im Freiland nie macht.


    Ins Terrarium habe ich einige Drosophila entlassen, diese werden am Boden laufend gejagt. Das Jagdverhalten der etwas invaliden, alten Wespen erinnert dann an Ameisen wie die Gigantiops. Sie laufen hinter den Drosophila hinterher und erhaschen diese mit den Vorderfüßen und Kiefern.

    Die Drosphila sind nur als "Überbrückung" da für die Zeiten, in denen ich nicht da bin und füttern kann. Wenn ich daheim bin, gibt es Wachsmaden. Diese werden gut genommen, sie passen fast perfekt in das Beuteschema dieser Wespen.

    Mit der Entwicklung des Brutnestes kann man zufrieden sein. Die ersten Larven haben begonnen, sich zu verpuppen. Weitere Larven wachsen auf.

    Spannend wird der Moment, wenn erste junge Tiere schlüpfen. Ich hoffe, dass dies weibliche Tiere sein werden. Ich befürchte aber, dass die Wespen Männchen aufziehen und dann die Kolonie zum Untergang verurteilt ist.

    Aber bleiben wir optimistisch. Denn das sieht ja gut aus.


    P. nimpha Nest 13.11.20


    Weiter gehen wird es hier in jedem Fall mit sozialen Faltenwespen.


    Allen ein schönes Wochenende. Frank.

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