*Südtirol - Ameisen der Alpen

  • Hallo,


    eine Woche war ich weg, habe etwas Urlaub in Südtirol gemacht, nähe Brixen, gemacht. Dort habe ich mein zweites Hobby ausgelebt, das Gleitschirmfliegen. Und wenn das Wetter nicht gepasst hat zum Fligen, dann habe ich halt nach Ameisen gesucht, bis zur Erschöpfung. Es war einfach klasse, die Fauna unterscheidet sich erheblich von der, die ich hier bei mir zu Hause kenne. Ich war die Ganze Zeit an der selben Stelle um meinen Gasthof herum Ameisen suchen, sprich ständig in ca. 1600 m ü.NN.. Hier ein Blick vom Berg aus bei etwas nebligen Wetter. Wundervolle Berglandschaft!


    Zu beginn möchte ich mich noch für die teilweise schlechten Bilder entschuldigen, ich habe mir nicht sonderlich viel Mühe gegeben, war eher auf das Ameisensuchen beschränkt, und die Belichtungsverhältnisse sind auch nie optimal gewesen.
    Sehr auffällig und ungewöhnt war, dass es eigentlich fast gar keine Lasius gab. Für diese thermophile Gattung ist es in der Höhe wohl zu kalt, zwar gab es ein paar Nester, aber nur sehr wenige. Nur von letzten Jahr, dort hatte ich an dem selben Ort Urlaub gemacht, weiß ich noch, dass es auch Chthonolasius gab, welche ich dieses Mal aber nicht wieder auffinden konnte. An den xerothermen Stellen war eine Art sehr häufig, nämlich Formica fusca. An manchen Stellen hatten sie ernorm hohe Nestdichten, unter jedem Ast und Stein konnte man dort ein Volk vorfinden; zweimal sogar ein Jungvolk, bestehen aus ein paar Königinnen und wenigen kleinen Arbeiterinnen, wahrscheinlich letztes Jahr erst gegründet. Ein größeres Nest;

    Ebenfalls sehr häufig, und auch öfters an schattigeren Hängen vorkommend war Manica rubida. Diese hatten an vielen Standorten große Kolonieverbände, es scheint typisch für sie zu sein, lokal große Populationen auszubilden. Die Nester waren auffällig, da man die Nestaushübe selbst von kleineren Nestern schon aus der Ferne erkennen konnte.
    Hier ein paar Nesteingänge;


    Von weiter weg betrachtet. So sahen eigentlich alle Nesteingänge aus, oft auch mehrere nebeneinander. Auffällig ist immer der typische Aushub.

    Der komplette Hang, man beachte den Nesteingang links unten im Bild.

    Ich fand sogar junge Königinnen, eine davon in einem Gründungsnest unter einem Stein, nur mit ersten Eiern. Sie waren wahrscheinlich vor kurzem geschwärmt.
    Sicherheitshalber gepusht;

    Und hier möchte ich gleich noch eine interessante Beobachtung anbringen, die auch auf die restlichen Arten zutrifft. Die Geschlechtstierentwicklung war Standortabhängig, die Nester schienen nicht gleichzeitig zu schwärmen; während die einen Nester an den sonigen Bereichen bereits keine Geschlechtstiere mehr beherbergten, waren die Geschlechtstiere in anderen Nester noch nichtmal geschlüpft. Diese Beobachtung konnte ich auch bei Formica fusca machen, von denen ich einen kleinen lokalen Schwarmflug beobachtete, während in manchen Nestern noch die Geschlechtstierpuppen vorhanden waren. Hier ein Manica Nest, links eine Männchenpuppe:

    Durch die Höhenlage und damit verbundene Kälte schwärmen die Arten dort deutlich später als bei mir in den Niederungen. Trotz dass es Ende Juli war, fand ich mehrere Formica s.str. Königinnen, darunter sogar Formica truncorum. Zeitgleich auch Raptiformica sanguinea:

    Sehr aggressiv die Königin anfangs, sie droht immer wenn man das RG öffnet. Mittlerweile hat sich schon ein paar erste Arbeiterinnen.
    Formica s.str.;

    Bilder der truncorum, zuerst die Arbeiterin:

    Gut zu erkennen, nicht zu verwechseln mit Raptiformica, da hier keine Kerbe im Clypeus ist (und auch sonst deutlich rötlicher, besonders auch das erste Segment der Gaster).

    Und hier die Königin, kurz in eine Sammelbox ausgeliehen;

    Hier ein sonnenbeschienenes Habitat, welches besonders Artenreich war.

    Hier gab es Camponotus herculeanus

    Raptiformica sanguinea

    Und natürlich auch Myrmica sp. und Formica fusca.
    Neben den genannten Arten gab es auch min. 3 verschiedene Myrmica Arten, bei der häufigsten von ihnen handelte es sich wahrscheinlich um Myrmica sulcinodis. Diese kamen oft syntop zu Manica rubida vor, hatten allerdings ein größeres Verbreitungsgebiet und erscheinen Anspruchslos bei den Habitaten. Nur direkte Sonneneinstrahlung vermieden sie. die Koloniegrößen variirten, das kleinste Nest war wahrscheinlich monogyn mit nur etwa 50-100 Arbeiterinnen, das wahrscheinlichst Größte (ich habe natürlich nicht jedes Nest geöffnet) war polygyn mit ca 5-10 Königinnen und mehreren Hundert Arbeiterinnen. Die Nester befanden sich unter Steinen, am Erdhang oder im Gras, allerdings gab es nie sonderliche Aushübe oder Hügel, weshalb sie recht unscheinbar waren. Die Nesteingänge, anscheinend fast immer nur ein einziger, waren kleine, regelmäßige, runde Löcher.
    Hier eine Arbeiterin;

    Kurz ausgeliehen in eine Fangbox;

    Nesteingänge:


    Typischer Hang, an welchen auch Manica rubida vorkommt:

    Neben den genannten Arten gab es auch noch Camponotus. Am häufigsten war herculeanus, welche anscheinend in zwei verschiedenen Farbmorphen vorkamen. Die übliche, mit dem dunkelroten Thorax, sowie eine komplett schwarze Variante. Letztere war häufiger vorzufinden. Sie lebten eigentlich fast überall, auch mitten im Wald. Hier ein Erdnesteingang der rötlichen Morphe von C. herculeanus. Die Majorarbeiterin streckt den Kopf zur Verteidigung hinaus. Insgesamt war der Eingang sehr unauffällig an einem Hang.

    Eine schwarze C. herculeanus Arbeiterin;

    Eine Arbeiterin:

    Nur einmal fand ich Camponotus ligniperda an einer sehr sonnigen Stelle. Ich fand mehrere Königinnen dieser großen Camponotus, immer nur im Totholz. Die Königinnen waren alle schwarz, und hatten teilweise schon erste Larven in ihrer Gründungskammer; einmal fand ich zwei Königinnen in Pleometrose.
    Hier ein natürliches Gründungsnest:

    Die einzigen Temnothorax welche in dieser Höhe noch vorkamen, waren Temnothorax tuberum; schon letztes Jahr fand ich ein großes Volk unter einem Stein, dieses Jahr ein Volk im Totholz, sie waren also nicht sonderlich häufig, dafür aber sehr hübsch.
    Kurz ausgeliehen in eine Fangbox:

    Die nahen Verwandten, Leptothorax, wollte ich eigentlich finden, und eventuell ihre Parasiten, die Duloten Harpagoxenus sublaevis. Ich machte mir wegen letzteren keine zu großen Hoffnungen, und letztere verschwanden mit der Zeit zusehends, da ich nichtmal Leptothorax finden konnte. Das lag wahrscheinlich an dem verdammt harten Totholz von den Nadelbäumen, hier hatte man nichtmal mit einem Messer eine Chance. Dann hatte ich doch Glück, als ich nach einer Camponotus suchte, und einen alten morschen Baumstamm öffnete, fand ich endlich Leptothorax; zu meiner Überraschung sogar parasitiert mit Harapagoxenus sublaevis! Das Volk war überraschend groß, sie hatten fast ein komplettes Ende des Baumstammes bewohnt. Zwei Tage später fand ich dann erneut Leptothorax mit Harpagoxenus, diesmal ein kleineres Volk in einer alten Wurzel.
    Hier ein Bild einer Harpagoxenus Arbeierin:

    Auffällig ist die Größe (etwa Myrmica-Größe), die Färbung (gelblich, bis auf die schwarze Gaster) und die eckige Kopfform, mit den berühmten kneifzangenartigen Manidbel.
    Ansonsten gab es natürlich jede Menge normale Waldameisen und an sonnigen Stellen Tetramorium; von denen mindestens 2 verschiedene Arten, eine sehr helle braune Art, und eine Schwarze. Hier mal ein Nesteinblick;


    Aber natürlich gab es nicht nur Ameisen, sondern auch andere eusoziale niedliche Tierchen. In diesem Fall eine Wespe, vielleicht kann mir jemand mit der Bestimmung aushelfen?


    So, das war es erstmal. Vielleicht kann ich Euch ja mit einen HB zu einer der gefangenen Arten später noch beglücken.


    Grüße, Phil

  • Hallo Phil!


    Ein sehr schöner Bericht von einer wohl sehr gelungenen Reise. Ich hoffe der Rest war genauso gut wie die Vielzahl an Ameisen, die du beobachten konntest.


    Ein paar Fragen habe ich zu deiner Reise. Gab es dort auch Polyergus rufescens? Wie sicher bist du dir das es sich um Formica fusca gehandelt hat? Gab es dort noch andere Serviformica Arten?


    Ich hoffe, Du kannst mir meine Fragen beantworten. Einen Haltungsbericht wollen wir ja sicher alles gerne lesen, also ran an die Tastatur und schreib uns bitte den einen oder anderen Bericht.


    Lg, Mathias

  • Auch von mir ein Lob!


    Toller Bericht und super Bilder!!! :beach:


    Hoffe ebenfalls auf Haltungberichte ;)

    Freundliche Grueße
    Jannik
    _________________________
    Interpunktion und Orthographie meiner Texte sind frei erfunden.
    Eine Übereinstimmung mit aktuellen oder ehemaligen Regeln wäre rein zufällig
    und ist nicht beabsichtigt.

  • Hallo,


    danke für Euer tolles Feedback!
    Ich bin mir sehr sicher, dass es hauptsächlich Formica fusca war, allerdings kann ich weitere Serviformica Arten, die fusca ähneln, auch nicht ausschließen; gut möglich dass es diese dort auch gab, ich habe nicht so sehr darauf geachtet. Polyergus rufescens, eine thermophile Art, gibt es in dieser Höhe natürlich nicht!
    Der restliche Urlaub war auch gut; zwar konnte ich nicht an allen Tagen fliegen, und die Thermik war nicht allzu berauschend, aber der letzte Flug war einfach klasse mit guter Thermik, man konnte lange oben bleiben und die wundervolle Aussicht genießen :)


    Die Manica sind in der Tat wunderhübsche, große Brocken, allerdings ist die Haltung wohl nicht so leicht. Eine der Königinnen hat schon ihre gesamten gepushten Puppen verspeißt; wenigstens haben alle eigene Eier gelegt, ich bin momentan noch relaiv zuversichtlich. Bei der Raptiformica sind schon 7 Arbeiterinnen geschlüpft, und die Camponotus haben alle Eier bis auf eine.


    Grüße, Phil

  • Bei der Königin bin ich auch nicht sicher, sie könnte eine vagus sein. Von der Pubescens her erscheint sie matter, stark behaart. Man sieht nicht alles. Ich sehe keine rote Färbung an Beinen oder seitl. Thorax, sie erscheint mir auf dem Foto wie eine vagus. Kann ja auch sein, die Art dürfte in Südtirol recht verbreitet sein und wird dann schon mal im Gebirge vorkommen. Vllt. haste das Tier mitgenommen und kannst nochmal ein besseres Bild einstellen?


    Wunderschöner Bericht, Phil, so wie man das kennt von Dir.
    Ich freu mich ganz besonders, nach langen Jahren die genialen Harpagoxenus wieder zu sehen... :love:
    Die sind ja hier im Westen Deutschlands kaum zu finden.


    LG, Frank.

  • Hallo Phil,


    ich muss mich da meinen Vorrednern anschließen. Ein echt toller Freilandbericht mit wirklich
    beeinduckenden und scharfen Bildern!


    Ich kann nur sagen: Weiter so!!!


    Die abgebildete Camponotus-Königin ist definitiv keine C. vagus. Diese ist rein schwarz, ohne rötliche
    Beine. Auch ist die Gasterform weniger plump.


    LG, Heiko

  • Bei den Feldwespen handelt es sich wahrscheinlich um Polistes nimpha, der Heidefeldwespe. Hier auf dieser sehr empfehlenswerten Seite gibt es schöne Bilder von weiteren sozialen Wespen : http://www.hornissenschutz.de/feldwespen.htm
    Ausserdem gibt es schöne Schilderungen interessanter Beobachtungen.
    Auch von Polistes nimpha, die denen auf Deinen Bilder gleichen, Phil.
    Die Wespe begegnete mir auch in Brandenburg, hier nistete sie meist in niedriger Halbtrockenwiesenvegetation an vorjährigen, trockenen Krautstengeln im Halbschatten. In den kühleren Gebirgsregionen nutzen die Wespen offenbar gerne die von der Sonne aufgewärmten Steine und bauen ihre Nester hier an vollsonnigen Standorten.


    LG, Frank.

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