Ameisen der Elfenbeinküste

  • Hallo zusammen,


    wie vielleicht einige von Euch mitbekommen haben, war ich letztes Jahr von August bis Dezember im Comoé Nationalpark an der Elfenbeinküste. Diese 4 Monate konnte ich ganz der Studie von Ameisen widmen, über meine Forschungsarbeit dort an Megaponera analis habe ich bereits hier berichtet: http://eusozial.de/viewtopic.php?f=26&t=3553


    Ich möchte nun aber noch ausführlicher über andere Ameisen von dort berichten, denn die Ameisenfauna ist sehr beeindruckend für dieses doch nicht sonderlich große Land. Die große Artdiversität hat ihren Ursprung vor allen in ihrer besonderen Lage zwischen den südlichen Steppenausläufern und den immertropischen Regenwäldern. Das Land ist von einem Nord-Südgefällle im Niederschlag gekennzeichnet, was für eine unglaubliche Vielzahl an Lebensräumen - und damit auch Ameisen - sorgt. Entlang des Nord-Süd Gradienten findet man ganz im Süden immertropischen Regenwald, ein paar Kilometer weiter nördlich laubwerfenden Trockenwald, darauf folgt dann die sogenannte Guinea-(feucht)Savanne und schließlich die Sudanische Savanne, in der sich der Park befindet. Die Übergänge sind selbstverständlich fließend, es ist sehr spannend mit dem Auto vom Süden in den Norden zu fahren, die Landschaft ändert sich beständig.
    Der Comoé Nationalpark befindet sich im Nordosten des Landes. Der Comoé Nationalpark zeichnet sich durch seine vielen verschiedenen Habitattypen aus. Die größte Fläche ist mit Savanne bedeckt, welche, je weiter man in den Norden dringt, immer trockener und steppenartiger wird. Es finden sich jedoch auch große Flächen bedeckt von sogenannten Inselwäldern, welche in ihrer Erscheinungsform bzw. Pflanzenzusammensetzung sehr vielfältig sind. Kaum ein Inselwald gleicht einem anderem. Dazu kommen noch ausgeprägte Galeriewälder entlang der Flüsse, wobei sich auch hier teilweise große Unterschiede finden können; der Galeriewald des Flusses Iringou ist deutlich größer und wirkt viel „tropischer“ als der entlang des Comoé. Einhergehend mit der unterschiedlichen Vegetationsdichte und den Pflanzentypen weisen diese Gebiete auch sehr unterschiedliche Artzusammensetzungen von Ameisen auf. Spezies, die in der Savanne verbreitet sind, findet man nicht in Wäldern und umgekehrt. Aber auch zwischen den einzelnen Inselwäldern und den Galeriewäldern bestehen teilweise deutliche Unterschiede in Artabundanzen- und -verbreitungen.




    Abb. 1 Links: Savannenhabitat Rechts: Tropischer Galeriewald am Iringou. Beide Stellen waren keine 200 Meter voneinander entfernt!


    Es lohnt sich daher, die verschiedenen Gebiete genauer unter die Lupe zu nehmen und an möglichst vielen verschiedenen Stellen nach Ameisen zu suchen. Typische Savannenbewohner, die sich nicht in anderen Habitaten finden, sind zum Beispiel Camponotus sericeus, C. compressiscapus, C. acvapimensis, Myrmicaria natalensis, Polyrhachis schistacea, P. viscosa und Messor spp.. In Wäldern, aber nie in der Savanne hingegen finden sich Polyrhachis militaris, P. phidias, Bothroponera pachyderma, Psalidomyrmex foveolatus, Leptogenys conradti und Odontomachus troglodytes, um ein paar Beispiele zu nennen. Ich werde später noch auf alle genauer eingehen.
    Ebenso gibt es Arten, die in beiden Habitattypen häufig anzufinden sind, da ihre Habitatansprüche nicht sehr anspruchsvoll sind, wie zum Beispiel Megaponera analis, Paltothyreus tarsatus und Oecophylla longinoda. Neben dieser horizontalen Verbreitung kann man auch eine vertikale Verbreitung beschreiben; es gibt logischer Weise eine komplett andere Artzusammensetzung auf Bäumen als auf dem Boden. Dabei kann man noch zwischen verschiedenen Höhenstufen unterscheiden, so gibt es in bis zu 2 Metern Höhe oft andere Spezieszusammensetzungen als in 10 Metern. Einblick in die Canopy-Ameisenfauna bekommt man nur selten, meistens dann, wenn ein Ast frisch herabgestürzt ist - man sollte die Gelegenheit sofort wahrnehmen und ihn untersuchen, denn dort kann sich so einige Überraschung verbergen. Eine Gattung, die beispielsweise nur in höheren Lagen vorkommt, ist Atoptomyrmex, eine große, polymorphe Myrmicine. Weitere typische Baumbewohner sind Tetraponera spp., Nesomyrmex spp., Oecophylla longinoda, Platythyrea conradti, Crematogaster spp. und Cataulacus spp.. Auf dem Boden hingegen, in der Streuschicht, tut sich wieder eine andere Welt auf, die vor allem von kleinen, Arthropoden jagenden Myrmicinen und Ponerinen beherrscht wird, die man ansonsten niemals zu Gesicht bekommt und oft mit seltsamen morphologischen Besonderheiten überraschen; beispielsweise Strumigenys spp., Anochetus spp., Hypoponera und Calyptomyrmex. Dann gibt es solche Ameisengattungen, die derart viele Spezies hervorgebracht haben, dass sie eigentlich überall anzutreffen sind; dazu gehören vor allem Camponotus, Pheidole und Tetramorium.


    Aber genug von den Beispielen, werden wir ganz konkret. Ich werde hier eine Reihe an Ameisenarten vorstellen.


    Vorwort zu den Artbeschreibungen
    Die Artbeschreibungen haben nicht den Zweck, vollständig zu sein; sie sind eine kleinere Kollektion von Wissen über die interessantesten Ameisen, die man im Comoé Nationalpark vorfinden kann, mit einigen persönlichen Anekdoten. Leider sind längst nicht alle Gattungen, nicht einmal alle Unterfamilien, hier beschrieben, die im Park anzutreffen sind. Ich habe mich auf die häufigsten und interessantesten Spezies konzentriert, und dabei auf die lebenden Tiere: Von toten, wenig sagenden Präparaten wird hier bewusst Abstand genommen. Die wahre Begeisterung für Ameisen entfaltet sich, wenn man die lebenden Tiere beobachtet, und nicht dann, wenn man Winkler-Säcke und Barberfallen aussortiert, und die Winzlinge nicht mal in Aktion gesehen hat. Daher kann man die Beschreibungen, die hier angeführt werden, auch eher wenig zu Bestimmenzwecken verwenden, denn tote Präparate sind dafür oft unersetzlich. Dennoch gibt es natürlich öfters ein paar Kommentare, wie man die Tiere erkennt und unterscheidet.
    Zu jeder Gattung wird weiterführende Literatur angegeben; dies soll kein bloßes Quellenverzeichnis sein, sondern spezifisch auf gute wissenschaftliche Abhandlungen hinweisen, die man lesen sollte, wenn man an jenen Arten interessiert ist. Der Übersicht halber habe ich auch immer auf das Thema einer Publikation verweisen. Auf Zitate im Text habe ich bewusst verzichtet, da sie oft den Lesefluss stören, und nicht zwingend zweckdienlich sind. Das macht den Text an sich natürlich weniger wissenschaftlich; aber er ist auch voll mit persönlichen Beobachten und Anekdoten. Es fällt auf, dass über einen absoluten Großteil der Ameisenspezies noch kein Wissen über deren Biologie vorhanden ist. Ich hoffe, dass sich das in Zukunft ändert, und ich einige Inspirationen für künftige Interessierte geben kann.


    Tatsächlich kann man fast alle Untersuchungen zur Ameisenbiologie bei westafrikanischen Ameisen auf recht wenige Forscher zurückführen. Lévieux hat zahlreiche Ameisen in seinen Arbeiten untersucht, allerdings lässt die pure Masse seiner Beobachtungen zu den vielen Spezies nur eine anekdotische Methodik zu, weshalb seine Arbeiten nicht den heutigen Standard der Wissenschaft entsprechen und Fehleranfällig waren. Dennoch, er war der vielleicht größte Ameisenforscher der Elfenbeinküste, und hat unglaublich viel Wissen vor allem über die Arten der Savanne zusammengetragen.
    Der berühmte Treiberameisenforscher William H. Gotwald hat in Westafrika zahlreiche Studien über Treiberameisen durchgeführt, und letztendlich 1995 sogar ein Buch über Treiberameisen geschrieben („Army Ants: the Biology of Social Predation“), das sich hervorragend lesen lässt und eine Wissensfundgrube für den interessierten Ameisenliebhaber ist. Einen Teil seiner Forschungsarbeit hat er auch an der Elfenbeinküste durchgeführt.
    Alaine Dejean (& Kollegen) hat sich das Verhalten und die Ernährung zahlreicher interessanter Ameisen angeguckt, wie es damals fast niemand tat und auch heute fast niemand mehr tut. Fast alle seine Arbeiten sind sehr lesenswert und geben faszinierende Einblicke in das Leben von vielen Ameisenarten. Viele seiner Arbeiterin sind in der weiterführenden Literatur angegeben.
    Dasselbe gilt auch für Bert Hölldobler, der einige wichtige Erkenntnisse insbesondere über Paltothyreus tarsatus und Oecophylla longinoda zusammengetragen hat; seine Studien sind immer sehr umfassungsreiche, und behandeln oft ein breites Spektrum an Themen.
    Der lokale Forscher Kolo Yéo ist ein Experte für Ameisendiversität und Taxonomie für Ameisen an der Elfenbeinküste. Er ist eine sehr nette Persönlichkeit, und hat mir auch weitergeholfen. Er beschäftigt sich aber auch mit allgemeiner Biologie und Lebensweisen, vor allem mit Platythyrea conradti.
    Als Quelle und Inspiration diente mir vor allem die Website von Brian Taylor (Antsofafrica.org). Ohne diese wäre ich selbst aufgeschmissen gewesen, denn Taylor hat unglaublich viel Wissen über fast alle Ameisenarten Afrikas zusammengetragen, inklusive Schlüsseln und noch dazu viele Arten und Artgruppen selbst überarbeitet – dies oft allerdings nur auf seiner Homepage und nicht in einem Journal, weshalb seine Arbeit wohl oft nicht den Credit bekommt, den sie eigentlich verdient. Ich möchte jeden, der sich an Bestimmungen versucht, auf seine Homepage weiterleiten. Diese wird übrigens regelmäßig aktualisiert, meine Informationen stammen von der Überarbeitung vom Nov. 2015.
    Als immer wieder aktualisiertes gängiger Spezies ist der online Ameisenkatalog AntCat.org zu nennen, welche von dem wahrscheinlich größten Ameisentaxonomen aller Zeiten, Barry Bolton, betrieben wird. Dieser ist die Hauptquelle für die Artenanzahlen der jeweiligen Gattungen. Er hat fast alle Ameisengruppen taxonomisch bearbeitet.
    Es gibt natürlich noch viele weitere Forscher, die große Beiträge zu den Ameisen von Afrika geliefert haben, und möchte mich entschuldigen, sie nicht hier direkt genannt zu haben.


    Aber genug gelabert. Es geht gleich weiter mit den ersten Ameisenarten ;)

  • Fangen wir an mit der Unterfamilie der Ponerinen....
    UF Ponerinae - Vorwort
    Die Ponerinen gehören sind eine der vier Unterfamilien, welche einen Großteil der heutigen Ameisenbiodiversität ausmachen. Sie werden umgangssprachlich als Urameisen bezeichnet, da diese Unterfamilie viele als sehr urtümlich angesehene Spezies birgt, deren Merkmale denen der nächsten Verwandten der Ameisen – den Wespen – sehr ähneln. Ihre Sozialität ist noch nicht stark ausgeprägt; viele besitzen eine geringe Koloniegröße von dutzend bis ein paar hundert Tieren und ein eher solitäres Furagierverhalten, und die in der Regel monogynen (d.h. sie besitzen nur eine Königin pro Kolonie) Kolonien werden semiclaustral (Nahrungssuche während der Gründung) gegründet. Es gibt weder Nahrungsweitergabe über Trophallix noch einen echten Polymorphismus unter Arbeiterinnen (mit wenigen Ausnahmen wie Megaponera u. Centromyrmex), und alle Arten besitzen einen Stachel. Dennoch wäre es falsch, sie grundsätzlich als urtümlich zu betrachten, da es viele hoch spezialisierte Spezies gibt, die Ausnahmen zu den Regeln darstellen. Zum Beispiel die Gattung Leptogenys, die riesige Volksgrößen von mehreren hunderttausend Tieren erreichen können und hochkomplexe Raubzüge durchführen. Viele Ponerinen sind zudem Nahrungspezialisten, und haben sich auch die Jagd einer bestimmten Tiergruppe spezialisiert.
    Während es in Mitteleuropa nur drei sehr kleine, unauffällig lebende Arten von Urameisen gibt, so gehören an der Elfenbeinküste viele Ponerinenarten zu den auffälligsten und abundantesten Ameisen, wie die Stinkameisen Paltothyreus tarsatus und die Matabele Ameise Megaponera analis.


    Allgemeine Biologie und Systematik, und Quelle zahlreicher Beschreibungen:
    Schmidt, C.A. & Shattuck, S.O. (2014) The higher classification of the ant subfamily Ponerinae (Hymenoptera: Formicidae), with a review of ponerine ecology and behavior. Zootaxa 3817: 1–242 doi:10.11646/zootaxa.3817.1.1

    Anochetus


    Bild von: Erik T. Frank


    Anochetus sind kleine Ponerinen mit Schnappkiefern, die weltweit 114 gültige Arten umfasst, wobei davon etwa 24 in den Afrotropen vorkommen. Sie ähneln Odontomachus, sind aber in der Regel deutlich kleiner und haben einen ganz anderen Charakter; Odontomachus sind aggressiv und schnappen auf allen herum, während Anochetus ruhige, bedächtige Bewegungen vollführt und Konflikten eher aus dem Weg geht. Anstatt zu attackieren, stellen sie sich lieber tot. Die Schnappkiefer mit ihrer sehr hohen Schlussgeschwindigkeit eignen sich hervorragend zum erjagen von kleineren Arthropoden wie zum Beispiel Springschwänzen. Die nähere Schnappkiefermorphologie ist in der Artbeschreibung von Odontomachus erklärt, und stimmt bei Anochetus mit Odontomachus überein, da sich beide Gattungen phylogenetisch nahe stehen. Die Mandibeln in der Regel sind ein wenig spitzer, da sie die Beute teilweise noch richtig penetrieren können (während Odontomachus oft eher keulenartig einfach draufschlägt und betäubt). Der Öffnungswinkel der Mandibel kann bei manchen Arten noch größer als 180° sein. Die Völker sind recht klein und umfassen nur knapp 20-40 Arbeiterinnen, die hauptsächlich unterirdisch oder im dichten Substrat nach Nahrung suchen – sie meiden offene Stellen. Ihre Nester befinden sich in der Regel in geringer Tiefe in der Streuschicht. Sie kommen selten in der Savanne vor, wenn dann an schattigen Stellen in der Nähe von Bäumen mit viel Substrat. Häufiger sind sie im Wald anzutreffen. Bislang konnte ich zwei Arten im Park ausfindig machen, die noch auf eine Artbestimmung warten. Eine Art ist relativ winzig (3mm), aber ihre Nester waren relativ abundant in allen Waldtypen anzutreffen.


    Quellen und weiterführende Literatur:
    Über Schnappkiefer:
    Gronenberg, W. & Ehmer, B. (1996) The mandible mechanism of the ant genus Anochetus (Hymenoptera, Formicidae) and the possible evolution of trap-jaws. Zoology-Analysis of Complex Systems 99(3): 153-162.
    Larabee, F. J. and Suarez, A. V. (2014). The evolution and functional morphology of trapjaw ants (Hymenoptera: Formicidae). Myrmecological News 20(1): 25-36
    Allgemeine Biologie und Systematik:
    Schmidt, C.A. & Shattuck, S.O. (2014) The higher classification of the ant subfamily Ponerinae (Hymenoptera: Formicidae), with a review of ponerine ecology and behavior. Zootaxa 3817: 1–242 doi:10.11646/zootaxa.3817.1.1


    Bothroponera


    Bild von mir


    Bothroponera sind mittelgroße, wahrscheinlich generalistische Jäger verschiedenster Arthropoden. Diese Gattung, verbreitet in den Afrotropen und dem tropischen Asien, ist mit 37 Arten recht klein. Im Comoé Nationalpark findet sich Bothroponera pachyderma relativ häufig in Galerie- und Inselwäldern, wobei sich die Nistweise und Habitatwahl mit Psalidomyrmex foveolatus sehr ähnlich ist; sie sind unter alten Holz oder in der Streuschicht im Boden zu finden, vor allem in Galerie- und Inselwäldern. Die Nester sind nicht riesig, und umfassen etwa 50 bis 200 Individuen. Im November waren in den Nestern weibliche Geschlechtstiere anzutreffen, die Königinnen gründen vermutlich semiclaustral. Frisch geschlüpfte Tiere haben eine ausgeprägte orangene Färbung, die nur langsam ausfärbt. Sie bewegen sich eher langsam, und bei Störungen stellen sie sich tot. Sie sind semi-spezialisiert auf Hundertfüßer; erbeutet wird zwar eine ganze Reihe an Arthropoden, aber Bothroponera pachyderma sind, im Vergleich zu anderen generalistischen Jägern der Ponerinen, sehr gut darin verschiedene Hundertfüßer zu erbeuten. Das äußert sich vor allem in ihrem großen, beutespezifischen Verhaltensrepertoire: Sie können zwischen Erdläufern (Geophilomorpha), Steinläufern (Lithobiomorpha) und Riesenläufern (Scolopendromorpha) unterscheiden, und zeigen je nach Typ und Größe andere Vorgehensweisen; in der Regel wird ein Stich vorne in Kopfnähe angesetzt, kleinere Beute wird ohne Stich erlegt. Sie sind damit erfolgreicher als andere Generalisten.
    Quellen und weiterführende Literatur:

    Jagdverhalten:
    Dejean, A. & Lachaud, J.-P. (2011) The hunting behavior of the African ponerine ant Pachycondyla pachyderma. Behavioural Processes 86(2): 169–173

  • Centromyrmex


    Bilder von: Erik T. Frank


    Centromyrmex ist eine kleine Gattung mit lediglich 15 bekannten Arten mit weltweiter Verbreitung in den Tropen, davon 10 von Afrika. Diese Ponerinen haben eine außergewöhnliche Erscheinung, die mir im ersten Moment Kopfschmerzen bereitet hat. Die Gaster ist relativ breit, und gar nicht so wurstförmig wie bei anderen Ponerinen, und das Stielchenglied steht alleine und ist klein, fast wie eine Schuppe einer Schuppenameise (Formicinae). Wäre das nicht schlimm genug, ist ihr Kopf dreieckig und die Tarsen extrem verkürzt, die Beine stummelig, sodass diese Ameisen Probleme haben, auf glatter Oberfläche zu laufen. Der Grund dafür ist ihre hohe Spezialisierung auf Termiten; ihre Körper sind gebaut um in den engen Gängen ihrer Beute zu kriechen. Die Ameisen paralysieren die Termiten mit ihrem Stachel. Anders als zum Beispiel Megaponera machen sie aber keine großangelegten Raubzügen, sondern patrouillieren die Termitengänge. Rekrutierung findet nur im kleinen Maßstab von etwa ein Dutzend Individuen statt. Meistens findet man vereinzelte Arbeiterinnen in Termitengängen zum Beispiel in Totholz in den Wäldern. Die Gattung ist ziemlich klein und umfasst nur 15 Arten in Afrika und Asien, und aufgrund ihres seltsamen Äußeren sind sie kaum zu verwechseln. Die Arten aus der C. bequaerti – Artgruppe sind polymorph, und zeigen eine Verhaltensanpassung zum Erledigen von Termitensoldaten, die auch bei den Termitenspezialisten Megaponera analis vorkommt: Bei Begegnung mit einem Soldaten werden die Fühler nach hinten angelegt, und die Gasterspitze hervorgestreckt; der Soldat beißt zu, rutscht aber an der harten Spitze der Gaster ab, und kann seine Mandibel für einige Zeit nicht öffnen. Die Ameise sticht dann in den Unterkopf, und tötet so den Soldaten. Bei einem Raubzug können mehrere Termiten getötet werden, die auf einem Stapel aufgeschichtet werden, zu dem dann die Arbeiterin weitere Nestgenossinnen über eine Duftspur rekrutiert. Inwiefern die Beobachtungen von C. bequaerti auf andere Centromyrmex, wie cf. sellaris, übertragen werden können, ist unklar; zu fast allen anderen Arten fehlen Untersuchungen.


    Quellen und weiterführende Literatur:
    Jagdverhalten:
    Dejean, A. & Fénéron, R. (1999) Predatory behaviour in the ponerine ant, Centromyrmex bequaerti: a case of termitolesty.Behavioural Processes 47: 125–133


    Leptogenys



    Links: Leptogenys pavesii Rechts: Leptogenys conradti mit Assel, Bilder von Erik T. Frank


    Leptogenys ist mit über 300 rezente Arten die artenreichsten Ponerinengattung überhaupt, wobei davon etwas mehr als 50 in den Afrotropen vorkommen. Trotz ihrer hohen Artendiversität sind sie in der Regel eher selten zu finden und haben nie hohe Nestdichten. Sind sehr schlank und flink, und stechen durch eine Vielzahl an außergewöhnlichen Lebensweisen hervor. Besonders herausragend dabei ist die fehlende morphologische Königinnenkaste, fast alle Leptogenys besitzen arbeiterinnenähnliche, flügellose Königinnen die sich oft äußerlich nicht von normalen Arbeiterinnen unterscheiden. Vermutlich findet die Kolonievermehrung über Kolonieabspaltung statt. Die Nistweise ist stets sehr opportunistisch, wobei sich die Nester hierbei oft in Totholz oder einfach nur im Laub oder unter Moos finden. Einhergehend mit diesem Opportunismus wechseln die Kolonien oft ihre Standorte, viele Arten haben dabei eine semi-nomadische Lebensweise hervorgebracht. Die Kolonien können von einem dutzend bis mehrere tausend Arbeiterinnen umfassen, und alle Arten sind strikte Prädatoren mit teilweise sehr hoher Spezialisierung auf einen Beutetyp. Dies ist in der Regel einhergehend mit einer äußerst effizienten chemischen Kommunikation und schnellen Rekrutierung, gepaart mit einem effektiven, schnell lähmenden Gift. Im Comoé Nationalpark findet man Leptogenys conradti in Inselwäldern mit hohen Dichten von Asseln, auf welche sich diese Art spezialisiert hat. Die Nester befinden sich wohl in der Regel unter Totholz, und man erkennt sie an den Überbleibseln ihrer Nahrung: Leere Asselexoskelette liegen eines Knochenfriedhofs gleich um den Nesteingang herum verteilt.
    Eine weitere Art, bei der es sich vermutlich um L. pavesii handelte, fanden wir einmal im Norden des Parks in einem alten Termitenbau. Vermutlich ist diese Art ein spezialisierter Termitenjäger. Allgemein ist über die Biologie von Leptogenys Spezies an der Elfenbeinküste noch beinahe nichts bekannt; wahrscheinlich gibt es noch deutlich mehr Arten. Viele Arten von Leptogenys sind dafür bekannt nachtaktiv zu sein, was die fehlenden Beobachtungen erklären könnte. Zumindest in Afrika gibt es scheinbar sehr viele Spezialisten für Asseln; in Asien dagegen sind Leptogenys oft treiberameisenähnlich und eher Generalisten.
    Leptogenys sind meine persönlichen Favoriten, absolut spannende Ameisen die ich wie keine andere Ameisen gesucht habe, mit riesigen Aufwand. Leider sind sie wirklich nicht leicht zu finden!


    Quellen und weiterführende Literatur:
    Anekdoten über Nistweise und Ernährung:
    Lévieux, J. (1977) La nutrition des fourmis tropicales. V. Elements de synthese. Les modes d'exploitation de la biocoenose. Insect Socieaux 24(3):235-260
    Allgemeine Biologie und Systematik:
    Dejean, A. & Evraerts, C. (1997) Predatory behavior in the genus Leptogenys: A comparative study. Journal of Insect Behavior 10(2):177-191
    Bolton, B. (1975) A revision of the ant genus Leptogenys Roger (Hymenoptera: Formicidae) in the ethiopian region with a review of the malagasy species. Bulletin of the British Museum Entomology 31(7): 235-305

  • Und hier die letzte für heute. Das war aber noch lange nicht alles, wir sind erst ganz am Anfang ;) Ich werde aber alle paar Tage mal ein paar neue Arten updaten, und auch über sonstige Tiere und/oder Exkursionen berichten, falls Euch das interessiert. Lasst es mich wissen :)


    Megaponera


    Bild links von mir
    Bild rechts von Erik T. Frank


    Megaponera analis ist einer der größten Ponerinen der Elfenbeinküste, und daher leicht erkennbar. Sie ist derzeit die einzige Art in der Gattung Megaponera, es gibt aber Hinweise darauf, dass sich mehrere Arten hinter dem Namen verbergen. Diese Ameisen sind vielleicht die berühmtesten Ameisen Afrikas, und haben den umgangssprachlichen Namen „Matabele Ameisen“ bekommen, nach einem kriegerischen Ureinwohnervolk Südafrikas.
    Der Grund dafür sind die beeindruckenden Raubzüge, welche diese Ameisen ausführen. Die Ameisen ernähren sich ausschließlich von Termiten aus der Unterfamilie Macrotermitinae, welche mehrmals täglich angegriffen werden. Die Völker sind etwa 500 bis 2000 Arbeiterinnen stark, und leben in Erdnestern, die von außen leicht an dunklen Puppenhüllen (im Gegensatz zu hellen bei Paltothyreus) und Termitenresten (wie z.B. Köpfe) zu erkennen sind. Die Königin ist arbeiterinnenähnlich und hat nie Flügel ausgebildet; die Völker vermehren sich, untypisch für die meisten Ameisen, über eine Koloniespaltung. Die Männchen sind normal beflügelt, und suchen anhand von Pheromonspuren die Nester anderer M. analis auf in die sie ungehindert eindringen. Im Gegensatz zu einer Vielzahl von anderen Ponerinen ist nur die Königin physiologisch dazu in der Lage, Eier zu legen. Die Arbeiterinnen sind echt polymorph, haben also kleine und große Arbeiterinnen, die sich äußerlich auch durch weitere Merkmale unterscheiden. Es gibt einen fließenden Übergang zwischen den großen Majoren und den kleinen Minoren. Die kleinsten Minore sind eher gedrungen in der Status und besitzen weniger Haare (Pubeszenz) auf dem Hinterleib und weniger Zähne an Mandibeln als die großen, kräftigen Majore. Die Minore sind darauf spezialisiert in enge Termitengänge zu kriechen um Termiten zu erjagen, während die großen Majore eher für die Verteidigung und den Termitentransport zuständig sind.
    Für die Jagd auf Termiten gibt es in jeder Kolonie ungefähr ein dutzend Scouts, vermutlich alte, erfahrene Arbeiterinnen, die außerhalb des Nestes auf Termitensuche gehen. Sie erkennen anhand von chemischen Spuren, wo sich Termiten aufhalten; in der Regel sind es Futterstellen der Termiten, und nicht direkt Nester: Zum Beispiel an alten Holz finden sich die mit einer Schutzhülle aus Erde überdeckten Fressstellen. Hat die Scoutameise diese Stelle entdeckt, läuft sie auf dem schnellsten Weg zurück zum Nest, und legt dabei eine Pheromonspur an der sie sich später orientieren wird. Im Nest angekommen rekrutiert sie einige hundert Nestgenossinnen (die Anzahl variiert dabei abhängig von Lage und Qualität der Termiten), und führt diese in einer koordinierten Kolumne zu den Termiten. Dabei gibt es im vorderen und hinteren Bereich mehr Majore als in der Mitte, es besteht also eine, wenn auch lose, Formation.
    Wenige Zentimeter vor dem Termitengrund hält nun der Scout an, und mit ihm auch der Rest der Kolonne. Es wird ungefähr eine Minute gewartet, bis auch die letzten Arbeiterinnen angekommen sind. Dann strömen sie plötzlich über den Termitengrund schwarmartig aus, und die großen Majore brechen die Erdtunnnel der Termiten auf, während kleine Minore in die Gänge hineindringen, Termiten stechen und hinaustragen. Während des Raubes bilden sich kleine Haufen an toten Termiten, die nicht sofort abtransportiert werden. Die Termiten ziehen sich nach und nach zurück, und schicken immer mehr Soldaten zur Verteidigung hervor; dann beginnt der Raub nach etwa 5-10 Minuten langsam abzuschwächen, und die Ameisen werden ruhiger und Sammeln sich. Größere Arbeiterinnen sammeln dabei die Termiten auf, und eine Arbeiterin kann gleich mehrere zwischen ihren Mandibeln transportieren. Die Kolonne geht dann wieder zurück zum Nest, wieder in einer geschlossenen Kolumne, und zwar auf dem exakt selben Weg den sie hergekommen sind; während des Hinwegs haben alle Arbeiterinnen fleißig den Weg mit Pheromon aus der Giftdrüse markiert. Es kommt oft vor, dass sich Arbeiterinnen während des Kampfes gegen die Termiten verletzen; diese werden dann von Nestgenossinnen zum Nest zurückgetragen, wo sie anschließend versorgt werden. Dieses Helferverhalten ist absolut einzigartig für Ameisen, und macht M. analis in Kombination mit dem ausgefeilten Raubzugsverhalten zu hochinteressanten Studienobjekten.


    Quellen und weiterführende Literatur:
    Verhalten:
    Bayliss, J., Fielding, A. (2002) Termitophagous foraging by Pachycondyla analis (Formicidae, Ponerinae) in a Tanzanian coastal dry forest. Sociobiology 39:103-122
    Frank, E. (2014) Foraging behavior in the termite hunting ant species Pachycondyla analis. Master Thesis Universität Würzburg
    Longhurst, C., Howse, P.E. (1979) Foraging, recruitment and emigration in Megaponera foetens (Fab.) (Hymenoptera: Formicidae) from the Nigerian Guinea savanna. Insectes Sociaux 26:204-212 doi:10.1007/BF02223798

  • Odontomachus



    Blick ins Nest; Bild von Erik T. Frank


    Odontomachus sind sehr dominate Schnappkieferameisen die weltweit in den Tropen mit 67 Arten verbreitet sind, wobei im Comoé Nationalpark nur eine Art, O. troglodytes, anzutreffen ist. Diese etwa 7-8 mm großen Ameisen sind überall in teilweise sehr hohen Nestdichten in den Galeriewäldern (vor allem dem Iringou) zu finden; in manchen Inselwäldern kommen sie hingegen selten bis gar nicht vor.
    Diese Ameisen haben sehr große Kolonien mit über 1000 Individuen. Die Nester sind dabei in der Erde angelegt, reichen aber nicht tief hinab und sind oft teilweise in Totholz am Boden. Bevorzugt werden auch Nistgelegenheiten an der Seite von Bäumen, wobei die Ameisen oft einen deutlichen, hohen Nestaushub anlegen. Sie sind sehr aggressive Jäger, und besitzen einen schmerzhaften Stich. Gegen andere Ameisen gehen sie aggressiv vor, meiden aber innerartliche Kämpfe; außerhalb der Nester zeigen sie keine tödlichen Aggressionen, man kann Arbeiterinnen von fremden Kolonien einfach zusammenwerfen. Es findet vermutlich eine Form von Dominanzkommunikation über schnelles, gegenseitiges Betrommeln mit den Antennen statt, wie es bei einer Vielzahl von anderen Odontomachus nachgewiesen wurde.



    Königin von Odontomachus troglodytes. Bild von mir

    Arbeiterin von Odontomachus troglodytes. Bild von Erik T. Frank


    Die Schnappkiefer sind eine besondere evolutionäre Anpassung, die in dieser Form nur bei Ameisen anzutreffen sind, sich dort aber mehrfach unabhängig voneinander entwickelt haben. An der Elfenbeinküste findet man Schnappkiefer ansonsten noch bei Anochetus und Strumigenys. Bei Odontomachus sind die Mandibel länglich geformt, und nur an der Spitze befinden sich Zähne. Die Ameisen spannen diese außerhalb des Nestes beständig in einem 180° Grad Winkel auf. Dabei haben sie sehr lange Muskulatur, die sich längs durch den Kopf ähnlich wie ein Gummiband spannt, und enorm viel potenzielle Energie beim Aufspannen speichert. Deshalb ist ihr Kopf wie ein langes Rechteck geformt. Die Mandibel rasten im geöffneten Zustand mechanisch ein, vergleichbar mit einer Armbrust; durch eine durch einen kleinen Muskel induzierte Winkeländerung der Mandibel schnappen diese zu, und die Energie der Muskeln entlädt sich plötzlich. Die Geschwindigkeit beim Zuschnappen sie eine der schnellsten im ganzen Tierreich, und so stark, dass die Ameisen sich dabei manchmal selbst wegkatapultieren; zum Beispiel wenn man ihnen einen glatten Gegenstand wie den eigenen Fingernagel hinhält. Man hört dann auch ein leises Schnipsen, wenn die Mandibel gegen den Nagel knallen. Um den Moment des Zuschnappens genau festzulegen, besitzen Odontomachus mehrere lange, sensorische Haare an den Mandibeln die nach vorne ragen; Berührt ein Beutetier wie ein Springschwanz das Haar, wird der induzierte sofort über riesige Nervenbahnen sehr schnell weitergeleitet, und der Auslösermuskel betätigt, der dann die Mandibel innerhalb kürzester Zeit nach Reizeingang zuschnappen lässt. Die Wucht des Zuschnappens reicht oft schon aus, um mögliche Beutetiere zu betäuben oder zu töten. Wie alle Ponerinen sind Odontomachus nicht zu echter Trophallaxis in der Lage, also dem hochwürgen von flüssiger Nahrung aus dem sozialen Magen (Kropf) an Koloniemitglieder. Dies kompensieren sie über ein interessantes Verhalten, das auch bei einigen anderen Ponerinen beobachtet werden kann: Süße Flüssigkeiten werden zwischen den Mandibeln in Tropfenform transportiert, und an Koloniemitglieder abgegeben.


    Quellen und weiterführende Literatur:
    Schnappkiefer:
    Gronenberg, W. (1998) Neurons specialized for a fast mandible strike in ants. European Journal of Neuroscience 10: 102-102.
    Gronenberg, W. (1995a) The fast mandible strike in the trap-jaw ant Odontomachus .1. Temporal properties and morphological characteristics. Journal of Comparative Physiology - Sensory Neural and Behavioral Physiology 176(3): 391-398.
    Gronenberg, W. (1995b) The fast mandible strike in the trap-jaw ant Odontomachus .2. Motor control. Journal of Comparative Physiology - Sensory Neural and Behavioral Physiology 176(3): 399-408.
    Larabee, F. J. and Suarez, A. V. (2014) The evolution and functional morphology of trap-jaw ants (Hymenoptera: Formicidae). Myrmecological News 20(1): 25-36
    Verhalten:
    Dejean, A. & Bashingwa, E.P. (1985) La predation chez Odontomachus troglodytes Santschi (Formicidae, Ponerinae). Insect Socieaux 32:23-42
    Lachaud, J.P. & Dejean, A. (1991) Food sharing in Odontomachus troglodytes (Santschi): A behavioral intermediate stage in the evolution of social food exchange in ants. Anales de Biología 17(6):53-61



    Paltothyreus



    Königin von Paltothyreus tarsatus. Mit über 2 cm Länge gehören sie zu den größten Ameisen der Elfenbeinküste. Bild von mir


    Paltothyreus tarsatus ist eine Ameise, die nicht nur durch ihre gewaltige Größe, sondern auch durch einen äußerst unangenehmen Geruch auffällt. Der eklige Geruch, ausgelöst durch eine Schwefelverbindung, die in der Mandibeldrüse abgegeben wird, hat dieser Ameise den Namen „Stinkameise“ eingebracht. P. tarsatus ist die einzige Art der Gattung Paltothyreus, und ist weit im subsaharischen Afrika verbreitet. Sie zeichnet sich durch einige Besonderheiten aus: P. tarsatus sind mit 17 bis 22 mm sehr groß, und sehr häufig anzutreffen sowohl in der Savanne als auch den Wäldern. Damit sind sie eine der ökologisch dominantesten Ponerinen des Comoé Nationalparks. Ihre Kolonien können sehr groß werden, und enthalten in der Regel zwischen 500 und 5000 Arbeiterinnen. Eine Kolonie kann mehrere unterirdische Erdnester umfassen, die über Tunnel miteinander verbunden. Außerdem gibt es lange Tunnel vom Nest weg in das umliegende Territorium, sodass die Kolonie eine sehr große Einflussfläche bis zu 1200m² besitzt. Die Nesteingänge sind mehrere eher unauffällige Löcher, vor denen sich manchmal Essensreste oder leere, helle Puppenhüllen befinden. Die Kolonien enthalten nur eine Königin, und haben ihre Schwarmflüge im ersten Regen nach der Trockenzeit im März und April, wobei Männchen an hohen Punkten wie Bäumen aggregieren, und Königinnen dorthin fliegen um sich zu paaren. Interessanterweise wurde in andere Gebieten Afrikas ein anderes Schwarmflugverhalten beschrieben.



    Links: Nesteingang von Paltothyreus tarsatus. Bild von mir. Rechts: Arbeiterin mit Beute. Bild von Erik T. Frank


    Paltothyreus fressen sehr viele unterschiedliche Insekten, und fressen als einzige Ameisen sogar sehr große Tausendfüßler, deren Exoskelettreste man oft an den Nesteingängen findet. Aber sie jagen auch mit Vorliebe Termiten, und sind in der Lage Nestgenossinnen zu rekrutieren und kleine Raubzüge zu starten. Dabei übergeben jagende Arbeiterinnen ihre Beute an Träger, die die Beute zurück ins Nest bringen, während die Jäger dann weiterjagen können. Die Ameisen orientieren sich beim Furagieren anhand der Muster der Baumkronen über sich.
    Weiterhin interessant ist, dass eine Froschart sich gelegentlich in den Nestern dieser Ameisen aufhält. Der Frosch tarnt dabei chemisch, sodass die Ameisen ihn nicht als Feind oder Beute erkennen, und kann sich in Ruhe im geschützten Nest der Ameisen aufhalten.


    Quellen und weiterführende Literatur:
    Rekrutierung & Ernährung:
    Hölldobler, B. (1984) Communication during foraging and nest-relocation in the African Stink Ant, Paltothyreus tarsatus Fabr. (Hymenoptera, Formicidae, Ponerinae). Zeitschrift für Tierzüchtung und Züchtungsbiologie 65: 40-52
    Dejean, A., Lachaud, J.P., Beugnon, G. (1993) Efficiency in the exploitation of patchy environments by the ponerine ant Paltothyreus tarsatus: an ecological consequence of the flexibility of prey capture behaviour. Journal of Ethology 11: 43–53
    Orientierung:
    Hölldobler, B. (1980) Canopy orientation: a new kind of orientation in ants. Science 210:86-88
    Koloniestruktur:
    Peeters, C., Braun, U., Hölldobler, B. (2013) Large colonies and striking sexual investment in the African stink ant, Paltothyreus tarsatus (subfamily Ponerinae). African Entomology 21(1):9-14
    Zusammenleben mit Fröschen:
    Rödel, M.O., Brede, C., Hischrfeld, M., Schmitt, T., Favreau, P., Stöcklin, R., Wunder, C., Mebs, D. (2013) Chemical camouflage - a frog's strategy to co-exist with aggressive ants. PLOS One 8(12):e81950

  • Platythyrea



    Links: Platythyrea conradti mit Beute (Raupe). Bild von mir. Rechts: Platythyrea conradti mit Puppe. Bild von Erik T. Frank

    Platythyrea ist eine mittelgroße Gattung mit 38 beschriebenen Arten mit weltweiter tropischer Verbreitung. An der Elfenbeinküste ist nur eine Art sehr häufig, P. conradti. Diese sind relative große Baumbewohner. Sie nisten dabei in Hohlräumen, die sich beispielsweise in Astgabeln befinden. Die Art ist recht häufig und an vielen Stellen im Galerie- und Inselwäldern zu finden, nicht jedoch in den Savannen. Die Kolonien sind mittelgroß mit etwa 100 bis 500 Tieren und einer arbeiterinnenähnlichen (ergatoiden) Königin, wobei es eine Dominanzhierachie im Nest gibt, die über kleinere Kämpfe geregelt ist; stirbt die Königin, nehmen diese Kämpfe zu und nur die Ranghöchsten Tiere legen Eier, aus denen dann Männchen schlüpfen. Die Lebensweise auf Bäumen ist relativ unüblich für Ponerinen (aber wohl häufig für Platythyrea spp.), und sie sind daher eigentlich kaum mit einer anderen Ameise verwechselbar. Ihre unübliche Lebensweise hat ihnen Aufmerksamkeit von verschiedenen Forschern eingebracht, und so sind sie relativ gut erforscht. Besonders bemerkenswert ist, dass sich in ihren Nestern eine andere aber sehr kleine Ameisenart, Strumigenys maynei, findet. Diese haben ein kommensalistisches, vielleicht sogar ein mutualistisches Verhältnis zu P. conradti. Dass zwei Ameisenarten im selben Nest leben, ist sehr ungewöhnlich für Ameisen und daher besonders interessant. Wahrscheinlich ernähren sich Strumigenys von Speiseresten und kleineren Insekten wie Springschwänzen, die sich auch im Nest aufhalten können.
    P. conradti sind schnelle, effiziente Jäger und tragen eine Vielzahl an Arthropoden als Beute ein. Außerdem sind sie in der Lage, größere Mengen von Flüssigkeit wie z.B. süßen Nektar zu transportieren, in dem sie diese an ihrer Körperunterseite über Oberflächenspannung erhalten, ein Verhalten das von keiner anderen Ponerine bekannt ist.



    Platythyrea frontalis, Bild von Erik T. Frank

    Im Park wurde noch eine weitere Art, P. frontalis, gefunden. Diese nistete in einem noch von Termiten bewohnten Termitenhügel am Savannenrand, und ernährte sich vermutlich von den dortigen Termiten. Über ihre Lebensweise ist ansonsten absolut nichts bekannt.


    Quellen und weiterführende Literatur:
    Koloniestruktur: Molet, M. & Peeters, C. (2006) Evolutioin of wingless reproductives in ants: weakly specialized ergotoid queen instead of gamergates in Platythyrea conradti. Insectes Sociaux 53:177-182
    Flüssigkeittransport:
    Dejean, A. & Suzzoni, J.P. (1997) Surface tension strengths in the service of a Ponerine ant: a new kind of nectar transport. Naturwissenschaften 84:76–7
    Studie über die Beziehung mit Strumigenys maynei:
    Yéo, K., Molet, M., Peeters, C. (2006) When David and Goliath share a home: Compound nesting of Pyramica and Platythyrea ants. Insectes Sociaux 53:453-438



    Plectroctena


    Plectroctena macgeei, Bild von Erik T. Frank


    Plectroctena ist eine kleine Gattung mit derzeit 17 beschrieben Arten mit afrikanischer Verbreitung. Sie sind die Gegenhypothese zu kleinen, wuseligen Ameisen. Wie sanfte Riesen schleichen sie, fast blind, in dichter Vegetation umher, offene Stellen meidend und stets möglichen Aggressoren aus dem Weg gehend. P. macgeei, eine Art die man vor allem in der buschigen Savanne antrifft, stellt sich sogar tot wenn man sie ärgert. Dabei sie sehen fast gruselig aus, mit riesigen, säbelartigen und größtenteils unbezahnten Mandibeln, und einer in der Regel schwarz schimmernden Färbung. Und sie sind auch nicht wenig wehrhaft; neben dem üblichen Stachel kann zumindest P. minor zusätzlich noch mit den Mandibeln schnappen und damit leichtens fast alle anderen Ameisen töten und sogar die gewaltigen Macrotermes Soldaten außer Gefecht setzen. Dieser Schnappmechanismus wurde bei P. minor untersucht, eine Art die vor allem in den Galeriewäldern des Comoé zu finden ist, und hat einige interessante Eigenschaften. Anders als die üblichen Schnappkieferameisen (vgl. Anochetus, Odontomachus) wird der Schnappkiefer nicht aufgespannt, sondern genau umgekehrt zugedrückt und explosionsartig seitlich überspannt, ähnlich einem Fingerschnippen.

    Plectroctena minor, Kopf. Bild von mir


    Plectroctena fressen zwar viele verschiedene Arthropoden, sind aber spezialisiert auf Tausendfüßler. Mit ihren länglichen Mandibeln drücken sie das Exoskelett von Tausendfüßer auseinander, und können diese so festhalten und stechen. Man kann sie manchmal in kleinen Kolonnen sehen, bei denen eine oder mehrere Arbeiterinnen die Beute davon schleppen. Es gibt auch Beobachtungen, dass diese Ameisen die Brut der Tausendfüßler fressen, aber vieles ist noch unerforscht.


    Quellen und weiterführende Literatur:
    Ernährung:
    Dejean, A., Suzzoni, J.P., Schatz, B. (2001) Behavioral adaptations of an african ponerine ant in the capture of millipedes. Behavior 138:981-996
    Schatz, B., Suzzoni, J. P., Corbara, B., Dejean, A. (2001) Selection and capture of prey in the African ponerine ant Plectroctena minor (Hymenoptera: Formicidae). Acta Oecologica 22:55-66
    Mandibelschnappen:
    Dejean, A., Suzzoni, J.P., Schatz, B., Orivel, J.(2002) Territorial aggressiveness and predation: two possible origins of snapping in the ant Plectroctena minor. Comptes rendus biologies 325(7):819-25

  • Psalidomyrmex


    Psalidomyrmex foveolatus. Man beachte die im Gegensatz zu Plectroctena eher runzelige Oberfläche des Körpers. Bild: Erik T. Frank


    Psalidomyrmex ist eine sehr kleine Gattung mit 6 Arten, die nur in West- und Zentralafrika vorkommt. Sie ähneln Plectroctena, haben aber eine „raue“ Oberfläche mit kleinen Furchen. Fast nichts ist über ihre Lebensweise bekannt, von einer Art (P. procerus) weiß man, dass sie auf Regenwürmer spezialisiert ist. Im Park findet man vor allem in dem Galeriewald des Iringou die rötlich-braunen P. foveolatus, nistend unter morschen Baumstämmen. Die Ameisen bewegen sich sehr langsam, und sind an eine unterirdische Lebensweise angepasst. Die langen, wenig bezahnten Mandibeln ähneln sehr Plectroctena, was auf eine Spezialisierung auf Tausendfüßer hindeutet. Auch Lévieux (1977) listet zumindest anekdotisch Tausendfüßler als Ernährung für P. foveolatus.


    Quellen und weiterführende Literatur:
    Anekdote über Ernährung bei P. foveolatus:
    Lévieux, J. (1977) La nutrition des fourmis tropicales. V. Elements de synthese. Les modes d'exploitation de la biocoenose. Insectes Sociaux 24(3):235-260
    Ernährung bei P. procerus:
    Dejean, A., Schatz, B., Orivel, J., Beugnon, G. (1999) Prey capture behaviour of Psalidomyrmex procerus (Formicidae: Ponerinae), a specialist predator of earthworms (Hymenoptera;Formicidae), Sociobiology 34:545–554.



    Formicinae

    Die Formicinae, oder Schuppenameisen, sind eine sehr artenreiche Ameisenfamilie mit weltweit über 3700 Arten. Sie zeichnen sich durch ein schuppenförmiges Stilchenglied aus und einer Rückbildung des Stachels; sie geben stattdessen Ameisensäure aus ihrer Giftdrüse ab. Vom Äußeren verwechselt man sie am ehesten mit Drüsenameisen (Dolichoderinea), die einen ähnlichen Petiolus besitzen und einen zurückgebildeten Stachel. Dolichoderinen haben aber ein anderes „Gesicht“, und eine andere Öffnung an der Gaster: Die sogenannte Acidopore, aus der die Ameisensäure abgegeben wird, ist bei Formicinen rundlich, während Dolichoderinen eine eher schlitzförmig Öffnung an der Gaster besitzen. Die Lebensweisen der Schuppenameisen sind sehr vielfältig, und in vielen Ökosystemen stellen sie die dominierende Ameisengruppe dar. Die häufigsten Vertreter an der Elfenbeinküste sind die Gattungen Oecophylla und Camponotus, die in jedem Habitat anzutreffen sind, vor allem aber in den Savannen.


    Quellen und weiterführende Literatur:
    Phylogenie & Systematik:
    Blaimer, B.B., Brady, S.G., Lloyd, M.W., Fisher, B.L., Ward, P.S. (2015) Phylogenomic methods outperform traditional multi-locus approaches in resolving deep evolutionary history: a case study of formicine ants. BMC Evolutionary Biology 15:271
    Ward, P. S., Blaumer, B.B., Fisher, B.L. (2016) A revised phylogenetic classification of the ant subfamily Formicinae (Hymenoptera: Formicidae), with resurrection of the genera Colobopsis and Dinomyrmex. Zootaxa 4072(3):343-357



    Acropyga


    Bild: Erik T. Frank


    Acropyga sind sehr kleine, gelbe Ameisen, die auf den ersten Blick unspektakulär erscheinen. Während es weltweit mit 40 Arten eine recht hohe Diversität gibt, scheint das nicht für Afrika zu gelten, wo man nur drei Arten kennt; es ist allerdings unklar, ob dies auf schlechte Sammlung zurückzuführen ist oder tatsächlich Acropyga keine hohe Artenvielfalt in den Afrotropen aufweist.
    Die Acropyga im Comoé Nationalpark wurde mehrfach beim Angraben von alten Termitenhügeln in einem Inselwald vorgefunden. Wahrscheinlich sind sie weit verbreitet, aber nur selten gefunden wegen ihrer unterirdischen Lebensweise und der geringen Größe. Es ist möglich, dass es sich um eine noch nicht bekannte Spezies handelt, da diese Arten fast noch nie in Westafrika gesammelt wurden, und mein Fund scheint ein Erstnachweis für die Elfenbeinküste zu sein.
    Zwar haben Acropyga kein besonderes Äußeres, aber ihre Lebensweise macht sie umso interessanter. Sie bilden riesige unterirdische, von außen absolut unscheinbare, Kolonien aus, in denen sie in enger symbiotischer Beziehung mit Wurzelläusen leben, von deren Ausscheidungen sie sich ernähren. Die Symbiose ist so eng, dass die Königinnen bei dem Schwarmflügen eine Laus mitnehmen, sie ist der wichtigste Bestandteil der Kolonie und Grundlage des Wachstums. Dieser Mutualismus ist schon uralt, und es gibt ein 15 bis 20 Millionen Jahre altes Bernsteinfossil mit einer Acropyga glaesaria-Königin, die ihre Laus mit sich trägt. Dies ist der älteste bekannte Nachweis für die symbiotische Beziehung zwischen Ameisen und Homopteren überhaupt.


    Quellen und weiterführende Literatur:
    Allgemeine Biologie und Systematik:
    LaPolla, J. S. (2004) Acropyga (Hymenoptera: Formicidae) of the World. The American Entomological Institute 33(3): 1-130
    Bernsteinfossil:
    LaPolla, J.S. (2005) Ancient trophophoresy: a fossil Acropyga from Dominican amber. Transactions of the American Entomological Society 131:21-28

  • Camponotus

    Camponotus ist mit knapp 1000 beschriebenen Arten die größte Ameisengattung weltweit. Auch an der Elfenbeinküste gehört diese Gattung mit Sicherheit zu den artenreichsten. Typisch für diese Formicinen (auch wenn Ausnahmen existieren) ist ein ausgeprägter Polymorphismus; es gibt Übergänge von kleinen Minorarbeiterinnen bis hin zu sehr großen Majoren mit riesigen, herzförmigen Köpfen. Camponotus sind sowohl in ihrer Lebensweise als auch der Morphologie sehr vielfältig, hinzukommen starke innerartliche Variationen in den teilweise sehr großen Verbreitungsgebieten einiger Arten. Da die Gattung so umfangreich ist und die Artbestimmung nicht leicht, wird oft die Untergattung mitangegeben als eine weitere Unterteilung, an der man sich gut orientieren kann. Beispielhaft werden einige Arten aus verschiedenen Untergattungen vorgestellt.



    Camponotus (Orthonotomyrmex) sericeus Jungkolonie im Reagenzglas. Bild von mir


    Eine der häufigsten und auffälligsten Arten, Camponotus (Orthonotomyrmex) sericeus, ist ein gutes Beispiel für eine weit verbreitete Art mit vielen Variationen; das Verbreitungsgebiet umfasst fast ganz Afrika und reicht bis nach Vorderasien nach Indien und Sri Lanka. In dem Verbreitungsgebiet kommen mehrere Farbmorphen vor, auf Sri Lanka gibt es beispielsweise eine rotköpfige Variation. An der Elfenbeinküste ist diese Art leicht zu erkennen, die Tiere besitzen eine sehr hübsche goldene Pubeszenz vor allem auf der Gaster, der Rest der Tiere ist dunkelgräulich gefärbt. Dies sind sehr aufgeweckte Camponotus, die in den Savannen regelmäßig anzutreffen sind. Ihre Nester sind Erdnester, manchmal mit Aushub aber selten sehr auffällig. Sie sind sehr neugierig, und klettern vorwiegend auf der niedrigen Vegetation umher. Zur Rekrutierung verwendet C. sericeus vor allem Tandemlauf; dabei führt eine Arbeiterin eine andere zu einer Nahrungsquelle, indem die zu führende Arbeiterin stets mit ihren Fühlern die Hinterbeine der Führerin berührt. Verlieren sich beide, d.h. stoppt der Kontakt mit den Antennen, stoppt die Führerin und wartet einige Zeit. Taucht die andere dann immer noch nicht auf, macht sie sich aktiv nach ihr auf die Suche nach der verschwundenen Nestgenossin.



    Minor und Major Arbeiterin von Camponotus cf. orthodoxus. Bild: Erik T. Frank


    Eine weitere spannende Art ist Camponotus (Myrmotrema) cf. orthodoxus. Diese sind recht klein, besitzen aber ungewöhnlich große Augen; sie nisten auf Bäumen in kleinen ausgehöhlten Ästchen. Ganz im Stil anderer Baumbewohner wie Cataulacus oder Tetraponera sind sie sehr schnell und nervös unterwegs, und reagieren auf schnelle Bewegungen mit schlagartiger Flucht auf die Astunterseite.
    In den sehr trockenen und offenen Gebieten der Savannen ist die rötliche Camponotus (Myrmosericus) sp. häufig anzutreffen. Diese haben lange Beine und bewegen sich sehr schnell, Anpassungen an diesen extremen Lebensraum. Sie haben eine feine silbrige Pubeszenz, welche die gefährlichen Sonnenstrahlen reflektiert und die Ameisen schützt. Das erlaubt ihnen auch bei großer Hitze noch außerhalb des Nestes zu furagieren. Ihre Nesteingänge sind Löcher, die einen einseitigen Aushub besitzen; warum sie den Sand nur in eine Richtung heraus tragen, und einen kleinen halbseitigen Krater damit erschaffen, ist unbekannt.

    Links: Camponotus (Tanaemyrmex) cf. acvapimensis fressen an einem Regenwurm. Bild von mir
    Rechts: Camponotus (Myrmosericus) sp., Bild von Erik T. Frank


    Eine weitere häufige Art, deren Hauptaktivitätszeit eher in der Nacht ist, ist eine Art aus der Camponotus (Tanaemyrmex) maculatus – Artgruppe. Diese besitzen ein riesiges Verbreitungsgebiet in ganz Afrika bis nach Vorderasien, und haben sehr viele Farbmorphen hervorgebracht. Sie sind dominant und ernähren sich hauptsächlich von den Ausscheidungen von Homopteren. Sie sind vorwiegend in Wäldern und Waldrändern anzufinden, und seltener in der Savanne.


    Links: Diese Camponotus (Myrmotrema) sp. nistet hauptsächlich in Termitenhügeln. Bild von mir7
    Rechts: Camponotus sp. an einer Pflanzenlaus. Bild von Erik T. Frank


    Quellen und weiterführende Literatur:
    Allgemeine Systematik:
    Ward, P. S., Blaumer, B.B., Fisher, B.L. (2016) A revised phylogenetic classification of the ant subfamily Formicinae (Hymenoptera: Formicidae), with resurrection of the genera Colobopsis and Dinomyrmex. Zootaxa 4072(3):343-357
    Tandemlauf bei Camponotus sericeus:
    Hölldobler, B., Möglich, M., Maschwitz, U. (1974) Communication by tandem running in the ant Camponotus sericeus. Journal of comparative physiology 90(2): 105-127



    Oecophylla


    Drohende Oecophylla longinoda Arbeiterin. Bild: Erik T. Frank


    Oecophylla sind in der tropischen alten Welt weit verbreitet, und es gibt nur zwei Arten: Oecophylla smaragdina in Asien und Australien, Oecophylla longinoda in Afrika. Oecophylla sind aber bekannt für zahlreiche Morphen/Unterarten, von denen mindestens zwei an der Elfenbeinküste zu finden sind: Die „normalen“ komplett dunkel-orange gefärbten Tiere und eine dunklere, fast „lila“ Varietät, die u.a. bei Abidjan anzufinden ist. Dabei kommen beide Morphen direkt nebeneinander vor ohne räumliche Separation; im Comoé Nationalpark wurden aber bislang nur die „normalen“ orangefarbenen angetroffen. Es handelt sich bei Oecophylla longinoda sehr wahrscheinlich um einen Artkomplex, der definitiv von Taxonomen weiter aufgedröselt werden muss.
    O. longinoda gehören zu den wenigen sehr gut erforschten Ameisenarten der Elfenbeinküste. Dies liegt zum einen daran, dass sie sehr häufig und dominant auftreten, zum anderen weil sie einen großen Nutzen in der ökologischen Schädlingsbekämpfung haben, und u.a. auf Cacao-Plantagen eingesetzt werden bzw. sowieso dort vorkommen. Oecophylla haben eine sehr besondere Lebensweise, die sie unverwechselbar mit anderen Ameisen machen; sie nisten zwischen Blättern auf Bäumen. Dafür werden mehrere Blätter zu einem großen Bündel zusammengewebt mithilfe der Larven, welche Seide produzieren können. Sie werden daher als Weberameisen bezeichnet. Es gibt weltweit noch weitere Ameisen, deren Larven auch Seide zum Nestbau produzieren, nämlich in der Gattung Camponotus und Polyrhachis; aber zumindest im Comoé Nationalpark sind O. longinoda die einzigen Weberameisen.
    Die Kolonien können riesig werden, und umfassen viele Nester, die bei großen Kolonien auf mehrere Bäume verteilt sind. Oecophylla können recht biestig sein, als Formicinen können sie aber glücklicherweise nicht stechen sondern produzieren nur viel Säure, die leicht nach Zitrone riecht. Auch wenn sie nicht durch die Haut beißen können, können sie sich dort effektiv festbeißen, sodass man jede Arbeiterin einzeln abpflücken muss und nicht einfach abstreifen kann. Lässt man aber ihre Nester in Ruhe, sind sie gegenüber Menschen meist friedlich. Sie haben gute Augen, und drohen gerne mit geöffneten Mandibeln und hochgestreckter Gaster, wenn man ihnen zu nahe kommt. Von allen Ameisenarten sind sie die wahrscheinlich besten Kämpfer; selbst die hoch aggressiven Dorylus Treiberameisen werden von ihnen leicht erledigt. Dabei verwenden sie eine Strategie, die so Effizient ist, dass selbst Schmetterlinge überwältigt werden; die Ameisen „strecken“ ihre Beute, in dem sie sich festbeißen und sich einfach mit ihren Füßen am Boden festhalten, während weitere Arbeiterinnen herbei rekrutiert werden. Das Beuteinsekt ist dann nach kurzer Zeit bewegungsunfähig. Die Ameisen haben einen ausgesprochenen guten Halt an ihren Füßen, der ihnen auch das Zusammenziehen von Blättern während des Nestbaus ermöglicht. Dabei ist viel Teamarbeit notwendig, und ehe die Blätter verwebt werden können, müssen mehrere Ameisen die Blätter zusammenhalten. O. longinoda sind dabei auch in der Lage, Ketten und Brücken, bestehend aus mehreren Arbeiterinnen, zu formen.

    Oecophylla longinoda strecken eine Treiberameise (Dorylus sp.), welche keine Chancen gegen die Baumbewohner haben


    Die Kolonien sind sehr territorial, und markieren ihr Territorium ständig mit Pheromonen. Die einzigen Ameisen, die eine Chance gegen Oecophylla longinoda haben, sind andere O. longinoda, und die Kriege, wenn auch selten, können sehr heftig ausfallen. Neue Dinge im Territorium werden sofort erkannt und misstrauisch beäugt, die Grenzen ständig kontrolliert. Ausgeprägte Straßensysteme finden sich fast überall auf den bewohnten Bäumen, und gehen nicht selten auch am Boden entlang. Es gibt nichtsdestotrotz einige Ameisen, die innerhalb der Oecophylla Territorien problemlos leben, dazu gehören vor allem Cataulacus und Tetraponera, welche den Oecophylla durch ihre Behändigkeit und/oder guten Schutzpanzer (im ersteren Fall) ausweichen können. Die Kolonien findet man eigentlich überall sowohl in der Savanne als auch in dichteren Wäldern, wobei Randbereiche mit viel Sonne bevorzugt werden.



    O. longinoda auf einem Ast. Bild: Erik T. Frank


    Quellen und weiterführende Literatur:
    Oecophylla und Treiberameisen:
    Gotwald, W.H. (1972) Oecophylla longinoda, an ant predator on Anomma driver ants (Hymenoptera: Formicidae). Psyche 79(4): 348-356
    Allgemeine Biologie:
    Hölldobler, B. (1979) Territories of the African weaver ant Oecophylla longinoda (Latreille). A field study. Journal of Comparative Ethology 51(29): 201-213
    Beugnon, G. & Dejean, A. (1992) Adaptive properties of the chemical trail system of the African weaver ant Oecophylla longinoda Latreille (Hymenoptera: Formicidae). Insectes Sociaux 39:341-346
    Lioni, A., Sauwens, C., Theraulaz, G., Deneubourg, G. (2001) Chain formation in Oecopylla longinoda. Journal of Insect Behavior 14(5): 679-696
    Nutzung in der Schädlingsbekämpfung:
    Dwomoh, E.A., Afun, J.V.K., Ackonor, J.B., Agene, V.N. (2009) Investigations of Oecophylla longinoda (Latreille) (Hymenoptera: Formicidae) as biocontral agent in the protection of cashew plantations. Pest Management Science 65(1): 41-46
    Olotu, M.I., du Plessis, H., Seguni, Z.S., Maniania, N.K. (2013) Efficacy of the African weaver ant Oecophylla longinoda (Hymenoptera: Formicidae) in the control of Helopeltis spp. (Hemiptera: Coreidae) in cashew crop in Tanzania. Pest Management Science 69(8): 911-918
    Van Mele, P., Vayssieres, J.F., Van Tellingen, E., Vrolijiks, J. (2007) Effects of an African weaver ant, Oecophylla longinoda, in controlling mango fruit flies (Diptera: Tephritidae) in Benin. Journal of Economic Entomology 100(3): 695-701

  • Polyrhachis

    Polyrhachis sind große Formicinen, die phylogenetisch nahe der Gattung Camponotus stehen. Wie auch diese haben sie einen überwältigend hohen Artenreichtum hervorgebracht mit fast 700 Arten, einhergehend mit großer Diversität in Aussehen und Lebensweisen. Verbreitungsschwerpunkt liegt in Asien und Australien, im tropischen Afrika kommen aber dennoch etwa 50 Arten vor. Bestes Unterscheidungsmerkmal zu den anderen Formicinen sind Dornen, die sich am Petiolus und/oder dem Thorax befinden können. Einige Arten haben erstaunlich große Dornen hervorgebracht, bei den asiatischen P. bihamata sind es regelrechte „Angelhaken“. Diese dienen dazu, die Ameisen ungenießbar für Fressfeinde zu machen, da sie dann wortwörtlich im Halse stecken bleiben. Pakt man manche Polyrhachis, so zieht diese sich in einer Position zusammen, in der die Dornen am Petiolus entblößt werden. Die meisten Arten sind mit einer Lebensweise auf Bäumen und Sträuchern assoziert, aber es gibt auch viele Arten, welche in der Erde nisten und auf offenen Gelände wie der Savanne vorkommen.

    Polyrhachis schistacea Königin. Bild von mir


    Die am häufigsten anzutreffende Polyrhachis des Comoé Nationalparks ist Polyrhachis schistacea, eine große, gräuliche Art, die große Erdnester inmitten der Savanne anlegt. Die Nester sind manchmal seltsam offen, man kann in riesige Eingänge hineingucken und sogar Brut erspähen. Warum sie das machen, ist unklar. Sie furagieren fast überall in der Savanne, und sind vor allem an Süßen (wie Ausscheidungen von Läusen) interessiert, aber auch an salzigen bzw. stickstoffhaltigen Nährstoffen wie zum Beispiel Vogelkot oder Urin. Pinkelt man an einen Baum in der Savanne, finden sich innerhalb kürzester Zeit schnell unter anderem einige Polyrhachis dort ein. Die Königinnen gründen semiclaustral und man kann sie daher auch oft in der Savanne umherlaufen sehen.



    Nest von Polyrhachis schistacea in der Savanne. Bild von mir


    Eine kleinere, unscheinbare Art hingegen ist Polyrhachis viscosa. Diese sind sehr viel scheuer als die großen P. schistacea, und im Gegensatz zu ihnen sind die Arbeiterinnen in den meisten Fällen einzeln unterwegs. Sie haben vermutlich auch Erdnester und wahrscheinlich ähneln sie in der Lebensweise den großen schistacea, aber es ist fast nichts darüber bekannt. Auch ihre Königinnen trifft man häufig in der Savanne bei der Suche nach Nahrung an.

    Links: Polyrhachis viscosa Arbeiterin. Bild von mir
    Rechts: Zwei "Varietäten" von Polyrhachis militaris im Vergleich, eine davon etwas goldener. Bild von Erik T. Frank


    In den Galerie- und Inselwäldern hingegen dominiert eine andere Polyrhachis, nämlich Polyrhachis striatriventis (oder, je nach Autor, Polyrhachis militaris). Diese haben ihre Nester dort in vor allem morschen Holz auf Bäumen, und kommen nicht in der Savanne vor. Die Kolonien sind mittelgroß mit mehreren hundert Individuen, die einzeln in der Vegetation und dem Boden furagieren. Während sie etwa dieselbe Größe besitzen, sind sie außerdem leicht anhand einer silbernen bis goldenen Pubeszenz am Thorax von P. schistacea zu unterscheiden.
    Sehr selten in Inselwäldern hingegen kann man die winzigen (~5 mm) Polyrhachis phidias anfinden. Ihre Kopfform ist dreieckig, wobei ihre Augen seitlich wie Glubschaugen herausragen. Sie sind äußerst flink, und über ihre Lebensweise ist nichts bekannt.

    Eine Arbeiterin der kleinen Polyrhachis phidias. Bild: Erik T. Frank


    Quellen und weiterführende Literatur:
    Nistweisen in Polyrhachis:
    Robsen, S.K.A. & Kohout, R.J. (2007) A review of the nesting habits and scioecology of the ant genus Polyrhachis Fr. Smith. Asian Myrmecology 1:81-99
    Taxonomie der afrotropsichen Arten:
    Bolton, B. (1973) The ant genus Polyrhachis F. Smith in the Ethiopian region (Hymenoptera: Formicidae). Bulletin of the British Museum (Natural History) Entomology 28: 283–369
    Rigato, F. (2016) The ant genus Polyrhachis F. Smith in sub-Saharan Africa, with descriptions of ten new species. (Hymenoptera: Formicidae). Zootaxa 4088(1):1-50

  • Myrmicinae

    Die Myrmicinae, oder Knotenameisen, sind die absolut artenreichste Unterfamilie der Ameisen mit mehr als 6500 beschriebenen Arten. Hyperdivers sind vor allem die Gattungen Pheidole und Tetramorium. Sie zeichnen sich durch einen Petiolus aus, der in zwei Knoten unterteilt ist. Verwechslungsgefahr besteht dabei mit den Treiberameisen Aenictus und Pseudomyrmecinae (Tetraponera), die ähnliche Stielchenglieder besitzen. Myrmicinen sind im Schnitt deutlich kleiner als die Vertreter anderer Unterfamilen. Es gibt aber auch größere Mitglieder, an der Elfenbeinküste zum Beispiel Myrmicaria mit über 10 mm. Myrmicinen besitzen einen Stachel, der allerdings bei einigen Gattungen zurückgebildet ist (z.B. Pheidole, Messor). Die Lebensräume und Lebensweisen sind sehr vielfältig.
    Quellen und weiterführende Literatur:
    Phylogenie & Evolution:
    Ward PS, Brady SG, Fisher BL, Schultz TR (2014) The evolution of myrmicine ants: phylogeny and biogeography of a hyperdiverse ant clade (Hymenoptera: Formicidae). Systematic Entomology 40(1): 61-81

    Cataulacus



    Eine kleine Art von Cataulacus, die in der Savanne anzutreffen ist. Bild von mir


    Cataulacus ist eine mittelgroße Gattung mit knapp 60 bekannten Arten und einer großen Verbreitung in der alten Welt, wobei etwa 40 davon in Afrika zu finden sind. Sie sind sehr ungewöhnliche Ameisen, mit einem ziemlich eindeutigen Aussehen, das sie kaum mit anderen Ameisen verwechselbar macht. Ihr Körper, aber vor allem ihr Kopf, ist ungewöhnlich flach, die Augen und Antennen seitlich unter dem Kopf angebracht. Im Prinzip funktioniert ihr Kopf daher wie ein Schild, er bietet wenig Angriffsfläche – überhaupt wirken die Ameisen sehr gut gepanzert. Das ist auch ihre Stärke, denn sie kommen oft zusammen mit dominanten Baumbewohnern wie Oecophylla und Crematogaster vor, gegen die sie sich zu schützen wissen. Diese Ameisen sind wie so typisch für Baumbewohner recht flink und haben ein gutes Sehvermögen. Sie nisten ausschließlich auf Bäumen und kleineren Büschen, dort nisten sie in Ästen oder unter Rinde. Eine größere Art, C. guineensis, kann man dabei beobachten, wie sie mitten auf Straßen der hochdominanten Oecophylla longinoda herumrennen. Sie sind außerdem in der Lage durch ihren abgeflachten Körper zu segeln: Bei Gefahr lassen sich einfach fallen, und gleiten dann zurück zum Stamm. Außerdem gibt es noch eine weitere Art, Cataulacus cf. pygmeaus, die im Gegensatz zu den deutlich größeren C. guineensis vorwiegend in der Savanne vorkommt, und dort auch sehr niedriger Vegetation, wie zum Beispiel auf Grashalmen, furagiert. Über die Biologie der meisten Cataulacus ist fast nichts bekannt.


    Quellen und weiterführende Literatur:
    Studie über das Gleiten:
    Yanoviak, S.P., Fisher, B.L., Alonso, A. (2008) Directed Aerial descent behavior in african canopy ants (Hymenoptera: Formicidae). Journal of Insect Behavior 21: 164-171
    Taxonomie:
    Bolton, B. (1982) Afrotropical species of the myrmecine ant genera Cardiocondyla, Leptothorax, Melissotarsus, Messor and Cataulacus (Formicidae). Bulletin of the British Museum (Natural History) Entomology 46: 307-370



    Crematogaster


    Zweifarbige Crematogaster sp. Bild: Erik T. Frank


    Crematogaster gehören vielleicht zu den nervigsten Ameisen überhaupt, und haben deswegen ihren Beinamen “Cremato-Bastarde” bekommen; weltweit in den Tropen leben die aggressiven Ameisen in Ästen, und attackieren ständig wenn man ihre Nester auch nur streift. Aber im Comoé NP sind die Arten zum Glück nicht so schlimm wie in anderen Teilen der Welt, und oft zurückhaltend. Man erkennt sie sofort an ihrer aggressiven Pose, bei der die Gaster hochgeklappt wird, und zusätzlich herumgewedelt wird. An der Spitze ihres Stachels bildet sich dann oft schon ein Gifttropfen, den man mit bloßen Auge sehen kann. Außerdem wirken die Hinterleibe sehr herzförmig, was Crematogaster zu leicht zu erkennbaren Ameisen machen. So einfach die Gattung erkennen ist, so schwer ist es, die genaue Art zu bestimmen: Crematogaster ist mit weltweit fast 500 Spezies sehr artenreich, und die morphologischen Unterschiede sind oft nur schwer zu erkennen. Bei der Bestimmung hilft es, sie zunächst nur in die zahlreichen, dafür aber kürzlich überarbeiteten Untergattungen einzuordnen. Aber man kann sich auch so an ihrer Farbenvielfalt erfreuen, es gibt komplett rote wie auch welche mit leuchtend gelben Hinterteilen.



    Typische Abwehrhaltung von Crematogaster sp. mit emporgereckten Hinterteil. Bild von Erik T. Frank


    Fast alle Arten leben auf Bäumen, es gibt auch bodenbewohnende Crematogaster; im Norden des Park fanden wir einmal eine besonders hübsche, schwarz-rötliche Art in der trockenen Savanne. Crematogaster bilden in der Regel große, sehr dominante Nester aus, die oft einen ganzen Baum einnehmen mit vielen Zweignestern verteilt auf zahlreiche morsche Äste oder unter Rinde. Sie sind absolute Allesfresser. Einige Crematogaster sind sogar in der Lage Nester aus Karton anzufertigen. Außerdem Erwähnung finden sollte eine besonders seltsame Crematogaster-Königin, die uns eines Abend zuflog. Ihr Kopf war sehr länglich, umgekehrt trapezförmig; eine Kopfform, die wahrscheinlich dafür angepasst ist, besonders schnell und gut die Gründungskammer in einen morschen Ast zu schaben.


    Quellen und weiterführende Literatur:
    Allgemeine Biologie & Systematik:
    Blaimer, B. (2012) A subgeneric revision of Crematogaster an discussion of regional species-groups (Hymenoptera: Formicidae). Zootaxa 3482: 47-67

  • Messor



    Ein Major von Messor cf. regalis. Im rechten Bild erkennt man gut die zahnlosen Mandibel zum Körnerknacken (kleinere Arbeiterinnen sind bezahnt), sowie lange Haare an der Kopfunterseite, die beim Tragen von Sand helfen (sogenannte Psammophore). Bild: Erik T. Frank


    Messor ist eine große Gattung mit über 100 beschriebenen Arten, deren Verbreitungsschwerpunkt aber eher in subtropischen Gebieten z.B. am Mittelmeer liegt. Im subsaharischen Afrika kommen nur 17 Spezies vor. Messor sind gutmütige Ernteameisen, die sich hauptsächlich von eingetragenen Körnern ernähren (granivor). Da das Vorkommen von Samen relativ stark von der Jahreszeit abhängt, zeigen die Ameisen eine hohe Aktivität zu der Zeit mit der größten Ernte (Trockenzeit), und lagern die Körner für schlechtere Zeiten ein, in denen sie eher inaktiv werden. Das Keimen der Körner wird für eine möglichst lange Lagerung unterdrückt, und zum Fressen werden die Samen zum sogenannten „Ameisenbrot“ zerkaut. Messor sind oft ausgeprägt polymorph, und manche Arten haben riesige Majore mit gigantischen Köpfen – weniger zur Verteidigung, sondern eher zum Öffnen von harten Samenkapseln. Allerdings darf man sich nicht täuschen lassen, Messor sind keine reinen Vegetarier, sondern vertilgen auch das ein oder andere Insekt, sofern sie es zu fassen kriegen. An der Elfenbeinküste gibt es nur eine geringe Artdiversität dieser Gattung, wobei im Park bisher nur eine Art gefunden wurde. Sie ist wohl recht unauffällig und nicht häufig anzutreffen, aber zu Anfang der Trockenzeit sieht man sie recht leicht, wobei die Hauptaktivitätszeit eher in den Abendstunden stattfindet.


    Quellen und weiterführende Literatur:
    Furagierverhalten bei Messor allgemein:
    Plowes, N.J.R., Johnson, R.A., Hölldobler, B. (2013) Foraging behavior in the ant genus Messor (Hymenoptera: Formicidae: Myrmicinae). Myrmecological News 18:33-49
    Anekdotische Berichte über zwei Messor Arten an der Elfenbeinküste:
    Lévieux, J. (1979) La nutrition des fourmis granivores. Cycle d'activité et régime alimentaire de Messor galla et de Messor (=Cratomyrmex) regalis en saison des pluies fluctuations annuelles. Insectes Sociaux 26: 279-294


    Myrmicaria


    Myrmicaria cf. natalensis. Sehr leicht erkennbar an der Haltung des Hinterleibs. Bild: Erik T. Frank


    Diese in der Regel etwas größeren Myrmicinen sind mit ein bis zwei Arten regelmäßig in den Savannen anzutreffen, meistens furagierend auf kleinen Sträuchern und Blüten. Die Gattung ist mit weltweit 32 Spezies recht klein, in Afrika leben davon 23 Arten. Ihr Erkennungszeichen ist neben der rötlichen Färbung eine seltsame Haltung der Gaster, die schräg nach unten ragt. Lévieux hat einige Studien über die Biologie dieser Myrmicaria gemacht (damals unter; bei M. natalensis (damals noch M. eumenoides) sind die Nester sehr groß mit 18 bis 22 000 Individuen, und dominieren die Savanne im Umkreis ihres Nestes. Sie sitzen häufig in größeren Gruppen auf der niedrigen Vegetation, wo sie sich Homopteren für den Honigtau halten. Ihre Ernährung besteht ansonsten hauptsächlich aus anderen Insekten.


    Quellen und weiterführende Literatur:
    Biologie von Myrmicaria natalensis:
    Lévieux, J. (1983) Mode d'exploitation des ressources alimentaires épigées de savanes africaines par la fourmi Myrmicaria eumenoides Gerstaecker. Insectes Sociaux 30(2): 165-176
    Lévieux, J. (1980) Rôle de Myrmicaria eumenoides (Gerstaecker) Mayr (Hym. Formicidae, Myrmicinae) dans les réseaux trophiques d'une savane préforestière de Côte d'Ivoire. Biologie Ecologie Méditerranee 7: 191-192

  • Pheidole


    Großer Soldat einer Pheidole sp.. Bild: Erik T. Frank

    Pheidole gehören mit über 1000 Spezies zu den artreichsten Ameisengattungen weltweit, und auch an der Elfenbeinküste sind sie sicher weit vorne dabei. Die derzeitige Taxonomie ist kompliziert und hat dringend eine Revision nötig; während die Arten der Neotropen und Asien viel wissenschaftliche Aufmerksamkeit bekamen, gibt es zu den afrikanischen Arten kaum aktuelle Studien. Entsprechend „wenig“ Arten sind bekannt, rund 100 in den Afrotropen, die tatsächliche Artenzahl für Afrika ist wesentlich höher. Diese Ameisen sind leicht zu erkennen durch ihren strikten Dimorphismus (es gibt allerdings auch trimorphe Ausnahmen): Große Soldaten mit riesigen Köpfen und kleinere, „normale“ Arbeiterinnen. Es gibt sie in allen Formen und Farben, manchmal sehr dominant mit riesigen Völkern und manchmal sehr winzig mit kleinen Kolonien. Die meisten Arten sind effektiv in der Rekrutierung, und neue Futterquellen können sehr schnell besetzt werden. Viele Arten ernähren sich von einem großen Nahrungsspektrum, es finden sich aber auch Nahrungsspezialisten zum Beispiel für Samen. Sie sind relativ kampfstark gegenüber anderen Ameisen, und ihre Soldaten dienen hauptsächlich zu kriegerischen Zwecken. Ihr Stachel ist zurückgebildet. Pheidole sind sehr abundant und in allen Habitaten anzutreffen, dabei zeigen sie eine Vielzahl an Nistweisen und Lebensweisen, die allerdings so gut wie gar nicht erforscht sind. In den Savannen finden sich größere Völker dominanter Spezies in Erdnester, während zahlreiche kleinere Spezies in morschen Ästen am Boden in den Galerie- und Inselwäldern anzutreffen sind.

    Zwei verschiedene Pheidole-Arten mit Beute. Bilder: Erik T. Frank


    Quellen und weiterführende Literatur:
    Taxonomie (Hinweis: Brian Taylor kritisiert das Paper ausführlich. Auf seiner Homepage gibt es mehr Informationen dazu):
    Fischer, G., Garcia, H.F., Peters, M.K. (2012) Taxonomy of the ant genus Pheidole Westwood (Hymenoptera: Formicidae) in the Afrotropical zoogeographic region: definition of species groups and systematic revision of the Pheidole pulchella group. Zootaxa 3232: 1-43
    Funktionsökologie von Pheidole (allerdings nur Arten aus den Neotropen; für Afrika existiert keine vergleichbare Studie):
    Mertl, A.L., Sorenson, M.D., Traniello, J.F.A. (2009) Community-level interactions and functional evology of major workers in the hyperdiverse ground-foraging Pheidole (Hymenoptera, Formicidae) of Amazonian Ecuador. Insectes Sociaux 57(4): 441-452

    Strumigenys


    Strumigenys sp., Bild von Erik T. Frank


    Strumigenys sind sehr kleine, mit mehr als 800 Arten sehr artenreiche, Myrmicinen, die sich vor allem auf die Jagd von sehr kleinen Arthropoden wie zum Beispiel Springschwänzen und Milben spezialisiert haben. Sie haben eine dreieckige Kopfform, und variable Mandibelformen, die bei einigen Arten sogar einen Schnappkiefermechanismus hervorbrachten (vgl. Odontomachus). Insgesamt verhalten sich diese Ameisen sehr zurückhaltend und bewegen sich langsam, und sind vorwiegend in der Streuschicht der Wälder vorzufinden. Die Kolonien umfassen nur wenige Dutzend Individuen, und während sie vermutlich recht häufig vorkommen, findet man sie nur sehr selten. Eine Art, S. maynei, lebt kommensalistisch in den Nestern von Platythyrea conradti.


    Quellen und weiterführende Literatur:
    Schnappkiefer:
    Larabee, F. J. and Suarez, A. V. (2014) The evolution and functional morphology of trap-jaw ants (Hymenoptera: Formicidae). Myrmecological News 20(1): 25-36
    Systematik:
    Baroni Urbani, C. & De Andrade, M.L. (2007) The ant tribe Dacetini: limits and constituent genera, with descriptions of new species (Hymenoptera, Formicidae). Annali del Museo Civico di Storia Naturale "Giacomo Doria" 99: 1–191.
    Bolton, B. (2000) The ant tribe Dacetini. Memoirs of the American Entomological Institute 65: 1–1028.

  • Tetramorium


    Winzige Tetramorium sp., mittig die Königin. Bild: Erik T. Frank


    Tetramorium ist eine sehr artenreiche Gattung, die weltweit beinahe 600 Spezies umfasst, die in allen Teilen der Erde vorkommen (außer Arktis & Antarktis). Mehr als ein Drittel der Arten kommt dabei in den Afrotropen vor, und es ist damit wahrscheinlich zurzeit die artenreichste Gattung Afrikas. Fast alle Arten sind sehr klein und nur sehr schwer auf Artniveau zu bestimmen, wobei es sehr viele unterschiedliche Lebensweisen und Spezialisierungen gibt. Hinzu kommt, dass in letzter Zeit viele Gattungen aufgelöst wurden und jetzt zu Tetramorium gehören – der Einfachheit halber werden diese hier miterwähnt. Glücklicherweise ist die Gattung trotz ihrer Größe relativ gut taxonomisch bearbeitet, aber Informationen über ihre allgemeine Biologie sind sehr selten. An der Elfenbeinküste findet man die meisten Arten in Totholz und Erdnestern. Typisch ist ein etwas eckig wirkender Kopf und eine eher langsame Bewegungsweise, die sie zum Beispiel von den sehr flinken Cardiocondyla unterscheidet.

    Links:Kleine, sehr haarige Tetramorium (ehemalige Triglyphotrix) Bild: Erik T. Frank
    Rechts: Räuberische, vermutlich auf Termiten spezialisierte Tetramorium. Bild: Erik T. Frank


    Eine Art, die recht häufig in den Galeriewäldern angetroffen werden kann, gehört in die ehemalige Decamorium-Artgruppe. Diese sind spezialisiert vor allem auf die Jagd nach Termiten. Ihre Körper sind gedrungen gebaut, mit kurzen aber kräftigen Beinen, wie es bei vielen Termiten-Jägern zu beobachten ist (vgl. Megaponera Minore oder Centromyrmex) Zudem besitzen sie eine eigentümliche, viereckige Kopfform mit kräftigen Antennengruben. Sie besitzen Scouts, die nach Termiten suchen und anschließend 10-30 Nestmitglieder rekrutieren, um die Termiten vor Ort mit ihren Stich zu töten. Danach werden weitere Nestmitglieder rekrutiert, um die Termitenleiber zum Nest zurück zu transportieren.
    Es gibt weiterhin auch einige Arten, die sich auf Samen spezialisiert haben (Granivorie; vgl. Messor).
    Eine weitere unbestimmte Art gehört in die ehemalige Gattung Triglophytrix. Diese findet man in hoher Abundanz in einigen Inselwäldern, und sie sind erkennbar an ihrer außergewöhnlich ausgeprägten Behaarung und sehr langsamen Charakter.

    Winzige, auf Bäumen lebende Tetramorium mit hübscher Färbung. Bild: Erik T. Frank


    Quellen und weiterführende Literatur:
    Decamorium Termiten Raubzüge:
    Longhurst, C., Johnson, R.A., Wood, T.G. (1979) Foraging, recruitment and predation by Decamorium uelense (Santschi) (Formicidae: Myrmicinae) on termites in southern guinea savanna, Nigeria. Oecologia 38: 83-91
    Taxonomie & Biologie:
    Bolton, B. (1980) The ant tribe Tetramoriini (Hymenoptera: Formicidae). The genus Tetramorium Mayr in the Ethiopian zoogeographical region. Bulletin of the British Museum (Natural History) Entomology 40: 193–384
    Bolton, B. (1985). The ant genus Triglyphothrix Forel a synonym of Tetramorium Mayr (Hymenoptera: Formicidae). Journal of Natural History 19: 243–248
    Garcia, F.H. & Fisher, B.L. (2014) The ant genus Tetramorium Mayr in the afrotropical region (Hymenoptera, Formicidae, Myrmicinae): synonymisation of Decamorium Forel under Tetramorium, and taxonomic revision of the T. decem species group. Zookeys 411: 67-103


    Pseudomyrmecinae

    Die Pseudomyrmecinae sind eine eher wenig artenreiche Ameisenunterfamilie mit nur drei rezenten Gattungen, die insgesamt 231 Arten umfassen. Sie sind weltweit in den Tropen verbreitet, und fast alle Arten leben auf Bäumen. Sie stehen verwandtschaftlich nahe den ausschließlich in Australien verbreiteten Myrmecinae (daher Pseudomyrmecinae – nicht Pseudomyrmicinae!). Sie haben alle eine flinke, längliche Erscheinung mit einem ausgeprägten Stich und guten Augen. Viele Arten der Pseudomyrmecinen sind für ihre Beziehung zu Bäumen bekannt, mit denen sie zum Teil sehr enge mutualistische Beziehungen pflegen, insbesondere die südamerikanischen Pseudomyrmex aus der ferrugineus-Artgruppe. An der Elfenbeinküste gibt es nur eine Gattung, Tetraponera, mit wenigen Arten dieser faszinierenden Unterfamilie. Diese sind mit 96 Arten in der alten Welt verbreitet, davon kommen etwa 40 in den Afrotropen vor.


    Quellen und weiterführende Literatur:
    Phylogenie und Evolution:
    Ward, P.S. & Downie, D.A. (2005) The ant subfamily Pseudomyrmecinae (Hymenoptera: Formicidae): phylogeny and evolution of big-eyed arboreal ants. Systematic Entomology 30: 310-335


    Tetraponera

    Leider ohne Bilder! :/


    Tetraponera sind vielleicht die flinksten und geschicktesten Ameisen, die man an der Elfenbeinküste vorfinden kann. Mit ihren riesigen Augen nehmen sie alles in ihrer Umgebung wahr, ihre Fühler sind vergleichsweise kurz und wenig genutzt; daher sind sie in aller Regel auch nur tagsüber zu finden. Sie reagieren sehr schnell auf plötzliche Bewegungen ihrer Umgebung – oft sieht man sie nur wie einen Schatten an eine Astunterseite flitzen, wenn man sie erschrickt. Dabei pflegen sie stets eine nervöse Natur, die ihre Antennen in ständiger zittriger Bewegung lässt, und in ihrer länglichen, ungewöhnlichen Form erinnern sie oft auf den ersten Blick eher an eine Schlupfwespe denn an eine Ameise. Da alle Arten im Park nur erhöhte Bäume als Nistorte nutzen, und fast nie am Boden furagieren, sieht man sie leider nur selten. Die meisten Ameisen leben in einer Welt geprägt von Duftkommunikation und Tastsinn, die uns völlig fremd erscheint – die große Dominanz des optischen Sehsinns bei Tetraponera ist ungewöhnlich für Ameisen, sie leben in Perzeption der Welt die unserer gleicht, was wahrscheinlich den interessanten Charakter dieser Gattung erklärt. Im Park wurden bislang zwei Arten vorgefunden, eine größere im Galleriewald des Iringou und eine kleinere auf einer Akazie im Camp, wahrscheinlich gibt es aber noch deutlich mehr Spezies zu entdecken. Die Kolonien werden vermutlich recht groß und besetzen mehrere Satellitennester überall auf den Bäumen verteilt.


    Quellen und weiterführende Literatur:
    Taxonomie:
    Ward, P.S. (2006) The ant genus Tetraponera in the Afrotropical region: synopsis of species groups and revision of the T. ambigua-group (Hymenoptera: Formicidae). Myrmecologische Nachrichten 8: 119–130

  • Dorylinae - Treiberameisen

    Die Dorylinae sind eine große Ameisenfamilie, die erst kürzlich überarbeitet wurde, und nun zahlreiche Arten mit pantropischer Verbreitung enthält. An der Elfenbeinküste haben wir vor allem die Gattung Dorylus ("driver ants") und Aenictus vorgefunden. Typisch für diese sind sehr große Völker mit einer spezialisierten Königin, die eine räuberisch-nomadische Lebensweise verfolgen. Interessant zu nennen ist außerdem die Gattung Aenictogiton, da bis vor kurzen noch nie ein weibliches Tier gefunden wurde - über ein Jahrhundert (!) lang waren nur Männchen bekannt, bis 2006 erstmal Arbeiterinnen in Uganda beschreiben wurden. Die Männchen von Aenictogiton wurden aber auch schon an der Elfenbeinküste gefunden.

    Quellen und weiterführende Literatur:
    Phylogenie und Evolution:
    Brady,S. G., Fisher, B.L., Schulz, T.R., Ward, P.S. (2014) The rise of army ants and their relatives: diversitfication of specialized predatory doryline ants. BMC Evolutionary Biology 14:93
    Marek L. Borowiec (2016): Generic revision of the subfamily Dorylinae. ZooKeys 608: 1–280


    Dorylus


    Straße von Dorylus (Anomma) sp.. Hier wird Brut an einen neuen Neststandort transportiert; große Soldaten bewachen die Straße mit aufgesperrten Mandibeln. Bild: Erik T. Frank


    Dorylus ist mit 60 Arten eine mittelgroße Gattung, deren Verbreitungsschwerpunkt im tropischen Afrika liegt; es gibt jedoch auch einige Arten in Asien. Sie sind das, was man typischerweise als Treiber- oder Armeeameisen bezeichnet. Besonders auffällig und häufig sind die Männchen, die bis zu 7 cm Länge erreichen und wie dicke Würste aussehen; das hat ihnen auch den Trivialnamen „Sausage ants“ eingebracht. Diese Gattung ist eine große Herausforderung für Taxonomen, da die meisten Artbeschreibungen anhand einer einzigen Kaste stattfanden, und viele Arten nur anhand der auffälligen Männchen beschrieben sind (tatsächlich wurden die Männchen früher sogar für Wespen gehalten). Hinzu kommt der ausgeprägte Polymorphismus innerhalb der Kolonie, welche oft riesige Majore besitzen. Eine moderne Überarbeitung der Gattung fehlt völlig, was die sichere Identifikation auf Artniveau häufig unmöglich macht. Die Unterteilung in sechs Untergattungen erleichtert eine Bestimmung, allerdings hat sich gezeigt, dass einige dieser Untergattungen keine monophyletischen Gruppen darstellen, weshalb in neuster Taxonomie eher darauf verzichtet wird.
    Dorylus sind gruppenjagende Ameisen, die regelmäßig ihren Neststandort wechseln. Die Königin sind sehr groß, besitzen keine Flügel und sind hauptsächlich auf eine hohe Eierproduktion ausgelegt (auch: „dichthadiigyn“). Die Kolonien sind riesig, und als Konsequenz ihrer gruppenjagenden Lebensweise pflanzen sie sich über Kolonieabspaltung fort. Dorylus sind blind, und ihre Wahrnehmung beschränkt sich daher vor allem auf Duftspuren.
    Die auffälligsten Arten gehören zur Untergattung Anomma; diese vollführen riesige oberirdische Raubzüge, und fressen fast alles was ihnen in den Weg kommt. Wenn diese Kolonien ausschwärmen können hunderttausende von Arbeiterinnen einen dichten Teppich formen, der über den Boden hinweggeht und alles erbeutet, was ihnen in den Weg kommt. Entgegen unwissenschaftlicher Darstellungen in den Medien sind das aber so gut wie nie größere Säugetiere, sondern vor allem kleinere Arthropoden. Wenn man auf eine Straße draufsteht, rennen die Arbeiterinnen schnell an einem hoch, mehr als unangenehm zubeißen können sie aber nicht. Ihr Stachel ist zum Glück, im Gegensatz zu den südamerikanischen Treiberameisen Eciton, zurückgebildet.



    Links: Dorylus sp. an einem Regenwurm. Bild von mir
    Rechts: Ein Schimpanse hat hier kürzlich mithilfe von Ästchen Dorylus gefischt. Bild von mir


    Die oberirdischen Dorylus graben keine tiefen Nester, sondern nutzen meist schon passende Hohlräume z.B. zwischen Wurzeln und formen ein Nest aus ihren eigenen Leibern. Die Kolonie bleibt nie lange an einem Ort, und über große, breite Straßen wird unentwegt Brut an den nächsten möglichen Nistort weitertransportiert. Schimpansen im Comoé Park fressen gerne Anomma, und „fischen“ diese mithilfe von kleinen Ästchen an dicht belaufenen Straßen oder direkt an den Nestern. Dabei stecken sie den Ast in die Ameisenmasse, wobei sich etliche Ameisen daran festbeißen und emporklettern, und zerren ihn schnell zwischen den Zähnen hindurch, um möglichst wenig gebissen zu werden.


    Die hauptsächlich unterirdisch jagenden Dorylus sind eher orange gefärbt, ihre Körper dazu angepasst in kleine Termitentunnel einzudringen. Bild: Erik T. Frank


    Die meisten und urtümlichen Dorylus Arten leben jedoch unterirdisch. Sie zeichnen sich durch kürzere Fühler und Antennen aus, und ihr Körper ist bulliger und kräftiger gebaut, um durch enge Tunnel z.B. von Termiten zu strömen. Sind die oberirdischen Anomma eher dunkel gefärbt, so weisen die unterirdischen Arten oft eine helle, orangene Färbung auf. Über ihre Lebensweise ist viel weniger bekannt, da man sie sehr schlecht beobachten kann. Sie ernähren sich wohl bevorzugt von Termiten.


    Quellen und weiterführende Literatur:
    Allgemeine Biologie:
    Gotwald, W.H. (1995). Army Ants: the Biology of Social Predation. Cornell University Press, Ithaca, New York
    Unterirdische Treiberameisen:
    Berghoff, S.M., Weissflog, A., Linsenmair, K.E., Hashim R., Maschwitz, U. (2002) Foraging of a hypogaeic army ant: a long neglected majority. Insectes Sociaux 49: 133–141
    Kronauer, D.J.C., Schöning, C., Vilhelmsen, L.B., Boomsma, J.J. (2007) A molecular phylogeny of Dorylus army ants provides evidence for multiple evolutionary transitions in foraging niche. BMC Evolutionary Biology 7:56

  • Aenictus


    Aenictus sp. auf einem Raubzug. Bild: Erik T. Frank


    Bei Treiberameisen denkt man immer an große, wehrhafte Armeen mit Soldaten, die absolut alles nieder rennen und erjagen. Aenictus gehören nicht in diese Kategorie, denn sie sind ziemlich winzig (2—4 mm) und noch dazu monoton monomorph (alle Arbeiterinnen sehen sich sehr ähnlich). Die Gattung ist weit verbreitet in der alten Welt bis nach Australien, es gibt sogar eine Art in Europa. Sie sind mit über 180 Arten sehr artenreich, davon kommen rund 40 in den Afrika vor. Ihr Aussehen erinnert an kleine Knotenameisen, es sind aber keine. Dennoch sind es Treiber, und das heißt sie bilden große Völker aus mit langen Straßen, die sich durch die Gegend ziehen, und einer nomadische Lebensweise nachgehen. Ihre Königin sieht aus wie die übliche Treiberameisenkönigin, keine Flügel und ein richtig fetter Hinterleib („dichthadiigyn“). Aenitcus sind aber wegen der geringen Größe viel unauffälliger als andere Ameisen. Oft furagieren sie unterirdisch. Außerdem sieht das Nahrungsspektrum anders aus als das von Dorylus, zumindest die Arten im Park haben eine Vorliebe für Ameisenbrut. Die winzigen, blinden Tiere strömen einfach in die Nester von anderen Ameisen, die sich kaum dagegen wehren können. Aenictus sind dabei deutlich seltener, aber immer noch regelmäßig, anzutreffen als die auffälligen Dorylus.

    Quellen und weiterführende Literatur:
    Allgemeine Biologie:
    Gotwald, W.H. (1995). Army Ants: the Biology of Social Predation. Cornell University Press, Ithaca, New York
    Beschreibung der Taxonomie und Morphologie einer Art aus Ghana:
    Campione, B.M., Novak, J.A., Gotwald, W.H. (1983) Taxonomy and morphology of the West African army ant Aenictus asantei n. sp. (Hymenoptera: Formicidae). Annals of the Entomological Society of America 76: 873–883


    Amblyoponinae

    Die Unterfamilie der Amblyoponinae ist sehr klein und umfasst nur 13 Gattungen mit insgesamt 133 Arten. Alle Arten haben eine ungewöhnliche Erscheinung mit langen, pinzettenartigen Mandibeln. Bis auf wenige Ausnahmen sind die meisten Arten Nahrungsspezialisten, vorwiegend auf Tausendfüßer. Nester sind immer klein und unterirdisch, die meisten Arten leben kryptisch verborgen in der Steuschicht von Wäldern. Sie sind auch „Dracula-Ameisen“ bekannt, da die Arbeiterinnen bei manchen Arten vom Blut (Hämolyphme) ihrer eigenen Larven saugen, um sich zu ernähren, da nur die Larven bestimmte feste Nahrung verdauen können.


    Quellen und weiterführende Literatur:
    Systematik:
    Yoshimura, M. & Fisher, B.L. (2012) A revision of male ants of the Malagasy Amblyoponinae (Hymenoptera: Formicidae) with resurrections of the genera Stigmatomma and Xymmer. PLoS ONE 7: e33325
    Saux, C., Fisher, B.L., Spicer, G.S. (2004) Dracula ant phylogeny as inferred by nuclear 28S rDNA sequences and implications for ant systematics (Hymenoptera: Formicidaee: Amblypoponinae). Molecular phylogenetics and evolution 33: 457-468


    Stigmatomma


    Links: Stigmatomma santschii Arbeiterinnen & Larven nach einer Nestexkavation. Bild von mir
    Rechts: Larven fressen an erbeuteten Erdläufer. Bild von mir


    Stigmatomma wurden bis zur Revision von Yoshimure & Fisher 2012 zur Gattung Amblyopone gezählt, und umfassen nun 64 Arten mit weltweiter Verbreitung. Diese kleinen, ausschließlich unterirdisch lebenden Ameisen haben eine hoch spezialisierte Lebensweise und ein unübliches Aussehen. Sie sind fast blind, und ernähren sich ausschließlich von Hundertfüßern (Chilopoda), wohl vor allem Erdläufer (Geophilidae). Eine beeindruckende Leistung, bedenkt man, dass diese deutlich größer und flinker sind als diese kleinen Ameisen, die in kleinen Kolonien von nur wenigen dutzend Individuen leben. Die Ameisen furagieren einzeln, und stechen gezielt in die Kopfkapsel der schlanken Hundertfüßer. Der Stich paralysiert diese schnell, und sie werden zum Nest gezerrt. Hier werden sie nicht auseinander genommen, sondern die Larven werden zur Fütterung seitlich an die großen Leiber angelegt. Die Larven haben sehr lange, hochbewegliche Köpfe, die ihnen das Fressen ohne zusätzliche Hilfe der Arbeiterinnen erlaubt. Die seltsame unterirdische Lebensweise und ihre geringe Körpergröße kombiniert mit den sehr kleinen Völkern sorgt dafür, dass diese Ameisen schwer zu finden sind; wobei sie vermutlich nicht selten sind.
    Wir fanden nur einmal ein Volk von Stigmatomma santschii im Norden des Parks, durch zufälliges graben in einem alten Termitenhügel in der trockenen Savanne in etwa 10 cm Tiefe. Die Kolonie enthielt etwa 20-30 Arbeiterinnen, sie konnte aber nicht komplett exkaviert werden, da u.a. die Königin nicht auffindbar war. S. santschii ist mit rund 5 mm eine der größeren Stigmatomma, und besitzen sehr auffällige, schmale längliche, fast pinzettenartige Mandibel die diese Ameisen unverwechselbar machen. Die Kolonie konnte noch ein paar Monate lang gehalten werden, in dem regelmäßig lebende Erdläufer (Geophiliden) verfüttert wurden. Dies erlaubte spannende Einblicke in das Jagd- und Fressverhalten dieser seltsamen, sonst sehr versteckt lebenden Ameisen.
    Eine weitere Art, die zwar bis jetzt nicht Park gefunden wurde, aber dennoch hier Erwähnung finden sollte, ist Stigmatomma pluto. Diese Art wurde an der Elfenbeinküste von Gotwald und Lévieux 1972 in der Savanne von Lamto beschrieben. Die Beschreibung ist großartig, da die Autoren auch intensive Untersuchungen über die Lebensweise anfertigten. S. pluto kommt nur in Savannen vor, die seit mehreren Jahren nicht niedergebrannt wurden. Die Kolonien sind klein, und umfassen eine Königin und etwa 20-50 Arbeiterinnen. Die Kolonien sind durchschnittlich in 20 cm Tiefe angelegt, lokalisiert an Stellen mit dichter Detritusbedeckung. Die Arbeiterinnen findet man erst ab 15 cm abwärts im Boden. Sie furagieren bis zu 6 m um ihr Nest herum, und jagen ausschließlich Geophiliden.


    Quellen und weiterführende Literatur:
    Taxonomie:
    Yoshimura, M. & Fisher, B.L. (2012) A revision of male ants of the Malagasy Amblyoponinae (Hymenoptera: Formicidae) with resurrections of the genera Stigmatomma and Xymmer. PLoS ONE 7: e33325
    Stigmatomma pluto Biologie:
    Gotwald, W.H. & Lévieux, J. (1972) Taxonomy and biology of a new West African ant belonging to the genus Amblyopone (Hymenoptera: Formicidae). Annals of the Entomological Society of America 65: 383–396

  • Hey,


    damit ist der Bericht nun erstmal beendet! Ich hoffe, ich konnte ein gutes Bild einiger westafrikanischer Ameisen vermitteln. Ich war zwar so frei und habe das hier "Ameisen der Elfenbeinküste" genannt, aber eigentlich wäre "Ameisen im Comoé Nationalpark" besser gewesen, da wir eigentlich nur eine einzige Exkursion außerhalb des Parks (in den Banko-Nationalpark in Abidijan) gemacht haben. Und selbst dort war die Ameisenfauna wirklich komplett anders, da es sich um einen immerfeuchten tropischen Regenwald handelt.
    Ich habe versucht, die Beschreibung so simpel wie möglich zu halten, und jeder der sich tiefer mit der Materie beschäftigen möchte, dem empfehle ich die Literatur am Ende der Beiträge zu durchforsten.
    Es gibt noch viele weitere Gattungen die hier reingepasst hätten, aber von denen gabs entweder keine Bilder oder ich habe mich selbst nicht näher damit beschäftigt. Insbesondere Dolichoderinen sind stark unterrepräsentiert (na ja eigentlich gar nicht drin), diese findet man tatsächlich auch eher selten. Ich habe tatsächlich nur eine, ich glaube Technomyrmex, Art in der Sammlung. Eine Beschreibung von der Gattung Monomorium werde ich irgendwann noch nachliefern, die sind äußerst interessant, ebenso wie viele kleinere Formicinen (Paratrechina, Plagiolepis, Lepisiota etc.).


    Falls ihr Fragen und/oder Anmerkungen habt, schreibt die bitte hier direkt rein!


    Grüße, Phil

  • Hallo Phil!


    Ich trau mich mal hier rein zu schreiben. Ich denke viele wollten die Übersichtlichkeit deines Themas nicht zerstückeln und außerdem ließt man ja sowas ganz gerne am Stück.


    Soviel dazu, zurück zum Thema, ich denke da hast du ja eine Menge Daten und Informationen zusammen getragen. Sehr schöner Bericht, sogar die "langweiligen" Camponotus haben einen Platz in deinem Beitrag bekommen. In die Silbrig-roten Savannenläufer habe ich mich einfach mal verguckt, sehr hübsch.


    Von mir aus kann es gerne weiter gehen....


    Gruß
    Mathias

  • Wirklich beeindruckend was du uns hier lieferst. Gute Arbeit :D
    Bei so viel Zeit da unten können wir aber von einem BSc etwas erwarten.
    Du müsstest auf Dauer wirklich an den Fotos arbeiten. Die schönsten scheinen vom Erik zu sein :P .


    Grüße Nils

    "Ein Experte ist ein Mann, der hinterher genau sagen kann, warum seine Prognose nicht gestimmt hat" - Winston Churchill

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